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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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Richtung südlich von Aleppo nach Beuh am Euphrat geführt werden. Die
Strecke beträgt 120 engl. (circa 2i prenß.) Meilen. Das Terrain ist oben,
bedeutende Tunnel- und Brückeubauteu sind nicht erforderlich, die Arbeitslöhne
stehen äußerst niedrig, Baumaterialien sind fast überall in der Nähe. Thompson
veranschlagt die Kosten pro engl. Meile zu 3000 bis !>000 L. se., so daß dieser
erste und wichtigste Theil des Unternehmens hochgerechnet 600,000 L. tosten
würde. Damit ist die Verbindung zwischen dem Euphrat und dem Mittelmeeree
hergestellt und es würde sich bei Beuh die Eisenbahn des Euphratthales nach
Bussoral) am persischen Meerbusen anschließen, wo die indischen Dampfer den
Verkehr mit Bombay vermitteln würden, bis auch hier die Seevcrbiudnng durch
eine directe Eisenbahnverbindung zwischen Bussorah und Bombay ersetzt ist. Die
ganze Bahnlinie von der syrischen Küste bis zum persischen Meerbusen würde
eine Länge von 7S0 engl. (etwa 1ö0 prenß.) Meilen haben und die Fahrt von
London nach Kalkutta um 20 Tage abkürzen. Thompson meint, daß zur Aus¬
führung derselben fünf Jahre genügen würden.

Was die Benutzung der Wasserstraßen des Euphrat und Tigris betrifft, so
ist folgendes zu bemerken. Beide Ströme entspringen bekanntlich in nicht weiter
Entfernung in den armenischen Hochlanden. Der Euphrat liegt, wie man an¬
nimmt, bis zum persischen Meerbusen 350 deutsche Meilen, der Tigris 220 zurück.
Der Euphrat, bei weitem der wichtigste von beiden, ist jetzt von Snmeriat ab auf
einer Strecke von 220 Meilen schiffbar, im Alterthum erstreckte sich die Schiffahrt
uoch an 20 Meilen weiter hinauf. Man steht hier wie auf dem unteren Laufe
jene eigenthümlichen Fahrzeuge von Leder und Binseugcflccht, welche schon
Herodot als eine Kuriosität des alten Babylon bezeichnet, und die griechischen
und römischen Heerführer, welche aus ihren Kriegszügen den Euphrat passirten,
scheinen sich hier diese eigenthümliche Art von Schiffahrt zu Nutzen gemacht zu
haben. Xenophon führte bei dem Rückzüge der Griechen nach der Schlacht von
Cunaxa sein Heer über den Euphrat, indem er die zur Bekleidung der Zelte
dienenden Felle zusammennähen, mit Binsen bekleiden, und so eine neue Art von
Flößen herstellen ließ. In ähnlicher Weise führte später Jvviau seine Truppen über.

Von Beuh ab soll die Schiffahrt auf dem Euphrat mindestens ebenso leicht sein,
als die Donanschiffahrt zwischen Orsova und dem schwarzen Meere. Die Richtung
des Stromes ändert sich uicht einmal so häufig und die Sandbänke sind weniger
zahlreich. Hat sich hier einmal ein lebhafter Handelsverkehr festgesetzt, so kaun
der Euphrat als Verkehrsstraße dieselbe Bedeutuug gewinnen, wie die großen
Ströme des Abendlandes und der neue" Welt. Unterhalb Hilla ist bereits jetzt
lebhafter Verkehr. Ziemlich große Schiffe führen die Produkte des Landes, Reis
Datteln, Oel, stromabwärts, dagegen stromaufwärts indische und britische Manu-
facturwaaren.

Auch das Canalsystem zwischen Euphrat und Tigris ist zum Theil uoch heute


Grenzboten. III. -186", 23

Richtung südlich von Aleppo nach Beuh am Euphrat geführt werden. Die
Strecke beträgt 120 engl. (circa 2i prenß.) Meilen. Das Terrain ist oben,
bedeutende Tunnel- und Brückeubauteu sind nicht erforderlich, die Arbeitslöhne
stehen äußerst niedrig, Baumaterialien sind fast überall in der Nähe. Thompson
veranschlagt die Kosten pro engl. Meile zu 3000 bis !>000 L. se., so daß dieser
erste und wichtigste Theil des Unternehmens hochgerechnet 600,000 L. tosten
würde. Damit ist die Verbindung zwischen dem Euphrat und dem Mittelmeeree
hergestellt und es würde sich bei Beuh die Eisenbahn des Euphratthales nach
Bussoral) am persischen Meerbusen anschließen, wo die indischen Dampfer den
Verkehr mit Bombay vermitteln würden, bis auch hier die Seevcrbiudnng durch
eine directe Eisenbahnverbindung zwischen Bussorah und Bombay ersetzt ist. Die
ganze Bahnlinie von der syrischen Küste bis zum persischen Meerbusen würde
eine Länge von 7S0 engl. (etwa 1ö0 prenß.) Meilen haben und die Fahrt von
London nach Kalkutta um 20 Tage abkürzen. Thompson meint, daß zur Aus¬
führung derselben fünf Jahre genügen würden.

Was die Benutzung der Wasserstraßen des Euphrat und Tigris betrifft, so
ist folgendes zu bemerken. Beide Ströme entspringen bekanntlich in nicht weiter
Entfernung in den armenischen Hochlanden. Der Euphrat liegt, wie man an¬
nimmt, bis zum persischen Meerbusen 350 deutsche Meilen, der Tigris 220 zurück.
Der Euphrat, bei weitem der wichtigste von beiden, ist jetzt von Snmeriat ab auf
einer Strecke von 220 Meilen schiffbar, im Alterthum erstreckte sich die Schiffahrt
uoch an 20 Meilen weiter hinauf. Man steht hier wie auf dem unteren Laufe
jene eigenthümlichen Fahrzeuge von Leder und Binseugcflccht, welche schon
Herodot als eine Kuriosität des alten Babylon bezeichnet, und die griechischen
und römischen Heerführer, welche aus ihren Kriegszügen den Euphrat passirten,
scheinen sich hier diese eigenthümliche Art von Schiffahrt zu Nutzen gemacht zu
haben. Xenophon führte bei dem Rückzüge der Griechen nach der Schlacht von
Cunaxa sein Heer über den Euphrat, indem er die zur Bekleidung der Zelte
dienenden Felle zusammennähen, mit Binsen bekleiden, und so eine neue Art von
Flößen herstellen ließ. In ähnlicher Weise führte später Jvviau seine Truppen über.

Von Beuh ab soll die Schiffahrt auf dem Euphrat mindestens ebenso leicht sein,
als die Donanschiffahrt zwischen Orsova und dem schwarzen Meere. Die Richtung
des Stromes ändert sich uicht einmal so häufig und die Sandbänke sind weniger
zahlreich. Hat sich hier einmal ein lebhafter Handelsverkehr festgesetzt, so kaun
der Euphrat als Verkehrsstraße dieselbe Bedeutuug gewinnen, wie die großen
Ströme des Abendlandes und der neue» Welt. Unterhalb Hilla ist bereits jetzt
lebhafter Verkehr. Ziemlich große Schiffe führen die Produkte des Landes, Reis
Datteln, Oel, stromabwärts, dagegen stromaufwärts indische und britische Manu-
facturwaaren.

Auch das Canalsystem zwischen Euphrat und Tigris ist zum Theil uoch heute


Grenzboten. III. -186», 23
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/185>, abgerufen am 22.07.2024.