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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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ohne erheblichen Erfolg aufgeführt ist, erhalten wir aus Prag einen ausführlichen Bericht,
den wir nur auszugsweise mittheilen, weil das ungünstige Urtheil ziemlich allgemein scstzu-'
stehn scheint. -- "Ferdinand von Rhaden, ein jvngcr Advocat, frisch, kühn und geistreich, liebt
mit leidenschaftlicher Jngendgluth Anna, die schöne Stieftochter des Grafen Schönmark.
Bei Aufgang des Vorhangs erfahren wir sogleich, daß Ferdinand bereits dnrch vierzehn
Tage keine Nachricht von Anna erhalten, und, ein junger Romeo, malt er sich die ver¬
schiedenartigsten, durch einander geworfenstcn Besorgnisse mit phantastischem Pinsel vor die
Seele. Der Entschluß ist gefaßt -- er will und muß sie sehen. Eben wie sein ideen¬
schwangerer Kopf alle Gebiete des Möglichen durchführt, erhält er die briefliche Kunde
von seinem Freunde Eugen von Felsen, daß in der nervös angegriffenen Familie des
Grasen Schönmark, Aureus Vaters, ein Magnetiseur gesucht werde, der für gute Be¬
zahlung die Heilung der einzelnen, Familienmitglieder übernehmen soll. Der alte Graf
hofft von den magnetischen Euren vorzüglich die Heilung seiner sehr angegriffenen Ge¬
mahlin. Der Plan ist fertig, Ferdinand geht als Doctor und Magnetiseur Steiner
aus das gräfliche Schloß, um auf diesem Wege Anna wiederzusehen. Im Schlosse
angelangt, beginnt er seine magnetischen Euren. Ferdinand weiß, daß die Gräfin seinen
Freund Eugen von Felsen liebt, und dieses verbotene Verhältniß unter der Maske
einer Krankheit ihrem Gemahl verheimlicht. Daraus gestützt, beginnt er die Heilung der
Gräfin, die endlich in einem Anfalle von Gewisscnszerknirschung beschließt, die uner¬
laubten Besuche bei Eugen einzustellen. Indessen hat Alfred Gelegenheit gehabt, Anna
zu sehen, wird aber bei wiederholten Versuchen von einem Kammerdiener des Grafen,
der eine merkwürdige Spürnase hat, und ein anderes Mal von einer Baronin Stein¬
bach, der Gemahlin des Bücherwurms Baron Steinbach, belauscht, die scheinbare
Magnetisirung Anna's wird ins wahre Licht gestellt, und der auf einmal zum Minister
des Auswärtigen ernannte Graf legt die Hand seiner Anna in die des Exmagneti-
senrs. Das ist, soweit man es erzählen kann, die Handlung, aus der höchstens
eine humoristische dialogisirte Bagatelle, aber nicht ein vicractiges Lustspiel hätte ge¬
macht werden sollen. Vom ersten Augenblicke an, da wir erfahren, daß Ferdinand von
Rhaden als Magnetiseur fungiren werde, liegt der Faden des Stückes in unsrer Hand,
und da, wo er zuerst Anna zu sprechen bekommt, ist der Knoten bereits gelöst. Ist
dieser Expositionsschler schon im geheimen Agenten stark hervorgetreten, wo das Stück
sicher an Interesse gewonnen hätte, wenn uns Alfred eben so wie seine Frau Mama
an der Nase geführt hätte, so ist er hier noch auffallender, weil uns die Exposition hier
Alles bis aufs Kleinste errathen läßt, um so mehr, weil das in den letzten Acten Ge¬
schehende in die Zwangsjacke des Zufalls gesteckt ist. I" der Charakteristik ist im Ein¬
zelnen viel glücklicher Humor, aber auch dieser ist episodischer Natur. Die Idee des
Stückes selbst ist eine Wiederaufnahme der Idee den "geheimen'Agenten;" hier wie
dort dreht sich die Intrigue um ein Geheimniß, hinter dem Nichts steckt." --
'

JnLeipzig ist unter Anderem Gutzkows Patkul neu einstudirt; wir enthalten
uns hier eines Urtheils, weil wir gelegentlich ein allgemeines Nvsumö von dem Einfluß
dieses Dichters auf das Theater zu geben gedenken, und bemerken hier mir, daß man statt
des mißlungenen historischen Stricks lieber auf die beiden Lustspiele: "Zopf und Schwert"
und "das Urbild des Tartüffe" zurückgehen sollte, die beide eine wirkliche Bereicherung
des Repertoirs sind. -- Ein historisches Lustspiel von der Birch-Pfeiffer: "Wie
man Häuser baut," enthält in der bekannten, nicht eben feinen und geistreichen, aber
für den Thcatereffect gar nicht unzweckmäßigen Manier der' Verfasserin eine Anekdote'
aus der Zeit Friedrich Wilhelm I. dramatisirt. Der König empfiehlt einen jungen
Officier, ein Mitglied .seines Tabakscollegiums, für die Hand einer reichen Erbin.
Diese weigert sich, da sie jenen Officier verachten muß, und schon ist der König im
Begriff, mit seiner Ungnade das ganze Haus zu treffen, als durch die Vermittelung
des bekannten Freiherrn von Gnndling, des lustigen Raths des Königs, die Sache


ohne erheblichen Erfolg aufgeführt ist, erhalten wir aus Prag einen ausführlichen Bericht,
den wir nur auszugsweise mittheilen, weil das ungünstige Urtheil ziemlich allgemein scstzu-'
stehn scheint. — „Ferdinand von Rhaden, ein jvngcr Advocat, frisch, kühn und geistreich, liebt
mit leidenschaftlicher Jngendgluth Anna, die schöne Stieftochter des Grafen Schönmark.
Bei Aufgang des Vorhangs erfahren wir sogleich, daß Ferdinand bereits dnrch vierzehn
Tage keine Nachricht von Anna erhalten, und, ein junger Romeo, malt er sich die ver¬
schiedenartigsten, durch einander geworfenstcn Besorgnisse mit phantastischem Pinsel vor die
Seele. Der Entschluß ist gefaßt — er will und muß sie sehen. Eben wie sein ideen¬
schwangerer Kopf alle Gebiete des Möglichen durchführt, erhält er die briefliche Kunde
von seinem Freunde Eugen von Felsen, daß in der nervös angegriffenen Familie des
Grasen Schönmark, Aureus Vaters, ein Magnetiseur gesucht werde, der für gute Be¬
zahlung die Heilung der einzelnen, Familienmitglieder übernehmen soll. Der alte Graf
hofft von den magnetischen Euren vorzüglich die Heilung seiner sehr angegriffenen Ge¬
mahlin. Der Plan ist fertig, Ferdinand geht als Doctor und Magnetiseur Steiner
aus das gräfliche Schloß, um auf diesem Wege Anna wiederzusehen. Im Schlosse
angelangt, beginnt er seine magnetischen Euren. Ferdinand weiß, daß die Gräfin seinen
Freund Eugen von Felsen liebt, und dieses verbotene Verhältniß unter der Maske
einer Krankheit ihrem Gemahl verheimlicht. Daraus gestützt, beginnt er die Heilung der
Gräfin, die endlich in einem Anfalle von Gewisscnszerknirschung beschließt, die uner¬
laubten Besuche bei Eugen einzustellen. Indessen hat Alfred Gelegenheit gehabt, Anna
zu sehen, wird aber bei wiederholten Versuchen von einem Kammerdiener des Grafen,
der eine merkwürdige Spürnase hat, und ein anderes Mal von einer Baronin Stein¬
bach, der Gemahlin des Bücherwurms Baron Steinbach, belauscht, die scheinbare
Magnetisirung Anna's wird ins wahre Licht gestellt, und der auf einmal zum Minister
des Auswärtigen ernannte Graf legt die Hand seiner Anna in die des Exmagneti-
senrs. Das ist, soweit man es erzählen kann, die Handlung, aus der höchstens
eine humoristische dialogisirte Bagatelle, aber nicht ein vicractiges Lustspiel hätte ge¬
macht werden sollen. Vom ersten Augenblicke an, da wir erfahren, daß Ferdinand von
Rhaden als Magnetiseur fungiren werde, liegt der Faden des Stückes in unsrer Hand,
und da, wo er zuerst Anna zu sprechen bekommt, ist der Knoten bereits gelöst. Ist
dieser Expositionsschler schon im geheimen Agenten stark hervorgetreten, wo das Stück
sicher an Interesse gewonnen hätte, wenn uns Alfred eben so wie seine Frau Mama
an der Nase geführt hätte, so ist er hier noch auffallender, weil uns die Exposition hier
Alles bis aufs Kleinste errathen läßt, um so mehr, weil das in den letzten Acten Ge¬
schehende in die Zwangsjacke des Zufalls gesteckt ist. I» der Charakteristik ist im Ein¬
zelnen viel glücklicher Humor, aber auch dieser ist episodischer Natur. Die Idee des
Stückes selbst ist eine Wiederaufnahme der Idee den „geheimen'Agenten;" hier wie
dort dreht sich die Intrigue um ein Geheimniß, hinter dem Nichts steckt." —
'

JnLeipzig ist unter Anderem Gutzkows Patkul neu einstudirt; wir enthalten
uns hier eines Urtheils, weil wir gelegentlich ein allgemeines Nvsumö von dem Einfluß
dieses Dichters auf das Theater zu geben gedenken, und bemerken hier mir, daß man statt
des mißlungenen historischen Stricks lieber auf die beiden Lustspiele: „Zopf und Schwert"
und „das Urbild des Tartüffe" zurückgehen sollte, die beide eine wirkliche Bereicherung
des Repertoirs sind. — Ein historisches Lustspiel von der Birch-Pfeiffer: „Wie
man Häuser baut," enthält in der bekannten, nicht eben feinen und geistreichen, aber
für den Thcatereffect gar nicht unzweckmäßigen Manier der' Verfasserin eine Anekdote'
aus der Zeit Friedrich Wilhelm I. dramatisirt. Der König empfiehlt einen jungen
Officier, ein Mitglied .seines Tabakscollegiums, für die Hand einer reichen Erbin.
Diese weigert sich, da sie jenen Officier verachten muß, und schon ist der König im
Begriff, mit seiner Ungnade das ganze Haus zu treffen, als durch die Vermittelung
des bekannten Freiherrn von Gnndling, des lustigen Raths des Königs, die Sache


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/246>, abgerufen am 24.07.2024.