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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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hätte, und allgemein verkäuflich wäre. Diese Arbeiten umfassen diejenigen der
Regierungshäupter und' Staatsmänner, die der Richter, Verwaltungs-Beamten
und Soldaten, die Arbeiten der Gelehrten und Künstler, so weit diese Letzteren
nicht verkäufliche Werke schaffen. Alle diese Arbeiten sind sehr wohl productiv,
wennauch nur mittelbar. Ihre Producte haben zwar keinen Marktpreis, aber
sie fördern theils die Schöpfung anderer Tauschwerthe, theils das geistige Wohl
des Menschen. Der Gesetzgeber schützt durch weise Gesetze das Gewerbe, der
Richter durch gerechten Spruch den einzelnen Gewerbtreibenden in seinem Eigen¬
thums, das Heer durch Schlagfertigkeit zum Kriege den für alle menschliche Pro-
duction segensreichen Frieden. Der Gelehrte und der Künstler bilden aber den
Geist der Menschen zur Vervollkommnung der Mittel und zur Verschönerung
der Formen in der Schöpfung ihrer Producte und zum reinen, geistigen Genusse
der himmlischen wie der irdischen Dinge, also zur Erreichung des höchsten Zieles
menschlichen Glückes, menschlichen Reichthums.

Diese beiden Arten der Arbeit nun wird jeder Staat vorzugsweise zu fördern
haben, während Arbeiten, welche nur den Einzelnen nützen, ohne doch der Ge¬
sammtheit einen Werth, einen unmittelbaren oder mittelbaren, einen sächlichen oder
geistigen zu schaffen, seine Aufmerksamkeit in der Regel nicht verdienen. So
nothwendig aber die gleichzeitige Uebung und Blüthe jener beiden Arten der
Arbeit sür die Blüthe des Staates ist, so hat derselbe doch bei der Gunst, welche
er ihnen schenken mag, nimmer zu vergessen, einmal, daß alles Gewerbe, sich
nur, wenn es frei und selbstständig ist, entwickeln kann, dann aber, daß die er¬
stere Art der Arbeit, das unmittelbar productive Gewerbe, die Bedingung jeder
Existenz der zweiten, der mittelbar productiven Arbeiten, und die zweite Art die
Bedingung nur der Vollkommenheit der erstern ist, daß also die zweite, wo sie
gewaltsam und störend in die erstere eingreift, nicht nur diese Thätigkeit, sondern
damit auch sich selbst verletzt und untergräbt. Auch in dem Verkennen dieser
beiden Wahrheiten, und in der daraus folgenden falschen Weise der Förderung
der Industrie, und der über diese verhängten Aussicht wird Seitens der Regierun¬
gen vielfach gefehlt.

Schwer sind die Fragen zu entscheiden, wie weit ein Staat durch Gesetz¬
gebung und Verwaltungsmaßregeln in der Unterstützung aller oder einzelner Ge¬
werbe gehen solle. Sicher ist, daß dadurch oftmals Zweige der Arbeit heraus¬
gezogen worden sind, von welchen unnatürlicher Weise der Einzelne Nutzen zog
zum Schaden der Gesammtheit, daß dadurch serner eine große Anzahl Menschen
zu einem Gewerbe gebildet und herangezogen worden sind, welche der Dürftigkeit
anheimfielen, nachdem die Opfer hierfür dem Staate unerträglich geworden waren.
Nicht schwer aber ist die Frage zu beantworten, ob der Staat weise handle, wenn
er den Unterthauen in der Wahl, in dem Wechsel und in der Ausübung ihres
Gewerbes Vorschriften macht, welche sich weiter erstrecken, als dahin, allen Unter-


hätte, und allgemein verkäuflich wäre. Diese Arbeiten umfassen diejenigen der
Regierungshäupter und' Staatsmänner, die der Richter, Verwaltungs-Beamten
und Soldaten, die Arbeiten der Gelehrten und Künstler, so weit diese Letzteren
nicht verkäufliche Werke schaffen. Alle diese Arbeiten sind sehr wohl productiv,
wennauch nur mittelbar. Ihre Producte haben zwar keinen Marktpreis, aber
sie fördern theils die Schöpfung anderer Tauschwerthe, theils das geistige Wohl
des Menschen. Der Gesetzgeber schützt durch weise Gesetze das Gewerbe, der
Richter durch gerechten Spruch den einzelnen Gewerbtreibenden in seinem Eigen¬
thums, das Heer durch Schlagfertigkeit zum Kriege den für alle menschliche Pro-
duction segensreichen Frieden. Der Gelehrte und der Künstler bilden aber den
Geist der Menschen zur Vervollkommnung der Mittel und zur Verschönerung
der Formen in der Schöpfung ihrer Producte und zum reinen, geistigen Genusse
der himmlischen wie der irdischen Dinge, also zur Erreichung des höchsten Zieles
menschlichen Glückes, menschlichen Reichthums.

Diese beiden Arten der Arbeit nun wird jeder Staat vorzugsweise zu fördern
haben, während Arbeiten, welche nur den Einzelnen nützen, ohne doch der Ge¬
sammtheit einen Werth, einen unmittelbaren oder mittelbaren, einen sächlichen oder
geistigen zu schaffen, seine Aufmerksamkeit in der Regel nicht verdienen. So
nothwendig aber die gleichzeitige Uebung und Blüthe jener beiden Arten der
Arbeit sür die Blüthe des Staates ist, so hat derselbe doch bei der Gunst, welche
er ihnen schenken mag, nimmer zu vergessen, einmal, daß alles Gewerbe, sich
nur, wenn es frei und selbstständig ist, entwickeln kann, dann aber, daß die er¬
stere Art der Arbeit, das unmittelbar productive Gewerbe, die Bedingung jeder
Existenz der zweiten, der mittelbar productiven Arbeiten, und die zweite Art die
Bedingung nur der Vollkommenheit der erstern ist, daß also die zweite, wo sie
gewaltsam und störend in die erstere eingreift, nicht nur diese Thätigkeit, sondern
damit auch sich selbst verletzt und untergräbt. Auch in dem Verkennen dieser
beiden Wahrheiten, und in der daraus folgenden falschen Weise der Förderung
der Industrie, und der über diese verhängten Aussicht wird Seitens der Regierun¬
gen vielfach gefehlt.

Schwer sind die Fragen zu entscheiden, wie weit ein Staat durch Gesetz¬
gebung und Verwaltungsmaßregeln in der Unterstützung aller oder einzelner Ge¬
werbe gehen solle. Sicher ist, daß dadurch oftmals Zweige der Arbeit heraus¬
gezogen worden sind, von welchen unnatürlicher Weise der Einzelne Nutzen zog
zum Schaden der Gesammtheit, daß dadurch serner eine große Anzahl Menschen
zu einem Gewerbe gebildet und herangezogen worden sind, welche der Dürftigkeit
anheimfielen, nachdem die Opfer hierfür dem Staate unerträglich geworden waren.
Nicht schwer aber ist die Frage zu beantworten, ob der Staat weise handle, wenn
er den Unterthauen in der Wahl, in dem Wechsel und in der Ausübung ihres
Gewerbes Vorschriften macht, welche sich weiter erstrecken, als dahin, allen Unter-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/151>, abgerufen am 04.07.2024.