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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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zur Zeit noch Behauptung, ist aber unter allen Umständen ein Streitgegenstand,,
wie ihn Advocaten sich nur wünschen können. Es fehlt weder an der erfordert
lichen Verwirrung, Unklarheit und Verwickelung der verschiedensten einschlagende'i'z-
Nebenumstände, noch auf der audern Seite an verlockenden Gründen, sich fü't,
die Sache zu interessiren I Und wer ans der Erfahrung im gewöhnlichen bmger-
lichen Geschäftsleben weiß, wie so oft wegen viel unbedeutenderer, unklarer und',
verwickclterer Dinge die heftigsten Rechtsstreite entstehen und mit großer Zuversicht
betrieben werden, der wird sich nicht wundern, daß die ganze Angelegenheit'so e
viel Aufsehen auf der einen, und Eiser ans der andern Seile erregt hat. Bisher
ist die Angelegenheit aber nur als politische Parteifrage behandelt worden,
wenn auch der Geldpunkt uicht unerwähnt blieb, aber ebeu dies hat jedenfalls
nur zur noch größeren Verwirrung in einer Sache geführt, deren Entwickelung doch
keineswegs außer dem Bereiche der Möglichkeit liegt, und die man meiner Ansicht
"ach am Besten der Forschung solcher Leute übergäbe, die ohne politische Be¬
theiligung an den speciellen Verhältnissen des Cantons gleichsam nur ein wissen¬
schaftliches juristisches Interesse an den ganzen Angelegenheiten hätten. Am
Allerwenigsten vermag ich Diejenigen zu begreifen, die mit einer wegwerfenden Vor-
nehmthuerei über jedes Interesse, das man an der Sache haben kann, aburtheilen,
und indem sie Parteilosigkeit predigen, doch gleich von vornherein erklären, daß
die ganze Angelegenheit abgeschmacktes Zeug sei! Ziehen die politischen Parteien
Persönlichkeiten und dergleichen in die Sache hinein, so mögen sie es mit ein¬
ander ausmachen, es beweist aber die falsche Auffassung einer Sache noch gar
Nichts dafür, daß die Sache selbst, an sich, ebenfalls auch nichtig sei.

Mit diesen Angaben über die ins Oberland zur Rettung gesendeten Gelder
ist aber die Anklage gegen die Patricier noch nicht beschlossen, es handelt sich uoch
no. andere Summen, welche während der ganzen Napoleonischen Zeit veruutrant sein
sollen. Schlechte Geschäfte siud wahrscheinlich gemacht worden*), und es ist un¬
zweifelhaft, daß die Herren von Bern ihre eigenen Interessen und die des Staates
^nfig auf bedenkliche Weise identificirt haben.





rechnet mau um noch die durch Vertauschung des Goldes in Silber gewonnenen""Minen, circa 1,200,000 Franken, die der geheime Nath in seiner Reclamation natürlich"")t mit gerechnet habe, so betrüge die fehlende Summe:
2,8","22 Fr.
1,200.000 -
i',0",ö22 Fr. circa.
Auch der Gemahlin des ersten Konsuls, Josephine, wurde im Jahre 1802 eine aller-
" böte Meierei, Schweizerisch auf's ZicrUchstc eingerichtet, zum Geschenk angeboten, damit sie
Napoleon wirke: Französische Kcucralc wurden dauernd durch Geldgeschenke mild gemacht,
...oc.inneren scheinen falsch datirt u. s. w. Aber ich bezweifle sehr, ob irgendwo in Europa,
5" >°n°r Zeit i^r Verwirrung und Auflösung. größere Würde-, Vorsicht und Gesetzlichkeit
den Verwaltungsbehörden geherrscht hat.
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zur Zeit noch Behauptung, ist aber unter allen Umständen ein Streitgegenstand,,
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Nebenumstände, noch auf der audern Seite an verlockenden Gründen, sich fü't,
die Sache zu interessiren I Und wer ans der Erfahrung im gewöhnlichen bmger-
lichen Geschäftsleben weiß, wie so oft wegen viel unbedeutenderer, unklarer und',
verwickclterer Dinge die heftigsten Rechtsstreite entstehen und mit großer Zuversicht
betrieben werden, der wird sich nicht wundern, daß die ganze Angelegenheit'so e
viel Aufsehen auf der einen, und Eiser ans der andern Seile erregt hat. Bisher
ist die Angelegenheit aber nur als politische Parteifrage behandelt worden,
wenn auch der Geldpunkt uicht unerwähnt blieb, aber ebeu dies hat jedenfalls
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schaftliches juristisches Interesse an den ganzen Angelegenheiten hätten. Am
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nehmthuerei über jedes Interesse, das man an der Sache haben kann, aburtheilen,
und indem sie Parteilosigkeit predigen, doch gleich von vornherein erklären, daß
die ganze Angelegenheit abgeschmacktes Zeug sei! Ziehen die politischen Parteien
Persönlichkeiten und dergleichen in die Sache hinein, so mögen sie es mit ein¬
ander ausmachen, es beweist aber die falsche Auffassung einer Sache noch gar
Nichts dafür, daß die Sache selbst, an sich, ebenfalls auch nichtig sei.

Mit diesen Angaben über die ins Oberland zur Rettung gesendeten Gelder
ist aber die Anklage gegen die Patricier noch nicht beschlossen, es handelt sich uoch
no. andere Summen, welche während der ganzen Napoleonischen Zeit veruutrant sein
sollen. Schlechte Geschäfte siud wahrscheinlich gemacht worden*), und es ist un¬
zweifelhaft, daß die Herren von Bern ihre eigenen Interessen und die des Staates
^nfig auf bedenkliche Weise identificirt haben.





rechnet mau um noch die durch Vertauschung des Goldes in Silber gewonnenen«»Minen, circa 1,200,000 Franken, die der geheime Nath in seiner Reclamation natürlich"")t mit gerechnet habe, so betrüge die fehlende Summe:
2,8»,»22 Fr.
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Auch der Gemahlin des ersten Konsuls, Josephine, wurde im Jahre 1802 eine aller-
" böte Meierei, Schweizerisch auf's ZicrUchstc eingerichtet, zum Geschenk angeboten, damit sie
Napoleon wirke: Französische Kcucralc wurden dauernd durch Geldgeschenke mild gemacht,
...oc.inneren scheinen falsch datirt u. s. w. Aber ich bezweifle sehr, ob irgendwo in Europa,
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den Verwaltungsbehörden geherrscht hat.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/111>, abgerufen am 25.08.2024.