Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

verherrlichen. Wir fügen nur hinzu, daß sie ihre früheren Leistungen in diesem
Jahre bei weitem übertreffen und eine größere Menge begeisterter Verehrer sich
geschaffen hat. Die beiden anderen Damen sind jugendliche, begabte Anfängerinnen,
deren geistige und physische Kräfte noch tüchtiger Fortbildung bedürfen. Unter
den Herren zeichnete sich Krüger aus dnrch solides "ud verständiges, wenn auch
nicht warmes Spiel. Präger aus London war unbegreiflicher Weise von der
Direction zum Auftreten gelassen worden. Er war ein Bild der Schwäche und
Unsolidität, und es möchte in den Annalen des Gewandhauses kaum eine ähnliche
Erscheinung nachgewiesen werden können. -- Aus dem Orchester traten auf mit
verdientem Beifall der Klarinettist Landgraf, der Flötist Haake, der Oboist
Diethe und der Violoncellist Grützmacher, dem wir wol eine bedeutende Zu¬
kunft weissagen dürfen. Harfenvorträge geschahen durch Fräulein Eyes ans
Karlsruhe und Herrn Krüger aus Stuttgart. Jsabelle Dukter aus London,
die Schwester der obengenannten Klavierspielerin, spielte ein Stück ans der soge¬
nannten Concertiua (eine Art verbesserte Zugharmonika) zu nicht allzu großer
Erbauung der Zuhörer.

Was die Leistungen des Orchesters und die Ausführung der Jnstrumental-
werke betrifft, so dürfen wir nnr mit Behagen und großer innerer Befriedigung daran
zurückdenken. Die Leitung befand sich wie in früheren Jahren in den Händen
des Kapellmeisters Jul. Rietz und des Concertmeisters Ferdinand David, dem
jetzt auch die Direction der Singakademie übertragen ist. Es würde wie Eigenlob und
Dünkel erklingen, wollten wir uns weitläufiger über die Trefflichkeit der Ausführung
von classischen Tonwerken, wie wir sie hier zu hören gewohnt sind, verbreiten. Die
Verdienste unsrer Dirigenten und unsres Orchesters sind nicht von gestern, denn auch
der sorgfältigste Eifer würde nicht vermögen, innerhalb weniger Jahre ein so
musterhaftes Zusammenwirken zu erzielen. Wenn wir uus hier in dem glücklichen
Zustande befinden, nur Gutes zu erleben, so liegt dies hauptsächlich darin, daß
die musikalische Erziehung unsrer Jnstrumentalisten die sorgfältigste ist, und daß
ein immerwährendes Leben und Weben in unsren guten und classischen Touwcr-
kcn den Musikern große Sicherheit und Geschmack verleiht. Der Instrumentalis:
ist nach und nach auf den Standpunkt des freien Schaffens erhoben worden,
das peinliche Notenlesen hindert ihn nicht mehr an freier,- leichter und verständiger
Ausführung, und auch für deu Vortrag neuer Werke ist so viel Gewandtheit und
Sicherheit gewonnen worden, daß wenige Proben genügen, um auch bei den
schwersten Werken die gelungenste Ausführung hervorzubringen.

Das zweite Conccrtinstitut unsrer Stadt, der Musikverein Euterpe, hat
diesen Winter mit erfreulichsten Erfolge gewirkt. Die Summe der dabei wirken¬
den Mitglieder steht' dem Personale des Gewandhauses nur in wenigen'Zahlen
nach. Bei den so geringen Einnahmen des Vereins und dem daraus entspringenden
Unvermögen, berühmte Namen für schweres Geld zu gewinnen, muß seine Sorge


verherrlichen. Wir fügen nur hinzu, daß sie ihre früheren Leistungen in diesem
Jahre bei weitem übertreffen und eine größere Menge begeisterter Verehrer sich
geschaffen hat. Die beiden anderen Damen sind jugendliche, begabte Anfängerinnen,
deren geistige und physische Kräfte noch tüchtiger Fortbildung bedürfen. Unter
den Herren zeichnete sich Krüger aus dnrch solides »ud verständiges, wenn auch
nicht warmes Spiel. Präger aus London war unbegreiflicher Weise von der
Direction zum Auftreten gelassen worden. Er war ein Bild der Schwäche und
Unsolidität, und es möchte in den Annalen des Gewandhauses kaum eine ähnliche
Erscheinung nachgewiesen werden können. — Aus dem Orchester traten auf mit
verdientem Beifall der Klarinettist Landgraf, der Flötist Haake, der Oboist
Diethe und der Violoncellist Grützmacher, dem wir wol eine bedeutende Zu¬
kunft weissagen dürfen. Harfenvorträge geschahen durch Fräulein Eyes ans
Karlsruhe und Herrn Krüger aus Stuttgart. Jsabelle Dukter aus London,
die Schwester der obengenannten Klavierspielerin, spielte ein Stück ans der soge¬
nannten Concertiua (eine Art verbesserte Zugharmonika) zu nicht allzu großer
Erbauung der Zuhörer.

Was die Leistungen des Orchesters und die Ausführung der Jnstrumental-
werke betrifft, so dürfen wir nnr mit Behagen und großer innerer Befriedigung daran
zurückdenken. Die Leitung befand sich wie in früheren Jahren in den Händen
des Kapellmeisters Jul. Rietz und des Concertmeisters Ferdinand David, dem
jetzt auch die Direction der Singakademie übertragen ist. Es würde wie Eigenlob und
Dünkel erklingen, wollten wir uns weitläufiger über die Trefflichkeit der Ausführung
von classischen Tonwerken, wie wir sie hier zu hören gewohnt sind, verbreiten. Die
Verdienste unsrer Dirigenten und unsres Orchesters sind nicht von gestern, denn auch
der sorgfältigste Eifer würde nicht vermögen, innerhalb weniger Jahre ein so
musterhaftes Zusammenwirken zu erzielen. Wenn wir uus hier in dem glücklichen
Zustande befinden, nur Gutes zu erleben, so liegt dies hauptsächlich darin, daß
die musikalische Erziehung unsrer Jnstrumentalisten die sorgfältigste ist, und daß
ein immerwährendes Leben und Weben in unsren guten und classischen Touwcr-
kcn den Musikern große Sicherheit und Geschmack verleiht. Der Instrumentalis:
ist nach und nach auf den Standpunkt des freien Schaffens erhoben worden,
das peinliche Notenlesen hindert ihn nicht mehr an freier,- leichter und verständiger
Ausführung, und auch für deu Vortrag neuer Werke ist so viel Gewandtheit und
Sicherheit gewonnen worden, daß wenige Proben genügen, um auch bei den
schwersten Werken die gelungenste Ausführung hervorzubringen.

Das zweite Conccrtinstitut unsrer Stadt, der Musikverein Euterpe, hat
diesen Winter mit erfreulichsten Erfolge gewirkt. Die Summe der dabei wirken¬
den Mitglieder steht' dem Personale des Gewandhauses nur in wenigen'Zahlen
nach. Bei den so geringen Einnahmen des Vereins und dem daraus entspringenden
Unvermögen, berühmte Namen für schweres Geld zu gewinnen, muß seine Sorge


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0232" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94133"/>
            <p xml:id="ID_639" prev="#ID_638"> verherrlichen. Wir fügen nur hinzu, daß sie ihre früheren Leistungen in diesem<lb/>
Jahre bei weitem übertreffen und eine größere Menge begeisterter Verehrer sich<lb/>
geschaffen hat. Die beiden anderen Damen sind jugendliche, begabte Anfängerinnen,<lb/>
deren geistige und physische Kräfte noch tüchtiger Fortbildung bedürfen. Unter<lb/>
den Herren zeichnete sich Krüger aus dnrch solides »ud verständiges, wenn auch<lb/>
nicht warmes Spiel. Präger aus London war unbegreiflicher Weise von der<lb/>
Direction zum Auftreten gelassen worden. Er war ein Bild der Schwäche und<lb/>
Unsolidität, und es möchte in den Annalen des Gewandhauses kaum eine ähnliche<lb/>
Erscheinung nachgewiesen werden können. &#x2014; Aus dem Orchester traten auf mit<lb/>
verdientem Beifall der Klarinettist Landgraf, der Flötist Haake, der Oboist<lb/>
Diethe und der Violoncellist Grützmacher, dem wir wol eine bedeutende Zu¬<lb/>
kunft weissagen dürfen. Harfenvorträge geschahen durch Fräulein Eyes ans<lb/>
Karlsruhe und Herrn Krüger aus Stuttgart. Jsabelle Dukter aus London,<lb/>
die Schwester der obengenannten Klavierspielerin, spielte ein Stück ans der soge¬<lb/>
nannten Concertiua (eine Art verbesserte Zugharmonika) zu nicht allzu großer<lb/>
Erbauung der Zuhörer.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_640"> Was die Leistungen des Orchesters und die Ausführung der Jnstrumental-<lb/>
werke betrifft, so dürfen wir nnr mit Behagen und großer innerer Befriedigung daran<lb/>
zurückdenken. Die Leitung befand sich wie in früheren Jahren in den Händen<lb/>
des Kapellmeisters Jul. Rietz und des Concertmeisters Ferdinand David, dem<lb/>
jetzt auch die Direction der Singakademie übertragen ist. Es würde wie Eigenlob und<lb/>
Dünkel erklingen, wollten wir uns weitläufiger über die Trefflichkeit der Ausführung<lb/>
von classischen Tonwerken, wie wir sie hier zu hören gewohnt sind, verbreiten. Die<lb/>
Verdienste unsrer Dirigenten und unsres Orchesters sind nicht von gestern, denn auch<lb/>
der sorgfältigste Eifer würde nicht vermögen, innerhalb weniger Jahre ein so<lb/>
musterhaftes Zusammenwirken zu erzielen. Wenn wir uus hier in dem glücklichen<lb/>
Zustande befinden, nur Gutes zu erleben, so liegt dies hauptsächlich darin, daß<lb/>
die musikalische Erziehung unsrer Jnstrumentalisten die sorgfältigste ist, und daß<lb/>
ein immerwährendes Leben und Weben in unsren guten und classischen Touwcr-<lb/>
kcn den Musikern große Sicherheit und Geschmack verleiht. Der Instrumentalis:<lb/>
ist nach und nach auf den Standpunkt des freien Schaffens erhoben worden,<lb/>
das peinliche Notenlesen hindert ihn nicht mehr an freier,- leichter und verständiger<lb/>
Ausführung, und auch für deu Vortrag neuer Werke ist so viel Gewandtheit und<lb/>
Sicherheit gewonnen worden, daß wenige Proben genügen, um auch bei den<lb/>
schwersten Werken die gelungenste Ausführung hervorzubringen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_641" next="#ID_642"> Das zweite Conccrtinstitut unsrer Stadt, der Musikverein Euterpe, hat<lb/>
diesen Winter mit erfreulichsten Erfolge gewirkt. Die Summe der dabei wirken¬<lb/>
den Mitglieder steht' dem Personale des Gewandhauses nur in wenigen'Zahlen<lb/>
nach. Bei den so geringen Einnahmen des Vereins und dem daraus entspringenden<lb/>
Unvermögen, berühmte Namen für schweres Geld zu gewinnen, muß seine Sorge</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0232] verherrlichen. Wir fügen nur hinzu, daß sie ihre früheren Leistungen in diesem Jahre bei weitem übertreffen und eine größere Menge begeisterter Verehrer sich geschaffen hat. Die beiden anderen Damen sind jugendliche, begabte Anfängerinnen, deren geistige und physische Kräfte noch tüchtiger Fortbildung bedürfen. Unter den Herren zeichnete sich Krüger aus dnrch solides »ud verständiges, wenn auch nicht warmes Spiel. Präger aus London war unbegreiflicher Weise von der Direction zum Auftreten gelassen worden. Er war ein Bild der Schwäche und Unsolidität, und es möchte in den Annalen des Gewandhauses kaum eine ähnliche Erscheinung nachgewiesen werden können. — Aus dem Orchester traten auf mit verdientem Beifall der Klarinettist Landgraf, der Flötist Haake, der Oboist Diethe und der Violoncellist Grützmacher, dem wir wol eine bedeutende Zu¬ kunft weissagen dürfen. Harfenvorträge geschahen durch Fräulein Eyes ans Karlsruhe und Herrn Krüger aus Stuttgart. Jsabelle Dukter aus London, die Schwester der obengenannten Klavierspielerin, spielte ein Stück ans der soge¬ nannten Concertiua (eine Art verbesserte Zugharmonika) zu nicht allzu großer Erbauung der Zuhörer. Was die Leistungen des Orchesters und die Ausführung der Jnstrumental- werke betrifft, so dürfen wir nnr mit Behagen und großer innerer Befriedigung daran zurückdenken. Die Leitung befand sich wie in früheren Jahren in den Händen des Kapellmeisters Jul. Rietz und des Concertmeisters Ferdinand David, dem jetzt auch die Direction der Singakademie übertragen ist. Es würde wie Eigenlob und Dünkel erklingen, wollten wir uns weitläufiger über die Trefflichkeit der Ausführung von classischen Tonwerken, wie wir sie hier zu hören gewohnt sind, verbreiten. Die Verdienste unsrer Dirigenten und unsres Orchesters sind nicht von gestern, denn auch der sorgfältigste Eifer würde nicht vermögen, innerhalb weniger Jahre ein so musterhaftes Zusammenwirken zu erzielen. Wenn wir uus hier in dem glücklichen Zustande befinden, nur Gutes zu erleben, so liegt dies hauptsächlich darin, daß die musikalische Erziehung unsrer Jnstrumentalisten die sorgfältigste ist, und daß ein immerwährendes Leben und Weben in unsren guten und classischen Touwcr- kcn den Musikern große Sicherheit und Geschmack verleiht. Der Instrumentalis: ist nach und nach auf den Standpunkt des freien Schaffens erhoben worden, das peinliche Notenlesen hindert ihn nicht mehr an freier,- leichter und verständiger Ausführung, und auch für deu Vortrag neuer Werke ist so viel Gewandtheit und Sicherheit gewonnen worden, daß wenige Proben genügen, um auch bei den schwersten Werken die gelungenste Ausführung hervorzubringen. Das zweite Conccrtinstitut unsrer Stadt, der Musikverein Euterpe, hat diesen Winter mit erfreulichsten Erfolge gewirkt. Die Summe der dabei wirken¬ den Mitglieder steht' dem Personale des Gewandhauses nur in wenigen'Zahlen nach. Bei den so geringen Einnahmen des Vereins und dem daraus entspringenden Unvermögen, berühmte Namen für schweres Geld zu gewinnen, muß seine Sorge

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/232
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/232>, abgerufen am 24.07.2024.