Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.wen. Der große Erfolg jenes Buchs schreibt sich also nicht lediglich von seinem In¬ Deutsches Wörterbuch von Jac. Grimm und Will). Grimm. 7. Lieferung, wen. Der große Erfolg jenes Buchs schreibt sich also nicht lediglich von seinem In¬ Deutsches Wörterbuch von Jac. Grimm und Will). Grimm. 7. Lieferung, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0486" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97191"/> <p xml:id="ID_1435" prev="#ID_1434"> wen. Der große Erfolg jenes Buchs schreibt sich also nicht lediglich von seinem In¬<lb/> halte her, sont'ern von der gerechten Verehrung vor dem großen Manne und dem An¬<lb/> theil, den man auch an seinen kleinern persönlichen Verhältnissen nahm. — Mit den<lb/> Sonetten wird es ein ganz ähnlicher Fall sein. Seit dem Tode seiner Gemahlin<lb/> bis zu einem Monat vor seinem eigenen Tode hat Will), v. Humboldt sast jeden<lb/> Tag ein solches Sonett, dictirt. Daß also hier von einem bedeutenden dichterischen<lb/> Werthe nicht die Rede sein kann, versteht sich von selbst. Allein auch hier tritt uns<lb/> jene Einheit des Empfindens und Denkens entgegen, die Wilh. v. -Humboldt zu einer<lb/> der classischesten Erscheinungen unserer Nation machen. ' Bei seiner seltenen Empfäng¬<lb/> lichkeit für alles Schöne im Reiche der Natur und des Geistes, die weit entfernt ist<lb/> von jenem todten Stoicismus, den man so häufig bei der Kantischen Schule antrifft,<lb/> bleibt er in seinem Gemüthe doch immer ganz der, der er ist, der ernste, strenge, sitt¬<lb/> liche Mann, und die Sonette sind ein schönes Zeugniß von einer Verbindung jener<lb/> Eigenschaften, die in diesem Maß kaum bei einem andern Mann wieder anzutreffen<lb/> wäre. So müssen wir sie auffassen, als klare und entsprechende Ausdrücke der Per¬<lb/> sönlichkeit, nicht als Kunstwerke. Dann werden wir auch Spuren einer Poesie in<lb/> ihnen antreffen, die.darum nicht schlechter ist, weil sie mit keinem abstracten Kunstprin¬<lb/> cip zusammenhängt. >— Alexander v. Humboldt hat die Gedichte seines Bruders durch<lb/> eine kurze Vorrede eingeführt. Ans dem Titelkupfer schaut uns das wohlgelungene,<lb/> geiht- und gemüthvolle, bedeutende Gesicht Wilh. v. Humboldts mit jener stillen, ernsten<lb/> Trauer an, die man von dem Gedanken des Alters nur schwer trennen wird und die<lb/> doch ein Hauch von dem mächtigen Geist umschwebt, den wir in seinem Leben und in<lb/> seinen Schriften antreffen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1436" next="#ID_1437"> Deutsches Wörterbuch von Jac. Grimm und Will). Grimm. 7. Lieferung,<lb/> Belege — Bestrafen. Leipzig, S. Hirzel. 18S3. — Das deutsche Riesenwerk ist mit<lb/> dieser Lieferung bis in die Mitte des B vorgedrungen. Das deutsche B ist, obgleich<lb/> es nicht den Umfang des anlandenden A hat, doch immer noch Anführer einer großen<lb/> Schar von Wörtern. Es ist anzunehmen, daß die nächste Lieferung bis gegen das Ende<lb/> seiner Herrschaft führen wird, dann geht es nach einigem Aufenthalt in dem weiten<lb/> Flachlande, welchem das junge E vorsteht, schnell vorwärts durch das Gebiet zahl¬<lb/> reicher Buchstaben bis tief in die Mitte des Alphabets. Es geziemt der deutschen<lb/> Presse von Zeit zu Zeit bei Grimms Lexikon einen lauten Frenderuf auszustoßen über<lb/> das, was menschlicher Fleiß bei uns vermag. Die erste Lieferung erschien im Frühjahr<lb/> 1832, jetzt ist das Jahr 53 noch nicht beendigt und die Brüder Grimm haben also<lb/> in wenig mehr als anderthalb Jahren -I Vo Foliobogen oder 8i0 Folioseiten oder 1680<lb/> Foliospaltcn von engem Druck erscheinen lassen — und was für Spalte»! und welch<lb/> gründliche Arbeit! U»d dies Lexikon war noch nicht das einzige, womit sie sich in den<lb/> letzten beiden Jahren beschäftigt haben. ES ist möglich, ja einem genauen Beobachter<lb/> der menschlichen Natur wird es wahrscheinlich, daß Jacob. Grimm bei seinen mytholo¬<lb/> gischen Studien das Glück gehabt hat, eine alte Zauberformel aufzufinden und dadurch<lb/> in Besitz des letzten.deutschen Spiriws lumilii»'i5 oder Heinzelmännchens zu kommen,<lb/> welches ihm jetzt das deutsche Wörterbuch und seine übrigen großen Qnellenwerke über<lb/> Nacht schreiben muß. Wem diese Annahme gewagt scheinen sollte, der lese die betref¬<lb/> fenden Stellen über Hausgeister in Grimms deutscher Mythologie und in den Kinder-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0486]
wen. Der große Erfolg jenes Buchs schreibt sich also nicht lediglich von seinem In¬
halte her, sont'ern von der gerechten Verehrung vor dem großen Manne und dem An¬
theil, den man auch an seinen kleinern persönlichen Verhältnissen nahm. — Mit den
Sonetten wird es ein ganz ähnlicher Fall sein. Seit dem Tode seiner Gemahlin
bis zu einem Monat vor seinem eigenen Tode hat Will), v. Humboldt sast jeden
Tag ein solches Sonett, dictirt. Daß also hier von einem bedeutenden dichterischen
Werthe nicht die Rede sein kann, versteht sich von selbst. Allein auch hier tritt uns
jene Einheit des Empfindens und Denkens entgegen, die Wilh. v. -Humboldt zu einer
der classischesten Erscheinungen unserer Nation machen. ' Bei seiner seltenen Empfäng¬
lichkeit für alles Schöne im Reiche der Natur und des Geistes, die weit entfernt ist
von jenem todten Stoicismus, den man so häufig bei der Kantischen Schule antrifft,
bleibt er in seinem Gemüthe doch immer ganz der, der er ist, der ernste, strenge, sitt¬
liche Mann, und die Sonette sind ein schönes Zeugniß von einer Verbindung jener
Eigenschaften, die in diesem Maß kaum bei einem andern Mann wieder anzutreffen
wäre. So müssen wir sie auffassen, als klare und entsprechende Ausdrücke der Per¬
sönlichkeit, nicht als Kunstwerke. Dann werden wir auch Spuren einer Poesie in
ihnen antreffen, die.darum nicht schlechter ist, weil sie mit keinem abstracten Kunstprin¬
cip zusammenhängt. >— Alexander v. Humboldt hat die Gedichte seines Bruders durch
eine kurze Vorrede eingeführt. Ans dem Titelkupfer schaut uns das wohlgelungene,
geiht- und gemüthvolle, bedeutende Gesicht Wilh. v. Humboldts mit jener stillen, ernsten
Trauer an, die man von dem Gedanken des Alters nur schwer trennen wird und die
doch ein Hauch von dem mächtigen Geist umschwebt, den wir in seinem Leben und in
seinen Schriften antreffen. —
Deutsches Wörterbuch von Jac. Grimm und Will). Grimm. 7. Lieferung,
Belege — Bestrafen. Leipzig, S. Hirzel. 18S3. — Das deutsche Riesenwerk ist mit
dieser Lieferung bis in die Mitte des B vorgedrungen. Das deutsche B ist, obgleich
es nicht den Umfang des anlandenden A hat, doch immer noch Anführer einer großen
Schar von Wörtern. Es ist anzunehmen, daß die nächste Lieferung bis gegen das Ende
seiner Herrschaft führen wird, dann geht es nach einigem Aufenthalt in dem weiten
Flachlande, welchem das junge E vorsteht, schnell vorwärts durch das Gebiet zahl¬
reicher Buchstaben bis tief in die Mitte des Alphabets. Es geziemt der deutschen
Presse von Zeit zu Zeit bei Grimms Lexikon einen lauten Frenderuf auszustoßen über
das, was menschlicher Fleiß bei uns vermag. Die erste Lieferung erschien im Frühjahr
1832, jetzt ist das Jahr 53 noch nicht beendigt und die Brüder Grimm haben also
in wenig mehr als anderthalb Jahren -I Vo Foliobogen oder 8i0 Folioseiten oder 1680
Foliospaltcn von engem Druck erscheinen lassen — und was für Spalte»! und welch
gründliche Arbeit! U»d dies Lexikon war noch nicht das einzige, womit sie sich in den
letzten beiden Jahren beschäftigt haben. ES ist möglich, ja einem genauen Beobachter
der menschlichen Natur wird es wahrscheinlich, daß Jacob. Grimm bei seinen mytholo¬
gischen Studien das Glück gehabt hat, eine alte Zauberformel aufzufinden und dadurch
in Besitz des letzten.deutschen Spiriws lumilii»'i5 oder Heinzelmännchens zu kommen,
welches ihm jetzt das deutsche Wörterbuch und seine übrigen großen Qnellenwerke über
Nacht schreiben muß. Wem diese Annahme gewagt scheinen sollte, der lese die betref¬
fenden Stellen über Hausgeister in Grimms deutscher Mythologie und in den Kinder-
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