Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.ganzen Gotteswelt keine Gegner hatten. Sie thaten daher sehr vorsichtig mit Am Besten spielte Gaj selbst den KranässixnLur. Kam man zu ihm, so Endlich wurde die "Geschichte Großillyriens" von or. Ljudewit Gaj als Die Wirkungen dieser patriotischen Charlatanerien waren jedoch verhängnißvoll. ganzen Gotteswelt keine Gegner hatten. Sie thaten daher sehr vorsichtig mit Am Besten spielte Gaj selbst den KranässixnLur. Kam man zu ihm, so Endlich wurde die „Geschichte Großillyriens" von or. Ljudewit Gaj als Die Wirkungen dieser patriotischen Charlatanerien waren jedoch verhängnißvoll. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0033" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/91226"/> <p xml:id="ID_61" prev="#ID_60"> ganzen Gotteswelt keine Gegner hatten. Sie thaten daher sehr vorsichtig mit<lb/> den alltäglichsten Dingen, sie verwahrten sich, was ganz überflüssig war, gegen<lb/> jede nähere Freundschaft mit den Serben und mit Rußland, verwahrten sich ernst¬<lb/> lich gegen den Panslavismus, sie schmeichelte» der östreichischen Regierung und<lb/> thaten so schwarzgelb als etwa heute die Wiener Gutgesinnten, wodurch sie un¬<lb/> nöthiger Weise den Magyaren Stoff zu Declamationen und zu Klagen über die<lb/> Begünstigung des Jllyrismus Seitens der Regierung gaben und am allermeisten<lb/> sich selbst schadete», weil Metternich, um es nicht mit den Magyaren gänzlich zu<lb/> verderben, jetzt nothwendig als ^uMer toiraus gegen den Jllyrismus auftreten<lb/> mußte. Wenn zwei Jllyrier einander begegneten und einander von den Handbillets<lb/> des Erzherzogs A. oder des Ministers U. an Gaj ansprachen, mußte der Fremde<lb/> unwillkürlich an Cicero's Augurn denken und sich wundern, daß die Herren sich<lb/> nicht ins Gesicht lachten; aber freilich glaubten sie an das Zeug.</p><lb/> <p xml:id="ID_62"> Am Besten spielte Gaj selbst den KranässixnLur. Kam man zu ihm, so<lb/> sprach er vor seinen unerträglich vielen Geschäften, (obwohl er nichts that als<lb/> Besuche empfangen. Jetzt war Bosnien, dann wieder Serbien der Gegenstand<lb/> seiner Sorgfalt und diplomatischen Korrespondenz; vor sehr vertrauten Freunden<lb/> wurde auch der Name Rußland mit gut geheuchelter Vorsicht genannt. Man be¬<lb/> dauerte den geplagten Diplomaten; wehe dem, der gezweifelt hätte! Gleichzeitig<lb/> versicherte Gaj seine Gäste, er sei von angestrengter Geistesarbeit ganz erschöpft<lb/> — und arbeite Tag und Nacht an seiner „Geschichte Gu'ßillyriens," eines Werkes,<lb/> das Gaj's Anhänger ohne ein Wort davon gesehen zu haben, für das größte<lb/> Meisterwerk historischer Forschung und Kunst erklärten. Von diesem Werk wird<lb/> seit fünfzehn Jahren gesprochen; Gaj coquettirte mit Censurschwicrigkeiten, von<lb/> von welchen gar keine Rede war.</p><lb/> <p xml:id="ID_63"> Endlich wurde die „Geschichte Großillyriens" von or. Ljudewit Gaj als<lb/> Vollender ««gekündigt und 1847 der Wiener Censur unterbreitet. Daß sie weder<lb/> damals noch heute erschien, hat seinen Grund nicht, wie Gaj klagte, in Censur-<lb/> hiudernissen, denn der Censor, ein als Philolog und Historiker gleich ausgezeich¬<lb/> neter slavischer Gelehrter, hat nicht ein Wörtchen in dein Mannscripte gestrichen,<lb/> sondern darin, daß Or. M —, der Censor, wie er mir selbst erzählte, Herrn<lb/> Gaj den wohlgemeinten Rath gab, „er möge, wenn ihm die Ehre seines Namens<lb/> und seines Volkes lieb sei, diese Geschichte nicht drucken lassen." Sie ist nämlich<lb/> nichts Anderes, als eine planlose und nachläßige Zusammenstellung von Excerpten<lb/> aus jenen schlechten Chroniken, welche ich oben erwähnt habe. Gaj war klug<lb/> genug, den freilich nicht schmeichelhaften, aber gutgemeinten Rath or. M—'s zu<lb/> befolgen.</p><lb/> <p xml:id="ID_64" next="#ID_65"> Die Wirkungen dieser patriotischen Charlatanerien waren jedoch verhängnißvoll.<lb/> Die Veränderung des Volks-Namens hatte besonders bei ältern Leuten in Kroatien<lb/> großes Mißfallen erregt; nicht aus historischen Gründen, sondern weil ihnen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0033]
ganzen Gotteswelt keine Gegner hatten. Sie thaten daher sehr vorsichtig mit
den alltäglichsten Dingen, sie verwahrten sich, was ganz überflüssig war, gegen
jede nähere Freundschaft mit den Serben und mit Rußland, verwahrten sich ernst¬
lich gegen den Panslavismus, sie schmeichelte» der östreichischen Regierung und
thaten so schwarzgelb als etwa heute die Wiener Gutgesinnten, wodurch sie un¬
nöthiger Weise den Magyaren Stoff zu Declamationen und zu Klagen über die
Begünstigung des Jllyrismus Seitens der Regierung gaben und am allermeisten
sich selbst schadete», weil Metternich, um es nicht mit den Magyaren gänzlich zu
verderben, jetzt nothwendig als ^uMer toiraus gegen den Jllyrismus auftreten
mußte. Wenn zwei Jllyrier einander begegneten und einander von den Handbillets
des Erzherzogs A. oder des Ministers U. an Gaj ansprachen, mußte der Fremde
unwillkürlich an Cicero's Augurn denken und sich wundern, daß die Herren sich
nicht ins Gesicht lachten; aber freilich glaubten sie an das Zeug.
Am Besten spielte Gaj selbst den KranässixnLur. Kam man zu ihm, so
sprach er vor seinen unerträglich vielen Geschäften, (obwohl er nichts that als
Besuche empfangen. Jetzt war Bosnien, dann wieder Serbien der Gegenstand
seiner Sorgfalt und diplomatischen Korrespondenz; vor sehr vertrauten Freunden
wurde auch der Name Rußland mit gut geheuchelter Vorsicht genannt. Man be¬
dauerte den geplagten Diplomaten; wehe dem, der gezweifelt hätte! Gleichzeitig
versicherte Gaj seine Gäste, er sei von angestrengter Geistesarbeit ganz erschöpft
— und arbeite Tag und Nacht an seiner „Geschichte Gu'ßillyriens," eines Werkes,
das Gaj's Anhänger ohne ein Wort davon gesehen zu haben, für das größte
Meisterwerk historischer Forschung und Kunst erklärten. Von diesem Werk wird
seit fünfzehn Jahren gesprochen; Gaj coquettirte mit Censurschwicrigkeiten, von
von welchen gar keine Rede war.
Endlich wurde die „Geschichte Großillyriens" von or. Ljudewit Gaj als
Vollender ««gekündigt und 1847 der Wiener Censur unterbreitet. Daß sie weder
damals noch heute erschien, hat seinen Grund nicht, wie Gaj klagte, in Censur-
hiudernissen, denn der Censor, ein als Philolog und Historiker gleich ausgezeich¬
neter slavischer Gelehrter, hat nicht ein Wörtchen in dein Mannscripte gestrichen,
sondern darin, daß Or. M —, der Censor, wie er mir selbst erzählte, Herrn
Gaj den wohlgemeinten Rath gab, „er möge, wenn ihm die Ehre seines Namens
und seines Volkes lieb sei, diese Geschichte nicht drucken lassen." Sie ist nämlich
nichts Anderes, als eine planlose und nachläßige Zusammenstellung von Excerpten
aus jenen schlechten Chroniken, welche ich oben erwähnt habe. Gaj war klug
genug, den freilich nicht schmeichelhaften, aber gutgemeinten Rath or. M—'s zu
befolgen.
Die Wirkungen dieser patriotischen Charlatanerien waren jedoch verhängnißvoll.
Die Veränderung des Volks-Namens hatte besonders bei ältern Leuten in Kroatien
großes Mißfallen erregt; nicht aus historischen Gründen, sondern weil ihnen
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