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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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Es ist vielfacher Streit darüber erhoben worden, auf wie hoch dieses
Papiergeld sich bei Ausbruch des Krieges belaufen habe. Ich vermuthe,
daß man dasselbe zur Zeit der Kämpfe in Montenegro, also bei Beginn des
Jahres 1863, aus nicht weniger als 600 Millionen Piaster anschlagen konnte.
Im Mai desselben Jahres begannen die türkischen Rüstungen zur Abweisung
des russischen Angriffs. Die Kosten derselben, sowie für die Führung deS im
October begonnenen Krieges (bis zum Jahresschluß) sind mit '^/z der Summe der
ganzen Kriegsbudgetvermehrung sicherlich nicht zu hoch angeschlagen und es
betrug demnach die Gesammtmasse der Ausgaben vom 1. Januar 1853 bis
zum 31. December etwa -1023 Millionen Piaster, d. h. es stellte sich ein aus-
nahmsweises Deficit von etwa 300 Millionen heraus.

Nun läuft mit dieser Woche wiederum ein halbes Kriegsjahr ab. Da das
Deficit des ganzen, der angestellten Berechnung gemäß, i20 Millionen Piaster
betragen wird, so hat man für diese ersten sechs Monate mindestens einen
Ausfall von 210 Millionen zu veranschlagen. Demnach stellt sich die augen¬
blickliche Finanzlage etwa so heraus: Die aus der Eristenz der Kaimi beru¬
hende überkommene Schuld stieg am 1. Januar 18S3 auf 600 Millionen an;
hierzu kamen im Laufe des folgenden Jahres als Kriegs- und Nüstungs-
deficit 300 Millionen hinzu, und bis zum 1. Juli 18SL etwa 210 Millio¬
nen. Mithin handelt es sich im ganzen um eine zu deckende Masse von
1110 Millionen Piaster, dieselbe wird auf 1330 Millionen ansteigen, wenn
der Krieg bis zum Schluß des laufenden Jahres fortdauert, ganz abgesehen
von etwaigen Ausfällen, die sich in den Einnahmen herausstellen dürften,
und welche ohne Frage die Schuldmasse steigern würden.

Eine solche Lage ist noch keineswegs eine trostlose und beunruhigende.
Unter den fünf Großmächten existirt nicht eine, deren Schulden sich aus ein
geringes Quantum beliefen, und es gibt Staaten zweiten und dritten Ranges,
wie Spanien und Holland, deren Verpflichtungen sich auf das Fünf- und Zehn¬
fache jener Summe steigern. Aber was nothwendig ist, das ist dies: daß die
Pforte ungesäumt ihre reichen Hilfsmittel in einer rationellen und mit den
politischen Zwecken in Verhältniß stehenden Weise organisire.

Schließlich noch einige Worte über die vorhandene Menge der Kaimes.
Ich vermuthe, daß dieselbe die Summe von 800 Millionen Piaster in diesem
Augenblick erreicht, und der ganze Rest der Schuld durch Vorschüsse AegYPtens
und der Steuerpächter, durch Opfer der Priesterschaft und sonstige freiwillige
Gaben, wenn auch nur momentan und unter Zusage der Rückerstattung,
gedeckt ist.




Es ist vielfacher Streit darüber erhoben worden, auf wie hoch dieses
Papiergeld sich bei Ausbruch des Krieges belaufen habe. Ich vermuthe,
daß man dasselbe zur Zeit der Kämpfe in Montenegro, also bei Beginn des
Jahres 1863, aus nicht weniger als 600 Millionen Piaster anschlagen konnte.
Im Mai desselben Jahres begannen die türkischen Rüstungen zur Abweisung
des russischen Angriffs. Die Kosten derselben, sowie für die Führung deS im
October begonnenen Krieges (bis zum Jahresschluß) sind mit '^/z der Summe der
ganzen Kriegsbudgetvermehrung sicherlich nicht zu hoch angeschlagen und es
betrug demnach die Gesammtmasse der Ausgaben vom 1. Januar 1853 bis
zum 31. December etwa -1023 Millionen Piaster, d. h. es stellte sich ein aus-
nahmsweises Deficit von etwa 300 Millionen heraus.

Nun läuft mit dieser Woche wiederum ein halbes Kriegsjahr ab. Da das
Deficit des ganzen, der angestellten Berechnung gemäß, i20 Millionen Piaster
betragen wird, so hat man für diese ersten sechs Monate mindestens einen
Ausfall von 210 Millionen zu veranschlagen. Demnach stellt sich die augen¬
blickliche Finanzlage etwa so heraus: Die aus der Eristenz der Kaimi beru¬
hende überkommene Schuld stieg am 1. Januar 18S3 auf 600 Millionen an;
hierzu kamen im Laufe des folgenden Jahres als Kriegs- und Nüstungs-
deficit 300 Millionen hinzu, und bis zum 1. Juli 18SL etwa 210 Millio¬
nen. Mithin handelt es sich im ganzen um eine zu deckende Masse von
1110 Millionen Piaster, dieselbe wird auf 1330 Millionen ansteigen, wenn
der Krieg bis zum Schluß des laufenden Jahres fortdauert, ganz abgesehen
von etwaigen Ausfällen, die sich in den Einnahmen herausstellen dürften,
und welche ohne Frage die Schuldmasse steigern würden.

Eine solche Lage ist noch keineswegs eine trostlose und beunruhigende.
Unter den fünf Großmächten existirt nicht eine, deren Schulden sich aus ein
geringes Quantum beliefen, und es gibt Staaten zweiten und dritten Ranges,
wie Spanien und Holland, deren Verpflichtungen sich auf das Fünf- und Zehn¬
fache jener Summe steigern. Aber was nothwendig ist, das ist dies: daß die
Pforte ungesäumt ihre reichen Hilfsmittel in einer rationellen und mit den
politischen Zwecken in Verhältniß stehenden Weise organisire.

Schließlich noch einige Worte über die vorhandene Menge der Kaimes.
Ich vermuthe, daß dieselbe die Summe von 800 Millionen Piaster in diesem
Augenblick erreicht, und der ganze Rest der Schuld durch Vorschüsse AegYPtens
und der Steuerpächter, durch Opfer der Priesterschaft und sonstige freiwillige
Gaben, wenn auch nur momentan und unter Zusage der Rückerstattung,
gedeckt ist.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/115>, abgerufen am 09.11.2024.