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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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Die Gesetzgebung von 1813 und 1833 veränderte den Charakter des Cvn-
trvleamteS sehr bedeutend, und verlieh ihm eine vollständigere und unbedingtere
Oberaufsicht. Bis dahin hatte sich die Autorität des Amtes nicht ans den Handel
der Compagnie erstreckt. Aber jetzt sollte die Compagnie ihres Handels, und
damit fast ihrer gauzeu noch übrigen Unabhängigkeit beraubt werden. "Die ver¬
einigte Gesellschaft der nach Ostindien handelnden Kaufleute" stand im Begriff,
aufzuhören überhaupt eine Gesellschaft von Kaufleuten zu sein. Von der Zeit
an, wo das Banner Englands zuerst über der Subadarry Bengalens geweht,
hatte man beständig gesagt, das! sich eine handeltreibende und eine kriegführende
Gesellschaft nicht miteinander vertrügen, "ut daß im Verlauf der Zeit die größere
die kleinere verschlingen müsse. Aber es gehörte fast eine halbhuudertjährige
Ervbererlanfbahn dazu, um nur die erste Hälfte der Haudelsprivilegien der Com¬
pagnie zu verschlingen. Jedenfalls hatte aber ihr Stündlein zu schlagen ange¬
fangen. Der Zeitgeist zeigte sich der Aufrechterhaltung ausschließlicher Rechte
und korporativer Monopole immer feindlicher gesinnt; und nun, -1813, sollte das
kolossale Privilegium, das seit 200 Jahre" bestanden, aufhören, und jeder
Handelsmann Englands die kostbare Beute theile" können.

Die nächste Folge war, daß die Compagnie, die sich weniger "in de" Handel
zu kümmern brauchte, mehr an das Regieren dachte. Die Corporativnsacte von
1-183, die ihr das Handelömonopol nahm, vermehrte sehr bedeutend ihre administra¬
tive Tüchtigkeit. Aber erst seit der Corporationsacte von 1833, die ihr auch
das früher zur Entschädigung überlassene Monopol des Handels mit China nahm,
-- die ihr den letzten Nest ihrer Handelsvorrechte, und sogar den Namen einer
Kanfmannscompagnie raubte, hat sie mehr Fortschritte in guter Negierungspraxis
gemacht, als in der langen Reihe von Jahren, wo der Handel die vornehmste
Steile in ihren Gedanken einnahm. Seitdem die Directoren der ostindischen
Compagnie aufgehört habe", die Geschäftsführer eines ungeheuren kaufmännischen
Geschäfts zu sein, haben sie ihre Pflichten und Verantwortlichkeit als Regenten
eines Landes von mehr als 100 Millionen Mitmenschen mit größerem Ernste
und mit weiten" Blicke ins Auge gefaßt. Ihre Rathschläge sind weiser, ihre
Ziele edler, ihre Maßregeln wohlthätiger gewesen. Seit der Reform von
1833 ist mehr gutes für Indien geschehen, und durch die Gesetzgebung unend¬
lich mehr für das Wohl des Volkes gethan worden, als in den vorher abgelau¬
fenen 250 Jahren der englischen Herrschaft in Ostindien. Und dennoch ist keine
wohlgesinnte Regierung, welche die große Wahrheit anerkannte, daß der Friede
die Mutter allen Fortschritts ist, auf der Bahn innerer Verbesserung auf mehr
Hindernisse gestoßen, als diese .... In ihrer Einwirkung aus die Lvcalregiernng
Ostindiens war die neue Gesetzgebung von den erheblichsten Folgen. Von alle"
commerziellen Rücksichten und Behinderungen befreit, fing jetzt die Regierungs-
maschitterie der Compagnie in England sich mit einer bis dahin ungeahnten Frei-


Die Gesetzgebung von 1813 und 1833 veränderte den Charakter des Cvn-
trvleamteS sehr bedeutend, und verlieh ihm eine vollständigere und unbedingtere
Oberaufsicht. Bis dahin hatte sich die Autorität des Amtes nicht ans den Handel
der Compagnie erstreckt. Aber jetzt sollte die Compagnie ihres Handels, und
damit fast ihrer gauzeu noch übrigen Unabhängigkeit beraubt werden. „Die ver¬
einigte Gesellschaft der nach Ostindien handelnden Kaufleute" stand im Begriff,
aufzuhören überhaupt eine Gesellschaft von Kaufleuten zu sein. Von der Zeit
an, wo das Banner Englands zuerst über der Subadarry Bengalens geweht,
hatte man beständig gesagt, das! sich eine handeltreibende und eine kriegführende
Gesellschaft nicht miteinander vertrügen, »ut daß im Verlauf der Zeit die größere
die kleinere verschlingen müsse. Aber es gehörte fast eine halbhuudertjährige
Ervbererlanfbahn dazu, um nur die erste Hälfte der Haudelsprivilegien der Com¬
pagnie zu verschlingen. Jedenfalls hatte aber ihr Stündlein zu schlagen ange¬
fangen. Der Zeitgeist zeigte sich der Aufrechterhaltung ausschließlicher Rechte
und korporativer Monopole immer feindlicher gesinnt; und nun, -1813, sollte das
kolossale Privilegium, das seit 200 Jahre» bestanden, aufhören, und jeder
Handelsmann Englands die kostbare Beute theile» können.

Die nächste Folge war, daß die Compagnie, die sich weniger »in de» Handel
zu kümmern brauchte, mehr an das Regieren dachte. Die Corporativnsacte von
1-183, die ihr das Handelömonopol nahm, vermehrte sehr bedeutend ihre administra¬
tive Tüchtigkeit. Aber erst seit der Corporationsacte von 1833, die ihr auch
das früher zur Entschädigung überlassene Monopol des Handels mit China nahm,
— die ihr den letzten Nest ihrer Handelsvorrechte, und sogar den Namen einer
Kanfmannscompagnie raubte, hat sie mehr Fortschritte in guter Negierungspraxis
gemacht, als in der langen Reihe von Jahren, wo der Handel die vornehmste
Steile in ihren Gedanken einnahm. Seitdem die Directoren der ostindischen
Compagnie aufgehört habe», die Geschäftsführer eines ungeheuren kaufmännischen
Geschäfts zu sein, haben sie ihre Pflichten und Verantwortlichkeit als Regenten
eines Landes von mehr als 100 Millionen Mitmenschen mit größerem Ernste
und mit weiten» Blicke ins Auge gefaßt. Ihre Rathschläge sind weiser, ihre
Ziele edler, ihre Maßregeln wohlthätiger gewesen. Seit der Reform von
1833 ist mehr gutes für Indien geschehen, und durch die Gesetzgebung unend¬
lich mehr für das Wohl des Volkes gethan worden, als in den vorher abgelau¬
fenen 250 Jahren der englischen Herrschaft in Ostindien. Und dennoch ist keine
wohlgesinnte Regierung, welche die große Wahrheit anerkannte, daß der Friede
die Mutter allen Fortschritts ist, auf der Bahn innerer Verbesserung auf mehr
Hindernisse gestoßen, als diese .... In ihrer Einwirkung aus die Lvcalregiernng
Ostindiens war die neue Gesetzgebung von den erheblichsten Folgen. Von alle»
commerziellen Rücksichten und Behinderungen befreit, fing jetzt die Regierungs-
maschitterie der Compagnie in England sich mit einer bis dahin ungeahnten Frei-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/454>, abgerufen am 23.07.2024.