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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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kommen, wird die Bewohner von Honolulu besonders interessiren: Vor einiger
Zeit war ein Wallfischboot mit drei Männern, die zur Seefahrt mit allem Mög¬
lichen versehen wäre", aber, wenn ich nicht irre, wenig oder gar keine Provisionen
mehr am Bord hatten, an die japanische Küste gekommen und dort von den Be¬
hörden sogleich in Beschlag genommen. Von den Männern sprach einer sehr
gut, der andere weniger gut, der dritte nur sehr wenig Japanisch. Sie hatten
Geld, einige Gold- und verschiedene Silbermünzen bei sich, und sagten ans, daß sie
vor langen Jahren mit ihrem Boot an einem gewissen Theil der Küste verun¬
glückt, von einem amerikanischen Schiffe aufgenommen und nach Amerika mit
hinübergenommen wären. Die Sehnsucht nach der Heimath hätte aber zuletzt so
die Ueberhand bei ihnen gewonnen, daß sie den Entschluß gefaßt, sei ihr Loos
auch, welches es wolle, nach Japan zurückzukehren. Zu diesem Zweck hätten sie
sich ein Wallfischboot ausgerüstet, seien damit von Amerika herübergekommen, und
riefen nun den Schutz und die Gnade des Kaisers von Japan an.

Den Japanesen übrigens, die mehr Kenntniß von der anßer ihnen liegenden
Welt haben, als Manche wol denken, war dieses von Amerika in einem offenen
Boot Herüberkommen etwas unwahrscheinlich erschienen. Zu gleicher Zeit wurden
überall an der Küste, von wo aus die Männer einst verschlagen zu sein vor¬
gaben, die genausten Nachforschungen angestellt, ob ihre Aussage begründet wäre.
Erweist sich das unbegründet, so ist kaum ein anderer Fall denkbar, als daß
sie den Versuch, in Japan gegen die Gesetze zu landen, mit dem Leben büßen
müssen; aber anch im günstigsten Fall, wie Japanesen selbst versichert haben,
steht ihnen kein besseres Loos als lebenslängliches Gefängniß, sei dies auch so
milde, wie es wolle, bevor -- mit der übrigen Welt kommen die Unglücklichen in
keine Berührung wieder.

Furchtbare Strenge herrscht auch gegen die der eigenen Unterthanen, die
sich selbst mit den, uuter dem Schutz ihres Kaisers stehenden Holländern nur im
geringsten weiter einlassen, als es ihnen, und wahrscheinlich ziemlich genau, vor¬
geschrieben ist. Viele Gegenstände sind dabei noch verpönt und dürfen bei Todes¬
strafe von den Japanesen, die sich damit befassen, nicht in die Hände der
Europäer fallen. Zu diesen gehören Abbildungen des innern Landes oder ge¬
heiligter Personen, z. B. des Kaisers -- Waffen -- selbst nicht die Abbildung
eines Schwertes, irgend Etwas, das mit ihren Göttern in Beziehung steht, Bücher,
Schriften oder Geld.

Der ganze holländische Handel mit ihnen bericht einzig und allein auf Um¬
tausch. Alles, was die Holländer von ihnen kaufen, zahlen sie in Waaren, und
für Alles, was sie bringen, bekommen sie nnr wieder Waaren, nicht die kleinste
Münze zurück.

In dem holländischen Quartier ans Decima sind japanesische Beamte, die
den dort wohnenden Holländern alle erlaubten Artikel liefern, die sie verlangen;


Grenzbote". I. 18L3. 32

kommen, wird die Bewohner von Honolulu besonders interessiren: Vor einiger
Zeit war ein Wallfischboot mit drei Männern, die zur Seefahrt mit allem Mög¬
lichen versehen wäre», aber, wenn ich nicht irre, wenig oder gar keine Provisionen
mehr am Bord hatten, an die japanische Küste gekommen und dort von den Be¬
hörden sogleich in Beschlag genommen. Von den Männern sprach einer sehr
gut, der andere weniger gut, der dritte nur sehr wenig Japanisch. Sie hatten
Geld, einige Gold- und verschiedene Silbermünzen bei sich, und sagten ans, daß sie
vor langen Jahren mit ihrem Boot an einem gewissen Theil der Küste verun¬
glückt, von einem amerikanischen Schiffe aufgenommen und nach Amerika mit
hinübergenommen wären. Die Sehnsucht nach der Heimath hätte aber zuletzt so
die Ueberhand bei ihnen gewonnen, daß sie den Entschluß gefaßt, sei ihr Loos
auch, welches es wolle, nach Japan zurückzukehren. Zu diesem Zweck hätten sie
sich ein Wallfischboot ausgerüstet, seien damit von Amerika herübergekommen, und
riefen nun den Schutz und die Gnade des Kaisers von Japan an.

Den Japanesen übrigens, die mehr Kenntniß von der anßer ihnen liegenden
Welt haben, als Manche wol denken, war dieses von Amerika in einem offenen
Boot Herüberkommen etwas unwahrscheinlich erschienen. Zu gleicher Zeit wurden
überall an der Küste, von wo aus die Männer einst verschlagen zu sein vor¬
gaben, die genausten Nachforschungen angestellt, ob ihre Aussage begründet wäre.
Erweist sich das unbegründet, so ist kaum ein anderer Fall denkbar, als daß
sie den Versuch, in Japan gegen die Gesetze zu landen, mit dem Leben büßen
müssen; aber anch im günstigsten Fall, wie Japanesen selbst versichert haben,
steht ihnen kein besseres Loos als lebenslängliches Gefängniß, sei dies auch so
milde, wie es wolle, bevor — mit der übrigen Welt kommen die Unglücklichen in
keine Berührung wieder.

Furchtbare Strenge herrscht auch gegen die der eigenen Unterthanen, die
sich selbst mit den, uuter dem Schutz ihres Kaisers stehenden Holländern nur im
geringsten weiter einlassen, als es ihnen, und wahrscheinlich ziemlich genau, vor¬
geschrieben ist. Viele Gegenstände sind dabei noch verpönt und dürfen bei Todes¬
strafe von den Japanesen, die sich damit befassen, nicht in die Hände der
Europäer fallen. Zu diesen gehören Abbildungen des innern Landes oder ge¬
heiligter Personen, z. B. des Kaisers — Waffen — selbst nicht die Abbildung
eines Schwertes, irgend Etwas, das mit ihren Göttern in Beziehung steht, Bücher,
Schriften oder Geld.

Der ganze holländische Handel mit ihnen bericht einzig und allein auf Um¬
tausch. Alles, was die Holländer von ihnen kaufen, zahlen sie in Waaren, und
für Alles, was sie bringen, bekommen sie nnr wieder Waaren, nicht die kleinste
Münze zurück.

In dem holländischen Quartier ans Decima sind japanesische Beamte, die
den dort wohnenden Holländern alle erlaubten Artikel liefern, die sie verlangen;


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[0257] kommen, wird die Bewohner von Honolulu besonders interessiren: Vor einiger Zeit war ein Wallfischboot mit drei Männern, die zur Seefahrt mit allem Mög¬ lichen versehen wäre», aber, wenn ich nicht irre, wenig oder gar keine Provisionen mehr am Bord hatten, an die japanische Küste gekommen und dort von den Be¬ hörden sogleich in Beschlag genommen. Von den Männern sprach einer sehr gut, der andere weniger gut, der dritte nur sehr wenig Japanisch. Sie hatten Geld, einige Gold- und verschiedene Silbermünzen bei sich, und sagten ans, daß sie vor langen Jahren mit ihrem Boot an einem gewissen Theil der Küste verun¬ glückt, von einem amerikanischen Schiffe aufgenommen und nach Amerika mit hinübergenommen wären. Die Sehnsucht nach der Heimath hätte aber zuletzt so die Ueberhand bei ihnen gewonnen, daß sie den Entschluß gefaßt, sei ihr Loos auch, welches es wolle, nach Japan zurückzukehren. Zu diesem Zweck hätten sie sich ein Wallfischboot ausgerüstet, seien damit von Amerika herübergekommen, und riefen nun den Schutz und die Gnade des Kaisers von Japan an. Den Japanesen übrigens, die mehr Kenntniß von der anßer ihnen liegenden Welt haben, als Manche wol denken, war dieses von Amerika in einem offenen Boot Herüberkommen etwas unwahrscheinlich erschienen. Zu gleicher Zeit wurden überall an der Küste, von wo aus die Männer einst verschlagen zu sein vor¬ gaben, die genausten Nachforschungen angestellt, ob ihre Aussage begründet wäre. Erweist sich das unbegründet, so ist kaum ein anderer Fall denkbar, als daß sie den Versuch, in Japan gegen die Gesetze zu landen, mit dem Leben büßen müssen; aber anch im günstigsten Fall, wie Japanesen selbst versichert haben, steht ihnen kein besseres Loos als lebenslängliches Gefängniß, sei dies auch so milde, wie es wolle, bevor — mit der übrigen Welt kommen die Unglücklichen in keine Berührung wieder. Furchtbare Strenge herrscht auch gegen die der eigenen Unterthanen, die sich selbst mit den, uuter dem Schutz ihres Kaisers stehenden Holländern nur im geringsten weiter einlassen, als es ihnen, und wahrscheinlich ziemlich genau, vor¬ geschrieben ist. Viele Gegenstände sind dabei noch verpönt und dürfen bei Todes¬ strafe von den Japanesen, die sich damit befassen, nicht in die Hände der Europäer fallen. Zu diesen gehören Abbildungen des innern Landes oder ge¬ heiligter Personen, z. B. des Kaisers — Waffen — selbst nicht die Abbildung eines Schwertes, irgend Etwas, das mit ihren Göttern in Beziehung steht, Bücher, Schriften oder Geld. Der ganze holländische Handel mit ihnen bericht einzig und allein auf Um¬ tausch. Alles, was die Holländer von ihnen kaufen, zahlen sie in Waaren, und für Alles, was sie bringen, bekommen sie nnr wieder Waaren, nicht die kleinste Münze zurück. In dem holländischen Quartier ans Decima sind japanesische Beamte, die den dort wohnenden Holländern alle erlaubten Artikel liefern, die sie verlangen; Grenzbote». I. 18L3. 32

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/257>, abgerufen am 24.07.2024.