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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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linnenen, zu Figuren geschnittene Bäume, Lauben und Pergola's (wie sie noch
heut in Italien im Gebrauch sind), von Blumen und regelmäßig gepflegtem Ge¬
büsch umgebe". Solche Gemälde dienten zur Ausschmückung der Säle, so wie
zur scheinbaren Vergrößerung des Gartens, indem sie aus Mauern an der Grenze
des Gartens gemalt waren und sich muthmaßlich an die Formen des Gartens
passend anschlossen. Das Tuscum des Plinius hatte Gärten von großem Um¬
fange, war überhaupt eine sehr glänzende Besitzung. Die Anlagen bestanden
aus Alleen, welche Neit- und Rennbahnen säumten, regelmäßigen Plätzen, Spring¬
brunnen, einem vielgetheilten Bach oder Canal, einem mit regelmäßigen Wegen
durchzogenen Park und verschiedenen Gartenabtheilungen, in welchen die Baumkün-
steleien des Kunstgärtners (wiilui-in") ans eine übertriebene Weise angehäuft waren.
Einige der beschnittenen Buchs- und Rosmarinsträucher stellten wilde Thiere,
andere Namenszüge vor. Die Wege im Garten waren zuweilen labyriuthartig
gewunden und meistens mit wohlgepflegten Hecken eingefaßt. Wir erkennen darin
genau das Vorbild drr spätere" regelmäßigen Gärten, von denen die Spuren
uoch ans unsre Zeit gekommen sind. Laurentium war eine kleinere Besitzung in
der Nähe von Ostia und sowol an Gärten als Gebäuden nicht so prachtvoll.
Von den Gärten des Nero sagt Tacitus, daß sie künstliche Seen und Wälder
gehabt hätten, und er nennt sogar die Künstler, welche sie angelegt. Die gro߬
artigste Villa jenes Zeitalters in Bezug auf Gärten war die des Kaiser Hadrian
bei Tibur (Tivoli), denn man nimmt an, daß sie 24 italienische Meilen im Um¬
fang gehabt habe, was vermuthen läßt, daß ein Park (purullisus) und Thier¬
garten mit inbegriffen war. Diese Anlagen machten ebenfalls eine Ausnahme von
dem herrschenden Geschmack der Zeit, indem sie eine natürliche Landschaft, nämlich
das berühmte Thal Tempe in Griechenland vorstellten, "ein Beweis," -- sagt
Alex, von Humboldt -- "daß neben der Liebe zum Künstlicher, neben der ängst¬
lichen Sorgfalt für Behaglichkeit durch Stellung der Landhäuser nach Verhältniß
zur Sonne und zu vorherrschenden Winden, auch Liebe zum freien Genuß der
Natur den römischen Stadtbewohnern nicht fremd war. -- Mit Blumen wurde
in Rom großer Aufwand getrieben, besonders zur Zeit der ersten Kaiser. Auch
die wegen der dabei begangenen Ausschweifungen berühmten Florealien oder
Blumenseste, welche in Rom in den letzten Apriltagen gefeiert wurden, zeigen von
einem in alle Klassen der Bevölkerung gedrungenen Geschmack an Blumen.
Selbst die Cultur der Blumen in Gefäßen zur Ausschmückung der Gärten und der
Säle und Wohngebäude war bei den Römern, schon in Gebrauch. Die soge¬
nannten Adonisgärten waren nichts Anderes, als eine Art Wintergarten im Z"n-
ennr. Ob die Gärten der Römer bis zum gänzlichen Verfall des Reichs tu dem
eben geschilderte" Zustande geblieben sind; ob sie sich in demselben Maße vervol-
tummneten wie die Genußsucht der Römer, und bei der zunehmenden Entartung
vernachlässigt wurden: darüber fehlen uns die Nachrichten, doch ist sehr wahr-


linnenen, zu Figuren geschnittene Bäume, Lauben und Pergola's (wie sie noch
heut in Italien im Gebrauch sind), von Blumen und regelmäßig gepflegtem Ge¬
büsch umgebe». Solche Gemälde dienten zur Ausschmückung der Säle, so wie
zur scheinbaren Vergrößerung des Gartens, indem sie aus Mauern an der Grenze
des Gartens gemalt waren und sich muthmaßlich an die Formen des Gartens
passend anschlossen. Das Tuscum des Plinius hatte Gärten von großem Um¬
fange, war überhaupt eine sehr glänzende Besitzung. Die Anlagen bestanden
aus Alleen, welche Neit- und Rennbahnen säumten, regelmäßigen Plätzen, Spring¬
brunnen, einem vielgetheilten Bach oder Canal, einem mit regelmäßigen Wegen
durchzogenen Park und verschiedenen Gartenabtheilungen, in welchen die Baumkün-
steleien des Kunstgärtners (wiilui-in«) ans eine übertriebene Weise angehäuft waren.
Einige der beschnittenen Buchs- und Rosmarinsträucher stellten wilde Thiere,
andere Namenszüge vor. Die Wege im Garten waren zuweilen labyriuthartig
gewunden und meistens mit wohlgepflegten Hecken eingefaßt. Wir erkennen darin
genau das Vorbild drr spätere» regelmäßigen Gärten, von denen die Spuren
uoch ans unsre Zeit gekommen sind. Laurentium war eine kleinere Besitzung in
der Nähe von Ostia und sowol an Gärten als Gebäuden nicht so prachtvoll.
Von den Gärten des Nero sagt Tacitus, daß sie künstliche Seen und Wälder
gehabt hätten, und er nennt sogar die Künstler, welche sie angelegt. Die gro߬
artigste Villa jenes Zeitalters in Bezug auf Gärten war die des Kaiser Hadrian
bei Tibur (Tivoli), denn man nimmt an, daß sie 24 italienische Meilen im Um¬
fang gehabt habe, was vermuthen läßt, daß ein Park (purullisus) und Thier¬
garten mit inbegriffen war. Diese Anlagen machten ebenfalls eine Ausnahme von
dem herrschenden Geschmack der Zeit, indem sie eine natürliche Landschaft, nämlich
das berühmte Thal Tempe in Griechenland vorstellten, „ein Beweis," — sagt
Alex, von Humboldt — „daß neben der Liebe zum Künstlicher, neben der ängst¬
lichen Sorgfalt für Behaglichkeit durch Stellung der Landhäuser nach Verhältniß
zur Sonne und zu vorherrschenden Winden, auch Liebe zum freien Genuß der
Natur den römischen Stadtbewohnern nicht fremd war. — Mit Blumen wurde
in Rom großer Aufwand getrieben, besonders zur Zeit der ersten Kaiser. Auch
die wegen der dabei begangenen Ausschweifungen berühmten Florealien oder
Blumenseste, welche in Rom in den letzten Apriltagen gefeiert wurden, zeigen von
einem in alle Klassen der Bevölkerung gedrungenen Geschmack an Blumen.
Selbst die Cultur der Blumen in Gefäßen zur Ausschmückung der Gärten und der
Säle und Wohngebäude war bei den Römern, schon in Gebrauch. Die soge¬
nannten Adonisgärten waren nichts Anderes, als eine Art Wintergarten im Z"n-
ennr. Ob die Gärten der Römer bis zum gänzlichen Verfall des Reichs tu dem
eben geschilderte» Zustande geblieben sind; ob sie sich in demselben Maße vervol-
tummneten wie die Genußsucht der Römer, und bei der zunehmenden Entartung
vernachlässigt wurden: darüber fehlen uns die Nachrichten, doch ist sehr wahr-


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[0314] linnenen, zu Figuren geschnittene Bäume, Lauben und Pergola's (wie sie noch heut in Italien im Gebrauch sind), von Blumen und regelmäßig gepflegtem Ge¬ büsch umgebe». Solche Gemälde dienten zur Ausschmückung der Säle, so wie zur scheinbaren Vergrößerung des Gartens, indem sie aus Mauern an der Grenze des Gartens gemalt waren und sich muthmaßlich an die Formen des Gartens passend anschlossen. Das Tuscum des Plinius hatte Gärten von großem Um¬ fange, war überhaupt eine sehr glänzende Besitzung. Die Anlagen bestanden aus Alleen, welche Neit- und Rennbahnen säumten, regelmäßigen Plätzen, Spring¬ brunnen, einem vielgetheilten Bach oder Canal, einem mit regelmäßigen Wegen durchzogenen Park und verschiedenen Gartenabtheilungen, in welchen die Baumkün- steleien des Kunstgärtners (wiilui-in«) ans eine übertriebene Weise angehäuft waren. Einige der beschnittenen Buchs- und Rosmarinsträucher stellten wilde Thiere, andere Namenszüge vor. Die Wege im Garten waren zuweilen labyriuthartig gewunden und meistens mit wohlgepflegten Hecken eingefaßt. Wir erkennen darin genau das Vorbild drr spätere» regelmäßigen Gärten, von denen die Spuren uoch ans unsre Zeit gekommen sind. Laurentium war eine kleinere Besitzung in der Nähe von Ostia und sowol an Gärten als Gebäuden nicht so prachtvoll. Von den Gärten des Nero sagt Tacitus, daß sie künstliche Seen und Wälder gehabt hätten, und er nennt sogar die Künstler, welche sie angelegt. Die gro߬ artigste Villa jenes Zeitalters in Bezug auf Gärten war die des Kaiser Hadrian bei Tibur (Tivoli), denn man nimmt an, daß sie 24 italienische Meilen im Um¬ fang gehabt habe, was vermuthen läßt, daß ein Park (purullisus) und Thier¬ garten mit inbegriffen war. Diese Anlagen machten ebenfalls eine Ausnahme von dem herrschenden Geschmack der Zeit, indem sie eine natürliche Landschaft, nämlich das berühmte Thal Tempe in Griechenland vorstellten, „ein Beweis," — sagt Alex, von Humboldt — „daß neben der Liebe zum Künstlicher, neben der ängst¬ lichen Sorgfalt für Behaglichkeit durch Stellung der Landhäuser nach Verhältniß zur Sonne und zu vorherrschenden Winden, auch Liebe zum freien Genuß der Natur den römischen Stadtbewohnern nicht fremd war. — Mit Blumen wurde in Rom großer Aufwand getrieben, besonders zur Zeit der ersten Kaiser. Auch die wegen der dabei begangenen Ausschweifungen berühmten Florealien oder Blumenseste, welche in Rom in den letzten Apriltagen gefeiert wurden, zeigen von einem in alle Klassen der Bevölkerung gedrungenen Geschmack an Blumen. Selbst die Cultur der Blumen in Gefäßen zur Ausschmückung der Gärten und der Säle und Wohngebäude war bei den Römern, schon in Gebrauch. Die soge¬ nannten Adonisgärten waren nichts Anderes, als eine Art Wintergarten im Z"n- ennr. Ob die Gärten der Römer bis zum gänzlichen Verfall des Reichs tu dem eben geschilderte» Zustande geblieben sind; ob sie sich in demselben Maße vervol- tummneten wie die Genußsucht der Römer, und bei der zunehmenden Entartung vernachlässigt wurden: darüber fehlen uns die Nachrichten, doch ist sehr wahr-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/314>, abgerufen am 23.07.2024.