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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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und von Südamerika u. s. w. An der Basis der Kuppel lauft eine Galerie
26 Fuß über dem Boden rings um das innere Gewächshaus, von welchem man
diese tropische Welt mit einem Blicke übersehen kann. -- Zur Erwärmung dieses
großen Raumes dienen 8 in einem Tunnel unter dem Fußboden angebrachte
Thermosvphen -- Heizungen mit warmem Wasser -- und die Leituugsröhren ver¬
breiten sich in einer Ausdehnung von 14,4.00 Fuß durch den ganzen Winter¬
garten. Zur Herbeischaffung der Steinkohlen ist eine besondere unterirdische
Eisenbahn eingerichtet, und auch der Rauch geht eine Strecke lang unter der
Erde fort, damit der Blumengarten nicht davon berührt wird.

In Deutschland entstand eine andere Art von Wintergarten, welche zum
allgemeinen geselligen Vergnügen eingerichtet sind, und zu demselben Zwecke dienen,
wie ein Kaffeehaus und Nestaurationsgarten ersten Ranges.

Den ersten Wintergarten dieser Art legte der Kunstgärtner Leopold Faust in
Berlin, am Eude der Königstraße, dicht an der Kvnigsbrücke an, der unter dem
Namen Faust's Wintergarten eine europäische Berühmtheit erlangt hat, und noch
besteht. Er besteht ans zwei Glashäusern und einem mit Gewächsen verzierten
Saale, welche unmittelbar mit einander verbunden sind. Der vordere Glassaal
von 100 Fuß Länge und 33 Fuß Breite hat eine Allee von Orangen-, Myrthen-
und Lorbeerbäumen, zwischen welcher zahlreiche Pflanzengruppen, Blumenstellagen
n. s. w. steheu, welche die Sitzplätze umgeben. Von einer erhöhten Galerie sieht
man diese Räume vou oben, und gelangt dann in den großen Mittelsaal, in
welchem bei glänzender Beleuchtung fast täglich Concerte stattfinden, mit welchen
Blnmenverloosnngen und um die Weihnachtszeit Ausstellungen verbunden sind.
Darauf folgte der Wintergarten von Hamburg, 1836 von Maurice zu Tivoli,
Vorstadt Se. Georg, augelegt, er besteht aus einem Saal und großen Gewächs-
Hans; und der Wintergarten in Breslau von Kroll augelegt, ein großer Saal
mit zwei langen schmalen Flügeln, auf der Sonnenseite Glaswände, auf der
Rückseite Bogen; das Ganze dnrch Schlinggewächse, Orangerie und Tvpfblumen
geschmackvoll verziert. Er war einfacher, aber hübscher decorirt, als der spätere
Berliner, erhielt sich aber in seiner Frische nur wenige Jahre. Im Jahre 1844
wurde von Kroll zu Berlin der große, jetzt niedergebrannte Wintergarten, am
Exereirplatze vor dem Brandenburger Thore, angelegt. Doch ist die Bezeichnung
Wintergarten für ein luxuriös eingerichtetes Local, welches mit Blumen und
Pflanzen blos ausgeschmückt ist, etwas willkürlich. Das Ganze bestand in der
Hauptsache wieder aus einem kolossalen, glänzenden Saal und laugen, nach Art
eines Gewächshauses eingerichteten Seitenflügeln, im Ganzen 366 Fuß lang und
in der Mitte 95 Fuß breit. Von Außen gewährte dieser Bau mit seinen zwei
Thürmen einen imposanten Anblick. Im Innern war Alles aus das Kostbarste
und Glänzendste eingerichtet. Die Heizung wurde durch erwärmte Lust bewerk¬
stelligt, was ebeu nicht angenehm ist. In diesen Tagen steht die Einweihung


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und von Südamerika u. s. w. An der Basis der Kuppel lauft eine Galerie
26 Fuß über dem Boden rings um das innere Gewächshaus, von welchem man
diese tropische Welt mit einem Blicke übersehen kann. — Zur Erwärmung dieses
großen Raumes dienen 8 in einem Tunnel unter dem Fußboden angebrachte
Thermosvphen — Heizungen mit warmem Wasser — und die Leituugsröhren ver¬
breiten sich in einer Ausdehnung von 14,4.00 Fuß durch den ganzen Winter¬
garten. Zur Herbeischaffung der Steinkohlen ist eine besondere unterirdische
Eisenbahn eingerichtet, und auch der Rauch geht eine Strecke lang unter der
Erde fort, damit der Blumengarten nicht davon berührt wird.

In Deutschland entstand eine andere Art von Wintergarten, welche zum
allgemeinen geselligen Vergnügen eingerichtet sind, und zu demselben Zwecke dienen,
wie ein Kaffeehaus und Nestaurationsgarten ersten Ranges.

Den ersten Wintergarten dieser Art legte der Kunstgärtner Leopold Faust in
Berlin, am Eude der Königstraße, dicht an der Kvnigsbrücke an, der unter dem
Namen Faust's Wintergarten eine europäische Berühmtheit erlangt hat, und noch
besteht. Er besteht ans zwei Glashäusern und einem mit Gewächsen verzierten
Saale, welche unmittelbar mit einander verbunden sind. Der vordere Glassaal
von 100 Fuß Länge und 33 Fuß Breite hat eine Allee von Orangen-, Myrthen-
und Lorbeerbäumen, zwischen welcher zahlreiche Pflanzengruppen, Blumenstellagen
n. s. w. steheu, welche die Sitzplätze umgeben. Von einer erhöhten Galerie sieht
man diese Räume vou oben, und gelangt dann in den großen Mittelsaal, in
welchem bei glänzender Beleuchtung fast täglich Concerte stattfinden, mit welchen
Blnmenverloosnngen und um die Weihnachtszeit Ausstellungen verbunden sind.
Darauf folgte der Wintergarten von Hamburg, 1836 von Maurice zu Tivoli,
Vorstadt Se. Georg, augelegt, er besteht aus einem Saal und großen Gewächs-
Hans; und der Wintergarten in Breslau von Kroll augelegt, ein großer Saal
mit zwei langen schmalen Flügeln, auf der Sonnenseite Glaswände, auf der
Rückseite Bogen; das Ganze dnrch Schlinggewächse, Orangerie und Tvpfblumen
geschmackvoll verziert. Er war einfacher, aber hübscher decorirt, als der spätere
Berliner, erhielt sich aber in seiner Frische nur wenige Jahre. Im Jahre 1844
wurde von Kroll zu Berlin der große, jetzt niedergebrannte Wintergarten, am
Exereirplatze vor dem Brandenburger Thore, angelegt. Doch ist die Bezeichnung
Wintergarten für ein luxuriös eingerichtetes Local, welches mit Blumen und
Pflanzen blos ausgeschmückt ist, etwas willkürlich. Das Ganze bestand in der
Hauptsache wieder aus einem kolossalen, glänzenden Saal und laugen, nach Art
eines Gewächshauses eingerichteten Seitenflügeln, im Ganzen 366 Fuß lang und
in der Mitte 95 Fuß breit. Von Außen gewährte dieser Bau mit seinen zwei
Thürmen einen imposanten Anblick. Im Innern war Alles aus das Kostbarste
und Glänzendste eingerichtet. Die Heizung wurde durch erwärmte Lust bewerk¬
stelligt, was ebeu nicht angenehm ist. In diesen Tagen steht die Einweihung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/389>, abgerufen am 22.07.2024.