Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.Palmerston bediente sich in diesem Actenstücke gegen die Herrscherin eines stolzen, Bulwer überreichte die ihm übernachte Note im Anfang des April dem Palmerston bediente sich in diesem Actenstücke gegen die Herrscherin eines stolzen, Bulwer überreichte die ihm übernachte Note im Anfang des April dem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0227" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94668"/> <p xml:id="ID_732" prev="#ID_731"> Palmerston bediente sich in diesem Actenstücke gegen die Herrscherin eines stolzen,<lb/> ehrliebenden Volkes fast einer Sprache, wie die Agenten der ostindischen Compag¬<lb/> nie sie gegen die derselben tributairen Nabob's zu führen gewohnt sind. Diese<lb/> auffallende Politik kann nur zwei Auslegungen unterliegen. Entweder ließ sich<lb/> Palmerston wider alle Pflicht und staatsmännische Einsicht durch seinen Groll<lb/> gegen den spanischen Hos, namentlich die Königin-Mutter, und die Moderados<lb/> fortreißen, ein Verfahren, dessen seine neuerliche Mitwirkung zum Sturz der<lb/> Whigverwaltuug ihn wol sähig halten läßt, oder er gewann nach dem Februar<lb/> eine besonders pessimistische Auffassung der spanischen Zustände, die ihm allerdings<lb/> sein Haß gegen die dort herrschende Partei mit eingegeben haben kann. Nehmen<lb/> wir an, daß er es für unmöglich hielt, die Moderadoregierung könne sich neben<lb/> der französischen Republik behaupten. Die Progressisten waren bis jetzt die zu<lb/> England stehende Partei gewesen, kamen sie jedoch durch einen von Frankreich<lb/> ans gegebenen Anstoß zur Macht, so war zu besorgen, daß sie der französischen<lb/> Einwirkung anheim fielen. Noch zauderte die provisorische Regierung in ihrem<lb/> Verfahren gegen Spanien. Es galt für die englische Politik, den ersten Angriff<lb/> gegen das tief erschütterte Moderadoregime zu thun, den Progressisten die<lb/> Bresche zu öffnen, zur Besitzergreifung der Gewalt/ sie aufs Neue dem Einfluß<lb/> Englands zu verpflichten und an ihn zu fesseln. Ob diese Berechnung ver¬<lb/> träglich war selbst mit einer elastischen, politischen Moral, lassen wir dahin gestellt.<lb/> Jedenfalls hat sich Palmerston getäuscht, falls er sich wirklich von ihr leiten ließ.<lb/> Denn er hatte gerechnet ohne jene eiserne Hand, welche das spanische Staats¬<lb/> schiff fest und unverzagt inmitten dieser Stürme lenkte.</p><lb/> <p xml:id="ID_733" next="#ID_734"> Bulwer überreichte die ihm übernachte Note im Anfang des April dem<lb/> spanischen Cabinet, indem er geschickt den Anlaß benutzte, den ihm Narvaez durch<lb/> das übereilte und empörende Verfahren gegen Olozaga lieferte. Um die Be¬<lb/> leidigung noch auffallender zu machen, theilte der englische Gesandte Serrano<lb/> eine Abschrift dieses Actenstücks mit. Dieser, der sich damals in Madrid aufhielt<lb/> und, aus dem activen Dienst geschieden, seine früheren Verbindungen mit den<lb/> Progressisten wieder aufgenommen hatte, gab sie mit verabredeter Indiscretion<lb/> dem Hauptorgan derselben, dem Clamor Publico, so daß die Hauptstadt gleich¬<lb/> zeitig mit der Regierung Kenntniß von diesem Eingriff in die Selbstständigkeit<lb/> der spanischen Krone erhielt.' Die Antwort Seitens des Herzogs v. Sotomayor,<lb/> damals Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, ließ jedoch nicht auf sich warten<lb/> und muß als ein Muster nationaler Würde und diplomatischen Styls betrachtet<lb/> werden. Nachdem darin die unerhörte Ueberschreitung seiner Befugnisse und die<lb/> zugleich damit verbundene Indiscretion dem Vertreter Englands vorgehalten und<lb/> mit glänzender Ironie der Inhalt eines ähnlichen Documents aufgeführt ist, das<lb/> der spanische Gesandte in London dem Cabinet von Se. James danach hätte<lb/> einreichen können, erklärt der spanische Minister, die englische Note für ganz-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0227]
Palmerston bediente sich in diesem Actenstücke gegen die Herrscherin eines stolzen,
ehrliebenden Volkes fast einer Sprache, wie die Agenten der ostindischen Compag¬
nie sie gegen die derselben tributairen Nabob's zu führen gewohnt sind. Diese
auffallende Politik kann nur zwei Auslegungen unterliegen. Entweder ließ sich
Palmerston wider alle Pflicht und staatsmännische Einsicht durch seinen Groll
gegen den spanischen Hos, namentlich die Königin-Mutter, und die Moderados
fortreißen, ein Verfahren, dessen seine neuerliche Mitwirkung zum Sturz der
Whigverwaltuug ihn wol sähig halten läßt, oder er gewann nach dem Februar
eine besonders pessimistische Auffassung der spanischen Zustände, die ihm allerdings
sein Haß gegen die dort herrschende Partei mit eingegeben haben kann. Nehmen
wir an, daß er es für unmöglich hielt, die Moderadoregierung könne sich neben
der französischen Republik behaupten. Die Progressisten waren bis jetzt die zu
England stehende Partei gewesen, kamen sie jedoch durch einen von Frankreich
ans gegebenen Anstoß zur Macht, so war zu besorgen, daß sie der französischen
Einwirkung anheim fielen. Noch zauderte die provisorische Regierung in ihrem
Verfahren gegen Spanien. Es galt für die englische Politik, den ersten Angriff
gegen das tief erschütterte Moderadoregime zu thun, den Progressisten die
Bresche zu öffnen, zur Besitzergreifung der Gewalt/ sie aufs Neue dem Einfluß
Englands zu verpflichten und an ihn zu fesseln. Ob diese Berechnung ver¬
träglich war selbst mit einer elastischen, politischen Moral, lassen wir dahin gestellt.
Jedenfalls hat sich Palmerston getäuscht, falls er sich wirklich von ihr leiten ließ.
Denn er hatte gerechnet ohne jene eiserne Hand, welche das spanische Staats¬
schiff fest und unverzagt inmitten dieser Stürme lenkte.
Bulwer überreichte die ihm übernachte Note im Anfang des April dem
spanischen Cabinet, indem er geschickt den Anlaß benutzte, den ihm Narvaez durch
das übereilte und empörende Verfahren gegen Olozaga lieferte. Um die Be¬
leidigung noch auffallender zu machen, theilte der englische Gesandte Serrano
eine Abschrift dieses Actenstücks mit. Dieser, der sich damals in Madrid aufhielt
und, aus dem activen Dienst geschieden, seine früheren Verbindungen mit den
Progressisten wieder aufgenommen hatte, gab sie mit verabredeter Indiscretion
dem Hauptorgan derselben, dem Clamor Publico, so daß die Hauptstadt gleich¬
zeitig mit der Regierung Kenntniß von diesem Eingriff in die Selbstständigkeit
der spanischen Krone erhielt.' Die Antwort Seitens des Herzogs v. Sotomayor,
damals Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, ließ jedoch nicht auf sich warten
und muß als ein Muster nationaler Würde und diplomatischen Styls betrachtet
werden. Nachdem darin die unerhörte Ueberschreitung seiner Befugnisse und die
zugleich damit verbundene Indiscretion dem Vertreter Englands vorgehalten und
mit glänzender Ironie der Inhalt eines ähnlichen Documents aufgeführt ist, das
der spanische Gesandte in London dem Cabinet von Se. James danach hätte
einreichen können, erklärt der spanische Minister, die englische Note für ganz-
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