Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.Sie unterrichten, ohne die persönliche Unabhängigkeit zu knechten, es ist Um 12 Uhr, als die Schulzeit beendet war und die Kinder singend in Als die Kinder weg waren, sagte sie mir, daß die ältere Jugend, welche Ans meine Frage, wie es käme, daß einige dieser armen Kinder Verhältniß" Darauf zeigte sie mir eine Anstalt, die zur Schule gehört,, nämlich in der Sie unterrichten, ohne die persönliche Unabhängigkeit zu knechten, es ist Um 12 Uhr, als die Schulzeit beendet war und die Kinder singend in Als die Kinder weg waren, sagte sie mir, daß die ältere Jugend, welche Ans meine Frage, wie es käme, daß einige dieser armen Kinder Verhältniß» Darauf zeigte sie mir eine Anstalt, die zur Schule gehört,, nämlich in der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0022" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185898"/> <p xml:id="ID_47"> Sie unterrichten, ohne die persönliche Unabhängigkeit zu knechten, es ist<lb/> das Grundprincip von Großbrittanniens politischem Leben.</p><lb/> <p xml:id="ID_48"> Um 12 Uhr, als die Schulzeit beendet war und die Kinder singend in<lb/> Reihen aufmarschirten, um das Zeichen zum Aufbruch zu erwarte», brach ein<lb/> heftiges Gewitter ans und die Kinder schauten etwas ängstlich empor, ob des<lb/> Geprassels, den der starke Regen gegen Dach und Fenster verursachte. Die<lb/> Lehrerin fragte sie, ob sie bange wären, und als Einige dies, wenn anch<lb/> zögernd, bejahten, frug sie: „Was ist Regen? Hierauf vermochten sie nicht zu<lb/> antworten, und sie erklärte ihnen, daß der Regen vom lieben Gott gesendet<lb/> würde, um die Erde zu erfrischen, weshalb wir also nur dankbar und nicht bange<lb/> sein müßten. Aber, fügte sie hinzu, der Regen ist naß, weshalb es am Besten<lb/> ist, ihr wartet hier, bis es aufgehört hat, laßt uns daher noch Etwas singen,<lb/> was denn auch mit obligaten Bewegungen ausgeführt wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_49"> Als die Kinder weg waren, sagte sie mir, daß die ältere Jugend, welche<lb/> die Schule zu besuchen pflegte, augenblicklich mit Feldarbeit beschäftigt sei, allein<lb/> ich könne nächsten Sonntag-Nachmittag einen Theil derselben hier versam¬<lb/> melt treffen.</p><lb/> <p xml:id="ID_50"> Ans meine Frage, wie es käme, daß einige dieser armen Kinder Verhältniß»<lb/> mäßig so gut gekleidet wären, antwortete sie mir, daß mit dieser Schule eine<lb/> Damen-Bekleidungs-Gesellschaft, laäies-l-lotlrmg'-soLiet^ verbunden sei, welche die¬<lb/> jenigen Kinder kleidet,, deren Eltern einen Penny wöchentlich bezahlen. Viele<lb/> Eltern könnten selbst dies nicht erübrigen, jedoch wäre diese Einrichtung im stete»<lb/> Fortschreiten begriffen, den» die Schule wirkte nach und nach ans das Hans,<lb/> indem die reinlich gekleideten Kinder Ehrgeiz und Sparsamkeit bei den noch<lb/> nicht zahlenden Eltern erregten. Hieraus ersieht man eines dieser höchst prak¬<lb/> tischen Mittel, wodurch man bedacht gewesen ist, der Schule eine Autorität zu<lb/> verschaffen, welche die nothwendigste Ordnung und den gehörigen Gehorsam erzeugt.</p><lb/> <p xml:id="ID_51" next="#ID_52"> Darauf zeigte sie mir eine Anstalt, die zur Schule gehört,, nämlich in der<lb/> unteren Etage ein großes Zimmer, wo obdachslose Knaben und Männer bei Nacht<lb/> aufgenommen werden. Die Betten sind so einfach, wie mir denkbar, eine Pritsche<lb/> und eine wollene Decke; allein an dieses Schlaflvcal stößt ein Waschzimmer und<lb/> zwei Badckammern, und wenn die obdachlosen Menschen Morgens weggehen,<lb/> bekommt ein Jeder 12 Loth Brod, damit der Hunger sie nicht zum Stehlen<lb/> zwingt. Abends erhalten sie ebenfalls auf Begehren 12 Loth Brod und im<lb/> Winter steht denen das Schnllvcal erwärmt zu Gebote, welche keine Heimath<lb/> haben und der Versuchung entfliehen „wollen". Für die sich Einsindenden wird<lb/> Unterricht im Lesen ze. ertheilt, auch in Handarbeiten, jedoch ist dies bis jetzt noch<lb/> unvollkommen. Das Ganzeist ein Privatunternehmen, eine Gesellschaft verwaltet<lb/> es und bestreitet die Ausgaben durch freiwillige Beiträge, und Alles wird ohne<lb/> Rücksicht auf den Charakter des Kommenden' dargeboten —„wir frage» nicht, ob</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0022]
Sie unterrichten, ohne die persönliche Unabhängigkeit zu knechten, es ist
das Grundprincip von Großbrittanniens politischem Leben.
Um 12 Uhr, als die Schulzeit beendet war und die Kinder singend in
Reihen aufmarschirten, um das Zeichen zum Aufbruch zu erwarte», brach ein
heftiges Gewitter ans und die Kinder schauten etwas ängstlich empor, ob des
Geprassels, den der starke Regen gegen Dach und Fenster verursachte. Die
Lehrerin fragte sie, ob sie bange wären, und als Einige dies, wenn anch
zögernd, bejahten, frug sie: „Was ist Regen? Hierauf vermochten sie nicht zu
antworten, und sie erklärte ihnen, daß der Regen vom lieben Gott gesendet
würde, um die Erde zu erfrischen, weshalb wir also nur dankbar und nicht bange
sein müßten. Aber, fügte sie hinzu, der Regen ist naß, weshalb es am Besten
ist, ihr wartet hier, bis es aufgehört hat, laßt uns daher noch Etwas singen,
was denn auch mit obligaten Bewegungen ausgeführt wurde.
Als die Kinder weg waren, sagte sie mir, daß die ältere Jugend, welche
die Schule zu besuchen pflegte, augenblicklich mit Feldarbeit beschäftigt sei, allein
ich könne nächsten Sonntag-Nachmittag einen Theil derselben hier versam¬
melt treffen.
Ans meine Frage, wie es käme, daß einige dieser armen Kinder Verhältniß»
mäßig so gut gekleidet wären, antwortete sie mir, daß mit dieser Schule eine
Damen-Bekleidungs-Gesellschaft, laäies-l-lotlrmg'-soLiet^ verbunden sei, welche die¬
jenigen Kinder kleidet,, deren Eltern einen Penny wöchentlich bezahlen. Viele
Eltern könnten selbst dies nicht erübrigen, jedoch wäre diese Einrichtung im stete»
Fortschreiten begriffen, den» die Schule wirkte nach und nach ans das Hans,
indem die reinlich gekleideten Kinder Ehrgeiz und Sparsamkeit bei den noch
nicht zahlenden Eltern erregten. Hieraus ersieht man eines dieser höchst prak¬
tischen Mittel, wodurch man bedacht gewesen ist, der Schule eine Autorität zu
verschaffen, welche die nothwendigste Ordnung und den gehörigen Gehorsam erzeugt.
Darauf zeigte sie mir eine Anstalt, die zur Schule gehört,, nämlich in der
unteren Etage ein großes Zimmer, wo obdachslose Knaben und Männer bei Nacht
aufgenommen werden. Die Betten sind so einfach, wie mir denkbar, eine Pritsche
und eine wollene Decke; allein an dieses Schlaflvcal stößt ein Waschzimmer und
zwei Badckammern, und wenn die obdachlosen Menschen Morgens weggehen,
bekommt ein Jeder 12 Loth Brod, damit der Hunger sie nicht zum Stehlen
zwingt. Abends erhalten sie ebenfalls auf Begehren 12 Loth Brod und im
Winter steht denen das Schnllvcal erwärmt zu Gebote, welche keine Heimath
haben und der Versuchung entfliehen „wollen". Für die sich Einsindenden wird
Unterricht im Lesen ze. ertheilt, auch in Handarbeiten, jedoch ist dies bis jetzt noch
unvollkommen. Das Ganzeist ein Privatunternehmen, eine Gesellschaft verwaltet
es und bestreitet die Ausgaben durch freiwillige Beiträge, und Alles wird ohne
Rücksicht auf den Charakter des Kommenden' dargeboten —„wir frage» nicht, ob
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