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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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Ruhe und Stabilität des ganzen Reiches aufrecht. Wenn er die erforderliche An¬
zahl von Stunden gesessen hat, überläßt er seinen Platz seiner Krone, welche
die übrigen Stunden des Tages und der Nacht als sein Stellvertreter ans dem
Throne liegen bleibt.

Die Ehren, welche dem Mikado erwiesen werden, sind ebenso außerordent¬
lich, wie seine Stellung und seine Ansprüche, und erinnern alle an seine halb-
göttliche Natur, wem halbgöttlich genügend einen so hohe" Grad von Göttlich¬
keit ausdrückt, daß dem Glauben der Japanesen nach sämmtliche Kamiö oder
Götter, dem Mikado jährlich einen Besuch abstatten, und einen Monat an seinem
Hofe verweilen. Während dieses Monats, welcher der Gottlose (im wirklichen
Sinne) heißt, besucht Niemand die Tempel, da man sie für verlassen hält. Das
ganze Ceremoniell zielt lediglich dahin, die Heiligkeit des Mikado nnbeeinträchtigt
zu erhalten. Damit sein heiliger Fuß nicht den Erdboden berührt, kann er sich
nur, auf den Schultern seiner Hofbeamten getragen, von Ort zu Ort bewegen.
Damit der Blick uuhciliger Augen ihn uicht beflecke, verläßt er niemals seinen
Palast, Nach den meisten Berichten werden Haar, Bart und Nägel nie von der
Scheere berührt, um seine heilige Person nicht zu verstümmeln, wogegen Kämpfer
behauptet, daß das Beschneiden seines Bartes und seiner Nägel, während des
Schlafes, durch fromme Gläubige stattfinden darf, welche sich auf diese Weise die
kostbaren Reliquien stehlen.

Alles was der Mikado trägt oder berührt, muß beständig neu sein. Kein
einziges Kleidungsstück trägt er zum zweiten Mal; die Schüsseln und Teller, in
denen seine Speisen aufgetragen werden, die Becher, ans denen er trinkt, müssen
bei jeder Mahlzeit, ebenso wie die Geschirre, in denen das Mahl bereitet wird,
durch neue ersetzt werden. Aber was der Mikado ablegt, kommt in keines
Meuscheu Besitz. Was für ihn bereitet ist, selbst die Speisen, die ihm zum
Mahle dienen sollen, ist dadurch so geheiligt, daß menschliche Berührung es nicht
profaniren darf. Seine abgelegten Kleider zu tragen, von seinen Tellern zu essen,
in seinem Geschirr Essen zu bereiten, oder selbst die Brosamen von seiner Tafel
aufzulesen, würde die Rache des Himmels auf den Gottcsschäuder herabrufen.
Um jeder Gefahr dieser Art vorzubeugen, wird jeder Gegenstand, der einmal auf
irgend eine Art für den Mikado verwendet worden ist, sofort zerbrochen, zerrissen
oder ans andere Weise vernichtet; seine Kleider, die von einer, jedem andern
Japanesen verbotenen Farbe sind, werden verbrannt, und ans dieser Sitte folgt
eine Eigenthümlichkeit, die sich schlecht mit der hohen Stellung des Himmelssohnes
verträgt. Der Sjvguu muß den Mikado erhalten, und da die Subsidien aus
Jeddo (der Residenz des Sjoguns) nicht allznreichlich fließen, so hilft man sich
bei der Nothwendigkeit, Alles was der Mikado benutzt, täglich und stündlich zu
erneuern, dadurch daß Kleidung, Geschirr, Hausrath u. s. w. vom billigsten und daher
gröbsten Stoffe ist.


Ruhe und Stabilität des ganzen Reiches aufrecht. Wenn er die erforderliche An¬
zahl von Stunden gesessen hat, überläßt er seinen Platz seiner Krone, welche
die übrigen Stunden des Tages und der Nacht als sein Stellvertreter ans dem
Throne liegen bleibt.

Die Ehren, welche dem Mikado erwiesen werden, sind ebenso außerordent¬
lich, wie seine Stellung und seine Ansprüche, und erinnern alle an seine halb-
göttliche Natur, wem halbgöttlich genügend einen so hohe» Grad von Göttlich¬
keit ausdrückt, daß dem Glauben der Japanesen nach sämmtliche Kamiö oder
Götter, dem Mikado jährlich einen Besuch abstatten, und einen Monat an seinem
Hofe verweilen. Während dieses Monats, welcher der Gottlose (im wirklichen
Sinne) heißt, besucht Niemand die Tempel, da man sie für verlassen hält. Das
ganze Ceremoniell zielt lediglich dahin, die Heiligkeit des Mikado nnbeeinträchtigt
zu erhalten. Damit sein heiliger Fuß nicht den Erdboden berührt, kann er sich
nur, auf den Schultern seiner Hofbeamten getragen, von Ort zu Ort bewegen.
Damit der Blick uuhciliger Augen ihn uicht beflecke, verläßt er niemals seinen
Palast, Nach den meisten Berichten werden Haar, Bart und Nägel nie von der
Scheere berührt, um seine heilige Person nicht zu verstümmeln, wogegen Kämpfer
behauptet, daß das Beschneiden seines Bartes und seiner Nägel, während des
Schlafes, durch fromme Gläubige stattfinden darf, welche sich auf diese Weise die
kostbaren Reliquien stehlen.

Alles was der Mikado trägt oder berührt, muß beständig neu sein. Kein
einziges Kleidungsstück trägt er zum zweiten Mal; die Schüsseln und Teller, in
denen seine Speisen aufgetragen werden, die Becher, ans denen er trinkt, müssen
bei jeder Mahlzeit, ebenso wie die Geschirre, in denen das Mahl bereitet wird,
durch neue ersetzt werden. Aber was der Mikado ablegt, kommt in keines
Meuscheu Besitz. Was für ihn bereitet ist, selbst die Speisen, die ihm zum
Mahle dienen sollen, ist dadurch so geheiligt, daß menschliche Berührung es nicht
profaniren darf. Seine abgelegten Kleider zu tragen, von seinen Tellern zu essen,
in seinem Geschirr Essen zu bereiten, oder selbst die Brosamen von seiner Tafel
aufzulesen, würde die Rache des Himmels auf den Gottcsschäuder herabrufen.
Um jeder Gefahr dieser Art vorzubeugen, wird jeder Gegenstand, der einmal auf
irgend eine Art für den Mikado verwendet worden ist, sofort zerbrochen, zerrissen
oder ans andere Weise vernichtet; seine Kleider, die von einer, jedem andern
Japanesen verbotenen Farbe sind, werden verbrannt, und ans dieser Sitte folgt
eine Eigenthümlichkeit, die sich schlecht mit der hohen Stellung des Himmelssohnes
verträgt. Der Sjvguu muß den Mikado erhalten, und da die Subsidien aus
Jeddo (der Residenz des Sjoguns) nicht allznreichlich fließen, so hilft man sich
bei der Nothwendigkeit, Alles was der Mikado benutzt, täglich und stündlich zu
erneuern, dadurch daß Kleidung, Geschirr, Hausrath u. s. w. vom billigsten und daher
gröbsten Stoffe ist.


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[0454] Ruhe und Stabilität des ganzen Reiches aufrecht. Wenn er die erforderliche An¬ zahl von Stunden gesessen hat, überläßt er seinen Platz seiner Krone, welche die übrigen Stunden des Tages und der Nacht als sein Stellvertreter ans dem Throne liegen bleibt. Die Ehren, welche dem Mikado erwiesen werden, sind ebenso außerordent¬ lich, wie seine Stellung und seine Ansprüche, und erinnern alle an seine halb- göttliche Natur, wem halbgöttlich genügend einen so hohe» Grad von Göttlich¬ keit ausdrückt, daß dem Glauben der Japanesen nach sämmtliche Kamiö oder Götter, dem Mikado jährlich einen Besuch abstatten, und einen Monat an seinem Hofe verweilen. Während dieses Monats, welcher der Gottlose (im wirklichen Sinne) heißt, besucht Niemand die Tempel, da man sie für verlassen hält. Das ganze Ceremoniell zielt lediglich dahin, die Heiligkeit des Mikado nnbeeinträchtigt zu erhalten. Damit sein heiliger Fuß nicht den Erdboden berührt, kann er sich nur, auf den Schultern seiner Hofbeamten getragen, von Ort zu Ort bewegen. Damit der Blick uuhciliger Augen ihn uicht beflecke, verläßt er niemals seinen Palast, Nach den meisten Berichten werden Haar, Bart und Nägel nie von der Scheere berührt, um seine heilige Person nicht zu verstümmeln, wogegen Kämpfer behauptet, daß das Beschneiden seines Bartes und seiner Nägel, während des Schlafes, durch fromme Gläubige stattfinden darf, welche sich auf diese Weise die kostbaren Reliquien stehlen. Alles was der Mikado trägt oder berührt, muß beständig neu sein. Kein einziges Kleidungsstück trägt er zum zweiten Mal; die Schüsseln und Teller, in denen seine Speisen aufgetragen werden, die Becher, ans denen er trinkt, müssen bei jeder Mahlzeit, ebenso wie die Geschirre, in denen das Mahl bereitet wird, durch neue ersetzt werden. Aber was der Mikado ablegt, kommt in keines Meuscheu Besitz. Was für ihn bereitet ist, selbst die Speisen, die ihm zum Mahle dienen sollen, ist dadurch so geheiligt, daß menschliche Berührung es nicht profaniren darf. Seine abgelegten Kleider zu tragen, von seinen Tellern zu essen, in seinem Geschirr Essen zu bereiten, oder selbst die Brosamen von seiner Tafel aufzulesen, würde die Rache des Himmels auf den Gottcsschäuder herabrufen. Um jeder Gefahr dieser Art vorzubeugen, wird jeder Gegenstand, der einmal auf irgend eine Art für den Mikado verwendet worden ist, sofort zerbrochen, zerrissen oder ans andere Weise vernichtet; seine Kleider, die von einer, jedem andern Japanesen verbotenen Farbe sind, werden verbrannt, und ans dieser Sitte folgt eine Eigenthümlichkeit, die sich schlecht mit der hohen Stellung des Himmelssohnes verträgt. Der Sjvguu muß den Mikado erhalten, und da die Subsidien aus Jeddo (der Residenz des Sjoguns) nicht allznreichlich fließen, so hilft man sich bei der Nothwendigkeit, Alles was der Mikado benutzt, täglich und stündlich zu erneuern, dadurch daß Kleidung, Geschirr, Hausrath u. s. w. vom billigsten und daher gröbsten Stoffe ist.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/454>, abgerufen am 28.12.2024.