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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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sind größtentheils gewandte, theoretisch ziemlich gebildete Jungen, früher erste
Steuermänner von großen Hamburger und Bremer Packetschiffen. Aus diesen
jungen Männern, die jetzt freilich noch Vieles lernen müssen, besonders was das
Artilleriewesen und das Militärische auf einem Kriegsschiff anbelangt, wird mit
der Zeit gewiß ein tüchtiger Stamm sehr brauchbarer Seeoffiziere für uns erwach¬
sen. Sehr schwierig war es auch, tüchtige Hochbootsleute, die mit der Ordnung
auf einem Kriegsschiff vertraut waren, zu bekommen, da wir solche unter unseren
Kauffarthei-Matrosen natürlich nicht finden konnten. Hier hat England denn
nothgedrungen aushelfen müssen, und man hat sich genöthigt gesehen, an 200
erfahrene und erprobte Matrosen von englischen Kriegsschiffen in Löhnung zu neh¬
men, um den ersten tüchtigen Stock unserer Flottenmannschaft zu bilden. Wilde,
verwegene Burschen mit all' den großen Vorzügen, aber anch den Fehlern, die der
echte englische Kriegsschiffmatrose besitzt. Strenge, unnachsichtliche Disciplin ist bei
ihnen sehr nothwendig. Bisher ist Alles gut mit diesen Engländern gegangen und
unsere deutschen Matrosen haben schon Vieles von denselben gelernt. Der übrige
größere Theil der Mannschaft besteht aus oldenburgischen, hannöverschen, bremi¬
schen, hamburgischen und mecklenburgischen Matrosen, die als Freiwillige angeworben
sind. Es hielt in letztem Sommer ziemlich schwer, gute Seeleute in genügender
Zahl zu bekommen, und eine verhältnißmäßig hohe Löhnung mußte ihnen bezahlt
werden. Die Furcht vor ungewohnter Disciplin ans einem Kriegsschiff hielt viele
erfahrene Matrosen ab, mehr noch der Umstand, daß weder Gesetz, noch irgend
eine Sicherheit für Pensionen vorhanden war.

Der provisorische, schwankende Zustand, in dem die ganze Flottcnangelegenheit
sich leider noch immer befindet, macht sich namentlich anch hiebei sehr ungünstig
geltend. So lange wir nicht die allgemein giltige Bestimmung haben, daß der
Dienst aus der deutschen Kriegsflotte von dem nachherigen Dienst in dem Contin--
gente des einzelnen deutschen Landestheiles befreit, und der Matrose eben so gut
wie der Landsoldat Anspruch auf Pension oder Aufnahme in ein Jnvalidenhaus
erhält, wird es uns sehr schwer werden, eine tüchtige Bemannung für unsere
Schiffe zu bekommen. Auch muß eine zwingende Verpflichtung eintreten, und der
Matrose eben so gut seine gehörige Zeit auf der deutschen Flotte addieren, wie
der Jüngling auf dem Festland seine Dienstpflicht im Landheer erfüllt. Bis jetzt,
wo die einzelnen Behörden in manchen Uferstaaten oft große Nachlässigkeit, ja oft
den bösen Willen zeigten, der Flotte zur Bemannung uicht zu verhelfen, hat man
sich durch hohe Löhnung geholfen.

Die Schiffe in Schleswig-Holstein sind größtentheils mit Schleswig-holstein-
schen Matrosen von der Ost- und Westküste bemannt, echte Kernmannschaft, die
es mit jeder in der Welt ausnimmt. Auch die Offiziere und Unteroffiziere hier
sind größtentheils geborene Schleswig-Holsteiner, die früher auf der dänischen
Flotte Gelegenheit hatten, sich die nöthige Uebung im Marinedienst zu verschaffe"?,


sind größtentheils gewandte, theoretisch ziemlich gebildete Jungen, früher erste
Steuermänner von großen Hamburger und Bremer Packetschiffen. Aus diesen
jungen Männern, die jetzt freilich noch Vieles lernen müssen, besonders was das
Artilleriewesen und das Militärische auf einem Kriegsschiff anbelangt, wird mit
der Zeit gewiß ein tüchtiger Stamm sehr brauchbarer Seeoffiziere für uns erwach¬
sen. Sehr schwierig war es auch, tüchtige Hochbootsleute, die mit der Ordnung
auf einem Kriegsschiff vertraut waren, zu bekommen, da wir solche unter unseren
Kauffarthei-Matrosen natürlich nicht finden konnten. Hier hat England denn
nothgedrungen aushelfen müssen, und man hat sich genöthigt gesehen, an 200
erfahrene und erprobte Matrosen von englischen Kriegsschiffen in Löhnung zu neh¬
men, um den ersten tüchtigen Stock unserer Flottenmannschaft zu bilden. Wilde,
verwegene Burschen mit all' den großen Vorzügen, aber anch den Fehlern, die der
echte englische Kriegsschiffmatrose besitzt. Strenge, unnachsichtliche Disciplin ist bei
ihnen sehr nothwendig. Bisher ist Alles gut mit diesen Engländern gegangen und
unsere deutschen Matrosen haben schon Vieles von denselben gelernt. Der übrige
größere Theil der Mannschaft besteht aus oldenburgischen, hannöverschen, bremi¬
schen, hamburgischen und mecklenburgischen Matrosen, die als Freiwillige angeworben
sind. Es hielt in letztem Sommer ziemlich schwer, gute Seeleute in genügender
Zahl zu bekommen, und eine verhältnißmäßig hohe Löhnung mußte ihnen bezahlt
werden. Die Furcht vor ungewohnter Disciplin ans einem Kriegsschiff hielt viele
erfahrene Matrosen ab, mehr noch der Umstand, daß weder Gesetz, noch irgend
eine Sicherheit für Pensionen vorhanden war.

Der provisorische, schwankende Zustand, in dem die ganze Flottcnangelegenheit
sich leider noch immer befindet, macht sich namentlich anch hiebei sehr ungünstig
geltend. So lange wir nicht die allgemein giltige Bestimmung haben, daß der
Dienst aus der deutschen Kriegsflotte von dem nachherigen Dienst in dem Contin--
gente des einzelnen deutschen Landestheiles befreit, und der Matrose eben so gut
wie der Landsoldat Anspruch auf Pension oder Aufnahme in ein Jnvalidenhaus
erhält, wird es uns sehr schwer werden, eine tüchtige Bemannung für unsere
Schiffe zu bekommen. Auch muß eine zwingende Verpflichtung eintreten, und der
Matrose eben so gut seine gehörige Zeit auf der deutschen Flotte addieren, wie
der Jüngling auf dem Festland seine Dienstpflicht im Landheer erfüllt. Bis jetzt,
wo die einzelnen Behörden in manchen Uferstaaten oft große Nachlässigkeit, ja oft
den bösen Willen zeigten, der Flotte zur Bemannung uicht zu verhelfen, hat man
sich durch hohe Löhnung geholfen.

Die Schiffe in Schleswig-Holstein sind größtentheils mit Schleswig-holstein-
schen Matrosen von der Ost- und Westküste bemannt, echte Kernmannschaft, die
es mit jeder in der Welt ausnimmt. Auch die Offiziere und Unteroffiziere hier
sind größtentheils geborene Schleswig-Holsteiner, die früher auf der dänischen
Flotte Gelegenheit hatten, sich die nöthige Uebung im Marinedienst zu verschaffe»?,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/68>, abgerufen am 24.07.2024.