Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.heutzutage die Segnungen der Feudalherrschaft predigen würde, könnte vielleicht, gelänge Das allein erklärt die Bedeutung, die man der Rede zuschrieb, und darin liegt -- Herr Baron v. Cotta, der reiche Buchhändler, gab *) (Amm. der Red.) Um Irrthum zu vermeiden, bemerken wir, daß wir Stahls wissen¬
schaftliche Bedeutung, abgesehen von seinen handgreiflichen Sophistereien, höher anschlagen, als nliser verehrter Korrespondent- heutzutage die Segnungen der Feudalherrschaft predigen würde, könnte vielleicht, gelänge Das allein erklärt die Bedeutung, die man der Rede zuschrieb, und darin liegt — Herr Baron v. Cotta, der reiche Buchhändler, gab *) (Amm. der Red.) Um Irrthum zu vermeiden, bemerken wir, daß wir Stahls wissen¬
schaftliche Bedeutung, abgesehen von seinen handgreiflichen Sophistereien, höher anschlagen, als nliser verehrter Korrespondent- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0236" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96941"/> <p xml:id="ID_665" prev="#ID_664"> heutzutage die Segnungen der Feudalherrschaft predigen würde, könnte vielleicht, gelänge<lb/> es ihm gehört zu werden, ein von Cornwall bis Northumberland schallendes Gelächter<lb/> hervorrufen. Dagegen machen ihnen die sonderbarsten philosophischen und theologischen<lb/> Vorurtheile noch viel zu schaffen, mehr vielleicht, als uns, die wir neben ihnen wie politische<lb/> Liliputcr uns aufnehmen. Sie arbeiten aber rüstig an ihrer wissenschaftlichen Eman¬<lb/> cipation und gehen dabei, wie bei allem, was sie thun, sehr ernst zu Werke. Wir<lb/> haben in der Politik, theils in philosophischem Hochmuth, theils in sittlicher Frivolität<lb/> unsere gute» Anfänge verzettelt, und lächeln, wenn im Lande der Hegel und Fichte für<lb/> die freie Wissenschaft ein Wort verloren wird. Der Jnstinct des Publicums urtheilte<lb/> richtiger. Die Ausnahme, die Böckhs Rede zu Theil wurde, zeigte deutlich, wie die<lb/> Besorgnis), hinter der verkehrten Theorie seines Gegners möchte der Gewissenszwang<lb/> und der weltliche Groll gegen die Lehrfreiheit, sowie gegen freisinnige Schulmeister und<lb/> Pastoren lauern, überall nicht verschwunden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_666"> Das allein erklärt die Bedeutung, die man der Rede zuschrieb, und darin liegt<lb/> ihr Vorzug. Der gelehrte Mann begnügte sich nicht, über die ausgestellte Absurdität<lb/> die Achseln zu zucken, und er zog es bei der feierlichen Gelegenheit des königlichen Ge¬<lb/> burtstages vor, statt mit der hellenischen Nationalökonomie sich lieber mit den alltäg¬<lb/> lichen Angelegenheiten der Wissenschaft zu beschäftigen. Er sagte sich, wer die Freiheit<lb/> der Forschung hemmen will, der ist nahe daran, die unabhängigen Geister zu knechten,<lb/> das heißt einfacher, auf deutsch, sie durch Entziehung des Avancements, durch Discipliuar-<lb/> vcrfahrcn u. s. w. zurApvstasie ihrer Ueberzeugung zu drängen. Darum nahm Böckh das Wort<lb/> für die Wissenschaft, die ihren Zweck in sich habe und sich keinem äußeren positiven<lb/> Zwang unterwerfe. Der Grundsatz ist auf dem Gebiete der Wissenschaft selbst einfach<lb/> wie das Einmaleins, aber in seiner Anwendung auf das reelle Leben ist er es keines¬<lb/> wegs, und es war gewiß gut, daß er an jener Stelle, in einem Augenblick gehobener<lb/> Stimmung, mit Wärme und in allgemein verständlicher Fassung ausgesprochen wurde").</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> </head> <p xml:id="ID_667" next="#ID_668"> — Herr Baron v. Cotta, der reiche Buchhändler, gab<lb/> kürzlich zur Einweihung seiner erweiterten Buchdruckern den Angestellten des Geschäfts<lb/> ein Fest, und hielt bei der Gelegenheit in seinem und seines Herrn Schwagers, des<lb/> Barons Hermann v, Ncischach, als Mitbesitzers der I. G. Cotta'sehen Buchhand¬<lb/> lung, Namen eine im „Schwäbischen Mercur" und der „Augsburger Allgemeinen<lb/> Zeitung" abgedruckte Rede, welche bei der einflußreichen Stellung des Redners, als<lb/> Chefs der Cottaschen Familie und Verlagshandlung, vielleicht eher Besprechungen in<lb/> den öffentlichen Blättern verdient hätte, als die Thronrede manches kleinen Fürsten.<lb/> Daß Herr v. Cotta eine solche Rede hielt und drucken ließ, können wir nur loben.<lb/> Dem Cotta'sehen Verlage gehören nicht allein die ersten deutschen Klassiker an, son¬<lb/> dern es kann dem deutschen Publicum gewiß auch nicht gleichgiltig sein, öffentlich aus<lb/> dem eigenen Munde des Herrn v. Cotta zu vernehmen, in welchem Sinne er das<lb/> Erbe seines berühmten Vaters bis jetzt verwaltet habe und künstig verwalten werde.<lb/> Wir wollen hier weder die Klagen erneuern, welche wol über diese Verwaltung laut</p><lb/> <note xml:id="FID_17" place="foot"> *) (Amm. der Red.) Um Irrthum zu vermeiden, bemerken wir, daß wir Stahls wissen¬<lb/> schaftliche Bedeutung, abgesehen von seinen handgreiflichen Sophistereien, höher anschlagen,<lb/> als nliser verehrter Korrespondent-</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0236]
heutzutage die Segnungen der Feudalherrschaft predigen würde, könnte vielleicht, gelänge
es ihm gehört zu werden, ein von Cornwall bis Northumberland schallendes Gelächter
hervorrufen. Dagegen machen ihnen die sonderbarsten philosophischen und theologischen
Vorurtheile noch viel zu schaffen, mehr vielleicht, als uns, die wir neben ihnen wie politische
Liliputcr uns aufnehmen. Sie arbeiten aber rüstig an ihrer wissenschaftlichen Eman¬
cipation und gehen dabei, wie bei allem, was sie thun, sehr ernst zu Werke. Wir
haben in der Politik, theils in philosophischem Hochmuth, theils in sittlicher Frivolität
unsere gute» Anfänge verzettelt, und lächeln, wenn im Lande der Hegel und Fichte für
die freie Wissenschaft ein Wort verloren wird. Der Jnstinct des Publicums urtheilte
richtiger. Die Ausnahme, die Böckhs Rede zu Theil wurde, zeigte deutlich, wie die
Besorgnis), hinter der verkehrten Theorie seines Gegners möchte der Gewissenszwang
und der weltliche Groll gegen die Lehrfreiheit, sowie gegen freisinnige Schulmeister und
Pastoren lauern, überall nicht verschwunden ist.
Das allein erklärt die Bedeutung, die man der Rede zuschrieb, und darin liegt
ihr Vorzug. Der gelehrte Mann begnügte sich nicht, über die ausgestellte Absurdität
die Achseln zu zucken, und er zog es bei der feierlichen Gelegenheit des königlichen Ge¬
burtstages vor, statt mit der hellenischen Nationalökonomie sich lieber mit den alltäg¬
lichen Angelegenheiten der Wissenschaft zu beschäftigen. Er sagte sich, wer die Freiheit
der Forschung hemmen will, der ist nahe daran, die unabhängigen Geister zu knechten,
das heißt einfacher, auf deutsch, sie durch Entziehung des Avancements, durch Discipliuar-
vcrfahrcn u. s. w. zurApvstasie ihrer Ueberzeugung zu drängen. Darum nahm Böckh das Wort
für die Wissenschaft, die ihren Zweck in sich habe und sich keinem äußeren positiven
Zwang unterwerfe. Der Grundsatz ist auf dem Gebiete der Wissenschaft selbst einfach
wie das Einmaleins, aber in seiner Anwendung auf das reelle Leben ist er es keines¬
wegs, und es war gewiß gut, daß er an jener Stelle, in einem Augenblick gehobener
Stimmung, mit Wärme und in allgemein verständlicher Fassung ausgesprochen wurde").
— Herr Baron v. Cotta, der reiche Buchhändler, gab
kürzlich zur Einweihung seiner erweiterten Buchdruckern den Angestellten des Geschäfts
ein Fest, und hielt bei der Gelegenheit in seinem und seines Herrn Schwagers, des
Barons Hermann v, Ncischach, als Mitbesitzers der I. G. Cotta'sehen Buchhand¬
lung, Namen eine im „Schwäbischen Mercur" und der „Augsburger Allgemeinen
Zeitung" abgedruckte Rede, welche bei der einflußreichen Stellung des Redners, als
Chefs der Cottaschen Familie und Verlagshandlung, vielleicht eher Besprechungen in
den öffentlichen Blättern verdient hätte, als die Thronrede manches kleinen Fürsten.
Daß Herr v. Cotta eine solche Rede hielt und drucken ließ, können wir nur loben.
Dem Cotta'sehen Verlage gehören nicht allein die ersten deutschen Klassiker an, son¬
dern es kann dem deutschen Publicum gewiß auch nicht gleichgiltig sein, öffentlich aus
dem eigenen Munde des Herrn v. Cotta zu vernehmen, in welchem Sinne er das
Erbe seines berühmten Vaters bis jetzt verwaltet habe und künstig verwalten werde.
Wir wollen hier weder die Klagen erneuern, welche wol über diese Verwaltung laut
*) (Amm. der Red.) Um Irrthum zu vermeiden, bemerken wir, daß wir Stahls wissen¬
schaftliche Bedeutung, abgesehen von seinen handgreiflichen Sophistereien, höher anschlagen,
als nliser verehrter Korrespondent-
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