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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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und sein längliches Gesicht hat vom mongolischen Typus blos die weit auseinander-
gehenden Nasenlöcher und die Schiefe der Augen. Er hat keinen Schnurrbart.
Dieser begabteste der fünf Könige ist erst dreißig Jahre alt und soll die jüngere
Schwester des Friedensköiügs zur Frau haben.

Fung-hier-San oder Nan-wang, der König des Südens, ist ein Gelehrter der
Provinz Canton, er hat einen Doctorgrad. Er ist zweiunddreißig Jahre alt
und soll sehr geliebt von seinen Schnlcameraden sein, die ihm große Vorzüge
zusprechen. Auch er trägt keinen Schnurrbart und hat ein sehr jugendliches
Aeußere. So oft er kann, schließt er sich selbst inmitten der kriegerischen Be¬
schäftigungen ab, um mit seinen Büchern zu leben.

WÄ-tsching oder P^-wang, König des Nordens, ist von hoher Gestalt,
malaischer Gesichtsfarbe und die schwarzen Haare seines Schnurrbarts sind kaum
bemerklich auf seinem dunklen Gesichte. Seine physische Kraft, seine Unerschrocken-
heit haben ihm einen großen Ruf verschafft. Er ist angeblich aus dem Knäng-se.

Die fünf Könige sind von einer großen Anzahl von Offizieren und Beamten
umgeben. Die beiden ersten Minister, der schlaue und hilfsmittelreiche Fung-ze-
tschang und These-ta-ka'i, der Verfasser der meisten Proklamationen, sind berufe",
eine große Rolle zu spielen, wenn die Insurgenten siegen. Er ist also voraus¬
sichtlich ein Schang-ti, vielleicht ein Mitglied von Gützlaffs Unio". Dann kommen
die Würdenträger von drei Kategorien, die alle den Titel Excellenz führen. Es
gibt auch ein Corps der Propagandisten, welche von Stadt zu Stadt wandern,
den heiligen Krieg predigen und den Eid der Adepten entgegen nehmen.

Die Proclamation. in welcher sie das Volk z"in Aufstande rufen, ist wahr¬
scheinlich das Werk von These-ta-kai. Der Schluß dieses interessanten Acten¬
stückes lautet wie folgt:

"Wir bete" mit Ehrfurcht den obersten Herrn an, um seinen Schutz auf
das Volk herabzuflehen, und alle unsere Pläne, alle Bewegungen unserer Armee
haben blos einen Zweck, den, die Tyrannen zu zerstöre", sowie Tsching-lang und
U-waug gethan."

"Aber Ihr Tartaren, die Ihr weder weise Rathgeber, noch tiefe Politiker
besitzt, noch muthige Generale, noch gute Soldaten, Ihr habt die Adligen
und Greise eingeladen, ihre Mitmenschen anzuwerben, Ihr habt die tapfern Land¬
bewohner gezwungen, sich zu Eurer Vertheidigung zu waffnen. Bei den Alten
verwendete man eine stehende Armee zum Schutz des Volkes, Ihr aber zwingt
das Volk, Soldaten zu werden."

"Ihr beklagt Euch oft, daß mau Euch nicht genng gebe, und sowie unsere
Truppen sich nähern, laßt Ihr das Volk ohne Schutz und laust davon. Wisset
nun, daß Wir beschlossen, nach dem Osten zu ziehen, und daß Wir die Macht
haben, den Wind in Bewegung zu setzen, der nach diesen Gegenden führt. Wir
habe" in uns deu Muth und den Verstand , den der Himmel erdacht. Wie kommt


und sein längliches Gesicht hat vom mongolischen Typus blos die weit auseinander-
gehenden Nasenlöcher und die Schiefe der Augen. Er hat keinen Schnurrbart.
Dieser begabteste der fünf Könige ist erst dreißig Jahre alt und soll die jüngere
Schwester des Friedensköiügs zur Frau haben.

Fung-hier-San oder Nan-wang, der König des Südens, ist ein Gelehrter der
Provinz Canton, er hat einen Doctorgrad. Er ist zweiunddreißig Jahre alt
und soll sehr geliebt von seinen Schnlcameraden sein, die ihm große Vorzüge
zusprechen. Auch er trägt keinen Schnurrbart und hat ein sehr jugendliches
Aeußere. So oft er kann, schließt er sich selbst inmitten der kriegerischen Be¬
schäftigungen ab, um mit seinen Büchern zu leben.

WÄ-tsching oder P^-wang, König des Nordens, ist von hoher Gestalt,
malaischer Gesichtsfarbe und die schwarzen Haare seines Schnurrbarts sind kaum
bemerklich auf seinem dunklen Gesichte. Seine physische Kraft, seine Unerschrocken-
heit haben ihm einen großen Ruf verschafft. Er ist angeblich aus dem Knäng-se.

Die fünf Könige sind von einer großen Anzahl von Offizieren und Beamten
umgeben. Die beiden ersten Minister, der schlaue und hilfsmittelreiche Fung-ze-
tschang und These-ta-ka'i, der Verfasser der meisten Proklamationen, sind berufe»,
eine große Rolle zu spielen, wenn die Insurgenten siegen. Er ist also voraus¬
sichtlich ein Schang-ti, vielleicht ein Mitglied von Gützlaffs Unio». Dann kommen
die Würdenträger von drei Kategorien, die alle den Titel Excellenz führen. Es
gibt auch ein Corps der Propagandisten, welche von Stadt zu Stadt wandern,
den heiligen Krieg predigen und den Eid der Adepten entgegen nehmen.

Die Proclamation. in welcher sie das Volk z»in Aufstande rufen, ist wahr¬
scheinlich das Werk von These-ta-kai. Der Schluß dieses interessanten Acten¬
stückes lautet wie folgt:

„Wir bete» mit Ehrfurcht den obersten Herrn an, um seinen Schutz auf
das Volk herabzuflehen, und alle unsere Pläne, alle Bewegungen unserer Armee
haben blos einen Zweck, den, die Tyrannen zu zerstöre«, sowie Tsching-lang und
U-waug gethan."

„Aber Ihr Tartaren, die Ihr weder weise Rathgeber, noch tiefe Politiker
besitzt, noch muthige Generale, noch gute Soldaten, Ihr habt die Adligen
und Greise eingeladen, ihre Mitmenschen anzuwerben, Ihr habt die tapfern Land¬
bewohner gezwungen, sich zu Eurer Vertheidigung zu waffnen. Bei den Alten
verwendete man eine stehende Armee zum Schutz des Volkes, Ihr aber zwingt
das Volk, Soldaten zu werden."

„Ihr beklagt Euch oft, daß mau Euch nicht genng gebe, und sowie unsere
Truppen sich nähern, laßt Ihr das Volk ohne Schutz und laust davon. Wisset
nun, daß Wir beschlossen, nach dem Osten zu ziehen, und daß Wir die Macht
haben, den Wind in Bewegung zu setzen, der nach diesen Gegenden führt. Wir
habe» in uns deu Muth und den Verstand , den der Himmel erdacht. Wie kommt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/263>, abgerufen am 03.07.2024.