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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.

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unmöglich machen. Einen Herrn, der eine buutgemalte französische Säemaschine
auf einer hohen Balkenunterlage zwischen seinem Palast und dem vogelbauerartigen
Pferdeställe wie eine Statue aufgestellt hatte, frug ich, wozu er das Ding be¬
sitze, da es sich bei seiner Feldbestellung gar nicht anwenden lasse? "O ange¬
wendet soll es auch nicht werden," entgegnete er, "aber es ist gut, solche Dinge zu
haben, denn man muß mit der ausländischen Landwirthschaft vertraut sein." Aber
Nichts macht den polnischen Edelmann so glücklich und stolz als eine Dreschma¬
schine. Das Geklapper und Gebrans derselben ist für den Besitzer eine wahre
Triumphmusik, und hier verzeiht mau dem Manne die Eitelkeit gern, weil die
Maschine doch wirklich gebraucht wird, und die dnrch sie ersparte Zeit eine für die
Wirthschaft sehr heilsame Folge haben könnte. Denn der Mangel an Arbeits¬
kräften ist in Polen sehr fühlbar. Ein Dorf von acht bis zehn Bauerhöfen, wel¬
ches vielleicht kaum fünfundzwanzig bis dreißig erwachsene und arbeitstüchtige Leute
besitzt, hat oft ein Bvdengebiet von ein bis zwei Quadratmeilen, und würde da¬
her zehnmal mehr Arbeiter nöthig haben, wenn der Boden gehörig durch Feld¬
bau benutzt werden sollte. Allein die Dreschmaschinen haben bis jeht zu einer
ausgedehnteren Feldarbeit schwerlich beigetragen, und dürste dies erst geschehen,
wenn sie aufhören Eitelkeitögeräthe zu sein.

Diese Maschinenwnth der Edelleute hat in den wenigen Jahrzehenden die
Fabrikanten zu Millionairen gemacht und Polen mit landwirthschaftlichen Maschinen
reichlich versorgt. Es dürsten sich wenige Edelhofe finden, die nicht wenigstens
ein derartiges Instrument erobert hätten.

Hinter dem Palast liegt der Garten mit einer Umfriedigung von ansteche
stehenden Pfählen und jungen schlanken Fichtenstämmchen, welche durch Weiden¬
ruthen horizontal an die Pfähle gebunden sind. In diesem Palastgarten (oKröcl
Maeovi) werden bei den meisten Edelleuten nur Speisekartoffelu und Gemüse
erbaut. Bisweilen freilich sieht man ganz hübsch eingerichtete Obst- und Gemüsegärten,
Kunstgärten sehr selten, auch gibt es in der Welt keine ungeschickteren Gärtner, als
in Polen.. Gewöhnlich ist es ein gemeiner Bauer, welchen der Edelmann aus per¬
sönlichem Wohlwollen zum OKroZmK gemacht hat. Herr und Diener werden von
den im Herbst und Frühjahr umherziehenden deutschen Baum- und Saamenhäud-
lern schändlich betrogen. Und was der deutsche Schelm noch Brauchbares ge¬
liefert, das verderben die einheimischen Jünger der Pomona, denn von verstän¬
diger Pflege der Bäume und Blumen ist keine Rede. Daher sind anch deutsche
Früchte sehr geschätzt. In Warschau kauft man oft einen guten deutschen Apfel
für 2 Silbergroschen, also zu demselben Preise wie bei uns eine Apfelsine. Diese
italienischen Früchte sind merkwürdiger Weise in Polen billiger als in Deutsch¬
land. --

Folgen Sie mir ans dem Hofe auf das Feld und gestatten Sie mir, Ihnen
die polnischen Feldfrüchte in summarischer Kürze vorzustellen.


unmöglich machen. Einen Herrn, der eine buutgemalte französische Säemaschine
auf einer hohen Balkenunterlage zwischen seinem Palast und dem vogelbauerartigen
Pferdeställe wie eine Statue aufgestellt hatte, frug ich, wozu er das Ding be¬
sitze, da es sich bei seiner Feldbestellung gar nicht anwenden lasse? „O ange¬
wendet soll es auch nicht werden," entgegnete er, „aber es ist gut, solche Dinge zu
haben, denn man muß mit der ausländischen Landwirthschaft vertraut sein." Aber
Nichts macht den polnischen Edelmann so glücklich und stolz als eine Dreschma¬
schine. Das Geklapper und Gebrans derselben ist für den Besitzer eine wahre
Triumphmusik, und hier verzeiht mau dem Manne die Eitelkeit gern, weil die
Maschine doch wirklich gebraucht wird, und die dnrch sie ersparte Zeit eine für die
Wirthschaft sehr heilsame Folge haben könnte. Denn der Mangel an Arbeits¬
kräften ist in Polen sehr fühlbar. Ein Dorf von acht bis zehn Bauerhöfen, wel¬
ches vielleicht kaum fünfundzwanzig bis dreißig erwachsene und arbeitstüchtige Leute
besitzt, hat oft ein Bvdengebiet von ein bis zwei Quadratmeilen, und würde da¬
her zehnmal mehr Arbeiter nöthig haben, wenn der Boden gehörig durch Feld¬
bau benutzt werden sollte. Allein die Dreschmaschinen haben bis jeht zu einer
ausgedehnteren Feldarbeit schwerlich beigetragen, und dürste dies erst geschehen,
wenn sie aufhören Eitelkeitögeräthe zu sein.

Diese Maschinenwnth der Edelleute hat in den wenigen Jahrzehenden die
Fabrikanten zu Millionairen gemacht und Polen mit landwirthschaftlichen Maschinen
reichlich versorgt. Es dürsten sich wenige Edelhofe finden, die nicht wenigstens
ein derartiges Instrument erobert hätten.

Hinter dem Palast liegt der Garten mit einer Umfriedigung von ansteche
stehenden Pfählen und jungen schlanken Fichtenstämmchen, welche durch Weiden¬
ruthen horizontal an die Pfähle gebunden sind. In diesem Palastgarten (oKröcl
Maeovi) werden bei den meisten Edelleuten nur Speisekartoffelu und Gemüse
erbaut. Bisweilen freilich sieht man ganz hübsch eingerichtete Obst- und Gemüsegärten,
Kunstgärten sehr selten, auch gibt es in der Welt keine ungeschickteren Gärtner, als
in Polen.. Gewöhnlich ist es ein gemeiner Bauer, welchen der Edelmann aus per¬
sönlichem Wohlwollen zum OKroZmK gemacht hat. Herr und Diener werden von
den im Herbst und Frühjahr umherziehenden deutschen Baum- und Saamenhäud-
lern schändlich betrogen. Und was der deutsche Schelm noch Brauchbares ge¬
liefert, das verderben die einheimischen Jünger der Pomona, denn von verstän¬
diger Pflege der Bäume und Blumen ist keine Rede. Daher sind anch deutsche
Früchte sehr geschätzt. In Warschau kauft man oft einen guten deutschen Apfel
für 2 Silbergroschen, also zu demselben Preise wie bei uns eine Apfelsine. Diese
italienischen Früchte sind merkwürdiger Weise in Polen billiger als in Deutsch¬
land. —

Folgen Sie mir ans dem Hofe auf das Feld und gestatten Sie mir, Ihnen
die polnischen Feldfrüchte in summarischer Kürze vorzustellen.


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[0152] unmöglich machen. Einen Herrn, der eine buutgemalte französische Säemaschine auf einer hohen Balkenunterlage zwischen seinem Palast und dem vogelbauerartigen Pferdeställe wie eine Statue aufgestellt hatte, frug ich, wozu er das Ding be¬ sitze, da es sich bei seiner Feldbestellung gar nicht anwenden lasse? „O ange¬ wendet soll es auch nicht werden," entgegnete er, „aber es ist gut, solche Dinge zu haben, denn man muß mit der ausländischen Landwirthschaft vertraut sein." Aber Nichts macht den polnischen Edelmann so glücklich und stolz als eine Dreschma¬ schine. Das Geklapper und Gebrans derselben ist für den Besitzer eine wahre Triumphmusik, und hier verzeiht mau dem Manne die Eitelkeit gern, weil die Maschine doch wirklich gebraucht wird, und die dnrch sie ersparte Zeit eine für die Wirthschaft sehr heilsame Folge haben könnte. Denn der Mangel an Arbeits¬ kräften ist in Polen sehr fühlbar. Ein Dorf von acht bis zehn Bauerhöfen, wel¬ ches vielleicht kaum fünfundzwanzig bis dreißig erwachsene und arbeitstüchtige Leute besitzt, hat oft ein Bvdengebiet von ein bis zwei Quadratmeilen, und würde da¬ her zehnmal mehr Arbeiter nöthig haben, wenn der Boden gehörig durch Feld¬ bau benutzt werden sollte. Allein die Dreschmaschinen haben bis jeht zu einer ausgedehnteren Feldarbeit schwerlich beigetragen, und dürste dies erst geschehen, wenn sie aufhören Eitelkeitögeräthe zu sein. Diese Maschinenwnth der Edelleute hat in den wenigen Jahrzehenden die Fabrikanten zu Millionairen gemacht und Polen mit landwirthschaftlichen Maschinen reichlich versorgt. Es dürsten sich wenige Edelhofe finden, die nicht wenigstens ein derartiges Instrument erobert hätten. Hinter dem Palast liegt der Garten mit einer Umfriedigung von ansteche stehenden Pfählen und jungen schlanken Fichtenstämmchen, welche durch Weiden¬ ruthen horizontal an die Pfähle gebunden sind. In diesem Palastgarten (oKröcl Maeovi) werden bei den meisten Edelleuten nur Speisekartoffelu und Gemüse erbaut. Bisweilen freilich sieht man ganz hübsch eingerichtete Obst- und Gemüsegärten, Kunstgärten sehr selten, auch gibt es in der Welt keine ungeschickteren Gärtner, als in Polen.. Gewöhnlich ist es ein gemeiner Bauer, welchen der Edelmann aus per¬ sönlichem Wohlwollen zum OKroZmK gemacht hat. Herr und Diener werden von den im Herbst und Frühjahr umherziehenden deutschen Baum- und Saamenhäud- lern schändlich betrogen. Und was der deutsche Schelm noch Brauchbares ge¬ liefert, das verderben die einheimischen Jünger der Pomona, denn von verstän¬ diger Pflege der Bäume und Blumen ist keine Rede. Daher sind anch deutsche Früchte sehr geschätzt. In Warschau kauft man oft einen guten deutschen Apfel für 2 Silbergroschen, also zu demselben Preise wie bei uns eine Apfelsine. Diese italienischen Früchte sind merkwürdiger Weise in Polen billiger als in Deutsch¬ land. — Folgen Sie mir ans dem Hofe auf das Feld und gestatten Sie mir, Ihnen die polnischen Feldfrüchte in summarischer Kürze vorzustellen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345603/152>, abgerufen am 01.09.2024.