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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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wurde gefrühstückt, mit so ein Frühstück von wilde" Schweinsköpfen und Wild-
pret aller Art ist gar nicht zu verachten! Dann ging es wieder auf "ut davon
zum Treibjage", und das nicht etwa auf Hasen oder Füchse, nein auf Tiger,
Leoparden, Bären, Elennthiere. Diesmal machten wir keine so gute Jagd wie
wir erwarteten, da in der kalten Jahreszeit die Waldungen zu dick siud, und die
Raubthiere zu sehr umherwandern, so daß man ihres Aufenthaltsortes nie sicher
ist. Auch sind diese Bestien jetzt nicht so träge, wie in der heißen Zeit, im
April, Mai und Juni, wo sie fest liegen, sondern sie schleichen sich durch den
Trieb zurück oder drücken sich unter Büsche, wo die oft furchtsamen Treiber sie
gern ungestört liegen lassen, was ich ihnen auch gar nicht verdenken kauu. In¬
dessen schössen wir doch im ganzen 1 Tigerin, 2 sehr große und 1 halberwachsenen
Leoparden, 3 Hyänen, S Bären, 14 Hirsche (Sander), 3 Neilghai und 1!i Antilopen
und Gazellen (ravinc; nichr). Eigentlich soll man bei diesen Treibjagden ans dem
Elephanten bleiben, allein ich kletterte gewöhnlich ans einen Baum oder eine"
perpendicularen Felsen, der vor dem Tiger sichert. Von solchem Stande ans
schoß ich den größten der Bären, erst durch den Hinterkopf und daun, um ihn
für die Treiber ""schädlich zu machen, durchs Herz, ebenso mehre Hirsche
in vollem Galopp und ein superbes wildes Schwein mit 8^/2 Zoll langen Hauern,
dessen halbe" Kopf, mit einer schonen Sauce präparirt, nur der Brigadier
zum Frühstück geschickt hat. Vom Elephanten ans erlegte ich eine" Leoparde".
Ich sah ihn von einem wenig bebuschten Hügel langsam vor den Treibern herunter¬
könne" "ut avancirte mit meinem Elephanten in der Richtung, wo ich ihn gesehen,
als ich ihn auf einmal unter einem Busche, kaum 3 Schritt von mir, versteckt
sand. Ich feuerte und traf ihn zwischen beide Schultern; mit zwei donnernden
Granier passirte er, wie ein Betrunkener, bei dem Rüssel des Elephanten vorbei
und legte sich nnter einen Busch, wo er erst nach einem allgemeinen Feuer auf
ihn verendete. Die interessanteste Scene gaben uns die Tigerin und eine Bärin.
Tiger und Bär sind nämlich in diesem Lande Erbfeinde. Als nun die Tigerin
schwer verwundet, sich blutend und ächzend in einem kleinen Moraste herumwälzte,
"kam, von dem Lärmen der Treiber aufgeschreckt, eine Bärin mit einem Jungen
in voller Flucht bei ihr vorbei. Aber größer noch als der Trieb zur Rettung
war in ihr der des Hasses. Denn kam" gewahrte sie ihren Feind, als sie mit
grimmigem Gebrumm ans ihn losstürzte -- freilich "ur für wenig Augenblicke;
denn als sie das Blut und den kampfunfähigen Zustand der Tigerin sah, setzte
sie, gleichsam verächtlich sich abwendend, ihre Flucht fort, und wurde "ach wcmge"
Schritte" gleichfalls niedergestreckt. Dasselbe Schicksal hatte denn auch das Junge,
das sie nicht verlassen wollte.

Eine andere Jagdfahrt hatte Capitän Dcwar arrangirt, für die ich vom
1. April auf einen Monat Urlaub genommen. Ich ritt in der Nacht auf einem
Reitkameele ab, bestieg nach 12 Meilen mein Pferd, das ich als Nelai gelegt


wurde gefrühstückt, mit so ein Frühstück von wilde» Schweinsköpfen und Wild-
pret aller Art ist gar nicht zu verachten! Dann ging es wieder auf »ut davon
zum Treibjage», und das nicht etwa auf Hasen oder Füchse, nein auf Tiger,
Leoparden, Bären, Elennthiere. Diesmal machten wir keine so gute Jagd wie
wir erwarteten, da in der kalten Jahreszeit die Waldungen zu dick siud, und die
Raubthiere zu sehr umherwandern, so daß man ihres Aufenthaltsortes nie sicher
ist. Auch sind diese Bestien jetzt nicht so träge, wie in der heißen Zeit, im
April, Mai und Juni, wo sie fest liegen, sondern sie schleichen sich durch den
Trieb zurück oder drücken sich unter Büsche, wo die oft furchtsamen Treiber sie
gern ungestört liegen lassen, was ich ihnen auch gar nicht verdenken kauu. In¬
dessen schössen wir doch im ganzen 1 Tigerin, 2 sehr große und 1 halberwachsenen
Leoparden, 3 Hyänen, S Bären, 14 Hirsche (Sander), 3 Neilghai und 1!i Antilopen
und Gazellen (ravinc; nichr). Eigentlich soll man bei diesen Treibjagden ans dem
Elephanten bleiben, allein ich kletterte gewöhnlich ans einen Baum oder eine»
perpendicularen Felsen, der vor dem Tiger sichert. Von solchem Stande ans
schoß ich den größten der Bären, erst durch den Hinterkopf und daun, um ihn
für die Treiber »»schädlich zu machen, durchs Herz, ebenso mehre Hirsche
in vollem Galopp und ein superbes wildes Schwein mit 8^/2 Zoll langen Hauern,
dessen halbe» Kopf, mit einer schonen Sauce präparirt, nur der Brigadier
zum Frühstück geschickt hat. Vom Elephanten ans erlegte ich eine» Leoparde».
Ich sah ihn von einem wenig bebuschten Hügel langsam vor den Treibern herunter¬
könne» »ut avancirte mit meinem Elephanten in der Richtung, wo ich ihn gesehen,
als ich ihn auf einmal unter einem Busche, kaum 3 Schritt von mir, versteckt
sand. Ich feuerte und traf ihn zwischen beide Schultern; mit zwei donnernden
Granier passirte er, wie ein Betrunkener, bei dem Rüssel des Elephanten vorbei
und legte sich nnter einen Busch, wo er erst nach einem allgemeinen Feuer auf
ihn verendete. Die interessanteste Scene gaben uns die Tigerin und eine Bärin.
Tiger und Bär sind nämlich in diesem Lande Erbfeinde. Als nun die Tigerin
schwer verwundet, sich blutend und ächzend in einem kleinen Moraste herumwälzte,
"kam, von dem Lärmen der Treiber aufgeschreckt, eine Bärin mit einem Jungen
in voller Flucht bei ihr vorbei. Aber größer noch als der Trieb zur Rettung
war in ihr der des Hasses. Denn kam» gewahrte sie ihren Feind, als sie mit
grimmigem Gebrumm ans ihn losstürzte — freilich »ur für wenig Augenblicke;
denn als sie das Blut und den kampfunfähigen Zustand der Tigerin sah, setzte
sie, gleichsam verächtlich sich abwendend, ihre Flucht fort, und wurde »ach wcmge»
Schritte» gleichfalls niedergestreckt. Dasselbe Schicksal hatte denn auch das Junge,
das sie nicht verlassen wollte.

Eine andere Jagdfahrt hatte Capitän Dcwar arrangirt, für die ich vom
1. April auf einen Monat Urlaub genommen. Ich ritt in der Nacht auf einem
Reitkameele ab, bestieg nach 12 Meilen mein Pferd, das ich als Nelai gelegt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/290>, abgerufen am 05.02.2025.