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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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Vn tkrremo6o! untsrremoclo!... ein Erdbeben! schrie man wild durch einander...
aus allen Gesichtern malten sich Schrecken und Entsetzen, ... Viele flüchteten, rannten
sich wechselseitig um, Andere blieben bewegungslos stehen, wie angewurzelt am Boden...

Diese Verwirrung hatte etwa 12 bis -Is Secunden gedauert, als ein zweites, noch
furchtbareres Krachen als das erste 'vernommen wurde ... die Erde bebte einige' Se¬
cunden... Verwirrung und Entsetzen erreichten ihren Gipfelpunkt...
'

Diesmal sah man ganz in der Nähe der Vis äItali", nach der linken Seite zu,
unmittelbar nach der Explosion eine mächtig schwarze Rauchsäule aufsteigen, und bei
ihrer raschen Ausdehnung den nordwestlichen Horizont vcrstnstcrn .. . kein Zweisel mehr...
die Pulvermühlen in dem anstoßenden KorZo vors waren in die Luft geflogen ... ein
Hagel von geborstenen Mauersteinen und Dachziegeln fiel bis auf die kikW" ä'ltslig
nieder...

Erst mehrere Minuten nach der zweiten Explosion kam etwas geregelterer Fluß in
das wirre Durchcinandcrflüchten und Durcheinanderrennen der entsetzten Volksmenge...
Dumpfes Wehegeschrei wälzte sich vou dem Schauplätze des Unglücks nach der Marki¬
sette zu, und vermischte sich hier mit dem Schluchzen von Frauen und Kindern;... viele
Personen rangen verzweiflungsvoll die Hände über dem Kopf zusammen...

Bald darauf wirbelte in der anliegenden Straße der Generalmarsch; Soldaten,
National-Gardisten und PompierS eilten auf die Sammelplätze..

Bei dem ersten Tambourgcwirbel schlug ich den Weg nach den etwa drei bis vier
hundert Schritte entfernten Pulvermühlen ein; von den Flüchtenden, die mir entgegen¬
liefen, machten mir einige das Zeichen zum Umkehren; einer von ihnen rief mir athem¬
los zu: das große Pulver-Magazin fängt Feuer!...

Ich wollte eben umkehren und gleich den Uebrigen mein Heil in der Flucht suche",
als ich von der entgegengesetzten Seite den Herzog von Genua (Bruder des Königs),
. den Kriegsminister und mehrere Officiere zu Pferde geradezu auf die rauchenden Ruinen
der Pulvermühlen zusprcngcu sah ... Die Größe und'die Erhabenheit der Gefahr ge¬
wannen einen fast unwiderstehlichen Reiz für mich, -- zur Flucht wäre es übrigens
schon zu spät gewesen... Auch Du bist Soldat, Soldat der Publicität,-- schwirrte es
durch meinen Kops -- vorwärts!...

Welch ein entsetzliches, ewig unvergeßliches Schauspiel bot sich meinen Augen bei
den Trümmern dar: mitten unter dem Schutt lagen gräßttch verstümmelte Todte oder
Verwundete, die mit dem Tode rangen, zerstreut... Vom furchtbarsten Schmerz ausge¬
preßtes Jammergeschrei wclchsclte mit leise hinsterbenden Wimmern ab...

Ich sah einen noch lebenden Körper, dem beide Beine und ein Arm fehlten, sich
convulsivisch im Sande und Schutt wälzen, den Kopf gegen den Boden schlagen und
mit den Zähnen knirschen...

Ein Knabe oder Mädchen von etwa zwölf bis vierzehn Jahren lag leblos neben
einer halbzusammengcstürzten Mauer hingestreckt, der Körper halbverbrannt, die Neste
der Kleidung noch fortglimmeud____. . ,

Vou den anstoßenden Häusern waren die Dächer abgedeckt und ganze Mauern
niedergerissen... ans dem Innersten stießen die Bewohner verzweiflungsvolle Hilferufe
aus... andere Bewohner lagen unter dem Schutt der eingestürzten Mauern begraben...

Inzwischen organisirte sich die Rettung in bewunderungswürdiger Naschheit und
Planmäßigkeit; ein Artillerie - Officier ertheilte die Commando'S; wer mit gesunden
Gliedern aus dem Platze war, legte Hand ans Werk; der Herzog von Genua arbeitete
neben gemeinen Soldaten, sie durch sein eigenes Beispiel zur Aufbietung aller ihrer
Kräfte'anfeuernd... Die höchste Gefahr war im Anzuge;... von Augenblick zu Augen¬
blick konnte das Haupt-Pulvermagazin, in welchem sich nicht weniger als 40,000 Kilo¬
gramme Kanonen- und Gewehrpulver befanden, Feuer fangen... x

Schon bei der zweiten Explosion würde dieser immense Pulvervorrath unfehlbar
in die Lust geflogen sein und mehr als die Hälfte der Stadt Turin zerstört haben,


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Vn tkrremo6o! untsrremoclo!... ein Erdbeben! schrie man wild durch einander...
aus allen Gesichtern malten sich Schrecken und Entsetzen, ... Viele flüchteten, rannten
sich wechselseitig um, Andere blieben bewegungslos stehen, wie angewurzelt am Boden...

Diese Verwirrung hatte etwa 12 bis -Is Secunden gedauert, als ein zweites, noch
furchtbareres Krachen als das erste 'vernommen wurde ... die Erde bebte einige' Se¬
cunden... Verwirrung und Entsetzen erreichten ihren Gipfelpunkt...
'

Diesmal sah man ganz in der Nähe der Vis äItali», nach der linken Seite zu,
unmittelbar nach der Explosion eine mächtig schwarze Rauchsäule aufsteigen, und bei
ihrer raschen Ausdehnung den nordwestlichen Horizont vcrstnstcrn .. . kein Zweisel mehr...
die Pulvermühlen in dem anstoßenden KorZo vors waren in die Luft geflogen ... ein
Hagel von geborstenen Mauersteinen und Dachziegeln fiel bis auf die kikW» ä'ltslig
nieder...

Erst mehrere Minuten nach der zweiten Explosion kam etwas geregelterer Fluß in
das wirre Durchcinandcrflüchten und Durcheinanderrennen der entsetzten Volksmenge...
Dumpfes Wehegeschrei wälzte sich vou dem Schauplätze des Unglücks nach der Marki¬
sette zu, und vermischte sich hier mit dem Schluchzen von Frauen und Kindern;... viele
Personen rangen verzweiflungsvoll die Hände über dem Kopf zusammen...

Bald darauf wirbelte in der anliegenden Straße der Generalmarsch; Soldaten,
National-Gardisten und PompierS eilten auf die Sammelplätze..

Bei dem ersten Tambourgcwirbel schlug ich den Weg nach den etwa drei bis vier
hundert Schritte entfernten Pulvermühlen ein; von den Flüchtenden, die mir entgegen¬
liefen, machten mir einige das Zeichen zum Umkehren; einer von ihnen rief mir athem¬
los zu: das große Pulver-Magazin fängt Feuer!...

Ich wollte eben umkehren und gleich den Uebrigen mein Heil in der Flucht suche»,
als ich von der entgegengesetzten Seite den Herzog von Genua (Bruder des Königs),
. den Kriegsminister und mehrere Officiere zu Pferde geradezu auf die rauchenden Ruinen
der Pulvermühlen zusprcngcu sah ... Die Größe und'die Erhabenheit der Gefahr ge¬
wannen einen fast unwiderstehlichen Reiz für mich, — zur Flucht wäre es übrigens
schon zu spät gewesen... Auch Du bist Soldat, Soldat der Publicität,— schwirrte es
durch meinen Kops — vorwärts!...

Welch ein entsetzliches, ewig unvergeßliches Schauspiel bot sich meinen Augen bei
den Trümmern dar: mitten unter dem Schutt lagen gräßttch verstümmelte Todte oder
Verwundete, die mit dem Tode rangen, zerstreut... Vom furchtbarsten Schmerz ausge¬
preßtes Jammergeschrei wclchsclte mit leise hinsterbenden Wimmern ab...

Ich sah einen noch lebenden Körper, dem beide Beine und ein Arm fehlten, sich
convulsivisch im Sande und Schutt wälzen, den Kopf gegen den Boden schlagen und
mit den Zähnen knirschen...

Ein Knabe oder Mädchen von etwa zwölf bis vierzehn Jahren lag leblos neben
einer halbzusammengcstürzten Mauer hingestreckt, der Körper halbverbrannt, die Neste
der Kleidung noch fortglimmeud____. . ,

Vou den anstoßenden Häusern waren die Dächer abgedeckt und ganze Mauern
niedergerissen... ans dem Innersten stießen die Bewohner verzweiflungsvolle Hilferufe
aus... andere Bewohner lagen unter dem Schutt der eingestürzten Mauern begraben...

Inzwischen organisirte sich die Rettung in bewunderungswürdiger Naschheit und
Planmäßigkeit; ein Artillerie - Officier ertheilte die Commando'S; wer mit gesunden
Gliedern aus dem Platze war, legte Hand ans Werk; der Herzog von Genua arbeitete
neben gemeinen Soldaten, sie durch sein eigenes Beispiel zur Aufbietung aller ihrer
Kräfte'anfeuernd... Die höchste Gefahr war im Anzuge;... von Augenblick zu Augen¬
blick konnte das Haupt-Pulvermagazin, in welchem sich nicht weniger als 40,000 Kilo¬
gramme Kanonen- und Gewehrpulver befanden, Feuer fangen... x

Schon bei der zweiten Explosion würde dieser immense Pulvervorrath unfehlbar
in die Lust geflogen sein und mehr als die Hälfte der Stadt Turin zerstört haben,


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[0447] Vn tkrremo6o! untsrremoclo!... ein Erdbeben! schrie man wild durch einander... aus allen Gesichtern malten sich Schrecken und Entsetzen, ... Viele flüchteten, rannten sich wechselseitig um, Andere blieben bewegungslos stehen, wie angewurzelt am Boden... Diese Verwirrung hatte etwa 12 bis -Is Secunden gedauert, als ein zweites, noch furchtbareres Krachen als das erste 'vernommen wurde ... die Erde bebte einige' Se¬ cunden... Verwirrung und Entsetzen erreichten ihren Gipfelpunkt... ' Diesmal sah man ganz in der Nähe der Vis äItali», nach der linken Seite zu, unmittelbar nach der Explosion eine mächtig schwarze Rauchsäule aufsteigen, und bei ihrer raschen Ausdehnung den nordwestlichen Horizont vcrstnstcrn .. . kein Zweisel mehr... die Pulvermühlen in dem anstoßenden KorZo vors waren in die Luft geflogen ... ein Hagel von geborstenen Mauersteinen und Dachziegeln fiel bis auf die kikW» ä'ltslig nieder... Erst mehrere Minuten nach der zweiten Explosion kam etwas geregelterer Fluß in das wirre Durchcinandcrflüchten und Durcheinanderrennen der entsetzten Volksmenge... Dumpfes Wehegeschrei wälzte sich vou dem Schauplätze des Unglücks nach der Marki¬ sette zu, und vermischte sich hier mit dem Schluchzen von Frauen und Kindern;... viele Personen rangen verzweiflungsvoll die Hände über dem Kopf zusammen... Bald darauf wirbelte in der anliegenden Straße der Generalmarsch; Soldaten, National-Gardisten und PompierS eilten auf die Sammelplätze.. Bei dem ersten Tambourgcwirbel schlug ich den Weg nach den etwa drei bis vier hundert Schritte entfernten Pulvermühlen ein; von den Flüchtenden, die mir entgegen¬ liefen, machten mir einige das Zeichen zum Umkehren; einer von ihnen rief mir athem¬ los zu: das große Pulver-Magazin fängt Feuer!... Ich wollte eben umkehren und gleich den Uebrigen mein Heil in der Flucht suche», als ich von der entgegengesetzten Seite den Herzog von Genua (Bruder des Königs), . den Kriegsminister und mehrere Officiere zu Pferde geradezu auf die rauchenden Ruinen der Pulvermühlen zusprcngcu sah ... Die Größe und'die Erhabenheit der Gefahr ge¬ wannen einen fast unwiderstehlichen Reiz für mich, — zur Flucht wäre es übrigens schon zu spät gewesen... Auch Du bist Soldat, Soldat der Publicität,— schwirrte es durch meinen Kops — vorwärts!... Welch ein entsetzliches, ewig unvergeßliches Schauspiel bot sich meinen Augen bei den Trümmern dar: mitten unter dem Schutt lagen gräßttch verstümmelte Todte oder Verwundete, die mit dem Tode rangen, zerstreut... Vom furchtbarsten Schmerz ausge¬ preßtes Jammergeschrei wclchsclte mit leise hinsterbenden Wimmern ab... Ich sah einen noch lebenden Körper, dem beide Beine und ein Arm fehlten, sich convulsivisch im Sande und Schutt wälzen, den Kopf gegen den Boden schlagen und mit den Zähnen knirschen... Ein Knabe oder Mädchen von etwa zwölf bis vierzehn Jahren lag leblos neben einer halbzusammengcstürzten Mauer hingestreckt, der Körper halbverbrannt, die Neste der Kleidung noch fortglimmeud____. . , Vou den anstoßenden Häusern waren die Dächer abgedeckt und ganze Mauern niedergerissen... ans dem Innersten stießen die Bewohner verzweiflungsvolle Hilferufe aus... andere Bewohner lagen unter dem Schutt der eingestürzten Mauern begraben... Inzwischen organisirte sich die Rettung in bewunderungswürdiger Naschheit und Planmäßigkeit; ein Artillerie - Officier ertheilte die Commando'S; wer mit gesunden Gliedern aus dem Platze war, legte Hand ans Werk; der Herzog von Genua arbeitete neben gemeinen Soldaten, sie durch sein eigenes Beispiel zur Aufbietung aller ihrer Kräfte'anfeuernd... Die höchste Gefahr war im Anzuge;... von Augenblick zu Augen¬ blick konnte das Haupt-Pulvermagazin, in welchem sich nicht weniger als 40,000 Kilo¬ gramme Kanonen- und Gewehrpulver befanden, Feuer fangen... x Schon bei der zweiten Explosion würde dieser immense Pulvervorrath unfehlbar in die Lust geflogen sein und mehr als die Hälfte der Stadt Turin zerstört haben, 63*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/447>, abgerufen am 04.07.2024.