Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.und Julie" von Berlioz; die Ouvertüre zum Tannhäuser (zweimal) und Orchestervor¬ Die neue komische Oper von Taubert, "Jvggcli" (der Text nach Jerem. Gotthelf Ein neues Lehrbuch der Zukunftmusikcr ist erschienen! "die Melodie der Sprache" Berlioz führt am 22. October in Braunschweig seinen "Faust" auf. --- Im dritte" Concerte des Gewandhanscs wurden von Orchesterwerken eine Sinfonie und Julie" von Berlioz; die Ouvertüre zum Tannhäuser (zweimal) und Orchestervor¬ Die neue komische Oper von Taubert, „Jvggcli" (der Text nach Jerem. Gotthelf Ein neues Lehrbuch der Zukunftmusikcr ist erschienen! „die Melodie der Sprache" Berlioz führt am 22. October in Braunschweig seinen „Faust" auf. -— Im dritte» Concerte des Gewandhanscs wurden von Orchesterwerken eine Sinfonie <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0238" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96943"/> <p xml:id="ID_671" prev="#ID_670"> und Julie" von Berlioz; die Ouvertüre zum Tannhäuser (zweimal) und Orchestervor¬<lb/> spiel, Brautzug und Hochzeitmusik aus Lohengrin von Wagner; endlich Fcstgesang<lb/> aus Schillers Künstler» und Clavier-Phantasie über die „Ruinen von Athen" von F.<lb/> Liszt. Ueber die beiden letzten, die uns nicht bekannt sind, sagt der Berichterstatter: „Liszts<lb/> Festgcsang war das einzige Stück, das deutliches Mißfallen erregte. Dissonanzen wer¬<lb/> den durch Dissonanzen ausgelöst, chromatische unklare Fortschreitungen, ohrzerreißende<lb/> Vorhalte füllen das Ganze und lassen den Hörer nicht zur Ruhe komme«. Mau konnte<lb/> nie sagen, ob falsch gesungen wird, oder ob die Komposition so gemeint sei." Und vom<lb/> zweiten: „Von Durchführung eines Motivs, von Verbindung der verschiedenen Themas<lb/> ist keine Rede; man findet nur lose Aneinanderkettnng oft ganz heterogener Dinge." —</p><lb/> <p xml:id="ID_672"> Die neue komische Oper von Taubert, „Jvggcli" (der Text nach Jerem. Gotthelf<lb/> von H. Köster bearbeitet) scheint in Berlin kein Glück gemacht zu haben. In einem<lb/> Artikel, der anscheinend das Gepräge der Wahrheitsliebe trägt, sagt darüber die (Ber¬<lb/> liner), deutsche Theatcrzcitung-. „Taubert ist ein gründlicher Musiker, die Grammatik<lb/> der Musik hat er vollständig inne, er kennt Jnstrnmentaleffccte ebenso wie alles was in<lb/> das Fach der Harmonielehre schlägt, er zeigt sür ihre Anwendung einen feinen Sinn,<lb/> eine geschickte Hand, als musikalischer Dichter besitzt er endlich das Talent sür das<lb/> Naive — nur mitunter etwas forcirt und süßlich angewendet — und für das ober¬<lb/> flächlich Sentimentale. Mit diesem Talent kann ma,n allenfalls ein kleines Singspiel,<lb/> niemals ein dreiactigcs Werk schreiben, welches den Namen Oper prätendirt. Hierzu<lb/> fehlt Herr» Taubert zunächst die Fähigkeit, mannigfaltig zu individualisiren, musikalische<lb/> Charaktcrgcgcnsätze zu schaffen, welche nur aus der Erfindung, nicht aus der Modula¬<lb/> tion hervorgehen können, denen die Modulation uur als Unterstützung dient. Hier<lb/> entschädigt alle Kunst des Satzes und der Behandlung, alle Feinheit und Reichthum<lb/> der Form nicht für den mangelnden innern Nerv, das wirkliche und eigentliche musika-<lb/> lische Leben. Wie arm Taubert hieran ist, hat er in seinem neuesten Werk hinlänglich<lb/> bewiesen. Er ist keineswegs ohne Melodie, wenn diese in vielen Fällen auch<lb/> weniger Frische als Geziertheit besitzt; allein diese Melodie ist nur da von Wirkung,<lb/> wo sie naive und etwa idyllische Momente wiederzugeben hat, eS ist der Liedercom-<lb/> pvnist, welcher überall durchklingt. In Momenten, wo humoristische oder weitere cha¬<lb/> raktergemäße Färbungen erfordert werden, wird der Componist entweder widrig, oder<lb/> steif, trocken und schwerfällig im Ausdruck." —</p><lb/> <p xml:id="ID_673"> Ein neues Lehrbuch der Zukunftmusikcr ist erschienen! „die Melodie der Sprache"<lb/> von Louis Köhler. (Leipzig, I. I. Weber). Es ist ziemlich komisch. —</p><lb/> <p xml:id="ID_674"> Berlioz führt am 22. October in Braunschweig seinen „Faust" auf. -—</p><lb/> <p xml:id="ID_675" next="#ID_676"> Im dritte» Concerte des Gewandhanscs wurden von Orchesterwerken eine Sinfonie<lb/> von Haydn (it tiur), eine Lustspielonvcrtnre von Julius Nietz und die Ouvertüre zum<lb/> Freischütz aufgeführt. Als eine interessante Neuigkeit aus alter Zeit kann ein Concert<lb/> für Clarinette von Mozart gelten, das von dem Orchcstcrmitglicde Herrn Landgraf sehr<lb/> brav vorgetragen wurde. Das Werk scheint aus der frühern Zeit Mozarts zu stammen,<lb/> denn diese etwas zopfigen Motive und die theilweis noch dreistimmige Orchesterbchand-<lb/> lnng finden sich in den spätern Arbeiten seltener vor. Hinsichtlich der contrapnnktischcn<lb/> Behandlung überrascht die Komposition an vielen Stellen, besonders im letzten Satze;</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0238]
und Julie" von Berlioz; die Ouvertüre zum Tannhäuser (zweimal) und Orchestervor¬
spiel, Brautzug und Hochzeitmusik aus Lohengrin von Wagner; endlich Fcstgesang
aus Schillers Künstler» und Clavier-Phantasie über die „Ruinen von Athen" von F.
Liszt. Ueber die beiden letzten, die uns nicht bekannt sind, sagt der Berichterstatter: „Liszts
Festgcsang war das einzige Stück, das deutliches Mißfallen erregte. Dissonanzen wer¬
den durch Dissonanzen ausgelöst, chromatische unklare Fortschreitungen, ohrzerreißende
Vorhalte füllen das Ganze und lassen den Hörer nicht zur Ruhe komme«. Mau konnte
nie sagen, ob falsch gesungen wird, oder ob die Komposition so gemeint sei." Und vom
zweiten: „Von Durchführung eines Motivs, von Verbindung der verschiedenen Themas
ist keine Rede; man findet nur lose Aneinanderkettnng oft ganz heterogener Dinge." —
Die neue komische Oper von Taubert, „Jvggcli" (der Text nach Jerem. Gotthelf
von H. Köster bearbeitet) scheint in Berlin kein Glück gemacht zu haben. In einem
Artikel, der anscheinend das Gepräge der Wahrheitsliebe trägt, sagt darüber die (Ber¬
liner), deutsche Theatcrzcitung-. „Taubert ist ein gründlicher Musiker, die Grammatik
der Musik hat er vollständig inne, er kennt Jnstrnmentaleffccte ebenso wie alles was in
das Fach der Harmonielehre schlägt, er zeigt sür ihre Anwendung einen feinen Sinn,
eine geschickte Hand, als musikalischer Dichter besitzt er endlich das Talent sür das
Naive — nur mitunter etwas forcirt und süßlich angewendet — und für das ober¬
flächlich Sentimentale. Mit diesem Talent kann ma,n allenfalls ein kleines Singspiel,
niemals ein dreiactigcs Werk schreiben, welches den Namen Oper prätendirt. Hierzu
fehlt Herr» Taubert zunächst die Fähigkeit, mannigfaltig zu individualisiren, musikalische
Charaktcrgcgcnsätze zu schaffen, welche nur aus der Erfindung, nicht aus der Modula¬
tion hervorgehen können, denen die Modulation uur als Unterstützung dient. Hier
entschädigt alle Kunst des Satzes und der Behandlung, alle Feinheit und Reichthum
der Form nicht für den mangelnden innern Nerv, das wirkliche und eigentliche musika-
lische Leben. Wie arm Taubert hieran ist, hat er in seinem neuesten Werk hinlänglich
bewiesen. Er ist keineswegs ohne Melodie, wenn diese in vielen Fällen auch
weniger Frische als Geziertheit besitzt; allein diese Melodie ist nur da von Wirkung,
wo sie naive und etwa idyllische Momente wiederzugeben hat, eS ist der Liedercom-
pvnist, welcher überall durchklingt. In Momenten, wo humoristische oder weitere cha¬
raktergemäße Färbungen erfordert werden, wird der Componist entweder widrig, oder
steif, trocken und schwerfällig im Ausdruck." —
Ein neues Lehrbuch der Zukunftmusikcr ist erschienen! „die Melodie der Sprache"
von Louis Köhler. (Leipzig, I. I. Weber). Es ist ziemlich komisch. —
Berlioz führt am 22. October in Braunschweig seinen „Faust" auf. -—
Im dritte» Concerte des Gewandhanscs wurden von Orchesterwerken eine Sinfonie
von Haydn (it tiur), eine Lustspielonvcrtnre von Julius Nietz und die Ouvertüre zum
Freischütz aufgeführt. Als eine interessante Neuigkeit aus alter Zeit kann ein Concert
für Clarinette von Mozart gelten, das von dem Orchcstcrmitglicde Herrn Landgraf sehr
brav vorgetragen wurde. Das Werk scheint aus der frühern Zeit Mozarts zu stammen,
denn diese etwas zopfigen Motive und die theilweis noch dreistimmige Orchesterbchand-
lnng finden sich in den spätern Arbeiten seltener vor. Hinsichtlich der contrapnnktischcn
Behandlung überrascht die Komposition an vielen Stellen, besonders im letzten Satze;
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