Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

barschaft oder einem Departement, so daß schon persönliche Beziehung,! zwischen
ihnen bestanden. Auch erhielt jede Familie blos ein Hans "ut 8--10 Hektaren
Land. Dieses neue System hat im Ganzen gute Folgen gehabt, denn Ende 1830
besaßen die in den Ackcrbancolonien der Provinz Algier angesiedelten 1033 Familien
2009 Stück Vieh und 9383 Stück Ackerwerkzeuge, und hatten 3373 Hectaren
umgebrochen, 309/i- eingesäet und 173,762 Bäume gepflanzt. Auch die Privat-
cvlvnisation machte Fortschritte, und namentlich dehnte" sich die Ansiedelungen ans
das linke Ufer des Aradsch aus. Leider brach auch in diesem Jahre die Cholera
ans und richtete große Verwüstungen an, so daß die europäische Bevölkerung,
anstatt zuzunehmen, ans 112,607 Köpfe (um 219i Personen) sank. Im folgenden
Jahre, als die Seuche aufgehört hatte, hob sie sich dafür ans 123,963 Einwohner.

Aber die Fortschritte der Colonie bestanden in diesem Jahre weniger in
der sichtbaren Zunahme der Bevölkerung, als in der stetigen und sichern
Entwickelung der Bodencultur. Zum Theil theuer bezahlte Erfahrungen und
zahlreiche Versuche in öffentlichen und Privatanstalten waren die Schule, in der
sich die Kolonisten heranbilden koanten. Ein rationelles Bewirthschaftssystem
griff immer mehr um sich; man nahm bei der Bebauung des Bodens mehr auf
seine Beschaffenheit und ans das Klima Rücksicht; die Bauerhöfe füllte" sich
mit Vieh, bessere Ackerwerkzeuge u"d i" größerer Anzahl wurden eingeführt,
der Boden wurde sorgfältiger bebaut, und alle Hilfsquellen des Bodens ver¬
ständiger als früher benutzt. Zu de" blühenden Niederlassungen sind zu zählen
Cheragas, wo die ans dem Vardepartcment stammenden Colonisten den Ban
wohlriechender Pflanzen betreiben und sich mit der Bereitung ätherischer Oele
beschäftigen; Alet Fayet, wo der große und der kleine Grundbesitz sich gegenseitig
unterstüizen, der erstere durch seine Capitalien, der andere dnrch die Handarbeit,
mit der er den ihm gewordenen Beistand bezahlt; Baba-Hassan, wo man Getreide,
den Oelbaum, die Rede, Tabak baut, und eine bedeutende Heerde befahl;
Coleah, das sich von den Verwüstungen der Cholera vollständig erholt hat;
Bnsfarik, das in Folge der Trockenlegungen "ut Pflanzungen weit gesünder ist
als früher. Schone und zahlreiche Gebände, fleißig cultivirte Felder und aus-
gedehnte Anlage" spreche" vou dem Wohlstand der Colonisten; 19 Einzelhöfe
befinden sich i" der Umgegend und fast alles zur Ansiedelung gehörige Land ist um-
gebrochen. Die ackerbauende Bevölkerung der Provinz Algier betrug 1831 13,679
Köpfe, die 7976 Hectaren bebauten, und 19,743 Stück Vieh (darunter 3400
Stuck Rindvieh und 7000 Stück Schafe) besaßen. Die ackerbauende Bevölkerung
der Provinz Konstantine bestand ans 3i3i Einwohnern mit 3823 Hand. Feld
n. s. w., und 11,333 Stück Vieh. In der Provinz Oran war die ackerbauende
Bevölkerung i780 Manu stark, bebaute 10,729 Hcetaren und besaß 11,268 Stück
Vieh. Stadt und Land zusammengerechnet betrug die Civilbevölkerung Mitte
1832 131,738 Personen, wovon ans die Provinz Algier 37,081, ans Oran


Grenzboten. I. 27

barschaft oder einem Departement, so daß schon persönliche Beziehung,! zwischen
ihnen bestanden. Auch erhielt jede Familie blos ein Hans »ut 8—10 Hektaren
Land. Dieses neue System hat im Ganzen gute Folgen gehabt, denn Ende 1830
besaßen die in den Ackcrbancolonien der Provinz Algier angesiedelten 1033 Familien
2009 Stück Vieh und 9383 Stück Ackerwerkzeuge, und hatten 3373 Hectaren
umgebrochen, 309/i- eingesäet und 173,762 Bäume gepflanzt. Auch die Privat-
cvlvnisation machte Fortschritte, und namentlich dehnte» sich die Ansiedelungen ans
das linke Ufer des Aradsch aus. Leider brach auch in diesem Jahre die Cholera
ans und richtete große Verwüstungen an, so daß die europäische Bevölkerung,
anstatt zuzunehmen, ans 112,607 Köpfe (um 219i Personen) sank. Im folgenden
Jahre, als die Seuche aufgehört hatte, hob sie sich dafür ans 123,963 Einwohner.

Aber die Fortschritte der Colonie bestanden in diesem Jahre weniger in
der sichtbaren Zunahme der Bevölkerung, als in der stetigen und sichern
Entwickelung der Bodencultur. Zum Theil theuer bezahlte Erfahrungen und
zahlreiche Versuche in öffentlichen und Privatanstalten waren die Schule, in der
sich die Kolonisten heranbilden koanten. Ein rationelles Bewirthschaftssystem
griff immer mehr um sich; man nahm bei der Bebauung des Bodens mehr auf
seine Beschaffenheit und ans das Klima Rücksicht; die Bauerhöfe füllte» sich
mit Vieh, bessere Ackerwerkzeuge u»d i» größerer Anzahl wurden eingeführt,
der Boden wurde sorgfältiger bebaut, und alle Hilfsquellen des Bodens ver¬
ständiger als früher benutzt. Zu de» blühenden Niederlassungen sind zu zählen
Cheragas, wo die ans dem Vardepartcment stammenden Colonisten den Ban
wohlriechender Pflanzen betreiben und sich mit der Bereitung ätherischer Oele
beschäftigen; Alet Fayet, wo der große und der kleine Grundbesitz sich gegenseitig
unterstüizen, der erstere durch seine Capitalien, der andere dnrch die Handarbeit,
mit der er den ihm gewordenen Beistand bezahlt; Baba-Hassan, wo man Getreide,
den Oelbaum, die Rede, Tabak baut, und eine bedeutende Heerde befahl;
Coleah, das sich von den Verwüstungen der Cholera vollständig erholt hat;
Bnsfarik, das in Folge der Trockenlegungen »ut Pflanzungen weit gesünder ist
als früher. Schone und zahlreiche Gebände, fleißig cultivirte Felder und aus-
gedehnte Anlage» spreche» vou dem Wohlstand der Colonisten; 19 Einzelhöfe
befinden sich i» der Umgegend und fast alles zur Ansiedelung gehörige Land ist um-
gebrochen. Die ackerbauende Bevölkerung der Provinz Algier betrug 1831 13,679
Köpfe, die 7976 Hectaren bebauten, und 19,743 Stück Vieh (darunter 3400
Stuck Rindvieh und 7000 Stück Schafe) besaßen. Die ackerbauende Bevölkerung
der Provinz Konstantine bestand ans 3i3i Einwohnern mit 3823 Hand. Feld
n. s. w., und 11,333 Stück Vieh. In der Provinz Oran war die ackerbauende
Bevölkerung i780 Manu stark, bebaute 10,729 Hcetaren und besaß 11,268 Stück
Vieh. Stadt und Land zusammengerechnet betrug die Civilbevölkerung Mitte
1832 131,738 Personen, wovon ans die Provinz Algier 37,081, ans Oran


Grenzboten. I. 27
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0217" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186093"/>
            <p xml:id="ID_650" prev="#ID_649"> barschaft oder einem Departement, so daß schon persönliche Beziehung,! zwischen<lb/>
ihnen bestanden. Auch erhielt jede Familie blos ein Hans »ut 8&#x2014;10 Hektaren<lb/>
Land. Dieses neue System hat im Ganzen gute Folgen gehabt, denn Ende 1830<lb/>
besaßen die in den Ackcrbancolonien der Provinz Algier angesiedelten 1033 Familien<lb/>
2009 Stück Vieh und 9383 Stück Ackerwerkzeuge, und hatten 3373 Hectaren<lb/>
umgebrochen, 309/i- eingesäet und 173,762 Bäume gepflanzt. Auch die Privat-<lb/>
cvlvnisation machte Fortschritte, und namentlich dehnte» sich die Ansiedelungen ans<lb/>
das linke Ufer des Aradsch aus. Leider brach auch in diesem Jahre die Cholera<lb/>
ans und richtete große Verwüstungen an, so daß die europäische Bevölkerung,<lb/>
anstatt zuzunehmen, ans 112,607 Köpfe (um 219i Personen) sank. Im folgenden<lb/>
Jahre, als die Seuche aufgehört hatte, hob sie sich dafür ans 123,963 Einwohner.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_651" next="#ID_652"> Aber die Fortschritte der Colonie bestanden in diesem Jahre weniger in<lb/>
der sichtbaren Zunahme der Bevölkerung, als in der stetigen und sichern<lb/>
Entwickelung der Bodencultur. Zum Theil theuer bezahlte Erfahrungen und<lb/>
zahlreiche Versuche in öffentlichen und Privatanstalten waren die Schule, in der<lb/>
sich die Kolonisten heranbilden koanten. Ein rationelles Bewirthschaftssystem<lb/>
griff immer mehr um sich; man nahm bei der Bebauung des Bodens mehr auf<lb/>
seine Beschaffenheit und ans das Klima Rücksicht; die Bauerhöfe füllte» sich<lb/>
mit Vieh, bessere Ackerwerkzeuge u»d i» größerer Anzahl wurden eingeführt,<lb/>
der Boden wurde sorgfältiger bebaut, und alle Hilfsquellen des Bodens ver¬<lb/>
ständiger als früher benutzt. Zu de» blühenden Niederlassungen sind zu zählen<lb/>
Cheragas, wo die ans dem Vardepartcment stammenden Colonisten den Ban<lb/>
wohlriechender Pflanzen betreiben und sich mit der Bereitung ätherischer Oele<lb/>
beschäftigen; Alet Fayet, wo der große und der kleine Grundbesitz sich gegenseitig<lb/>
unterstüizen, der erstere durch seine Capitalien, der andere dnrch die Handarbeit,<lb/>
mit der er den ihm gewordenen Beistand bezahlt; Baba-Hassan, wo man Getreide,<lb/>
den Oelbaum, die Rede, Tabak baut, und eine bedeutende Heerde befahl;<lb/>
Coleah, das sich von den Verwüstungen der Cholera vollständig erholt hat;<lb/>
Bnsfarik, das in Folge der Trockenlegungen »ut Pflanzungen weit gesünder ist<lb/>
als früher. Schone und zahlreiche Gebände, fleißig cultivirte Felder und aus-<lb/>
gedehnte Anlage» spreche» vou dem Wohlstand der Colonisten; 19 Einzelhöfe<lb/>
befinden sich i» der Umgegend und fast alles zur Ansiedelung gehörige Land ist um-<lb/>
gebrochen. Die ackerbauende Bevölkerung der Provinz Algier betrug 1831 13,679<lb/>
Köpfe, die 7976 Hectaren bebauten, und 19,743 Stück Vieh (darunter 3400<lb/>
Stuck Rindvieh und 7000 Stück Schafe) besaßen. Die ackerbauende Bevölkerung<lb/>
der Provinz Konstantine bestand ans 3i3i Einwohnern mit 3823 Hand. Feld<lb/>
n. s. w., und 11,333 Stück Vieh. In der Provinz Oran war die ackerbauende<lb/>
Bevölkerung i780 Manu stark, bebaute 10,729 Hcetaren und besaß 11,268 Stück<lb/>
Vieh. Stadt und Land zusammengerechnet betrug die Civilbevölkerung Mitte<lb/>
1832 131,738 Personen, wovon ans die Provinz Algier 37,081, ans Oran</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. I. 27</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0217] barschaft oder einem Departement, so daß schon persönliche Beziehung,! zwischen ihnen bestanden. Auch erhielt jede Familie blos ein Hans »ut 8—10 Hektaren Land. Dieses neue System hat im Ganzen gute Folgen gehabt, denn Ende 1830 besaßen die in den Ackcrbancolonien der Provinz Algier angesiedelten 1033 Familien 2009 Stück Vieh und 9383 Stück Ackerwerkzeuge, und hatten 3373 Hectaren umgebrochen, 309/i- eingesäet und 173,762 Bäume gepflanzt. Auch die Privat- cvlvnisation machte Fortschritte, und namentlich dehnte» sich die Ansiedelungen ans das linke Ufer des Aradsch aus. Leider brach auch in diesem Jahre die Cholera ans und richtete große Verwüstungen an, so daß die europäische Bevölkerung, anstatt zuzunehmen, ans 112,607 Köpfe (um 219i Personen) sank. Im folgenden Jahre, als die Seuche aufgehört hatte, hob sie sich dafür ans 123,963 Einwohner. Aber die Fortschritte der Colonie bestanden in diesem Jahre weniger in der sichtbaren Zunahme der Bevölkerung, als in der stetigen und sichern Entwickelung der Bodencultur. Zum Theil theuer bezahlte Erfahrungen und zahlreiche Versuche in öffentlichen und Privatanstalten waren die Schule, in der sich die Kolonisten heranbilden koanten. Ein rationelles Bewirthschaftssystem griff immer mehr um sich; man nahm bei der Bebauung des Bodens mehr auf seine Beschaffenheit und ans das Klima Rücksicht; die Bauerhöfe füllte» sich mit Vieh, bessere Ackerwerkzeuge u»d i» größerer Anzahl wurden eingeführt, der Boden wurde sorgfältiger bebaut, und alle Hilfsquellen des Bodens ver¬ ständiger als früher benutzt. Zu de» blühenden Niederlassungen sind zu zählen Cheragas, wo die ans dem Vardepartcment stammenden Colonisten den Ban wohlriechender Pflanzen betreiben und sich mit der Bereitung ätherischer Oele beschäftigen; Alet Fayet, wo der große und der kleine Grundbesitz sich gegenseitig unterstüizen, der erstere durch seine Capitalien, der andere dnrch die Handarbeit, mit der er den ihm gewordenen Beistand bezahlt; Baba-Hassan, wo man Getreide, den Oelbaum, die Rede, Tabak baut, und eine bedeutende Heerde befahl; Coleah, das sich von den Verwüstungen der Cholera vollständig erholt hat; Bnsfarik, das in Folge der Trockenlegungen »ut Pflanzungen weit gesünder ist als früher. Schone und zahlreiche Gebände, fleißig cultivirte Felder und aus- gedehnte Anlage» spreche» vou dem Wohlstand der Colonisten; 19 Einzelhöfe befinden sich i» der Umgegend und fast alles zur Ansiedelung gehörige Land ist um- gebrochen. Die ackerbauende Bevölkerung der Provinz Algier betrug 1831 13,679 Köpfe, die 7976 Hectaren bebauten, und 19,743 Stück Vieh (darunter 3400 Stuck Rindvieh und 7000 Stück Schafe) besaßen. Die ackerbauende Bevölkerung der Provinz Konstantine bestand ans 3i3i Einwohnern mit 3823 Hand. Feld n. s. w., und 11,333 Stück Vieh. In der Provinz Oran war die ackerbauende Bevölkerung i780 Manu stark, bebaute 10,729 Hcetaren und besaß 11,268 Stück Vieh. Stadt und Land zusammengerechnet betrug die Civilbevölkerung Mitte 1832 131,738 Personen, wovon ans die Provinz Algier 37,081, ans Oran Grenzboten. I. 27

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/217
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/217>, abgerufen am 24.07.2024.