Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.seine Aufgabe auf eine zweckmäßige Weise ausgeführt. Das Material zur Ludwig von Vincke war 1774 zu Minden geboren; er kam 1789 ans das seine Aufgabe auf eine zweckmäßige Weise ausgeführt. Das Material zur Ludwig von Vincke war 1774 zu Minden geboren; er kam 1789 ans das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0514" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97219"/> <p xml:id="ID_1497" prev="#ID_1496"> seine Aufgabe auf eine zweckmäßige Weise ausgeführt. Das Material zur<lb/> Arbeit war sehr vollständig. Die Tagebücher von der frühesten Jugend bis zum<lb/> spätesten Alter waren fast ganz erhalten, eine außerordentlich starke Korrespondenz<lb/> und zahlreiche Actenstiicke gaben fast jeden gewünschten Aufschluß nicht nur über<lb/> seine Handlungen, sondern auch über deren Beweggründe. Herr v. Bodelschwingh<lb/> hat also mit Recht eine Auswahl aus diesen Documenten zum Mittelpunkt dieses<lb/> Werks gemacht, und er hat nur weniges hinzuzufügen nöthig gehabt, um dieselben<lb/> durch biographische Notizen zu einem Gesammtbild des Lebens zu erweitern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1498" next="#ID_1499"> Ludwig von Vincke war 1774 zu Minden geboren; er kam 1789 ans das<lb/> Pädagogium zu Halle und bezog 1792 die Universität Marburg, wo er deu be¬<lb/> kannten Jung - Stilliug kennen lernte und in nähere Verhältnisse zu ihm trat;<lb/> später studirte er zu Erlange» und Göttingen. Schon ans. der Universität ent¬<lb/> wickelte Vincke einen unbefangenen vorurtheilsfreien Sinn in Beziehung ans Staats¬<lb/> angelegenheiten. Das comödicnhafte Wesen, das damals namentlich durch die<lb/> Ordcnsverbinoungen aus den Universitäten eingerisse» war, war ihm verhaßt, und<lb/> er fand Gelegenheit, demselben durch eine zwanglose landömannschastliche Ver¬<lb/> einigung entschieden entgegenzutreten. 179S trat er in die Berliner Kammer ein<lb/> und wurde drei Jahre darauf von dem Domcapitel in Minden zum Landrath<lb/> vorgeschlagen und bestätigt; er erhielt einen Gehalt von i00 Thlr., wovon er<lb/> anfangs noch 100 Thlr. für einen pensionirten Kreisbeamten abgeben mußte,<lb/> während die Bestallungösporteln 120 Thlr. betrugen. Er war 23 Jahr alt, von<lb/> kleiner Statur und so jugendlichen Aussehens, daß der König, als er ihm bei<lb/> Gelegenheit einer großen Revue im Frühjahr 1799 vorgestellt wurde, sich gegen<lb/> den Oberpräsidenten Freiherrn von Stein äußerte: „Macht man hier Kinder zu<lb/> Landräthen?" Die Antwort Steins lautete: „Ja, Ew. Maj., ein Jüngling an<lb/> Jahre», aber ein Greis an Weisheit." — Im Anfang des I. 1802 wurde'er vom<lb/> Ministerin»! beantragt, wegen der Einführung der Schafzucht nach Spanien zu gehen;<lb/> er blieb daselbst über ein Jahr und nahm dann nach seiner Rückkehr sehr eifrig<lb/> seine landräthlichen Geschäfte wieder auf. Noch in demselben Jahre wurde er<lb/> vom Minister zur Magdeburger Präsideutur empfohlen; es ist darüber ein sehr<lb/> interessanter Bescheid aufbewahrt. Der König wunderte sich, daß ein so großer<lb/> Mangel an tüchtigen Beamten da sein sollte, daß man mit jungen Leuten so<lb/> schnelle Beförderung vornehmen müßte. „Ans dieser Verlegenheit sollte man<lb/> schließen, daß der Adel des Landes nicht mehr von dem edlen Geiste seiner Vor¬<lb/> fahren beseelt wäre, der ihn anfeuerte, sich zu deu wichtigsten Ehrenstellen des<lb/> Landes, zum Dienst des Vaterlandes sich vorzüglich geschickt zu machen.... So<lb/> groß also auch die Vortheile sind, die für den Dienst daraus entstehe», wenn die<lb/> ersten Stellen in Directorien mit Männern besetzt werden, die mit ihren persön¬<lb/> lichen Verdiensten zugleich das Verdienst ihrer Ahnen verbinden und durch deren<lb/> Glanz dies Ansehen vermehren, so schädlich wird es auf der andern Seite sein,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0514]
seine Aufgabe auf eine zweckmäßige Weise ausgeführt. Das Material zur
Arbeit war sehr vollständig. Die Tagebücher von der frühesten Jugend bis zum
spätesten Alter waren fast ganz erhalten, eine außerordentlich starke Korrespondenz
und zahlreiche Actenstiicke gaben fast jeden gewünschten Aufschluß nicht nur über
seine Handlungen, sondern auch über deren Beweggründe. Herr v. Bodelschwingh
hat also mit Recht eine Auswahl aus diesen Documenten zum Mittelpunkt dieses
Werks gemacht, und er hat nur weniges hinzuzufügen nöthig gehabt, um dieselben
durch biographische Notizen zu einem Gesammtbild des Lebens zu erweitern.
Ludwig von Vincke war 1774 zu Minden geboren; er kam 1789 ans das
Pädagogium zu Halle und bezog 1792 die Universität Marburg, wo er deu be¬
kannten Jung - Stilliug kennen lernte und in nähere Verhältnisse zu ihm trat;
später studirte er zu Erlange» und Göttingen. Schon ans. der Universität ent¬
wickelte Vincke einen unbefangenen vorurtheilsfreien Sinn in Beziehung ans Staats¬
angelegenheiten. Das comödicnhafte Wesen, das damals namentlich durch die
Ordcnsverbinoungen aus den Universitäten eingerisse» war, war ihm verhaßt, und
er fand Gelegenheit, demselben durch eine zwanglose landömannschastliche Ver¬
einigung entschieden entgegenzutreten. 179S trat er in die Berliner Kammer ein
und wurde drei Jahre darauf von dem Domcapitel in Minden zum Landrath
vorgeschlagen und bestätigt; er erhielt einen Gehalt von i00 Thlr., wovon er
anfangs noch 100 Thlr. für einen pensionirten Kreisbeamten abgeben mußte,
während die Bestallungösporteln 120 Thlr. betrugen. Er war 23 Jahr alt, von
kleiner Statur und so jugendlichen Aussehens, daß der König, als er ihm bei
Gelegenheit einer großen Revue im Frühjahr 1799 vorgestellt wurde, sich gegen
den Oberpräsidenten Freiherrn von Stein äußerte: „Macht man hier Kinder zu
Landräthen?" Die Antwort Steins lautete: „Ja, Ew. Maj., ein Jüngling an
Jahre», aber ein Greis an Weisheit." — Im Anfang des I. 1802 wurde'er vom
Ministerin»! beantragt, wegen der Einführung der Schafzucht nach Spanien zu gehen;
er blieb daselbst über ein Jahr und nahm dann nach seiner Rückkehr sehr eifrig
seine landräthlichen Geschäfte wieder auf. Noch in demselben Jahre wurde er
vom Minister zur Magdeburger Präsideutur empfohlen; es ist darüber ein sehr
interessanter Bescheid aufbewahrt. Der König wunderte sich, daß ein so großer
Mangel an tüchtigen Beamten da sein sollte, daß man mit jungen Leuten so
schnelle Beförderung vornehmen müßte. „Ans dieser Verlegenheit sollte man
schließen, daß der Adel des Landes nicht mehr von dem edlen Geiste seiner Vor¬
fahren beseelt wäre, der ihn anfeuerte, sich zu deu wichtigsten Ehrenstellen des
Landes, zum Dienst des Vaterlandes sich vorzüglich geschickt zu machen.... So
groß also auch die Vortheile sind, die für den Dienst daraus entstehe», wenn die
ersten Stellen in Directorien mit Männern besetzt werden, die mit ihren persön¬
lichen Verdiensten zugleich das Verdienst ihrer Ahnen verbinden und durch deren
Glanz dies Ansehen vermehren, so schädlich wird es auf der andern Seite sein,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |