Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.gegeustehcn, dessen militairische Gaben sich in manchem harten Strauße erprobt haben. Die Wichtigkeit des Momentes liegt aber nicht in den bisherigen Ereignissen, son¬ So viel für jetzt. Ich will den Ereignissen nicht vorgreifen, sondern nur einige Indem wir die vorstehende Darstellung des geehrten Herrn Einsenders mittheilen, So viel Interesse im Allgemeinen das kühne Wagniß eines kleinen Stammes gegeustehcn, dessen militairische Gaben sich in manchem harten Strauße erprobt haben. Die Wichtigkeit des Momentes liegt aber nicht in den bisherigen Ereignissen, son¬ So viel für jetzt. Ich will den Ereignissen nicht vorgreifen, sondern nur einige Indem wir die vorstehende Darstellung des geehrten Herrn Einsenders mittheilen, So viel Interesse im Allgemeinen das kühne Wagniß eines kleinen Stammes <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0200" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186076"/> <p xml:id="ID_582" prev="#ID_581"> gegeustehcn, dessen militairische Gaben sich in manchem harten Strauße erprobt haben.<lb/> Wenn auch Omar Pascha's Truppen keinen Vergleich mit den Montenegrinern aushalten<lb/> können, so ist der Vortheil, einen fähigen Feldherrn zu besitzen, um so weniger zu über¬<lb/> sehen, als man von dem Fürsten von Montenegro noch nicht weiß, ob er überhaupt<lb/> militairische Fähigkeiten besitze, da die bisherigen Kämpfe mit den Türken von der her¬<lb/> gebrachten Kampfesweise in sofern abwichen, als sie im offenen Felde stattfanden, aber<lb/> gegen unfähige Führer wie Osman Pascha und undisciplinirte, wenn anch tapfere alba-<lb/> nesische Truppen geführt wurden. Dagegen haben die Montenegriner an dem Ter¬<lb/> rain ihres Landes und des benachbarten Albaniens einen Bundesgenossen, der anch die<lb/> richtigsten strategischen Combinationen zu nichte machen kann. An Waffen und Muni¬<lb/> tion haben sie keinen Mangel, so lange, wie sie zu sagen Pflegen, die Türken deren<lb/> besitzen. Sie fühlen sich, trotz des Glanzes von Omar Pascha's Namen, in ihren Ber¬<lb/> gen sicher und erwarten den Feind mit kanipflnstigcr Ungeduld.</p><lb/> <p xml:id="ID_583"> Die Wichtigkeit des Momentes liegt aber nicht in den bisherigen Ereignissen, son¬<lb/> dern in der allgemeinen Lage der slavischen Provinzen der Türkei. Daran verändert<lb/> sich nichts, wenn auch die Montenegriner in ihren Bergen auf's Haupt geschlagen wür¬<lb/> den; dagegen kann der geringste Vortheil, den vielleicht »ur Zufälligkeiten, das Terrain<lb/> oder das bloße Wetter ihnen gegen einen Feldherrn von Omar Pascha's Uns an die<lb/> Hand geben würde, die ganze Situation verändern. Hinter Montenegro steht die<lb/> gescnnmte serbische Raja von Ober-Albanien, der Herzegowina und<lb/> Bosnien, welche, wie man endlich selbst in Stambul einzusehen gelernt hat, „von dem<lb/> Gifte des Panslavismus inficirt ist" und nur auf den passenden Moment wartet, um<lb/> über die Türken herzufallen und sich aus vicrhundcrtjährigcr Knechtschaft zu befreien.<lb/> In dieser Beziehung ist der Kampf Montenegro's gegen die Türkei ein Ereigniß von<lb/> europäischer Wichtigkeit und der größten Beachtung werth, denn unstreitig hängt von<lb/> seiner Entscheidung der längere oder kürzere Bestand der Türkenhcrrschast in den oben<lb/> genannten Provinzen ab.</p><lb/> <p xml:id="ID_584"> So viel für jetzt. Ich will den Ereignissen nicht vorgreifen, sondern nur einige<lb/> Anhaltspunkte zur Würdigung derselben geben.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_585"> Indem wir die vorstehende Darstellung des geehrten Herrn Einsenders mittheilen,<lb/> welche eine Uebersicht des zwischen den Montenegrinern und Türken ausgebrochenen Kam¬<lb/> pfes giebt, fügen wir Einiges hinzu, theils unsre Ansicht über die dort statthabenden<lb/> oder in Aussicht stehenden Ereignisse, theils die neuesten Nachrichten betreffend, welche<lb/> darüber eingegangen find.</p><lb/> <p xml:id="ID_586" next="#ID_587"> So viel Interesse im Allgemeinen das kühne Wagniß eines kleinen Stammes<lb/> erregen ausi, so sind doch die Sympathien, welche in allen slavischen Bevölkerungen für<lb/> die Schilderhcbung der Montenegriner natürlicher Weise sich regen, nicht ganz maßgebend<lb/> für das Urtheil, das man vom Standpunkte der europäischen Politik darüber fällen<lb/> muß. Es ist unmöglich, nicht unverkennbar die Hand Rußlands in jenen Vorgängen<lb/> zu erblicken; die unausgesetzte Anschürnng der slavischen Völkerschaften des türkischen<lb/> Gebietes, die daraus erwachsende Schwächung und die sich häufenden Verlegenheiten der<lb/> Pforte sind eben so viele Hebel des russischen Einflusses i» Konstantinopel. Sie sind<lb/> zugleich das beste Mittel unter den der Pforte unterworfenen oder ihr tributairen Slaven,<lb/> das Ansehen der russischen Macht und den Nimbus des „weißen Czaren" zu erhöhen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0200]
gegeustehcn, dessen militairische Gaben sich in manchem harten Strauße erprobt haben.
Wenn auch Omar Pascha's Truppen keinen Vergleich mit den Montenegrinern aushalten
können, so ist der Vortheil, einen fähigen Feldherrn zu besitzen, um so weniger zu über¬
sehen, als man von dem Fürsten von Montenegro noch nicht weiß, ob er überhaupt
militairische Fähigkeiten besitze, da die bisherigen Kämpfe mit den Türken von der her¬
gebrachten Kampfesweise in sofern abwichen, als sie im offenen Felde stattfanden, aber
gegen unfähige Führer wie Osman Pascha und undisciplinirte, wenn anch tapfere alba-
nesische Truppen geführt wurden. Dagegen haben die Montenegriner an dem Ter¬
rain ihres Landes und des benachbarten Albaniens einen Bundesgenossen, der anch die
richtigsten strategischen Combinationen zu nichte machen kann. An Waffen und Muni¬
tion haben sie keinen Mangel, so lange, wie sie zu sagen Pflegen, die Türken deren
besitzen. Sie fühlen sich, trotz des Glanzes von Omar Pascha's Namen, in ihren Ber¬
gen sicher und erwarten den Feind mit kanipflnstigcr Ungeduld.
Die Wichtigkeit des Momentes liegt aber nicht in den bisherigen Ereignissen, son¬
dern in der allgemeinen Lage der slavischen Provinzen der Türkei. Daran verändert
sich nichts, wenn auch die Montenegriner in ihren Bergen auf's Haupt geschlagen wür¬
den; dagegen kann der geringste Vortheil, den vielleicht »ur Zufälligkeiten, das Terrain
oder das bloße Wetter ihnen gegen einen Feldherrn von Omar Pascha's Uns an die
Hand geben würde, die ganze Situation verändern. Hinter Montenegro steht die
gescnnmte serbische Raja von Ober-Albanien, der Herzegowina und
Bosnien, welche, wie man endlich selbst in Stambul einzusehen gelernt hat, „von dem
Gifte des Panslavismus inficirt ist" und nur auf den passenden Moment wartet, um
über die Türken herzufallen und sich aus vicrhundcrtjährigcr Knechtschaft zu befreien.
In dieser Beziehung ist der Kampf Montenegro's gegen die Türkei ein Ereigniß von
europäischer Wichtigkeit und der größten Beachtung werth, denn unstreitig hängt von
seiner Entscheidung der längere oder kürzere Bestand der Türkenhcrrschast in den oben
genannten Provinzen ab.
So viel für jetzt. Ich will den Ereignissen nicht vorgreifen, sondern nur einige
Anhaltspunkte zur Würdigung derselben geben.
Indem wir die vorstehende Darstellung des geehrten Herrn Einsenders mittheilen,
welche eine Uebersicht des zwischen den Montenegrinern und Türken ausgebrochenen Kam¬
pfes giebt, fügen wir Einiges hinzu, theils unsre Ansicht über die dort statthabenden
oder in Aussicht stehenden Ereignisse, theils die neuesten Nachrichten betreffend, welche
darüber eingegangen find.
So viel Interesse im Allgemeinen das kühne Wagniß eines kleinen Stammes
erregen ausi, so sind doch die Sympathien, welche in allen slavischen Bevölkerungen für
die Schilderhcbung der Montenegriner natürlicher Weise sich regen, nicht ganz maßgebend
für das Urtheil, das man vom Standpunkte der europäischen Politik darüber fällen
muß. Es ist unmöglich, nicht unverkennbar die Hand Rußlands in jenen Vorgängen
zu erblicken; die unausgesetzte Anschürnng der slavischen Völkerschaften des türkischen
Gebietes, die daraus erwachsende Schwächung und die sich häufenden Verlegenheiten der
Pforte sind eben so viele Hebel des russischen Einflusses i» Konstantinopel. Sie sind
zugleich das beste Mittel unter den der Pforte unterworfenen oder ihr tributairen Slaven,
das Ansehen der russischen Macht und den Nimbus des „weißen Czaren" zu erhöhen.
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