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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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albernen Hanswurst mit den Späßen, wie sie in jedem seiner Lustspiele wiederkehren.
Bei dieser Anlage ist es natürlich, daß die Exposition des Stücks das Schwächste ist.
Calderon sucht diese Schwäche durch eine spitzfindige Lyrik zu verstecken, die für sein
Zeitalter, wo man die Galanterie nach den Seiten der Phantasie und des Witzes
zugleich ausgebildet hatte, sehr-wohl angebracht war, für uns aber nicht mehr paßt.
Der ganze erste Act mit den witzig sentimentalen Untersuchungen über die Natur der
Liebe ist langweilig. -- Eine andere Schwierigkeit bietet Calderon durch seine Vers¬
maße, für die wir kein Ohr mehr haben, die überhaupt ganz auf die Natur der
romanischen Sprache berechnet sind. Für seine Lustspiele ist das zweckmäßigste Ver¬
fahren, wenn man sie in Prosa bearbeitet, wobei man sehr bald dahinter kommt, daß
nicht Alles Gold ist, was glänzt. Der Uebersetzer hat die spanischen Versmaße zum
Theil beibehalten, in den komischen Stellen dagegen den Alexandriner eingeführt, wo¬
durch die Nüchternheit der Späße noch mehr hervortritt. Auch hat er, um dem
deutschen Gemüth gerecht zu werden, durch ein Paar kleine Pinselstriche den Ausgang
mehr in das Gebiet des Gemüths hinübergezogen. Bei dem ganz äußerlichen Ehrbe¬
griff der Spanier war das nicht nöthig. Die Fürstin, die zuerst ihrer Leidenschaft
freien Spielraum ließ, überwindet sich zuletzt durch Ehre und Verstand, sie überläßt
ihren Cavalier seiner Geliebten, und giebt ihre Hand einem Prinzen, der sich schon
lange ungehört um sie beworben hatte. Den letztem Entschluß motivirt der Uebersetzer
durch einige vorhergehende gemüthliche Annäherungen. -- Bei der unübertrefflichen
dramatischen Kraft, welche Calderon bei der Katastrophe seiner Lustspiele entwickelt,
wäre es sehr nützlich, wenn man ihn mehr für unser Theater gewinnen könnte. Zu
einer solchen Bearbeitung gehört aber ein wirklicher Dichter, der gegen sein Vorbild
die vollste Freiheit bewahrt. Für uns Deutsche ist das viel schwerer, als für die
Franzosen, deren sittliche Vorstellungen den spanischen viel näher verwandt sind. Das
"laute Geheimniß" hat daher auch in Paris in Bayard einen sehr verständigen Be¬
arbeiter gefunden, der in seinem Vaudeville: "der Handschuh und der Fächer" das
spanische Lustspiel den modernen Begriffen näher gebracht hat, und zwar nach der ge¬
wöhnlichen Sitte der Franzosen, ohne seine Quelle anzugeben. Jener Spaß mit dem
Doppelsinn der Rede ist dadurch für das theatralische Verständniß bequemer zugerichtet,
daß er an ein sinnliches Zeichen geknüpft ist. Bei denjenigen Worten nämlich, die
einen geheimen Sinn haben sollen, spielt der Cavalier mit seinem Handschuh, die
Dame mit ihrem Fächer. Außerdem ist dieser Spaß, der bei Calderon nur Episode
bleibt, dadurch in die dramatische Einheit aufgenommen, daß sich an seine Entdeckung
die Katastrophe knüpft. Das Hauptverdienst des französischen Dichters aber ist die
vollständigere Ausführung der einzelnen Charaktere. Aus dem Liebhaber ist ein dreister,
unternehmender Abenteurer geworden, der in jugendlichem Uebermuth mit den bedenk¬
lichsten Verwickelungen spielt, und die Prinzessin ist in einem Stift erzogen, wo sie sich
in der Einsamkeit ziemlich romanhafte Ideen in den Kops gesetzt hat. Eben so sind
die Nebenfiguren vollständiger, und zuweilen mit sehr ergötzlichen Humor ausgemalt.
Die Scene ist nach Deutschland verlegt, und wenn man auch mit einiger Verwunderung
in unsrem Vaterlande ein souveraines fürstliches Kunkcllchn entdeckt, und wenn es auch
etwas befremdet, daß der junge Fürst von Homburg, der sich nebenbei in sehr studen¬
tischen Abenteuern bewegt, und nicht übel Lust hat, sich mit einem Edelmann, seinem
Nebenbuhler, zu duelliren, einen großen Einfluß beim heiligen Stuhl hat, und von
einem mächtigen König des Nordens spricht, mon voisin as ?russo, so dienen diese
und andere französische Windbeuteleien doch nur dazu, den komischen Eindruck des
Ganzen zu erhöhen, und wir würden nicht anstehen, die französische Bearbeitung der
ursprünglichen spanischen, wenigstens in Rücksicht auf die deutsche Darstellung vorzuziehen.

DieZähmung der Widerspenstigen, nach Shakspeare bearbeitetvonHolb ein
und Schenk ist ein ziemlich renommirter Versuch, das bekannte Lustspiel von Shakspeare,


albernen Hanswurst mit den Späßen, wie sie in jedem seiner Lustspiele wiederkehren.
Bei dieser Anlage ist es natürlich, daß die Exposition des Stücks das Schwächste ist.
Calderon sucht diese Schwäche durch eine spitzfindige Lyrik zu verstecken, die für sein
Zeitalter, wo man die Galanterie nach den Seiten der Phantasie und des Witzes
zugleich ausgebildet hatte, sehr-wohl angebracht war, für uns aber nicht mehr paßt.
Der ganze erste Act mit den witzig sentimentalen Untersuchungen über die Natur der
Liebe ist langweilig. — Eine andere Schwierigkeit bietet Calderon durch seine Vers¬
maße, für die wir kein Ohr mehr haben, die überhaupt ganz auf die Natur der
romanischen Sprache berechnet sind. Für seine Lustspiele ist das zweckmäßigste Ver¬
fahren, wenn man sie in Prosa bearbeitet, wobei man sehr bald dahinter kommt, daß
nicht Alles Gold ist, was glänzt. Der Uebersetzer hat die spanischen Versmaße zum
Theil beibehalten, in den komischen Stellen dagegen den Alexandriner eingeführt, wo¬
durch die Nüchternheit der Späße noch mehr hervortritt. Auch hat er, um dem
deutschen Gemüth gerecht zu werden, durch ein Paar kleine Pinselstriche den Ausgang
mehr in das Gebiet des Gemüths hinübergezogen. Bei dem ganz äußerlichen Ehrbe¬
griff der Spanier war das nicht nöthig. Die Fürstin, die zuerst ihrer Leidenschaft
freien Spielraum ließ, überwindet sich zuletzt durch Ehre und Verstand, sie überläßt
ihren Cavalier seiner Geliebten, und giebt ihre Hand einem Prinzen, der sich schon
lange ungehört um sie beworben hatte. Den letztem Entschluß motivirt der Uebersetzer
durch einige vorhergehende gemüthliche Annäherungen. — Bei der unübertrefflichen
dramatischen Kraft, welche Calderon bei der Katastrophe seiner Lustspiele entwickelt,
wäre es sehr nützlich, wenn man ihn mehr für unser Theater gewinnen könnte. Zu
einer solchen Bearbeitung gehört aber ein wirklicher Dichter, der gegen sein Vorbild
die vollste Freiheit bewahrt. Für uns Deutsche ist das viel schwerer, als für die
Franzosen, deren sittliche Vorstellungen den spanischen viel näher verwandt sind. Das
„laute Geheimniß" hat daher auch in Paris in Bayard einen sehr verständigen Be¬
arbeiter gefunden, der in seinem Vaudeville: „der Handschuh und der Fächer" das
spanische Lustspiel den modernen Begriffen näher gebracht hat, und zwar nach der ge¬
wöhnlichen Sitte der Franzosen, ohne seine Quelle anzugeben. Jener Spaß mit dem
Doppelsinn der Rede ist dadurch für das theatralische Verständniß bequemer zugerichtet,
daß er an ein sinnliches Zeichen geknüpft ist. Bei denjenigen Worten nämlich, die
einen geheimen Sinn haben sollen, spielt der Cavalier mit seinem Handschuh, die
Dame mit ihrem Fächer. Außerdem ist dieser Spaß, der bei Calderon nur Episode
bleibt, dadurch in die dramatische Einheit aufgenommen, daß sich an seine Entdeckung
die Katastrophe knüpft. Das Hauptverdienst des französischen Dichters aber ist die
vollständigere Ausführung der einzelnen Charaktere. Aus dem Liebhaber ist ein dreister,
unternehmender Abenteurer geworden, der in jugendlichem Uebermuth mit den bedenk¬
lichsten Verwickelungen spielt, und die Prinzessin ist in einem Stift erzogen, wo sie sich
in der Einsamkeit ziemlich romanhafte Ideen in den Kops gesetzt hat. Eben so sind
die Nebenfiguren vollständiger, und zuweilen mit sehr ergötzlichen Humor ausgemalt.
Die Scene ist nach Deutschland verlegt, und wenn man auch mit einiger Verwunderung
in unsrem Vaterlande ein souveraines fürstliches Kunkcllchn entdeckt, und wenn es auch
etwas befremdet, daß der junge Fürst von Homburg, der sich nebenbei in sehr studen¬
tischen Abenteuern bewegt, und nicht übel Lust hat, sich mit einem Edelmann, seinem
Nebenbuhler, zu duelliren, einen großen Einfluß beim heiligen Stuhl hat, und von
einem mächtigen König des Nordens spricht, mon voisin as ?russo, so dienen diese
und andere französische Windbeuteleien doch nur dazu, den komischen Eindruck des
Ganzen zu erhöhen, und wir würden nicht anstehen, die französische Bearbeitung der
ursprünglichen spanischen, wenigstens in Rücksicht auf die deutsche Darstellung vorzuziehen.

DieZähmung der Widerspenstigen, nach Shakspeare bearbeitetvonHolb ein
und Schenk ist ein ziemlich renommirter Versuch, das bekannte Lustspiel von Shakspeare,


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[0049] albernen Hanswurst mit den Späßen, wie sie in jedem seiner Lustspiele wiederkehren. Bei dieser Anlage ist es natürlich, daß die Exposition des Stücks das Schwächste ist. Calderon sucht diese Schwäche durch eine spitzfindige Lyrik zu verstecken, die für sein Zeitalter, wo man die Galanterie nach den Seiten der Phantasie und des Witzes zugleich ausgebildet hatte, sehr-wohl angebracht war, für uns aber nicht mehr paßt. Der ganze erste Act mit den witzig sentimentalen Untersuchungen über die Natur der Liebe ist langweilig. — Eine andere Schwierigkeit bietet Calderon durch seine Vers¬ maße, für die wir kein Ohr mehr haben, die überhaupt ganz auf die Natur der romanischen Sprache berechnet sind. Für seine Lustspiele ist das zweckmäßigste Ver¬ fahren, wenn man sie in Prosa bearbeitet, wobei man sehr bald dahinter kommt, daß nicht Alles Gold ist, was glänzt. Der Uebersetzer hat die spanischen Versmaße zum Theil beibehalten, in den komischen Stellen dagegen den Alexandriner eingeführt, wo¬ durch die Nüchternheit der Späße noch mehr hervortritt. Auch hat er, um dem deutschen Gemüth gerecht zu werden, durch ein Paar kleine Pinselstriche den Ausgang mehr in das Gebiet des Gemüths hinübergezogen. Bei dem ganz äußerlichen Ehrbe¬ griff der Spanier war das nicht nöthig. Die Fürstin, die zuerst ihrer Leidenschaft freien Spielraum ließ, überwindet sich zuletzt durch Ehre und Verstand, sie überläßt ihren Cavalier seiner Geliebten, und giebt ihre Hand einem Prinzen, der sich schon lange ungehört um sie beworben hatte. Den letztem Entschluß motivirt der Uebersetzer durch einige vorhergehende gemüthliche Annäherungen. — Bei der unübertrefflichen dramatischen Kraft, welche Calderon bei der Katastrophe seiner Lustspiele entwickelt, wäre es sehr nützlich, wenn man ihn mehr für unser Theater gewinnen könnte. Zu einer solchen Bearbeitung gehört aber ein wirklicher Dichter, der gegen sein Vorbild die vollste Freiheit bewahrt. Für uns Deutsche ist das viel schwerer, als für die Franzosen, deren sittliche Vorstellungen den spanischen viel näher verwandt sind. Das „laute Geheimniß" hat daher auch in Paris in Bayard einen sehr verständigen Be¬ arbeiter gefunden, der in seinem Vaudeville: „der Handschuh und der Fächer" das spanische Lustspiel den modernen Begriffen näher gebracht hat, und zwar nach der ge¬ wöhnlichen Sitte der Franzosen, ohne seine Quelle anzugeben. Jener Spaß mit dem Doppelsinn der Rede ist dadurch für das theatralische Verständniß bequemer zugerichtet, daß er an ein sinnliches Zeichen geknüpft ist. Bei denjenigen Worten nämlich, die einen geheimen Sinn haben sollen, spielt der Cavalier mit seinem Handschuh, die Dame mit ihrem Fächer. Außerdem ist dieser Spaß, der bei Calderon nur Episode bleibt, dadurch in die dramatische Einheit aufgenommen, daß sich an seine Entdeckung die Katastrophe knüpft. Das Hauptverdienst des französischen Dichters aber ist die vollständigere Ausführung der einzelnen Charaktere. Aus dem Liebhaber ist ein dreister, unternehmender Abenteurer geworden, der in jugendlichem Uebermuth mit den bedenk¬ lichsten Verwickelungen spielt, und die Prinzessin ist in einem Stift erzogen, wo sie sich in der Einsamkeit ziemlich romanhafte Ideen in den Kops gesetzt hat. Eben so sind die Nebenfiguren vollständiger, und zuweilen mit sehr ergötzlichen Humor ausgemalt. Die Scene ist nach Deutschland verlegt, und wenn man auch mit einiger Verwunderung in unsrem Vaterlande ein souveraines fürstliches Kunkcllchn entdeckt, und wenn es auch etwas befremdet, daß der junge Fürst von Homburg, der sich nebenbei in sehr studen¬ tischen Abenteuern bewegt, und nicht übel Lust hat, sich mit einem Edelmann, seinem Nebenbuhler, zu duelliren, einen großen Einfluß beim heiligen Stuhl hat, und von einem mächtigen König des Nordens spricht, mon voisin as ?russo, so dienen diese und andere französische Windbeuteleien doch nur dazu, den komischen Eindruck des Ganzen zu erhöhen, und wir würden nicht anstehen, die französische Bearbeitung der ursprünglichen spanischen, wenigstens in Rücksicht auf die deutsche Darstellung vorzuziehen. DieZähmung der Widerspenstigen, nach Shakspeare bearbeitetvonHolb ein und Schenk ist ein ziemlich renommirter Versuch, das bekannte Lustspiel von Shakspeare,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/49>, abgerufen am 24.07.2024.