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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

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befohlen," antwortete ruhig der Oestreicher, ließ wie absichtslos die Hand an den
Säbel klirren, und siehe da, es ging; echte Söhne der Lombardei halten noch
heute die Wachen der Lübeckschen Thore besetzt. Auch der noch würdevollere
Senat von Hamburg, der so viel vou seiner freireichsstaatlicheu Selbstständigkeit
hielt, wollte erst die Miene annehmen, sich der Einquartirung der Oestreicher zu
widersetzen. Unnützer Einfall! Mit klingender Musik sind dieselben eingezogen,
haben die Wachen, die ihnen am bequemsten erschienen, besetzt, haben die
Forderung gestellt, daß sie allein und uicht der Befehlshaber des Hamburgischen
Militairs die Parole ausgeben müßten, und lassen es sich jetzt recht gut in der
reichen Stadt schmecken, wofür der Senat pro Mann täglich 12 Schillinge ver¬
gütet, während er selbst nur 2 Schillinge wiedererhält. Man rechnet, daß diese
k. k. Einquartirung Hamburg allein wöchentlich an 13M0 Thaler kosten wird. --
Ein gutes Bild unserer Geschichte der letzten drei Jahre liefern -- nebenbei be>
merkt -- die Einquartirungen fremder Truppen, die Hamburg in diesem Zeitraum
gehabt hat. Von dem unermeßlichen Jubel der Bevölkerung begrüßt, zogen
im April 1848 die zwei preußischen Garderegimenter hier ein, die ersten nicht
Hamburgischen Soldaten, die man seit 1815 gesehen, den Kampf Schleswig-
Holsteins mit schlagen zu helfen; audere preußische, hannoversche, oldeuburgische,
mecklenburgische Truppen folgten bald, und man mußte glauben, es seien genug
Soldaten da, um die kleine dänische Armee mit leichter Mühe zu vernichten.
Der Sturm auf das Dannevirke ward heldenmüthig von den Preußen gemacht,
und viele dänische Gefangene kamen durch Hamburg, um nach der hannoverschen
Festung Stade gebracht zu werdeu'; mißmuthig kehrten die Truppen im Herbst
wieder zurück. Im Frühling 18-49 ging der Durchmarsch von Neuem an; vou
28 verschiedenen deutschen Landestheilen kamen Soldaten, wieder für Schleswig-
Holstein zu fechten. Baiern sandte Regimenter vom Jnn und ans der Nhein-
Pfalz, Würtemberg aus der schwäbischen Alp, Baden aus deu Breisgauer Thälern,
Sachsen vom Erzgebirge, Preußen polnische Landwehren, selbst der Fürst von
Hessen-Homburg mußte 40 Mann von der Ehrenwache seiner Spielbank entsenden.
Der Hamburger glaubte, die dänische Armee werde mit Haut und Haar gefressen
werden; beschämt kehrten die Truppen im Herbst wieder unverrichteter Sache nach
Hanse zurück. Jetzt, wo. die Schleswig-Holsteiner allem unternommen hatten,
den Krieg zu beendigen, rücken wieder östreichische, ja selbst preußische Truppen
hier durch, dasselbe Schleswig-holsteinische Heer entwaffnen zu helfen. Diesen trau¬
rigen Auftrag erhielt das achte preußische Regiment, das ich unter dem Spott der
Hamburger Bevölkerung so eben über die Wälle um die Stadt herum uach
Holstein marschiren sah, escortirt von k. k. östreichischen Officieren.

Eine andere recht trübselige Rolle sah ich die armen preußischen Pio¬
niere spielen, welche unweit des mecklenburgischen Städtchens Boitzenburg den
Oestreichern eine Pontonbrücke aufschlagen sollten, damit diese bequemer


befohlen," antwortete ruhig der Oestreicher, ließ wie absichtslos die Hand an den
Säbel klirren, und siehe da, es ging; echte Söhne der Lombardei halten noch
heute die Wachen der Lübeckschen Thore besetzt. Auch der noch würdevollere
Senat von Hamburg, der so viel vou seiner freireichsstaatlicheu Selbstständigkeit
hielt, wollte erst die Miene annehmen, sich der Einquartirung der Oestreicher zu
widersetzen. Unnützer Einfall! Mit klingender Musik sind dieselben eingezogen,
haben die Wachen, die ihnen am bequemsten erschienen, besetzt, haben die
Forderung gestellt, daß sie allein und uicht der Befehlshaber des Hamburgischen
Militairs die Parole ausgeben müßten, und lassen es sich jetzt recht gut in der
reichen Stadt schmecken, wofür der Senat pro Mann täglich 12 Schillinge ver¬
gütet, während er selbst nur 2 Schillinge wiedererhält. Man rechnet, daß diese
k. k. Einquartirung Hamburg allein wöchentlich an 13M0 Thaler kosten wird. —
Ein gutes Bild unserer Geschichte der letzten drei Jahre liefern — nebenbei be>
merkt — die Einquartirungen fremder Truppen, die Hamburg in diesem Zeitraum
gehabt hat. Von dem unermeßlichen Jubel der Bevölkerung begrüßt, zogen
im April 1848 die zwei preußischen Garderegimenter hier ein, die ersten nicht
Hamburgischen Soldaten, die man seit 1815 gesehen, den Kampf Schleswig-
Holsteins mit schlagen zu helfen; audere preußische, hannoversche, oldeuburgische,
mecklenburgische Truppen folgten bald, und man mußte glauben, es seien genug
Soldaten da, um die kleine dänische Armee mit leichter Mühe zu vernichten.
Der Sturm auf das Dannevirke ward heldenmüthig von den Preußen gemacht,
und viele dänische Gefangene kamen durch Hamburg, um nach der hannoverschen
Festung Stade gebracht zu werdeu'; mißmuthig kehrten die Truppen im Herbst
wieder zurück. Im Frühling 18-49 ging der Durchmarsch von Neuem an; vou
28 verschiedenen deutschen Landestheilen kamen Soldaten, wieder für Schleswig-
Holstein zu fechten. Baiern sandte Regimenter vom Jnn und ans der Nhein-
Pfalz, Würtemberg aus der schwäbischen Alp, Baden aus deu Breisgauer Thälern,
Sachsen vom Erzgebirge, Preußen polnische Landwehren, selbst der Fürst von
Hessen-Homburg mußte 40 Mann von der Ehrenwache seiner Spielbank entsenden.
Der Hamburger glaubte, die dänische Armee werde mit Haut und Haar gefressen
werden; beschämt kehrten die Truppen im Herbst wieder unverrichteter Sache nach
Hanse zurück. Jetzt, wo. die Schleswig-Holsteiner allem unternommen hatten,
den Krieg zu beendigen, rücken wieder östreichische, ja selbst preußische Truppen
hier durch, dasselbe Schleswig-holsteinische Heer entwaffnen zu helfen. Diesen trau¬
rigen Auftrag erhielt das achte preußische Regiment, das ich unter dem Spott der
Hamburger Bevölkerung so eben über die Wälle um die Stadt herum uach
Holstein marschiren sah, escortirt von k. k. östreichischen Officieren.

Eine andere recht trübselige Rolle sah ich die armen preußischen Pio¬
niere spielen, welche unweit des mecklenburgischen Städtchens Boitzenburg den
Oestreichern eine Pontonbrücke aufschlagen sollten, damit diese bequemer


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/315>, abgerufen am 28.06.2024.