Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.schon die auf dem östlichen Ufer des Kiön-Ermak weidenden Ziegen den andern be¬ Die Bergwerksiudnstne findet ein nicht minder ergiebiges Feld in Kleinasien schon die auf dem östlichen Ufer des Kiön-Ermak weidenden Ziegen den andern be¬ Die Bergwerksiudnstne findet ein nicht minder ergiebiges Feld in Kleinasien <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0214" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96389"/> <p xml:id="ID_688" prev="#ID_687"> schon die auf dem östlichen Ufer des Kiön-Ermak weidenden Ziegen den andern be¬<lb/> deutend nach, und selbst wenn man sie innerhalb des kleinen Districts, auf den<lb/> die Natur sie beschränkt zu haben scheint, von ihrem Geburtsort uach einem an¬<lb/> dern Dorfe bringt, so leiden sie an einer Art Heimweh. Sonst bedarf die An¬<lb/> goraziege keiner besondern Pflege. Blos stehendes Wasser und ganz geschlossene<lb/> Ställe sind ihr mit Ausnahme des Orts- und Klimawechsels unbedingt schädlich.<lb/> In sehr kalten Wintern ist es nicht immer leicht, in den Ställen die nothwendige<lb/> Lüftung mit dem Schutz vor eiuer allzustrengen Kälte zu vereinigen. In Angora,<lb/> wo der 100grätige Thermometer bis aus 10 — Is Grad sinkt, gehen alljährlich<lb/> sehr viele Ziegen zu Grunde, da ihre Ställe meistens nicht einmal ein Dach<lb/> haben. Ist der Verlust durch Sterblichkeit sehr groß, so läßt man die Angora¬<lb/> ziegen von gewöhnlichen Böcken bespringen, was für die nächste Generation aller¬<lb/> dings eine schlechte Race gibt; die dritte Generation ist aber wieder so gut wie<lb/> echte Angoraziegen. Es mögen von diesen in dem oben näher angegebenen Di-<lb/> strict etwa 3 — 800,000 Stück vorhanden sein, von denen jedes -I Ol Wolle<lb/> gibt; die Schur ist im April. Von dem Gesammtbetrag werden 40,000 Öls im<lb/> Lande selbst zu Garn versponnen und in dieser Gestalt nach Holland ausgeführt,<lb/> 8 — 10,000 Öls ebenfalls im Lande zu Shawls verarbeitet, die aber nicht ans-<lb/> geführt werden dürfen, und der Rest nach Europa ausgeführt, und zwar haupt¬<lb/> sächlich «ach England, wo man sie unter dem Namen Kaschmirwolle zu sehr hohen<lb/> Preisen verkauft.</p><lb/> <p xml:id="ID_689" next="#ID_690"> Die Bergwerksiudnstne findet ein nicht minder ergiebiges Feld in Kleinasien<lb/> als die landwirthschaftliche. Von den zehn bebauten Bergwerken geben fünf eine<lb/> Ausbeute an Silber, vier an Kupfer, eines an Blei. Der jährliche Ertrag ist<lb/> an Silber 364,870 Öls, an Blei -175,000 Öls, an Kupfer 963,620 Öls, zu¬<lb/> sammen 16,969,846 Piaster werth. Andre mineralische Producte von Wichtigkeit<lb/> sind Salz (sowol Stein- wie Seesalz) und Braunkohle. Der Abbau, das<lb/> Schmelzen n. s. w. der Erze wird ans die allerroheste Weise betrieben, wovon die<lb/> Gruben in den Bergen Allardagh und Bulgardagh das beste Beispiel geben. Ans<lb/> dem westlichen AbHange des erster» liegt das kleine Dorf Bogas-Koi oder Eski-<lb/> Madcne, in dessen Umgebung neun Gruben bebaut werden. Das Dorf besteht<lb/> nur aus 6 — 6 Steinhaufen über feuchten und schwarzen Löchern, in deren jedem<lb/> 4 — 6 halbnackte Arbeiter hocken. Sie haben das Erz zu sammeln, das man<lb/> mühsam auf Eseln ans dem Gebirge hierherschafft, und häufen die Stücke während<lb/> der 6 — 6 Sommermonate, wo man in den Bergwerken arbeitet, neben ihren<lb/> Löchern auf. Mit Eintritt des Herbstes wird sämmtliches Erz nach den fünf<lb/> Stunden entfernten Bereketli-Madene gebracht, wo es geschmolzen wird. Früher<lb/> geschah dies in Bogas-Koi selbst; aber der Leichtsinn der Türken hat die dort<lb/> beftudlicheu Waldungen sehr bald ausgerottet, und der Mangel an Brennmaterial<lb/> nöthigte die Schmelzbutter nach Bereketli-Madene zu verlegen. Es werden da-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0214]
schon die auf dem östlichen Ufer des Kiön-Ermak weidenden Ziegen den andern be¬
deutend nach, und selbst wenn man sie innerhalb des kleinen Districts, auf den
die Natur sie beschränkt zu haben scheint, von ihrem Geburtsort uach einem an¬
dern Dorfe bringt, so leiden sie an einer Art Heimweh. Sonst bedarf die An¬
goraziege keiner besondern Pflege. Blos stehendes Wasser und ganz geschlossene
Ställe sind ihr mit Ausnahme des Orts- und Klimawechsels unbedingt schädlich.
In sehr kalten Wintern ist es nicht immer leicht, in den Ställen die nothwendige
Lüftung mit dem Schutz vor eiuer allzustrengen Kälte zu vereinigen. In Angora,
wo der 100grätige Thermometer bis aus 10 — Is Grad sinkt, gehen alljährlich
sehr viele Ziegen zu Grunde, da ihre Ställe meistens nicht einmal ein Dach
haben. Ist der Verlust durch Sterblichkeit sehr groß, so läßt man die Angora¬
ziegen von gewöhnlichen Böcken bespringen, was für die nächste Generation aller¬
dings eine schlechte Race gibt; die dritte Generation ist aber wieder so gut wie
echte Angoraziegen. Es mögen von diesen in dem oben näher angegebenen Di-
strict etwa 3 — 800,000 Stück vorhanden sein, von denen jedes -I Ol Wolle
gibt; die Schur ist im April. Von dem Gesammtbetrag werden 40,000 Öls im
Lande selbst zu Garn versponnen und in dieser Gestalt nach Holland ausgeführt,
8 — 10,000 Öls ebenfalls im Lande zu Shawls verarbeitet, die aber nicht ans-
geführt werden dürfen, und der Rest nach Europa ausgeführt, und zwar haupt¬
sächlich «ach England, wo man sie unter dem Namen Kaschmirwolle zu sehr hohen
Preisen verkauft.
Die Bergwerksiudnstne findet ein nicht minder ergiebiges Feld in Kleinasien
als die landwirthschaftliche. Von den zehn bebauten Bergwerken geben fünf eine
Ausbeute an Silber, vier an Kupfer, eines an Blei. Der jährliche Ertrag ist
an Silber 364,870 Öls, an Blei -175,000 Öls, an Kupfer 963,620 Öls, zu¬
sammen 16,969,846 Piaster werth. Andre mineralische Producte von Wichtigkeit
sind Salz (sowol Stein- wie Seesalz) und Braunkohle. Der Abbau, das
Schmelzen n. s. w. der Erze wird ans die allerroheste Weise betrieben, wovon die
Gruben in den Bergen Allardagh und Bulgardagh das beste Beispiel geben. Ans
dem westlichen AbHange des erster» liegt das kleine Dorf Bogas-Koi oder Eski-
Madcne, in dessen Umgebung neun Gruben bebaut werden. Das Dorf besteht
nur aus 6 — 6 Steinhaufen über feuchten und schwarzen Löchern, in deren jedem
4 — 6 halbnackte Arbeiter hocken. Sie haben das Erz zu sammeln, das man
mühsam auf Eseln ans dem Gebirge hierherschafft, und häufen die Stücke während
der 6 — 6 Sommermonate, wo man in den Bergwerken arbeitet, neben ihren
Löchern auf. Mit Eintritt des Herbstes wird sämmtliches Erz nach den fünf
Stunden entfernten Bereketli-Madene gebracht, wo es geschmolzen wird. Früher
geschah dies in Bogas-Koi selbst; aber der Leichtsinn der Türken hat die dort
beftudlicheu Waldungen sehr bald ausgerottet, und der Mangel an Brennmaterial
nöthigte die Schmelzbutter nach Bereketli-Madene zu verlegen. Es werden da-
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