Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.noch die Wahl, zu der von den vier Cabiucteu gemachten Proposition ohne Modifica- Was sich jüngst hier ereignet hat, läßt sich wie folgt zusammenfassen. Bereits am Man muß wohl erwägen, daß die Kriegspartei hierorts durch die Weigerung des Nachtrag der Redaction. -- Was es mit dem Einlaufen der englisch-fran¬ noch die Wahl, zu der von den vier Cabiucteu gemachten Proposition ohne Modifica- Was sich jüngst hier ereignet hat, läßt sich wie folgt zusammenfassen. Bereits am Man muß wohl erwägen, daß die Kriegspartei hierorts durch die Weigerung des Nachtrag der Redaction. — Was es mit dem Einlaufen der englisch-fran¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0125" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96830"/> <p xml:id="ID_329" prev="#ID_328"> noch die Wahl, zu der von den vier Cabiucteu gemachten Proposition ohne Modifica-<lb/> tion zurückzukehren, wodurch Nußland so zu sagen der schließliche Triumph verblieben<lb/> sein würde, oder sie muß das Schwert ziehen, ohne dabei aus Unterstützung rechnen zu<lb/> können, denn offenbar können die Großmächte nicht gegen Rußland in den Kampf gehen,<lb/> weil es auf dem besteht, was sie selber soeben erst für Recht anerkannt hatten.</p><lb/> <p xml:id="ID_330"> Was sich jüngst hier ereignet hat, läßt sich wie folgt zusammenfassen. Bereits am<lb/> Montag gingen unruhige Gerüchte »in. Die östreichische Legation mochte damals be¬<lb/> reits Kunde von dem Ausfall der Entscheidung des Kaisers Nikolaus haben; es war<lb/> nämlich am Sonntag Abend ein Courier über Belgrad an Herrn v. Bruck angelangt,<lb/> worauf dieser Besprechungen mit den Gesandten verschiedener anderer Mächte gehabt<lb/> haben soll. Das Journal de Konstantinople, welches in der Nacht vom Montag zum<lb/> Dienstag gedruckt ward, nahm aus die umlaufenden Gerüchte Bezug und suchte deren<lb/> Begründung in einer dem Text vorangestellten Erklärung zu bestreiten. Es behauptete,<lb/> der Courier habe keine Nachrichten gebracht, welche die allgemeinen Angelegenheiten be¬<lb/> trafen. Aber als diese Erklärung niedergeschrieben wurde, hatte das Pfortenministcrium<lb/> aus den Händen eines am Montag angelangten russischen Feldjägers bereits directe<lb/> Depeschen aus Se. Petersburg empfangen, worin die Ablehnung der Modificationen<lb/> Seitens des Zaren modificirt wurde. Ans Anlaß dieser Mittheilung trat noch am<lb/> späten Abend ein Ministerrath zusammen. Fasst Achmed Pascha, der Schwager des<lb/> Sultans, der zur Zeit in seinem Palais weit hinaus im Bosporus wohnte, wurde aus<lb/> dem Schlafe aufgeweckt, um dem Medschliß beizuwohnen. Derselbe saß fast die ganze<lb/> Nacht hindurch. Am andern Tage, wenn ich nicht irre um Mittag, trat der Diva»<lb/> (das Ministerium) aufs neue -zusammen, indeß höre ich noch von keinem Resultat.</p><lb/> <p xml:id="ID_331"> Man muß wohl erwägen, daß die Kriegspartei hierorts durch die Weigerung des<lb/> Zaren aufs neue die Oberhand bekommen hat, und daß unter solchen Umständen nicht<lb/> dafür zu stehen ist, daß die Pfortenminister sich nicht zu einem kühnen und verzweifel¬<lb/> ten Entschluß hinreißen lassen. Die Rüstungen sind vollendet, die Festungen rctablirt;<lb/> 100,000 Mann in der Bulgarei, 28,000 Mann in Anatolien unter den Waffen<lb/> man kann, so meint man mindestens, einen effectvollen Widerstand leisten. Alles das<lb/> ermuthigt die fanatischen Eiferer, welche alles vom Kampfe erwarten und bereit sind,<lb/> alles daran zu setzen. Eine solche Stimmung ist schwer zu beherrschen. Sie greift<lb/> außerdem mehr und mehr um sich und es naht sichtlich die Stunde, wo der Fanatis¬<lb/> mus alle Rathschläge der Vernunft übertäuben wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_332" next="#ID_333"> Nachtrag der Redaction. — Was es mit dem Einlaufen der englisch-fran¬<lb/> zösischen Flotte in den Bosporus für, eine Bewandtniß hat, würde schwerer zu erkennen<lb/> sein, da nach der Angabe der englischen und französischen Blätter der Schlag nach beiden<lb/> Seiten gerichtet sein sollte, wenn nicht die gleichzeitige Olmützer Zusammenkunft und<lb/> mehr noch die unmittelbar darauf erfolgte Conferenz zu Warschau einen hinreichenden<lb/> Fingerzeig gäbe. Also der Osten steht wieder gerüstet gegen den Weste»! Das schlimmste,<lb/> was Deutschland widerfahren konnte. Das ist der große Erfolg der Aberdeenschcn Po,<lb/> init! England ist jetzt in einer ganz eigenthümlichen Lage, denn es hat sich in Wien<lb/> mit dazu hergegeben, dem Sultan eine Note aufnöthigen zu wollen, deren Sinn, mit<lb/> Ausnahme Lord Aberdeens und der Times, niemand anders ausgelegt hat, als es ge-</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0125]
noch die Wahl, zu der von den vier Cabiucteu gemachten Proposition ohne Modifica-
tion zurückzukehren, wodurch Nußland so zu sagen der schließliche Triumph verblieben
sein würde, oder sie muß das Schwert ziehen, ohne dabei aus Unterstützung rechnen zu
können, denn offenbar können die Großmächte nicht gegen Rußland in den Kampf gehen,
weil es auf dem besteht, was sie selber soeben erst für Recht anerkannt hatten.
Was sich jüngst hier ereignet hat, läßt sich wie folgt zusammenfassen. Bereits am
Montag gingen unruhige Gerüchte »in. Die östreichische Legation mochte damals be¬
reits Kunde von dem Ausfall der Entscheidung des Kaisers Nikolaus haben; es war
nämlich am Sonntag Abend ein Courier über Belgrad an Herrn v. Bruck angelangt,
worauf dieser Besprechungen mit den Gesandten verschiedener anderer Mächte gehabt
haben soll. Das Journal de Konstantinople, welches in der Nacht vom Montag zum
Dienstag gedruckt ward, nahm aus die umlaufenden Gerüchte Bezug und suchte deren
Begründung in einer dem Text vorangestellten Erklärung zu bestreiten. Es behauptete,
der Courier habe keine Nachrichten gebracht, welche die allgemeinen Angelegenheiten be¬
trafen. Aber als diese Erklärung niedergeschrieben wurde, hatte das Pfortenministcrium
aus den Händen eines am Montag angelangten russischen Feldjägers bereits directe
Depeschen aus Se. Petersburg empfangen, worin die Ablehnung der Modificationen
Seitens des Zaren modificirt wurde. Ans Anlaß dieser Mittheilung trat noch am
späten Abend ein Ministerrath zusammen. Fasst Achmed Pascha, der Schwager des
Sultans, der zur Zeit in seinem Palais weit hinaus im Bosporus wohnte, wurde aus
dem Schlafe aufgeweckt, um dem Medschliß beizuwohnen. Derselbe saß fast die ganze
Nacht hindurch. Am andern Tage, wenn ich nicht irre um Mittag, trat der Diva»
(das Ministerium) aufs neue -zusammen, indeß höre ich noch von keinem Resultat.
Man muß wohl erwägen, daß die Kriegspartei hierorts durch die Weigerung des
Zaren aufs neue die Oberhand bekommen hat, und daß unter solchen Umständen nicht
dafür zu stehen ist, daß die Pfortenminister sich nicht zu einem kühnen und verzweifel¬
ten Entschluß hinreißen lassen. Die Rüstungen sind vollendet, die Festungen rctablirt;
100,000 Mann in der Bulgarei, 28,000 Mann in Anatolien unter den Waffen
man kann, so meint man mindestens, einen effectvollen Widerstand leisten. Alles das
ermuthigt die fanatischen Eiferer, welche alles vom Kampfe erwarten und bereit sind,
alles daran zu setzen. Eine solche Stimmung ist schwer zu beherrschen. Sie greift
außerdem mehr und mehr um sich und es naht sichtlich die Stunde, wo der Fanatis¬
mus alle Rathschläge der Vernunft übertäuben wird.
Nachtrag der Redaction. — Was es mit dem Einlaufen der englisch-fran¬
zösischen Flotte in den Bosporus für, eine Bewandtniß hat, würde schwerer zu erkennen
sein, da nach der Angabe der englischen und französischen Blätter der Schlag nach beiden
Seiten gerichtet sein sollte, wenn nicht die gleichzeitige Olmützer Zusammenkunft und
mehr noch die unmittelbar darauf erfolgte Conferenz zu Warschau einen hinreichenden
Fingerzeig gäbe. Also der Osten steht wieder gerüstet gegen den Weste»! Das schlimmste,
was Deutschland widerfahren konnte. Das ist der große Erfolg der Aberdeenschcn Po,
init! England ist jetzt in einer ganz eigenthümlichen Lage, denn es hat sich in Wien
mit dazu hergegeben, dem Sultan eine Note aufnöthigen zu wollen, deren Sinn, mit
Ausnahme Lord Aberdeens und der Times, niemand anders ausgelegt hat, als es ge-
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