Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.dem Bändiger des ungarischen Löwen zu Füßen legte, als bereits in Ofen ein Bei diesem traurigen Bilde treten die eigentlichen politischen Fragen ganz Schließlich erlaube ich mir hier noch eine kurze Bemerkung gegen einen sieben- dem Bändiger des ungarischen Löwen zu Füßen legte, als bereits in Ofen ein Bei diesem traurigen Bilde treten die eigentlichen politischen Fragen ganz Schließlich erlaube ich mir hier noch eine kurze Bemerkung gegen einen sieben- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0043" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/91236"/> <p xml:id="ID_100" prev="#ID_99"> dem Bändiger des ungarischen Löwen zu Füßen legte, als bereits in Ofen ein<lb/> ähnliches Project für den Feldmarschall Radetzky zur Geltung gelangte und ein<lb/> Diplom in Anfertigung ist, das nicht weniger als sage viertausend Gulden<lb/> Münze kosten wird; — und im Vaterlande leben so viele verkrüppelte, arbeits¬<lb/> unfähige Männer, so viele verlassene Wittwen, deren Männer in der kühlen Erde<lb/> oder im schwülen Kerker begraben sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_101"> Bei diesem traurigen Bilde treten die eigentlichen politischen Fragen ganz<lb/> in den Hintergrund, und mir einige neue Verhaftungen erinnern daran. Man<lb/> will nämlich eine geheime Korrespondenz zwischen Pesth und Kiutahia entdeckt<lb/> haben, die in Ziffern und mit chemischer Tinte geführt wurde, die aber, wie<lb/> selbst die Berichte der Negicruugsblättcr lauten, durchaus keinen politischen<lb/> Inhalt zeigte. Die definitive Ernennung der Administrationsbeamten — in<lb/> früherer Zeit nannte man sie politische Beamten, allein nomina sunt oclios-r,<lb/> und man hat in neuerer Zeit eine unverfänglicherer und jedenfalls bezeichnenderen<lb/> Ausdruck gewählt — gibt wieder zu verschiedenen Combinationen Anlaß. Die<lb/> von dem N. B. mitgetheilte Nachricht, daß die Regierung gesonnen sei, Ungarn<lb/> mit Mähren, Siebenbürgen mit Galizien zu verbinden, um das große Oestreich<lb/> in dieser neuen Emballage in den deutschen Bund einzuschwätzen, hat hier nur<lb/> Gelächter erregt. Noch mehr Interesse hat für unser Publicum noch immer jenes<lb/> blasse Männlein in Kiutahia, und die von glaubwürdigen und eingeweihten Per¬<lb/> sonen mitgetheilte Kunde, daß die Jnternirung der Flüchtlinge doch bald ihrem<lb/> Ende zugeführt werden dürste, und daß der Kongreß von Washington ein eigenes<lb/> Schiff zur Ausnahme Kossuth's entsendet habe, hat manch' schönem Auge eine<lb/> Dankeszähre erpreßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_102" next="#ID_103"> Schließlich erlaube ich mir hier noch eine kurze Bemerkung gegen einen sieben-<lb/> bürgisch-sächstschen Korrespondenten in der AugSb. A. Z., der mich wegen einer<lb/> den Wallachenhäuptliug Axenti betreffenden Mittheilung in Ur. 2 dieser Blätter<lb/> der Verleumdung anklagt. Der unparteiische Leser wird selbst aus der „Wider¬<lb/> legung" ersehen, wie weit meine Mittheilung von Verleumdung entfernt ist, und<lb/> ich brauche hier nur auf meine frühern die Sachsen in Siebenbürgen betreffen¬<lb/> den Mittheilungen hinzuweisen, die den geehrten Korrespondenten der A. A. Z.<lb/> überzeugen konnten, wie wenig ich geneigt bin, einen „ehrenwerthen dentschen<lb/> Volksstamm vor dem dentschen Publicum zu verunglimpfen". Wie jeder ver¬<lb/> nünftige Magyar achte und schätze auch ich in den stebenbürger Sachsen ein<lb/> kräftiges, arbeitsames, in der Cultur seinen Nachbarstämmen vorausgeschrittenes<lb/> Völkchen, welches berufen ist, eine bedeutende Rolle in der Entwickelung der<lb/> Verhältnisse Siebenbürgens und selbst Ungarns zu spielen, von dem wir aber<lb/> nicht sagen können, daß es bisher seinen Beruf erfüllt hätte. Als die ungarischen<lb/> Könige dieses Glied eines großen civilisirten Volkes nach Ungarn zogen, und es '<lb/> mit ihrer Gunst überhäuften, konnte ihr Zweck einzig und allein der sein, die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0043]
dem Bändiger des ungarischen Löwen zu Füßen legte, als bereits in Ofen ein
ähnliches Project für den Feldmarschall Radetzky zur Geltung gelangte und ein
Diplom in Anfertigung ist, das nicht weniger als sage viertausend Gulden
Münze kosten wird; — und im Vaterlande leben so viele verkrüppelte, arbeits¬
unfähige Männer, so viele verlassene Wittwen, deren Männer in der kühlen Erde
oder im schwülen Kerker begraben sind.
Bei diesem traurigen Bilde treten die eigentlichen politischen Fragen ganz
in den Hintergrund, und mir einige neue Verhaftungen erinnern daran. Man
will nämlich eine geheime Korrespondenz zwischen Pesth und Kiutahia entdeckt
haben, die in Ziffern und mit chemischer Tinte geführt wurde, die aber, wie
selbst die Berichte der Negicruugsblättcr lauten, durchaus keinen politischen
Inhalt zeigte. Die definitive Ernennung der Administrationsbeamten — in
früherer Zeit nannte man sie politische Beamten, allein nomina sunt oclios-r,
und man hat in neuerer Zeit eine unverfänglicherer und jedenfalls bezeichnenderen
Ausdruck gewählt — gibt wieder zu verschiedenen Combinationen Anlaß. Die
von dem N. B. mitgetheilte Nachricht, daß die Regierung gesonnen sei, Ungarn
mit Mähren, Siebenbürgen mit Galizien zu verbinden, um das große Oestreich
in dieser neuen Emballage in den deutschen Bund einzuschwätzen, hat hier nur
Gelächter erregt. Noch mehr Interesse hat für unser Publicum noch immer jenes
blasse Männlein in Kiutahia, und die von glaubwürdigen und eingeweihten Per¬
sonen mitgetheilte Kunde, daß die Jnternirung der Flüchtlinge doch bald ihrem
Ende zugeführt werden dürste, und daß der Kongreß von Washington ein eigenes
Schiff zur Ausnahme Kossuth's entsendet habe, hat manch' schönem Auge eine
Dankeszähre erpreßt.
Schließlich erlaube ich mir hier noch eine kurze Bemerkung gegen einen sieben-
bürgisch-sächstschen Korrespondenten in der AugSb. A. Z., der mich wegen einer
den Wallachenhäuptliug Axenti betreffenden Mittheilung in Ur. 2 dieser Blätter
der Verleumdung anklagt. Der unparteiische Leser wird selbst aus der „Wider¬
legung" ersehen, wie weit meine Mittheilung von Verleumdung entfernt ist, und
ich brauche hier nur auf meine frühern die Sachsen in Siebenbürgen betreffen¬
den Mittheilungen hinzuweisen, die den geehrten Korrespondenten der A. A. Z.
überzeugen konnten, wie wenig ich geneigt bin, einen „ehrenwerthen dentschen
Volksstamm vor dem dentschen Publicum zu verunglimpfen". Wie jeder ver¬
nünftige Magyar achte und schätze auch ich in den stebenbürger Sachsen ein
kräftiges, arbeitsames, in der Cultur seinen Nachbarstämmen vorausgeschrittenes
Völkchen, welches berufen ist, eine bedeutende Rolle in der Entwickelung der
Verhältnisse Siebenbürgens und selbst Ungarns zu spielen, von dem wir aber
nicht sagen können, daß es bisher seinen Beruf erfüllt hätte. Als die ungarischen
Könige dieses Glied eines großen civilisirten Volkes nach Ungarn zogen, und es '
mit ihrer Gunst überhäuften, konnte ihr Zweck einzig und allein der sein, die
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