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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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Hieher gehört auch:

Hildebrandt, der uns mit bewundernswürdiger Virtuosität frappante
Licht- und Farbeneindrücke anderer Himmelsstriche zur Anschauung bringt. Wir
können nicht genug staunen über die Gewandtheit, mit der Hildebrandt über die
ihm zu Gebote stehenden Farbenmittcl verfügt; sein Nilufer ist von einer durch¬
sichtigen Farbengluth, die mau bis dahin nicht gesehen; aber nach diesem ersten
imposanten Eindruck folgt ein schwächerer und immer schwächerer; es ist Nichts
von schönen Linien, von wohlgeordneten Gruppen da, auf denen nun weiter das
Auge mit Vergnügen ruhen möchte. Mit dem Farbeneindruck ist's zu Ende.

Max Schmidt. Abend (Erinnerung von den Küsten des mittelländischen
Meeres). Wir geben zu, es möchte ein Anderer vielleicht das Wasser noch täu¬
schender, ein Anderer ti.e letzte Gluth der Sonne noch frappanter malen; doch was
thut das gegen die wohlthuende Harmonie dieser Farben, gegen die classische
Grazie in den Linien dieser Gebirge, gegen die anmuthigen, weichgeformten
Gruppen dieser Bäume; es braucht nicht mehr der antiken Staffage, um uns in
eine schönere Welt zu versetzen. Uns wird wohl in dieser Natur; denn es ist
die Natur, die vou deu allerlei Zufälligkeiten des Gemeinen befreit ist. Solche
Natur darzustellen, das ist die Aufgabe der schönen Kunsti

Dieses Streben, das sich in Max Schmidt's Bildern überall documentirt, ist's,
was wir an ihm verehren, wenn es auch nicht überall gleich vollkommen zur
Erscheinung kommt.

Pape. Am Vierwaldstättersee reiht sich dem vorigen als eine der besten
Landschaften an. Wenn auch der Gegenstand die reinste Harmonie und Grazie
aller Linien ausschließt, die hier in Bergen und Bäumen einen markirtern Cha¬
rakter annehmen, so finden wir sie in Colorit nud Stimmung in höchster Voll¬
kommenheit vou dem duftigen Blau über dem See bis zur warmen Gluth in
den Gipfeln der Kiefern.

Eine Anzahl vortrefflicher Landschaften hat Düsseldorf zur Ausstellung gesandt.

Gabe: ein Morgen im norweg'schen Gebirge, zählen wir zu den
ersten; bei einer sehr reichen Komposition herrscht die vollkommenste Einheit in
Massen und Farben. Das durch leichtes Gewölk verschleierte Sonnenlicht, das nur
matte Strahlen über die ganze Landschaft gießt, und selbst da, wo das Gewölk
sast zurückgewichen, nicht in alltäglicher Wärme strahlt, verleiht dem Bilde einen
eigenthümlichen Neiz.

Lau hat ebenfalls eine vortreffliche, höchst fein gestimmte norwegische Landschaft
gebracht, Eine andere von ihm "Norwegische Gletscher" scheint mehr wahr, als
anziehend. Es würde uus zu weit führen, wollten wir alle diese Landschaften
einzeln besprechen. Als vortrefflich führen wir noch an: Portmanu, neblicher
Morgen. Von Waldlaudschaften: Jansen, aufsteigendes Gewitter; Michely,
Westfälisches Dorf. Vor allen aber Kessler, Gewitterstimmung, ein außer-


- 30*

Hieher gehört auch:

Hildebrandt, der uns mit bewundernswürdiger Virtuosität frappante
Licht- und Farbeneindrücke anderer Himmelsstriche zur Anschauung bringt. Wir
können nicht genug staunen über die Gewandtheit, mit der Hildebrandt über die
ihm zu Gebote stehenden Farbenmittcl verfügt; sein Nilufer ist von einer durch¬
sichtigen Farbengluth, die mau bis dahin nicht gesehen; aber nach diesem ersten
imposanten Eindruck folgt ein schwächerer und immer schwächerer; es ist Nichts
von schönen Linien, von wohlgeordneten Gruppen da, auf denen nun weiter das
Auge mit Vergnügen ruhen möchte. Mit dem Farbeneindruck ist's zu Ende.

Max Schmidt. Abend (Erinnerung von den Küsten des mittelländischen
Meeres). Wir geben zu, es möchte ein Anderer vielleicht das Wasser noch täu¬
schender, ein Anderer ti.e letzte Gluth der Sonne noch frappanter malen; doch was
thut das gegen die wohlthuende Harmonie dieser Farben, gegen die classische
Grazie in den Linien dieser Gebirge, gegen die anmuthigen, weichgeformten
Gruppen dieser Bäume; es braucht nicht mehr der antiken Staffage, um uns in
eine schönere Welt zu versetzen. Uns wird wohl in dieser Natur; denn es ist
die Natur, die vou deu allerlei Zufälligkeiten des Gemeinen befreit ist. Solche
Natur darzustellen, das ist die Aufgabe der schönen Kunsti

Dieses Streben, das sich in Max Schmidt's Bildern überall documentirt, ist's,
was wir an ihm verehren, wenn es auch nicht überall gleich vollkommen zur
Erscheinung kommt.

Pape. Am Vierwaldstättersee reiht sich dem vorigen als eine der besten
Landschaften an. Wenn auch der Gegenstand die reinste Harmonie und Grazie
aller Linien ausschließt, die hier in Bergen und Bäumen einen markirtern Cha¬
rakter annehmen, so finden wir sie in Colorit nud Stimmung in höchster Voll¬
kommenheit vou dem duftigen Blau über dem See bis zur warmen Gluth in
den Gipfeln der Kiefern.

Eine Anzahl vortrefflicher Landschaften hat Düsseldorf zur Ausstellung gesandt.

Gabe: ein Morgen im norweg'schen Gebirge, zählen wir zu den
ersten; bei einer sehr reichen Komposition herrscht die vollkommenste Einheit in
Massen und Farben. Das durch leichtes Gewölk verschleierte Sonnenlicht, das nur
matte Strahlen über die ganze Landschaft gießt, und selbst da, wo das Gewölk
sast zurückgewichen, nicht in alltäglicher Wärme strahlt, verleiht dem Bilde einen
eigenthümlichen Neiz.

Lau hat ebenfalls eine vortreffliche, höchst fein gestimmte norwegische Landschaft
gebracht, Eine andere von ihm „Norwegische Gletscher" scheint mehr wahr, als
anziehend. Es würde uus zu weit führen, wollten wir alle diese Landschaften
einzeln besprechen. Als vortrefflich führen wir noch an: Portmanu, neblicher
Morgen. Von Waldlaudschaften: Jansen, aufsteigendes Gewitter; Michely,
Westfälisches Dorf. Vor allen aber Kessler, Gewitterstimmung, ein außer-


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[0245] Hieher gehört auch: Hildebrandt, der uns mit bewundernswürdiger Virtuosität frappante Licht- und Farbeneindrücke anderer Himmelsstriche zur Anschauung bringt. Wir können nicht genug staunen über die Gewandtheit, mit der Hildebrandt über die ihm zu Gebote stehenden Farbenmittcl verfügt; sein Nilufer ist von einer durch¬ sichtigen Farbengluth, die mau bis dahin nicht gesehen; aber nach diesem ersten imposanten Eindruck folgt ein schwächerer und immer schwächerer; es ist Nichts von schönen Linien, von wohlgeordneten Gruppen da, auf denen nun weiter das Auge mit Vergnügen ruhen möchte. Mit dem Farbeneindruck ist's zu Ende. Max Schmidt. Abend (Erinnerung von den Küsten des mittelländischen Meeres). Wir geben zu, es möchte ein Anderer vielleicht das Wasser noch täu¬ schender, ein Anderer ti.e letzte Gluth der Sonne noch frappanter malen; doch was thut das gegen die wohlthuende Harmonie dieser Farben, gegen die classische Grazie in den Linien dieser Gebirge, gegen die anmuthigen, weichgeformten Gruppen dieser Bäume; es braucht nicht mehr der antiken Staffage, um uns in eine schönere Welt zu versetzen. Uns wird wohl in dieser Natur; denn es ist die Natur, die vou deu allerlei Zufälligkeiten des Gemeinen befreit ist. Solche Natur darzustellen, das ist die Aufgabe der schönen Kunsti Dieses Streben, das sich in Max Schmidt's Bildern überall documentirt, ist's, was wir an ihm verehren, wenn es auch nicht überall gleich vollkommen zur Erscheinung kommt. Pape. Am Vierwaldstättersee reiht sich dem vorigen als eine der besten Landschaften an. Wenn auch der Gegenstand die reinste Harmonie und Grazie aller Linien ausschließt, die hier in Bergen und Bäumen einen markirtern Cha¬ rakter annehmen, so finden wir sie in Colorit nud Stimmung in höchster Voll¬ kommenheit vou dem duftigen Blau über dem See bis zur warmen Gluth in den Gipfeln der Kiefern. Eine Anzahl vortrefflicher Landschaften hat Düsseldorf zur Ausstellung gesandt. Gabe: ein Morgen im norweg'schen Gebirge, zählen wir zu den ersten; bei einer sehr reichen Komposition herrscht die vollkommenste Einheit in Massen und Farben. Das durch leichtes Gewölk verschleierte Sonnenlicht, das nur matte Strahlen über die ganze Landschaft gießt, und selbst da, wo das Gewölk sast zurückgewichen, nicht in alltäglicher Wärme strahlt, verleiht dem Bilde einen eigenthümlichen Neiz. Lau hat ebenfalls eine vortreffliche, höchst fein gestimmte norwegische Landschaft gebracht, Eine andere von ihm „Norwegische Gletscher" scheint mehr wahr, als anziehend. Es würde uus zu weit führen, wollten wir alle diese Landschaften einzeln besprechen. Als vortrefflich führen wir noch an: Portmanu, neblicher Morgen. Von Waldlaudschaften: Jansen, aufsteigendes Gewitter; Michely, Westfälisches Dorf. Vor allen aber Kessler, Gewitterstimmung, ein außer- - 30*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/245>, abgerufen am 19.10.2024.