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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Reputation durch ein Verbot der Regierungen gerechnet, und diese Hoffnung war
dahin! die Regierungen haben ihrer Demonstration die Spitze abgebrochen, und
den Aermsten gezeigt, daß man mit ernsten Dingen nicht spielen dürfe. Diese
Lage war wol geeignet, die sonst maßlose Selbstgefälligkeit und lappische Eitelkeit
der Jllyrier auch ohne ihre Einsicht und wider ihren Willen niederzuschmettern
und zum Schweigen zu bringen; denn man hat es ihnen schon längst bewiesen,
daß Schande und Spott ihr gewisses Erbe von diesem Congresse sein werde.
Die Aussicht ans die unvermeidliche Blume hatte ihre Zungenfertigkeit gelähmt,
und es vergingen mehrere Tage, bis sie sich von ihrem Schrecken erholten.

Dies geschah erst dann, als sie darauf kamen, daß nach der Berechtigung
der Matiza, sich als gelehrten Verein zu geriren, gefragt wird.

Die Matiza (wörtlich: Mntterlade) ist ein Fond zur Herausgabe alter illy-
rischer Bücher. Derselbe ist durch freiwillige Beiträge von 30 Fi. gegründet
worden; wer !>0 Fi. erlegt, ist Mitglied der Matiza. Begreiflicher Weise sind
die Mitglieder ans Grvßillyrien nichts weniger als Gelehrte, ihr Verein also
auch nichts weniger als eine gelehrte Gesellschaft, sondern pru- "t 8lui>>v
eine Fondsadministration, die ans ihre Kosten fremde Bücher drucken läßt, und
deren Secretair eine pitoyable gehaltene Vierteljahrsschrift herausgiebt. Daß
die Matiza mit einem hier bestandenen Lesecabinete und einem von der hiesigen
Landwirthschaftsgesellschaft begründeten Naturalien - und Münzcabincte zusammen¬
geschmolzen ist, kann natürlich anch keine gelehrte" Ansprüche begründen.

Aus diesen Punkten aber wollen nun diese gelehrten Böotier nachweisen, daß
die Matiza berechtigt sei, sich als gelehrte G e se it sah a se zu geberden. Un¬
glaublich, aber wahr! Natürlich kann es keiner Negierung und überhaupt keinem
vernünftigen Menschen einfallen, einem Fondsvereine zur Herausgabe fremder
Bücher das Recht gelehrter Korporationen zuzugestehen, und folglich anch seine
Competenz zur Berufung eines literarischen Congresses anzuerkennen.

Sie verfechten daher ihre vermeintlichen gelehrten Rechte wie etwa eine Gri-
sette ihre von der stürmischen Zärtlichkeit ihres Anbeters gefährdete Tugend --
.denn wie gesagt, dies ist der Punkt, der die Jllyrier retten und die Schuld am
Scheitern ihrer welterschütternden Pläne ans die Regierungen wälzen in"ß. In
Berücksichtigung dessen wird der von der Matiza projectirte Kongreß dasselbe
klägliche Ende nehmen, welches alle illyrischen Erfindungen von Gajs "groß-
illyrischem" Königreiche bis auf ihre den Namen Literatur beanspruchende Bnch-
machcrei herab genommen haben. --

Der Tod des Wladyka der Cernagora hat hier keinen andern Eindruck ge¬
macht, als den der Befreiung von einem übermächtigen Rivalen. Die litera-
nschen Anonymitäten der Jllyrier haben nämlich die kleine Schwachheit, in jedem
slavischen. Dichter, der kein Jllyrier ist, einen Rivalen zu sehen.




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Reputation durch ein Verbot der Regierungen gerechnet, und diese Hoffnung war
dahin! die Regierungen haben ihrer Demonstration die Spitze abgebrochen, und
den Aermsten gezeigt, daß man mit ernsten Dingen nicht spielen dürfe. Diese
Lage war wol geeignet, die sonst maßlose Selbstgefälligkeit und lappische Eitelkeit
der Jllyrier auch ohne ihre Einsicht und wider ihren Willen niederzuschmettern
und zum Schweigen zu bringen; denn man hat es ihnen schon längst bewiesen,
daß Schande und Spott ihr gewisses Erbe von diesem Congresse sein werde.
Die Aussicht ans die unvermeidliche Blume hatte ihre Zungenfertigkeit gelähmt,
und es vergingen mehrere Tage, bis sie sich von ihrem Schrecken erholten.

Dies geschah erst dann, als sie darauf kamen, daß nach der Berechtigung
der Matiza, sich als gelehrten Verein zu geriren, gefragt wird.

Die Matiza (wörtlich: Mntterlade) ist ein Fond zur Herausgabe alter illy-
rischer Bücher. Derselbe ist durch freiwillige Beiträge von 30 Fi. gegründet
worden; wer !>0 Fi. erlegt, ist Mitglied der Matiza. Begreiflicher Weise sind
die Mitglieder ans Grvßillyrien nichts weniger als Gelehrte, ihr Verein also
auch nichts weniger als eine gelehrte Gesellschaft, sondern pru- «t 8lui>>v
eine Fondsadministration, die ans ihre Kosten fremde Bücher drucken läßt, und
deren Secretair eine pitoyable gehaltene Vierteljahrsschrift herausgiebt. Daß
die Matiza mit einem hier bestandenen Lesecabinete und einem von der hiesigen
Landwirthschaftsgesellschaft begründeten Naturalien - und Münzcabincte zusammen¬
geschmolzen ist, kann natürlich anch keine gelehrte» Ansprüche begründen.

Aus diesen Punkten aber wollen nun diese gelehrten Böotier nachweisen, daß
die Matiza berechtigt sei, sich als gelehrte G e se it sah a se zu geberden. Un¬
glaublich, aber wahr! Natürlich kann es keiner Negierung und überhaupt keinem
vernünftigen Menschen einfallen, einem Fondsvereine zur Herausgabe fremder
Bücher das Recht gelehrter Korporationen zuzugestehen, und folglich anch seine
Competenz zur Berufung eines literarischen Congresses anzuerkennen.

Sie verfechten daher ihre vermeintlichen gelehrten Rechte wie etwa eine Gri-
sette ihre von der stürmischen Zärtlichkeit ihres Anbeters gefährdete Tugend —
.denn wie gesagt, dies ist der Punkt, der die Jllyrier retten und die Schuld am
Scheitern ihrer welterschütternden Pläne ans die Regierungen wälzen in»ß. In
Berücksichtigung dessen wird der von der Matiza projectirte Kongreß dasselbe
klägliche Ende nehmen, welches alle illyrischen Erfindungen von Gajs „groß-
illyrischem" Königreiche bis auf ihre den Namen Literatur beanspruchende Bnch-
machcrei herab genommen haben. —

Der Tod des Wladyka der Cernagora hat hier keinen andern Eindruck ge¬
macht, als den der Befreiung von einem übermächtigen Rivalen. Die litera-
nschen Anonymitäten der Jllyrier haben nämlich die kleine Schwachheit, in jedem
slavischen. Dichter, der kein Jllyrier ist, einen Rivalen zu sehen.




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[0437] Reputation durch ein Verbot der Regierungen gerechnet, und diese Hoffnung war dahin! die Regierungen haben ihrer Demonstration die Spitze abgebrochen, und den Aermsten gezeigt, daß man mit ernsten Dingen nicht spielen dürfe. Diese Lage war wol geeignet, die sonst maßlose Selbstgefälligkeit und lappische Eitelkeit der Jllyrier auch ohne ihre Einsicht und wider ihren Willen niederzuschmettern und zum Schweigen zu bringen; denn man hat es ihnen schon längst bewiesen, daß Schande und Spott ihr gewisses Erbe von diesem Congresse sein werde. Die Aussicht ans die unvermeidliche Blume hatte ihre Zungenfertigkeit gelähmt, und es vergingen mehrere Tage, bis sie sich von ihrem Schrecken erholten. Dies geschah erst dann, als sie darauf kamen, daß nach der Berechtigung der Matiza, sich als gelehrten Verein zu geriren, gefragt wird. Die Matiza (wörtlich: Mntterlade) ist ein Fond zur Herausgabe alter illy- rischer Bücher. Derselbe ist durch freiwillige Beiträge von 30 Fi. gegründet worden; wer !>0 Fi. erlegt, ist Mitglied der Matiza. Begreiflicher Weise sind die Mitglieder ans Grvßillyrien nichts weniger als Gelehrte, ihr Verein also auch nichts weniger als eine gelehrte Gesellschaft, sondern pru- «t 8lui>>v eine Fondsadministration, die ans ihre Kosten fremde Bücher drucken läßt, und deren Secretair eine pitoyable gehaltene Vierteljahrsschrift herausgiebt. Daß die Matiza mit einem hier bestandenen Lesecabinete und einem von der hiesigen Landwirthschaftsgesellschaft begründeten Naturalien - und Münzcabincte zusammen¬ geschmolzen ist, kann natürlich anch keine gelehrte» Ansprüche begründen. Aus diesen Punkten aber wollen nun diese gelehrten Böotier nachweisen, daß die Matiza berechtigt sei, sich als gelehrte G e se it sah a se zu geberden. Un¬ glaublich, aber wahr! Natürlich kann es keiner Negierung und überhaupt keinem vernünftigen Menschen einfallen, einem Fondsvereine zur Herausgabe fremder Bücher das Recht gelehrter Korporationen zuzugestehen, und folglich anch seine Competenz zur Berufung eines literarischen Congresses anzuerkennen. Sie verfechten daher ihre vermeintlichen gelehrten Rechte wie etwa eine Gri- sette ihre von der stürmischen Zärtlichkeit ihres Anbeters gefährdete Tugend — .denn wie gesagt, dies ist der Punkt, der die Jllyrier retten und die Schuld am Scheitern ihrer welterschütternden Pläne ans die Regierungen wälzen in»ß. In Berücksichtigung dessen wird der von der Matiza projectirte Kongreß dasselbe klägliche Ende nehmen, welches alle illyrischen Erfindungen von Gajs „groß- illyrischem" Königreiche bis auf ihre den Namen Literatur beanspruchende Bnch- machcrei herab genommen haben. — Der Tod des Wladyka der Cernagora hat hier keinen andern Eindruck ge¬ macht, als den der Befreiung von einem übermächtigen Rivalen. Die litera- nschen Anonymitäten der Jllyrier haben nämlich die kleine Schwachheit, in jedem slavischen. Dichter, der kein Jllyrier ist, einen Rivalen zu sehen. ^ttnzboK'n, IV. ->K->-!, . ,'>!,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/437>, abgerufen am 23.07.2024.