Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.hat sich nun Herr Diezel erhoben*), mit dem wir uns schon mehrfach beschäftigt Leider müssen wir mit einer formalen beginnen. Wir hatten gesunden, daß Wenn sie nämlich von Gothacrn sprechen, so meinen sie eine Anzahl von Aber über dieses scheint uns Herr Diezel noch im Unklaren zu sein, wie er *) In der Zeitschrift "der Beobachter. Ein Volksblatt ans Schwaben. Redigirt von Kurz.", deren Bekanntschaft wir bei dieser Gelegenheit gemacht haben. Man hat uns die¬ selbe zugeschickt, und wir würden in ähnlichen Fällen für die gleiche Gefälligkeit stets dank¬ bar sein.' S*
hat sich nun Herr Diezel erhoben*), mit dem wir uns schon mehrfach beschäftigt Leider müssen wir mit einer formalen beginnen. Wir hatten gesunden, daß Wenn sie nämlich von Gothacrn sprechen, so meinen sie eine Anzahl von Aber über dieses scheint uns Herr Diezel noch im Unklaren zu sein, wie er *) In der Zeitschrift „der Beobachter. Ein Volksblatt ans Schwaben. Redigirt von Kurz.", deren Bekanntschaft wir bei dieser Gelegenheit gemacht haben. Man hat uns die¬ selbe zugeschickt, und wir würden in ähnlichen Fällen für die gleiche Gefälligkeit stets dank¬ bar sein.' S*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0043" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96748"/> <p xml:id="ID_98" prev="#ID_97"> hat sich nun Herr Diezel erhoben*), mit dem wir uns schon mehrfach beschäftigt<lb/> haben. Diese Autwort veranlaßt uns zu einigen sachlichen Bemerkungen.</p><lb/> <p xml:id="ID_99"> Leider müssen wir mit einer formalen beginnen. Wir hatten gesunden, daß<lb/> jenes Werk das Princip der Gothaer Politik richtiger definirt, als es uns<lb/> bisher vorgekommen war, und wir hatten zu begründen gesucht, daß der Ver¬<lb/> fasser, wenn er consequent dächte, in diesem Princip auch die Zukunft der deut¬<lb/> schen Entwickelung sehen müsse. „Gegen eine solche Beleidigung, ja Verleum¬<lb/> dung" glaubt Herr Diezel den Verfasser in Schutz nehmen zu müssen. Was<lb/> soll man zu einer so einfältigen und lächerlichen Unverschämtheit eigentlich sagen?<lb/> Abgesehn von dem Ton, der doch jetzt endlich aufhören sollte, ist das Unbegreif¬<lb/> liche an dieser Großsprecherei eine Verwechselung, in welche die Demokraten, na¬<lb/> mentlich die süddeutschen, fortwährend verfallen.</p><lb/> <p xml:id="ID_100"> Wenn sie nämlich von Gothacrn sprechen, so meinen sie eine Anzahl von<lb/> Individuen, deren Bekanntschaft sie in Frankfurt gemacht haben, und über deren<lb/> Persönlichkeit und Benehmen sie ein ungünstiges Urtheil fällen. Wir dagegen<lb/> sprechen von dem Princip, und der Verfasser der „Realpolitik" hat darin den<lb/> ganz richtigen Unterschied gemacht. Wir urtheilen zwar über die Mitglieder der<lb/> Frankfurter Majorität ganz anders, als die Demokraten, aber das ist uns Neben¬<lb/> sache. Wenn sämmtliche Mitglieder jener Majorität Gottesleugner, Räuber,<lb/> Mörder, Diebe, Ehebrecher, Memmen, Dummköpfe, Jesuiten, Sklaven, Ver¬<lb/> räther u. s. w. wären — wenigstens den größten Theil dieser Prädicate hat<lb/> Herr Diezel bereits angewendet — so würde uns das zwar sehr leid thun, denn<lb/> wir würden es vorziehn, die gute Sache auch durch würdige Männer vertreten<lb/> zu sehen; aber wir würden sie als politische Partei dennoch unterstützen, so<lb/> lange sie das nach unserer Ansicht richtige Princip vertreten. Herr Diezel irrt,<lb/> und mit ihm die meisten Demokraten, wenn sie glauben, es käme uns ans die<lb/> Persönlichkeiten an, und wir wollten immer dieselben Persönlichkeiten wieder vor¬<lb/> schieben; uns kommt es gar nicht darauf an. Wenn die Partei sich aus andern<lb/> Männern zusammensetzt, aus Herrn Diezel u. s. w., so soll es uns auch recht<lb/> sein, sobald sie nur Garantie geben, daß sie unser Princip vertreten.</p><lb/> <p xml:id="ID_101" next="#ID_102"> Aber über dieses scheint uns Herr Diezel noch im Unklaren zu sein, wie er<lb/> denn auch die „Realpolitik" mißverstanden hat. Die „Realpolitik" hatte als<lb/> principiellen Zweck der Gothaer Politik aufgestellt: „die Staatskräfte Preußens<lb/> in den Dienst der Revolution zu ziehen, die organisirte preußische Macht zum<lb/> Werkzeug der politischen Einigung Deutschlands zu machen," und wir hatten<lb/> diese Definition vollkommen adoptirt. Herr Diezel mißversteht das nun so, wie</p><lb/> <note xml:id="FID_2" place="foot"> *) In der Zeitschrift „der Beobachter. Ein Volksblatt ans Schwaben. Redigirt von<lb/> Kurz.", deren Bekanntschaft wir bei dieser Gelegenheit gemacht haben. Man hat uns die¬<lb/> selbe zugeschickt, und wir würden in ähnlichen Fällen für die gleiche Gefälligkeit stets dank¬<lb/> bar sein.'</note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> S*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0043]
hat sich nun Herr Diezel erhoben*), mit dem wir uns schon mehrfach beschäftigt
haben. Diese Autwort veranlaßt uns zu einigen sachlichen Bemerkungen.
Leider müssen wir mit einer formalen beginnen. Wir hatten gesunden, daß
jenes Werk das Princip der Gothaer Politik richtiger definirt, als es uns
bisher vorgekommen war, und wir hatten zu begründen gesucht, daß der Ver¬
fasser, wenn er consequent dächte, in diesem Princip auch die Zukunft der deut¬
schen Entwickelung sehen müsse. „Gegen eine solche Beleidigung, ja Verleum¬
dung" glaubt Herr Diezel den Verfasser in Schutz nehmen zu müssen. Was
soll man zu einer so einfältigen und lächerlichen Unverschämtheit eigentlich sagen?
Abgesehn von dem Ton, der doch jetzt endlich aufhören sollte, ist das Unbegreif¬
liche an dieser Großsprecherei eine Verwechselung, in welche die Demokraten, na¬
mentlich die süddeutschen, fortwährend verfallen.
Wenn sie nämlich von Gothacrn sprechen, so meinen sie eine Anzahl von
Individuen, deren Bekanntschaft sie in Frankfurt gemacht haben, und über deren
Persönlichkeit und Benehmen sie ein ungünstiges Urtheil fällen. Wir dagegen
sprechen von dem Princip, und der Verfasser der „Realpolitik" hat darin den
ganz richtigen Unterschied gemacht. Wir urtheilen zwar über die Mitglieder der
Frankfurter Majorität ganz anders, als die Demokraten, aber das ist uns Neben¬
sache. Wenn sämmtliche Mitglieder jener Majorität Gottesleugner, Räuber,
Mörder, Diebe, Ehebrecher, Memmen, Dummköpfe, Jesuiten, Sklaven, Ver¬
räther u. s. w. wären — wenigstens den größten Theil dieser Prädicate hat
Herr Diezel bereits angewendet — so würde uns das zwar sehr leid thun, denn
wir würden es vorziehn, die gute Sache auch durch würdige Männer vertreten
zu sehen; aber wir würden sie als politische Partei dennoch unterstützen, so
lange sie das nach unserer Ansicht richtige Princip vertreten. Herr Diezel irrt,
und mit ihm die meisten Demokraten, wenn sie glauben, es käme uns ans die
Persönlichkeiten an, und wir wollten immer dieselben Persönlichkeiten wieder vor¬
schieben; uns kommt es gar nicht darauf an. Wenn die Partei sich aus andern
Männern zusammensetzt, aus Herrn Diezel u. s. w., so soll es uns auch recht
sein, sobald sie nur Garantie geben, daß sie unser Princip vertreten.
Aber über dieses scheint uns Herr Diezel noch im Unklaren zu sein, wie er
denn auch die „Realpolitik" mißverstanden hat. Die „Realpolitik" hatte als
principiellen Zweck der Gothaer Politik aufgestellt: „die Staatskräfte Preußens
in den Dienst der Revolution zu ziehen, die organisirte preußische Macht zum
Werkzeug der politischen Einigung Deutschlands zu machen," und wir hatten
diese Definition vollkommen adoptirt. Herr Diezel mißversteht das nun so, wie
*) In der Zeitschrift „der Beobachter. Ein Volksblatt ans Schwaben. Redigirt von
Kurz.", deren Bekanntschaft wir bei dieser Gelegenheit gemacht haben. Man hat uns die¬
selbe zugeschickt, und wir würden in ähnlichen Fällen für die gleiche Gefälligkeit stets dank¬
bar sein.'
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