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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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klären: "Sie folgen dem ganzen menschlichen Streben, Die Menschheit wird
immer klüger und aufgeklärter. Große Genies gehen derselben stets voran mit
schönen und nützlichen Erfindungen, diese erzeugen wiederum eine Menge neuer
Beschäftigungen und Erwerbsquellen, die aber stets mehr und mehr geistige und
weniger physische Kräfte erfordern, und uns Allen ist es Pflicht, nach besten Kräften
mitzufolgen."

Als die Stunde beendet war, entfernten sich die Zuhörer in einer Art von
militärischem Marsch; die anderen Mädchen und Knaben zogen unter einem ahn
lieben Marsch in den großen Saal ein, und vermittelst dieser Ordnung war die
ganze Schule in einer auffallend kurzen Zeit in Klassen und Abtheilungen aufge-
löst. Die älteren Mävchcu, welche noch vor einem Angenblick während des Mar¬
sches in ihren Reihen ganz kriegerisch ausgesehen hatten, saßen in ihren Klassen
beim Nähzengc; die anderen Mädchen in der ihrigen zur Schrcibftuude. Die
Knaben waren in der großen Stube in Klassen zu 10 bis -12 eingetheilt, und
hier wurde nach Lancaster s Methode in der Geographie vor den Landkarten, im
Rechnen, Lesen und Bnchstabiren unterrichtet. Kein Wort wurde buchstabirt, ehe
dessen Bedeutung erklärt, oder der dasselbe bezeichnende Gegenstand vorgezeigt
war. In jeder Abtheilung unterrichtete der flinkeste Knabe unter der Aufsicht
des Oberlehrers der Schule Mr. Shields und einem Unterlehrer. Mr. Shields
und ein junges Mädchen bildeten das Lehrerpersonal in den Klassen der Mäd¬
chen. Mr. Ellis hatte schon früher Mr. Shields sehr rühmlich gegen mich er¬
wähnt, und mich aufgefordert, seine Bekanntschaft zu machen, da es bis jetzt der
begabteste Mann sei, den er noch für seine Schule gewonnen und ausgebildet
habe. Ich verblieb daher noch eine Stunde, um dem Vortrage des Mr.
Shields beizuwohnen, und kann nicht behaupten, daß mir die Zeit lang wurde.

Welche Freude gewährt es Einem, wenn man über ein Kornfeld geht
und ans dem sorgsam bestellten Acker die frischen grüne" Keime wuchern sieht,
während die Sonne scheint, und die Jnsecten summen. Aber was ist das im
Vergleich mit einem Felde, wo menschliche Sprossen in gutem Boden wachsen, wo
Liebe die Sonnenwärme spendet und die erwachende Kindcrklngbeit summt,
und wo es keiner besonders scharfen Ohre" bedarf, um das Gras wachsen zu
hören.

Um l ö'/s Uhr wurden die Knaben in einem amphitheatralisch eingerichteten Saal
versammelt, und Mr. Shields hielt hier einen Vortrag über ein Stück weißen
Zucker nud einen Theelöffel voll Puderzucker. Erst mußten die Kinder die
Eigenschaften des Zuckers angeben, z. B. hart, spröde, porös, krhstallisch,
auflösbar, süß. Er fragte sie, aus welcher Pflanze und auf welche Weise
eS erzeugt würde. (Das Zuckerrohr wurde vorgezeigt.) Er zeichnete die
Maschine, die Walze, und erklärte ihnen das ganze Reinigungsverfahren. --
"Saht Ihr dies nicht Alles voriges Jahr ans der Ausstellung?'' --


klären: „Sie folgen dem ganzen menschlichen Streben, Die Menschheit wird
immer klüger und aufgeklärter. Große Genies gehen derselben stets voran mit
schönen und nützlichen Erfindungen, diese erzeugen wiederum eine Menge neuer
Beschäftigungen und Erwerbsquellen, die aber stets mehr und mehr geistige und
weniger physische Kräfte erfordern, und uns Allen ist es Pflicht, nach besten Kräften
mitzufolgen."

Als die Stunde beendet war, entfernten sich die Zuhörer in einer Art von
militärischem Marsch; die anderen Mädchen und Knaben zogen unter einem ahn
lieben Marsch in den großen Saal ein, und vermittelst dieser Ordnung war die
ganze Schule in einer auffallend kurzen Zeit in Klassen und Abtheilungen aufge-
löst. Die älteren Mävchcu, welche noch vor einem Angenblick während des Mar¬
sches in ihren Reihen ganz kriegerisch ausgesehen hatten, saßen in ihren Klassen
beim Nähzengc; die anderen Mädchen in der ihrigen zur Schrcibftuude. Die
Knaben waren in der großen Stube in Klassen zu 10 bis -12 eingetheilt, und
hier wurde nach Lancaster s Methode in der Geographie vor den Landkarten, im
Rechnen, Lesen und Bnchstabiren unterrichtet. Kein Wort wurde buchstabirt, ehe
dessen Bedeutung erklärt, oder der dasselbe bezeichnende Gegenstand vorgezeigt
war. In jeder Abtheilung unterrichtete der flinkeste Knabe unter der Aufsicht
des Oberlehrers der Schule Mr. Shields und einem Unterlehrer. Mr. Shields
und ein junges Mädchen bildeten das Lehrerpersonal in den Klassen der Mäd¬
chen. Mr. Ellis hatte schon früher Mr. Shields sehr rühmlich gegen mich er¬
wähnt, und mich aufgefordert, seine Bekanntschaft zu machen, da es bis jetzt der
begabteste Mann sei, den er noch für seine Schule gewonnen und ausgebildet
habe. Ich verblieb daher noch eine Stunde, um dem Vortrage des Mr.
Shields beizuwohnen, und kann nicht behaupten, daß mir die Zeit lang wurde.

Welche Freude gewährt es Einem, wenn man über ein Kornfeld geht
und ans dem sorgsam bestellten Acker die frischen grüne» Keime wuchern sieht,
während die Sonne scheint, und die Jnsecten summen. Aber was ist das im
Vergleich mit einem Felde, wo menschliche Sprossen in gutem Boden wachsen, wo
Liebe die Sonnenwärme spendet und die erwachende Kindcrklngbeit summt,
und wo es keiner besonders scharfen Ohre» bedarf, um das Gras wachsen zu
hören.

Um l ö'/s Uhr wurden die Knaben in einem amphitheatralisch eingerichteten Saal
versammelt, und Mr. Shields hielt hier einen Vortrag über ein Stück weißen
Zucker nud einen Theelöffel voll Puderzucker. Erst mußten die Kinder die
Eigenschaften des Zuckers angeben, z. B. hart, spröde, porös, krhstallisch,
auflösbar, süß. Er fragte sie, aus welcher Pflanze und auf welche Weise
eS erzeugt würde. (Das Zuckerrohr wurde vorgezeigt.) Er zeichnete die
Maschine, die Walze, und erklärte ihnen das ganze Reinigungsverfahren. —
„Saht Ihr dies nicht Alles voriges Jahr ans der Ausstellung?'' —


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[0114] klären: „Sie folgen dem ganzen menschlichen Streben, Die Menschheit wird immer klüger und aufgeklärter. Große Genies gehen derselben stets voran mit schönen und nützlichen Erfindungen, diese erzeugen wiederum eine Menge neuer Beschäftigungen und Erwerbsquellen, die aber stets mehr und mehr geistige und weniger physische Kräfte erfordern, und uns Allen ist es Pflicht, nach besten Kräften mitzufolgen." Als die Stunde beendet war, entfernten sich die Zuhörer in einer Art von militärischem Marsch; die anderen Mädchen und Knaben zogen unter einem ahn lieben Marsch in den großen Saal ein, und vermittelst dieser Ordnung war die ganze Schule in einer auffallend kurzen Zeit in Klassen und Abtheilungen aufge- löst. Die älteren Mävchcu, welche noch vor einem Angenblick während des Mar¬ sches in ihren Reihen ganz kriegerisch ausgesehen hatten, saßen in ihren Klassen beim Nähzengc; die anderen Mädchen in der ihrigen zur Schrcibftuude. Die Knaben waren in der großen Stube in Klassen zu 10 bis -12 eingetheilt, und hier wurde nach Lancaster s Methode in der Geographie vor den Landkarten, im Rechnen, Lesen und Bnchstabiren unterrichtet. Kein Wort wurde buchstabirt, ehe dessen Bedeutung erklärt, oder der dasselbe bezeichnende Gegenstand vorgezeigt war. In jeder Abtheilung unterrichtete der flinkeste Knabe unter der Aufsicht des Oberlehrers der Schule Mr. Shields und einem Unterlehrer. Mr. Shields und ein junges Mädchen bildeten das Lehrerpersonal in den Klassen der Mäd¬ chen. Mr. Ellis hatte schon früher Mr. Shields sehr rühmlich gegen mich er¬ wähnt, und mich aufgefordert, seine Bekanntschaft zu machen, da es bis jetzt der begabteste Mann sei, den er noch für seine Schule gewonnen und ausgebildet habe. Ich verblieb daher noch eine Stunde, um dem Vortrage des Mr. Shields beizuwohnen, und kann nicht behaupten, daß mir die Zeit lang wurde. Welche Freude gewährt es Einem, wenn man über ein Kornfeld geht und ans dem sorgsam bestellten Acker die frischen grüne» Keime wuchern sieht, während die Sonne scheint, und die Jnsecten summen. Aber was ist das im Vergleich mit einem Felde, wo menschliche Sprossen in gutem Boden wachsen, wo Liebe die Sonnenwärme spendet und die erwachende Kindcrklngbeit summt, und wo es keiner besonders scharfen Ohre» bedarf, um das Gras wachsen zu hören. Um l ö'/s Uhr wurden die Knaben in einem amphitheatralisch eingerichteten Saal versammelt, und Mr. Shields hielt hier einen Vortrag über ein Stück weißen Zucker nud einen Theelöffel voll Puderzucker. Erst mußten die Kinder die Eigenschaften des Zuckers angeben, z. B. hart, spröde, porös, krhstallisch, auflösbar, süß. Er fragte sie, aus welcher Pflanze und auf welche Weise eS erzeugt würde. (Das Zuckerrohr wurde vorgezeigt.) Er zeichnete die Maschine, die Walze, und erklärte ihnen das ganze Reinigungsverfahren. — „Saht Ihr dies nicht Alles voriges Jahr ans der Ausstellung?'' —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/114>, abgerufen am 24.06.2024.