Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.poetischen Stellen wählen, sondern aus der einfachen, schlicht gehaltenen
poetischen Stellen wählen, sondern aus der einfachen, schlicht gehaltenen
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0190" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/95171"/> <p xml:id="ID_499" prev="#ID_498"> poetischen Stellen wählen, sondern aus der einfachen, schlicht gehaltenen<lb/> Vorrede:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_13" type="poem"> <l> In jenem Zuge bin ich mit gegangen,<lb/> Der aus dem Römer nach Sanct-Pauli zog.<lb/> O, welche Zeiten schienen anzufangen<lb/> Und welches Ziel des Ruhmes schien zu hoch,<lb/> Als laut vom Dom dieselben Glocken klangen,<lb/> Aus deren Ton vordem die Kunde flog<lb/> In alle Welt: Das Reich ist neu geboren,<lb/> Der Christen Herr, der Kaiser ist erkoren!</l> <l> Wir sahn uns schon zur alt-ureigner Sitte,<lb/> Zur alten Form, vom neuen Geist verklärt,<lb/> Zum alten Ruhm als Herrschcrvolk der Mitte<lb/> Nach langem Zwischenreich zurückgekehrt,<lb/> Der halben Welt zum Trotz mit co'gen Kiele<lb/> Geeinigt durch ein mächtig Kaiscrschwert<lb/> Und mcergcmaltig wie die edeln Ahnen<lb/> Im Hansabund auf allen Oceanen.</l> <l> Durch Bomben, die in unsre Städte krachten,<lb/> Sind aus dem Traum wir jcich emporgeschreckt.<lb/> Der Meuchelmord, das Standrecht und die Schlachten,<lb/> Die deutschen Grund mit deutschem Blut befleckt,<lb/> Entsprangen unserm brunst'gen Einheitstrachten<lb/> Und haben ihm ein schnelles Ziel gesteckt.<lb/> Wir zogen ein, umjauchzt und hoch ergriffen —<lb/> Wir zogen aus — verfolgt und ansgepfiffen.</l> <l> In schnellem Rückschlag ^'-ug seitdem in Scherben<lb/> Der stolze Traum bis auf den letzten Nest.<lb/> Der Holste läßt sich gegen Rosas werben, '<lb/> Denn Deutschland selbst band ihm die Hände fest.<lb/> So kann der Däne schalten und vererben '<lb/> Wie's ihm gefällt und sein Erlösungssest<lb/> Begehr in zuversichtlich heiterm Spotte<lb/> Beim Ausverkauf der jungen deutschen Flotte.</l> <l> Und was geschieht? Man spricht von blut'gar Thränen,<lb/> Geweint um Deutschlands traucrvollcs Loos;<lb/> Im Stillen knirrscht wol Mancher mit den Zähnen,<lb/> Die Hände legt er feiernd in den Schoos;<lb/> Die Meisten aber, ach, die Meisten — gähnen,<lb/> Denn müde sind sie und gedankenlos.<lb/> Die Losung heißt nun wieder: Still gesessen<lb/> Und stumm gehorcht, so habt ihr was zu essen!</l> </lg> </quote><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0190]
poetischen Stellen wählen, sondern aus der einfachen, schlicht gehaltenen
Vorrede:
In jenem Zuge bin ich mit gegangen,
Der aus dem Römer nach Sanct-Pauli zog.
O, welche Zeiten schienen anzufangen
Und welches Ziel des Ruhmes schien zu hoch,
Als laut vom Dom dieselben Glocken klangen,
Aus deren Ton vordem die Kunde flog
In alle Welt: Das Reich ist neu geboren,
Der Christen Herr, der Kaiser ist erkoren! Wir sahn uns schon zur alt-ureigner Sitte,
Zur alten Form, vom neuen Geist verklärt,
Zum alten Ruhm als Herrschcrvolk der Mitte
Nach langem Zwischenreich zurückgekehrt,
Der halben Welt zum Trotz mit co'gen Kiele
Geeinigt durch ein mächtig Kaiscrschwert
Und mcergcmaltig wie die edeln Ahnen
Im Hansabund auf allen Oceanen. Durch Bomben, die in unsre Städte krachten,
Sind aus dem Traum wir jcich emporgeschreckt.
Der Meuchelmord, das Standrecht und die Schlachten,
Die deutschen Grund mit deutschem Blut befleckt,
Entsprangen unserm brunst'gen Einheitstrachten
Und haben ihm ein schnelles Ziel gesteckt.
Wir zogen ein, umjauchzt und hoch ergriffen —
Wir zogen aus — verfolgt und ansgepfiffen. In schnellem Rückschlag ^'-ug seitdem in Scherben
Der stolze Traum bis auf den letzten Nest.
Der Holste läßt sich gegen Rosas werben, '
Denn Deutschland selbst band ihm die Hände fest.
So kann der Däne schalten und vererben '
Wie's ihm gefällt und sein Erlösungssest
Begehr in zuversichtlich heiterm Spotte
Beim Ausverkauf der jungen deutschen Flotte. Und was geschieht? Man spricht von blut'gar Thränen,
Geweint um Deutschlands traucrvollcs Loos;
Im Stillen knirrscht wol Mancher mit den Zähnen,
Die Hände legt er feiernd in den Schoos;
Die Meisten aber, ach, die Meisten — gähnen,
Denn müde sind sie und gedankenlos.
Die Losung heißt nun wieder: Still gesessen
Und stumm gehorcht, so habt ihr was zu essen!
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