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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Schlösser mit ähnlichen Gärten, und die Nobili und reichen Kaufleute der blühen¬
den Städte von Oberitalien, namentlich der Republiken Genua und Venedig,
blieben nicht zurück. Nächst Boboli war der bedeutendste und schönste Garten
der des Cardinal d'Este in Tivoli. Dieser wurde ans der Stelle angelegt,
wo ehemals die prachtvolle Villa des Hadrian stand, und bei der Anlage fand
man so viele Statuen, Vasen, Säulen und andere Antiken, daß der Cardinal sie kaum
unterzubringen wußte und sie in dem neuen Garten symmetrisch aufstellen ließ. Dieses
Beispiel sand großen Beifall; wer keine Antiken bekomme" konnte, ließ Copien davon
anfertigen, um sie in seine Gärten aufzustellen. Ans diese Art wurde die Aufstellung
von Werken der Bildhauerkunst in deu Gärten Mode; der Garten des Cardinal
d'Este war außerdem durch seine herrlichen Wasserkünste berühmt, die zum Theil
uoch vorhanden sind. Es läßt sich nicht ermitteln, in welcher Reihenfolge die
besten Gärten dieser Periode entstanden sind, doch wurden bis zu Ende des Jahr¬
hunderts noch viele im gleichen Style angelegt. So z. B. die von Borgh ehe
und der Villa Aldobrandini in Rom mit schönen Wasserkünsten, mehrere
Villen in Frascati und Tivoli und an vielen anderen Orte", namentlich im Gebiet
des mächtige" Venedig. Das letzte bedeutende Werk der Gartenkunst in diesem
Styl ist Isola bella auf dem Lago maggiore gegen 167ö von den Grafen
Renatus und Vitaliauo Boromeo angelegt, doch ist der Styl schon nicht
mehr ganz rein.

Von den früheste" Garde" des nördlichen Europa wissen wir nur wenig.
Karl der Große begünstigte de" Garteilba", und soll einen Garde" bei seiner
großartige" Kaiserburg zu Ingelheim und einen größern bei Aachen gehabt
haben, welcher letztere von dem Abt AngelbertnS von Se. Riquier beschrieben
worden ist. Der berühmte Albertus Magnus hatte im 13. Jahrhundert einen
schönen Garten und wahrscheinlich schon ein Gewächshaus, deun er gab am
K. Januar 12i9 dem römischen König Wilhelm von Holland bei seiner Durch¬
reise im Dominicanerkloster ein Fest zwischen blühenden Gewächsen. Bei dem
lebhaften Verkehr, welchen Deutschland, Frankreich und England während der
Kreuzzüge mit Italien und dem Orient unterhielten, wurde, auch der Sinn für
schone Gärten allgemeiner; fremde Gewächse wurden eingeführt, und mancher
Ritter mag nach seiner Rückkehr eine rohe Nachahmung südlicher Gärten versucht
haben. Die Minnesänger, Troubadoure, Minstrels erwähnen zwar oft Blumen
und Garten, aber nie etwas von ihrer Einrichtung. Groß waren sie auf keinen
Fall, da man auf den Burgen und in den sogenannte" Zwingern Raum dafür
hatte. Die älteste bekannte Schrift über Gartenwcsen in Deutschland, das Gedicht
Hortulus von dem Benedictiner Walafricd Strabon in Constanz behandelt
blos einen Blumengarten. Erst der Meistersänger Hans Sachs beschreibt um die
Mitte des 16. Jahrhunderts Gärten mit Springbrunnen, Hecken, Lauben und
Verzierungen von Stein und Holz, und daraus läßt sich schließen, daß die da-


Schlösser mit ähnlichen Gärten, und die Nobili und reichen Kaufleute der blühen¬
den Städte von Oberitalien, namentlich der Republiken Genua und Venedig,
blieben nicht zurück. Nächst Boboli war der bedeutendste und schönste Garten
der des Cardinal d'Este in Tivoli. Dieser wurde ans der Stelle angelegt,
wo ehemals die prachtvolle Villa des Hadrian stand, und bei der Anlage fand
man so viele Statuen, Vasen, Säulen und andere Antiken, daß der Cardinal sie kaum
unterzubringen wußte und sie in dem neuen Garten symmetrisch aufstellen ließ. Dieses
Beispiel sand großen Beifall; wer keine Antiken bekomme» konnte, ließ Copien davon
anfertigen, um sie in seine Gärten aufzustellen. Ans diese Art wurde die Aufstellung
von Werken der Bildhauerkunst in deu Gärten Mode; der Garten des Cardinal
d'Este war außerdem durch seine herrlichen Wasserkünste berühmt, die zum Theil
uoch vorhanden sind. Es läßt sich nicht ermitteln, in welcher Reihenfolge die
besten Gärten dieser Periode entstanden sind, doch wurden bis zu Ende des Jahr¬
hunderts noch viele im gleichen Style angelegt. So z. B. die von Borgh ehe
und der Villa Aldobrandini in Rom mit schönen Wasserkünsten, mehrere
Villen in Frascati und Tivoli und an vielen anderen Orte», namentlich im Gebiet
des mächtige» Venedig. Das letzte bedeutende Werk der Gartenkunst in diesem
Styl ist Isola bella auf dem Lago maggiore gegen 167ö von den Grafen
Renatus und Vitaliauo Boromeo angelegt, doch ist der Styl schon nicht
mehr ganz rein.

Von den früheste» Garde» des nördlichen Europa wissen wir nur wenig.
Karl der Große begünstigte de» Garteilba», und soll einen Garde» bei seiner
großartige» Kaiserburg zu Ingelheim und einen größern bei Aachen gehabt
haben, welcher letztere von dem Abt AngelbertnS von Se. Riquier beschrieben
worden ist. Der berühmte Albertus Magnus hatte im 13. Jahrhundert einen
schönen Garten und wahrscheinlich schon ein Gewächshaus, deun er gab am
K. Januar 12i9 dem römischen König Wilhelm von Holland bei seiner Durch¬
reise im Dominicanerkloster ein Fest zwischen blühenden Gewächsen. Bei dem
lebhaften Verkehr, welchen Deutschland, Frankreich und England während der
Kreuzzüge mit Italien und dem Orient unterhielten, wurde, auch der Sinn für
schone Gärten allgemeiner; fremde Gewächse wurden eingeführt, und mancher
Ritter mag nach seiner Rückkehr eine rohe Nachahmung südlicher Gärten versucht
haben. Die Minnesänger, Troubadoure, Minstrels erwähnen zwar oft Blumen
und Garten, aber nie etwas von ihrer Einrichtung. Groß waren sie auf keinen
Fall, da man auf den Burgen und in den sogenannte» Zwingern Raum dafür
hatte. Die älteste bekannte Schrift über Gartenwcsen in Deutschland, das Gedicht
Hortulus von dem Benedictiner Walafricd Strabon in Constanz behandelt
blos einen Blumengarten. Erst der Meistersänger Hans Sachs beschreibt um die
Mitte des 16. Jahrhunderts Gärten mit Springbrunnen, Hecken, Lauben und
Verzierungen von Stein und Holz, und daraus läßt sich schließen, daß die da-


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[0316] Schlösser mit ähnlichen Gärten, und die Nobili und reichen Kaufleute der blühen¬ den Städte von Oberitalien, namentlich der Republiken Genua und Venedig, blieben nicht zurück. Nächst Boboli war der bedeutendste und schönste Garten der des Cardinal d'Este in Tivoli. Dieser wurde ans der Stelle angelegt, wo ehemals die prachtvolle Villa des Hadrian stand, und bei der Anlage fand man so viele Statuen, Vasen, Säulen und andere Antiken, daß der Cardinal sie kaum unterzubringen wußte und sie in dem neuen Garten symmetrisch aufstellen ließ. Dieses Beispiel sand großen Beifall; wer keine Antiken bekomme» konnte, ließ Copien davon anfertigen, um sie in seine Gärten aufzustellen. Ans diese Art wurde die Aufstellung von Werken der Bildhauerkunst in deu Gärten Mode; der Garten des Cardinal d'Este war außerdem durch seine herrlichen Wasserkünste berühmt, die zum Theil uoch vorhanden sind. Es läßt sich nicht ermitteln, in welcher Reihenfolge die besten Gärten dieser Periode entstanden sind, doch wurden bis zu Ende des Jahr¬ hunderts noch viele im gleichen Style angelegt. So z. B. die von Borgh ehe und der Villa Aldobrandini in Rom mit schönen Wasserkünsten, mehrere Villen in Frascati und Tivoli und an vielen anderen Orte», namentlich im Gebiet des mächtige» Venedig. Das letzte bedeutende Werk der Gartenkunst in diesem Styl ist Isola bella auf dem Lago maggiore gegen 167ö von den Grafen Renatus und Vitaliauo Boromeo angelegt, doch ist der Styl schon nicht mehr ganz rein. Von den früheste» Garde» des nördlichen Europa wissen wir nur wenig. Karl der Große begünstigte de» Garteilba», und soll einen Garde» bei seiner großartige» Kaiserburg zu Ingelheim und einen größern bei Aachen gehabt haben, welcher letztere von dem Abt AngelbertnS von Se. Riquier beschrieben worden ist. Der berühmte Albertus Magnus hatte im 13. Jahrhundert einen schönen Garten und wahrscheinlich schon ein Gewächshaus, deun er gab am K. Januar 12i9 dem römischen König Wilhelm von Holland bei seiner Durch¬ reise im Dominicanerkloster ein Fest zwischen blühenden Gewächsen. Bei dem lebhaften Verkehr, welchen Deutschland, Frankreich und England während der Kreuzzüge mit Italien und dem Orient unterhielten, wurde, auch der Sinn für schone Gärten allgemeiner; fremde Gewächse wurden eingeführt, und mancher Ritter mag nach seiner Rückkehr eine rohe Nachahmung südlicher Gärten versucht haben. Die Minnesänger, Troubadoure, Minstrels erwähnen zwar oft Blumen und Garten, aber nie etwas von ihrer Einrichtung. Groß waren sie auf keinen Fall, da man auf den Burgen und in den sogenannte» Zwingern Raum dafür hatte. Die älteste bekannte Schrift über Gartenwcsen in Deutschland, das Gedicht Hortulus von dem Benedictiner Walafricd Strabon in Constanz behandelt blos einen Blumengarten. Erst der Meistersänger Hans Sachs beschreibt um die Mitte des 16. Jahrhunderts Gärten mit Springbrunnen, Hecken, Lauben und Verzierungen von Stein und Holz, und daraus läßt sich schließen, daß die da-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/316>, abgerufen am 23.07.2024.