Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Seite des Volks, dessen Land er von der Fremdherrschaft befreien wollte. Von
vorn herein hatte er die innere Urgesundheit von Napoleon's Macht erkannt, und
ging.unbeirrt, bis er das Ziel erreicht hatte, vorwärts.

England und ganz Europa wetteiferten mit einander, die Verdienste des
großen Feldherrn zu belohnen. Talavera hatte ihn zum Baron und Viscount
gemacht; Ciudad Rodrigo zum Carl, Salamanca zum Marquis, Vittoria zum
Herzog; und da er alle diese Würde" während seiner Abwesenheit von England
erhalten hatte, wurden jetzt, als er zum ersten Mal im Oberhause erschien und
mit dem höchsten Rang unter deu Pairs Englands Platz nahm, alle seine Patente
nach der Reihe an einem Tage verlesen. Die Ehren, die ihm vom übrigen
Europa wurden, aufzuzählen, fehlt es uns an Platz. Noch deutlicher bezeichnet
die Höhe,, die sein Ruhm erreicht hatte, die einflußreiche Stellung, die er als
Gesandter Englands auf dem Kongreß zu Wien einnahm.

Noch sollte sein Schwert nicht ruhen. Den Streit der Diplomaten brachte
die abermalige Erscheinung Napoleon'S in Frankreich zum unerwarteten Ende.
Noch einmal rüstete sich Europa gegen den gemeinsamen Feind, aber um den
ersten Sturm auszuhalten, waren um Wellington und Blücher bei der Hand.
Wie sie bei Quatrebras und Ligny zurückgedrängt, vereint bei Waterloo dem
Gegner die letzte vernichtende Niederlage beibrachten, ist noch nicht vergessen, wol
aber hat man gestritten, wem eigentlich der Lorbeer für diesen Sieg gebühre.
Englische Stimmen haben Blücher einen "beiläufigen Ruhm" als zufälligen Ka¬
meraden ihres großen Feldherrn erwerben lassen; aber Blücher's Ruhm datirt
nicht erst von Waterloo, und Wellington hat nie so geringschätzig über die großen
Verdienste seines Kampfgenossen geurtheilt. Nicht Engländer allein und nicht Preu¬
ßen allein haben die große Schlacht gewonnen, eben so wenig Zufall oder Verrath,
wie französische Eitelkeit der Welt vorpredigt, sondern die eiserne Festigkeit des
Entschlusses Wellington's, von dem Schlachtfelds nicht zu weichen, es koste, was
es wolle, die zähe Tapferkeit seiner Truppen, der geschickt geleitete Rückzug der
Preußen von Ligny, der durch keine Niederlage und Hindernisse zu dampfende
Schlachteneiser Blücher's, der ihn schon am Tage nach einer verlorenen Schlacht
zum Siege eilen hieß, und der letzte, ungestüme Stoß der Preußen ans Flanke
und Rücken des schon zerbröckelnder französischen Heeres. So haben Beide
gleichen Theil am Siege, der Eine an seiner Vorbereitung, der Andere an seiner
Vollendung. Mit Waterloo schließt die militairische Thätigkeit Wellington's, und
seine politische, kaum minder bedeutende, beginnt, der wir noch einen letzten Ar¬
tikel widmen werden.




Grenzboten. IV. I8ö2.22

Seite des Volks, dessen Land er von der Fremdherrschaft befreien wollte. Von
vorn herein hatte er die innere Urgesundheit von Napoleon's Macht erkannt, und
ging.unbeirrt, bis er das Ziel erreicht hatte, vorwärts.

England und ganz Europa wetteiferten mit einander, die Verdienste des
großen Feldherrn zu belohnen. Talavera hatte ihn zum Baron und Viscount
gemacht; Ciudad Rodrigo zum Carl, Salamanca zum Marquis, Vittoria zum
Herzog; und da er alle diese Würde» während seiner Abwesenheit von England
erhalten hatte, wurden jetzt, als er zum ersten Mal im Oberhause erschien und
mit dem höchsten Rang unter deu Pairs Englands Platz nahm, alle seine Patente
nach der Reihe an einem Tage verlesen. Die Ehren, die ihm vom übrigen
Europa wurden, aufzuzählen, fehlt es uns an Platz. Noch deutlicher bezeichnet
die Höhe,, die sein Ruhm erreicht hatte, die einflußreiche Stellung, die er als
Gesandter Englands auf dem Kongreß zu Wien einnahm.

Noch sollte sein Schwert nicht ruhen. Den Streit der Diplomaten brachte
die abermalige Erscheinung Napoleon'S in Frankreich zum unerwarteten Ende.
Noch einmal rüstete sich Europa gegen den gemeinsamen Feind, aber um den
ersten Sturm auszuhalten, waren um Wellington und Blücher bei der Hand.
Wie sie bei Quatrebras und Ligny zurückgedrängt, vereint bei Waterloo dem
Gegner die letzte vernichtende Niederlage beibrachten, ist noch nicht vergessen, wol
aber hat man gestritten, wem eigentlich der Lorbeer für diesen Sieg gebühre.
Englische Stimmen haben Blücher einen „beiläufigen Ruhm" als zufälligen Ka¬
meraden ihres großen Feldherrn erwerben lassen; aber Blücher's Ruhm datirt
nicht erst von Waterloo, und Wellington hat nie so geringschätzig über die großen
Verdienste seines Kampfgenossen geurtheilt. Nicht Engländer allein und nicht Preu¬
ßen allein haben die große Schlacht gewonnen, eben so wenig Zufall oder Verrath,
wie französische Eitelkeit der Welt vorpredigt, sondern die eiserne Festigkeit des
Entschlusses Wellington's, von dem Schlachtfelds nicht zu weichen, es koste, was
es wolle, die zähe Tapferkeit seiner Truppen, der geschickt geleitete Rückzug der
Preußen von Ligny, der durch keine Niederlage und Hindernisse zu dampfende
Schlachteneiser Blücher's, der ihn schon am Tage nach einer verlorenen Schlacht
zum Siege eilen hieß, und der letzte, ungestüme Stoß der Preußen ans Flanke
und Rücken des schon zerbröckelnder französischen Heeres. So haben Beide
gleichen Theil am Siege, der Eine an seiner Vorbereitung, der Andere an seiner
Vollendung. Mit Waterloo schließt die militairische Thätigkeit Wellington's, und
seine politische, kaum minder bedeutende, beginnt, der wir noch einen letzten Ar¬
tikel widmen werden.




Grenzboten. IV. I8ö2.22
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0179" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/95160"/>
            <p xml:id="ID_458" prev="#ID_457"> Seite des Volks, dessen Land er von der Fremdherrschaft befreien wollte. Von<lb/>
vorn herein hatte er die innere Urgesundheit von Napoleon's Macht erkannt, und<lb/>
ging.unbeirrt, bis er das Ziel erreicht hatte, vorwärts.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_459"> England und ganz Europa wetteiferten mit einander, die Verdienste des<lb/>
großen Feldherrn zu belohnen. Talavera hatte ihn zum Baron und Viscount<lb/>
gemacht; Ciudad Rodrigo zum Carl, Salamanca zum Marquis, Vittoria zum<lb/>
Herzog; und da er alle diese Würde» während seiner Abwesenheit von England<lb/>
erhalten hatte, wurden jetzt, als er zum ersten Mal im Oberhause erschien und<lb/>
mit dem höchsten Rang unter deu Pairs Englands Platz nahm, alle seine Patente<lb/>
nach der Reihe an einem Tage verlesen. Die Ehren, die ihm vom übrigen<lb/>
Europa wurden, aufzuzählen, fehlt es uns an Platz. Noch deutlicher bezeichnet<lb/>
die Höhe,, die sein Ruhm erreicht hatte, die einflußreiche Stellung, die er als<lb/>
Gesandter Englands auf dem Kongreß zu Wien einnahm.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_460"> Noch sollte sein Schwert nicht ruhen. Den Streit der Diplomaten brachte<lb/>
die abermalige Erscheinung Napoleon'S in Frankreich zum unerwarteten Ende.<lb/>
Noch einmal rüstete sich Europa gegen den gemeinsamen Feind, aber um den<lb/>
ersten Sturm auszuhalten, waren um Wellington und Blücher bei der Hand.<lb/>
Wie sie bei Quatrebras und Ligny zurückgedrängt, vereint bei Waterloo dem<lb/>
Gegner die letzte vernichtende Niederlage beibrachten, ist noch nicht vergessen, wol<lb/>
aber hat man gestritten, wem eigentlich der Lorbeer für diesen Sieg gebühre.<lb/>
Englische Stimmen haben Blücher einen &#x201E;beiläufigen Ruhm" als zufälligen Ka¬<lb/>
meraden ihres großen Feldherrn erwerben lassen; aber Blücher's Ruhm datirt<lb/>
nicht erst von Waterloo, und Wellington hat nie so geringschätzig über die großen<lb/>
Verdienste seines Kampfgenossen geurtheilt. Nicht Engländer allein und nicht Preu¬<lb/>
ßen allein haben die große Schlacht gewonnen, eben so wenig Zufall oder Verrath,<lb/>
wie französische Eitelkeit der Welt vorpredigt, sondern die eiserne Festigkeit des<lb/>
Entschlusses Wellington's, von dem Schlachtfelds nicht zu weichen, es koste, was<lb/>
es wolle, die zähe Tapferkeit seiner Truppen, der geschickt geleitete Rückzug der<lb/>
Preußen von Ligny, der durch keine Niederlage und Hindernisse zu dampfende<lb/>
Schlachteneiser Blücher's, der ihn schon am Tage nach einer verlorenen Schlacht<lb/>
zum Siege eilen hieß, und der letzte, ungestüme Stoß der Preußen ans Flanke<lb/>
und Rücken des schon zerbröckelnder französischen Heeres. So haben Beide<lb/>
gleichen Theil am Siege, der Eine an seiner Vorbereitung, der Andere an seiner<lb/>
Vollendung. Mit Waterloo schließt die militairische Thätigkeit Wellington's, und<lb/>
seine politische, kaum minder bedeutende, beginnt, der wir noch einen letzten Ar¬<lb/>
tikel widmen werden.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. IV. I8ö2.22</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0179] Seite des Volks, dessen Land er von der Fremdherrschaft befreien wollte. Von vorn herein hatte er die innere Urgesundheit von Napoleon's Macht erkannt, und ging.unbeirrt, bis er das Ziel erreicht hatte, vorwärts. England und ganz Europa wetteiferten mit einander, die Verdienste des großen Feldherrn zu belohnen. Talavera hatte ihn zum Baron und Viscount gemacht; Ciudad Rodrigo zum Carl, Salamanca zum Marquis, Vittoria zum Herzog; und da er alle diese Würde» während seiner Abwesenheit von England erhalten hatte, wurden jetzt, als er zum ersten Mal im Oberhause erschien und mit dem höchsten Rang unter deu Pairs Englands Platz nahm, alle seine Patente nach der Reihe an einem Tage verlesen. Die Ehren, die ihm vom übrigen Europa wurden, aufzuzählen, fehlt es uns an Platz. Noch deutlicher bezeichnet die Höhe,, die sein Ruhm erreicht hatte, die einflußreiche Stellung, die er als Gesandter Englands auf dem Kongreß zu Wien einnahm. Noch sollte sein Schwert nicht ruhen. Den Streit der Diplomaten brachte die abermalige Erscheinung Napoleon'S in Frankreich zum unerwarteten Ende. Noch einmal rüstete sich Europa gegen den gemeinsamen Feind, aber um den ersten Sturm auszuhalten, waren um Wellington und Blücher bei der Hand. Wie sie bei Quatrebras und Ligny zurückgedrängt, vereint bei Waterloo dem Gegner die letzte vernichtende Niederlage beibrachten, ist noch nicht vergessen, wol aber hat man gestritten, wem eigentlich der Lorbeer für diesen Sieg gebühre. Englische Stimmen haben Blücher einen „beiläufigen Ruhm" als zufälligen Ka¬ meraden ihres großen Feldherrn erwerben lassen; aber Blücher's Ruhm datirt nicht erst von Waterloo, und Wellington hat nie so geringschätzig über die großen Verdienste seines Kampfgenossen geurtheilt. Nicht Engländer allein und nicht Preu¬ ßen allein haben die große Schlacht gewonnen, eben so wenig Zufall oder Verrath, wie französische Eitelkeit der Welt vorpredigt, sondern die eiserne Festigkeit des Entschlusses Wellington's, von dem Schlachtfelds nicht zu weichen, es koste, was es wolle, die zähe Tapferkeit seiner Truppen, der geschickt geleitete Rückzug der Preußen von Ligny, der durch keine Niederlage und Hindernisse zu dampfende Schlachteneiser Blücher's, der ihn schon am Tage nach einer verlorenen Schlacht zum Siege eilen hieß, und der letzte, ungestüme Stoß der Preußen ans Flanke und Rücken des schon zerbröckelnder französischen Heeres. So haben Beide gleichen Theil am Siege, der Eine an seiner Vorbereitung, der Andere an seiner Vollendung. Mit Waterloo schließt die militairische Thätigkeit Wellington's, und seine politische, kaum minder bedeutende, beginnt, der wir noch einen letzten Ar¬ tikel widmen werden. Grenzboten. IV. I8ö2.22

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/179
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/179>, abgerufen am 21.06.2024.