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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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man seit August 18S0 keine Nachricht hatte, ein Ende macht. Letzterer hat auch
das geographische Problem, das Seefahrer und Gelehrte seit Jahrhunderte"
beschäftigt hat, gelöst, und die Nvrdwcstdnrchfahrt entdeckt, indem er von der
Behringsstraße her bis zur Guadenbucht 74" 6' n. B. 117° Si' w. L. vordrang,
und hiermit einer Explorationspartei des Capitain Kellet, der von der andern Seite
herüber kam, zusammentraf. M'Clure war früher erster Lieutenant auf Sir
I. Roß Schiff Entreprise, und erbot sich als Freiwilliger zur Theilnahme an
der Anfang 1830 ausgerüsteten zweiten Expedition nach der Behnngstraße unter
Capitain Collinson. Er erhielt den Befehl über den Jnvestigator, und die
Expedition war schon bis in die Nähe von Point Barrow vorgedrungen, als
Collinson, vom Packeis am Weiterfahren verhindert, nach Hongkong zurückkehrte,
um dort zu überwintern. M'Clure aber reizte die Aussicht ans eine, sich nach
Osten öffnende Durchfahrt, und er setzte auf eigene Faust seine Reise fort, ohne
die Nückberufuugssiguale seines Vorgesetzte" zu beachten. Im ersten Jahre über¬
winterte er in einer Durchfahrt zwischen der neuentdeckten Insel Baringsland und
Prinz Albert Land (72" 4"V n. B., 117" 30 w. L.) Im nächsten Sommer
versuchte er vergeblich die nördliche Küste der Insel zu umfahren, und konnte
später auch an der südlichen nur bis 74° 6"'n. B. und 117° w. L. vordringen,
wo er im September 1831 eiuftvr und gegenwärtig noch festsitzt. Die ununter¬
brochene Fortsetzung fahrbaren Meeres von der West- nach der Ostküste Nord¬
amerikas ist jedoch festgestellt und Capitain M'Clure beabsichtigt über die Mel-
villeinsel nach England zurückzukehren. Er räth jedoch ab, Schiffe nach ihm
auszuschicken, im Fall man nichts wieder von ihm hören sollte, da er dann, aller
Wahrscheinlichkeit uach, in das Polarpackeis eingeschlossen sei, wo jedes Schiff
unfehlbar zerdrückt würde. Nachrichten von Sir John Franklin hat man nirgends
entdeckt, wenn mau nicht eine sehr unbestimmte, von den Eskimos erlangte
Auskunft dahin deuten will. Bei Point Warren nämlich, in der Nähe des
Makenzie Nivers zeigten die Eskimos eine feindliche Stimmung. Als M Clure
aus Land stieg, erfuhr er, daß sie sämmtlich, mit Ausnahme des Stammober-
haupteö und seines kranken Sohnes, geflohen waren, ans Furcht, daß das Schiff
komme, um, Rache für den Tod weißer Männer zu nehmen, die vor längerer
Zeit in einem Boot hier gelandet wären, und eine Hütte gebaut hätte".
Den eine" hätten sie erschlagen, die andern wären entflohen. Die Stelle,
welche die Eskimos als das Grab des Erschlagene" bezeichnete", konnte
M'Clure wegen plötzlich eintretenden schlechten Wetters leider nicht besuchen.
Diese Nachricht würde bei der großen Unzuverlässigkeit der Eskimos gar nicht zu
berücksichtigen sein, wenn nicht der Umstand dazu käme, daß der Häuptling gar
kein Interesse hatte, eine Nachricht, die ihm nnr Schaden bringen konnte, zu
erfinden, und daß schon im Jahre 1848 eine ganz ähnliche Nachricht nach England
gelangt ist. Herr MPHerson, Oberfactor der HndsonSbaicompagnic berichtete nach


man seit August 18S0 keine Nachricht hatte, ein Ende macht. Letzterer hat auch
das geographische Problem, das Seefahrer und Gelehrte seit Jahrhunderte»
beschäftigt hat, gelöst, und die Nvrdwcstdnrchfahrt entdeckt, indem er von der
Behringsstraße her bis zur Guadenbucht 74" 6' n. B. 117° Si' w. L. vordrang,
und hiermit einer Explorationspartei des Capitain Kellet, der von der andern Seite
herüber kam, zusammentraf. M'Clure war früher erster Lieutenant auf Sir
I. Roß Schiff Entreprise, und erbot sich als Freiwilliger zur Theilnahme an
der Anfang 1830 ausgerüsteten zweiten Expedition nach der Behnngstraße unter
Capitain Collinson. Er erhielt den Befehl über den Jnvestigator, und die
Expedition war schon bis in die Nähe von Point Barrow vorgedrungen, als
Collinson, vom Packeis am Weiterfahren verhindert, nach Hongkong zurückkehrte,
um dort zu überwintern. M'Clure aber reizte die Aussicht ans eine, sich nach
Osten öffnende Durchfahrt, und er setzte auf eigene Faust seine Reise fort, ohne
die Nückberufuugssiguale seines Vorgesetzte» zu beachten. Im ersten Jahre über¬
winterte er in einer Durchfahrt zwischen der neuentdeckten Insel Baringsland und
Prinz Albert Land (72" 4«V n. B., 117» 30 w. L.) Im nächsten Sommer
versuchte er vergeblich die nördliche Küste der Insel zu umfahren, und konnte
später auch an der südlichen nur bis 74° 6"'n. B. und 117° w. L. vordringen,
wo er im September 1831 eiuftvr und gegenwärtig noch festsitzt. Die ununter¬
brochene Fortsetzung fahrbaren Meeres von der West- nach der Ostküste Nord¬
amerikas ist jedoch festgestellt und Capitain M'Clure beabsichtigt über die Mel-
villeinsel nach England zurückzukehren. Er räth jedoch ab, Schiffe nach ihm
auszuschicken, im Fall man nichts wieder von ihm hören sollte, da er dann, aller
Wahrscheinlichkeit uach, in das Polarpackeis eingeschlossen sei, wo jedes Schiff
unfehlbar zerdrückt würde. Nachrichten von Sir John Franklin hat man nirgends
entdeckt, wenn mau nicht eine sehr unbestimmte, von den Eskimos erlangte
Auskunft dahin deuten will. Bei Point Warren nämlich, in der Nähe des
Makenzie Nivers zeigten die Eskimos eine feindliche Stimmung. Als M Clure
aus Land stieg, erfuhr er, daß sie sämmtlich, mit Ausnahme des Stammober-
haupteö und seines kranken Sohnes, geflohen waren, ans Furcht, daß das Schiff
komme, um, Rache für den Tod weißer Männer zu nehmen, die vor längerer
Zeit in einem Boot hier gelandet wären, und eine Hütte gebaut hätte».
Den eine» hätten sie erschlagen, die andern wären entflohen. Die Stelle,
welche die Eskimos als das Grab des Erschlagene» bezeichnete», konnte
M'Clure wegen plötzlich eintretenden schlechten Wetters leider nicht besuchen.
Diese Nachricht würde bei der großen Unzuverlässigkeit der Eskimos gar nicht zu
berücksichtigen sein, wenn nicht der Umstand dazu käme, daß der Häuptling gar
kein Interesse hatte, eine Nachricht, die ihm nnr Schaden bringen konnte, zu
erfinden, und daß schon im Jahre 1848 eine ganz ähnliche Nachricht nach England
gelangt ist. Herr MPHerson, Oberfactor der HndsonSbaicompagnic berichtete nach


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/230>, abgerufen am 05.02.2025.