Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.tismes und gegen die antinationalen Bestrebungen der Stuarts mußte er auch auf Von jetzt an wurde die Tagespresse nicht nur ein Bedürfniß für das Publi- Die Regierung fühlte sich abermals von Besorgniß ergriffen. Die schlechte Eins geht aus der Geschichte der Presse hervor: daß mau sie regeln kann (Nach PH. Chasles.) tismes und gegen die antinationalen Bestrebungen der Stuarts mußte er auch auf Von jetzt an wurde die Tagespresse nicht nur ein Bedürfniß für das Publi- Die Regierung fühlte sich abermals von Besorgniß ergriffen. Die schlechte Eins geht aus der Geschichte der Presse hervor: daß mau sie regeln kann (Nach PH. Chasles.) <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0391" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/92680"/> <p xml:id="ID_1262" prev="#ID_1261"> tismes und gegen die antinationalen Bestrebungen der Stuarts mußte er auch auf<lb/> die öffentliche Meinung scheuerte Rücksicht nehmen; in der Mitte stehend zwischen<lb/> den Tories, den Vertheidigern des gouvernementalen Princips, und deu Whigs, deu<lb/> Vertheidigern des liberalen, mußte er sich auf die Presse stützen, die zum Schieds¬<lb/> richter in dem großen Kampfe wurde. Vergebens versuchte mau den Licenser<lb/> wieder einzuführen, die Presse hatte bald diese schwache und abgenutzte Fessel<lb/> zerbrochen. Sie hörte nicht auf, Fortschritte zu macheu. Seit dem Erscheinen<lb/> des ?ud1>e Intelligtzneer im Jahre 1661 bis 1688 entstanden siebzig neue Zeit¬<lb/> schriften, zwischen 1688 und 1692 26. 1709 entstand, wie schon oben erwähnt,<lb/> das erste regelmäßig täglich erscheinende Blatt, Ite van> ^ourant.</p><lb/> <p xml:id="ID_1263"> Von jetzt an wurde die Tagespresse nicht nur ein Bedürfniß für das Publi-<lb/> cum, sondern auch alle Talente jener Zeit drängten sich zur Redaction einzelner<lb/> Zeitungen oder zur Herausgabe anderer periodischer Schriften, wie der Tattler,<lb/> der spectator und der Guardian. Diesen Zeitschriften verdankt die englische<lb/> Literatur einige ihrer elegantesten und geistreichsten Zierden. Addison, Steele und<lb/> Swift übten durch ihre Feder in diesen Blättern einen mächtigen Einfluß auf die<lb/> Sitten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1264"> Die Regierung fühlte sich abermals von Besorgniß ergriffen. Die schlechte<lb/> Presse versetzte die Geister in Aufregung; man mußte ihr verwehren, dem<lb/> Publicum die Staatsgeheimnisse, die Parlamentsdebatten zu verrathen. Der Kampf<lb/> begann im 11. Regierungsjahre der Königin Anna und dauert heilte noch fort;<lb/> gesetzlich hat heute uoch Niemand das Recht, die Debatten des englischen Parla¬<lb/> ments zu veröffentlichen. Die englischen Staatsmänner haben alles Mögliche ge¬<lb/> than, um sich der Oeffentlichkeit zu entziehe«. Nur aus Gnade siud die glänzenden<lb/> Kämpfe zwischen Pitt und Tierney, zwischen Canning und Perceval, die deu<lb/> Staat nicht erschüttert, sondern befestigt, und die Freiheit gefördert austatt ge¬<lb/> hemmt haben, gedruckt auf die Nachwelt gekommen. Die Engländer haben das<lb/> Gesetz nicht abgeschafft, sondern schlafen lassen, und es kann immer uoch angewendet<lb/> werden. Die fernern Schicksale der Presse, die Erfindung des Stempels, des<lb/> doppelten Stempels, der Annoncensteiler n. s. w., werden uus Stoff zu einem<lb/> zweiten Artikel geben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1265"> Eins geht aus der Geschichte der Presse hervor: daß mau sie regeln kann<lb/> und muß wie alle Kräfte, daß aber nichts auf der Welt deu freien Austausch der<lb/> Gedanken und der Worte auf die Länge verwehren kann.</p><lb/> <note type="byline"> (Nach PH. Chasles.)</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0391]
tismes und gegen die antinationalen Bestrebungen der Stuarts mußte er auch auf
die öffentliche Meinung scheuerte Rücksicht nehmen; in der Mitte stehend zwischen
den Tories, den Vertheidigern des gouvernementalen Princips, und deu Whigs, deu
Vertheidigern des liberalen, mußte er sich auf die Presse stützen, die zum Schieds¬
richter in dem großen Kampfe wurde. Vergebens versuchte mau den Licenser
wieder einzuführen, die Presse hatte bald diese schwache und abgenutzte Fessel
zerbrochen. Sie hörte nicht auf, Fortschritte zu macheu. Seit dem Erscheinen
des ?ud1>e Intelligtzneer im Jahre 1661 bis 1688 entstanden siebzig neue Zeit¬
schriften, zwischen 1688 und 1692 26. 1709 entstand, wie schon oben erwähnt,
das erste regelmäßig täglich erscheinende Blatt, Ite van> ^ourant.
Von jetzt an wurde die Tagespresse nicht nur ein Bedürfniß für das Publi-
cum, sondern auch alle Talente jener Zeit drängten sich zur Redaction einzelner
Zeitungen oder zur Herausgabe anderer periodischer Schriften, wie der Tattler,
der spectator und der Guardian. Diesen Zeitschriften verdankt die englische
Literatur einige ihrer elegantesten und geistreichsten Zierden. Addison, Steele und
Swift übten durch ihre Feder in diesen Blättern einen mächtigen Einfluß auf die
Sitten.
Die Regierung fühlte sich abermals von Besorgniß ergriffen. Die schlechte
Presse versetzte die Geister in Aufregung; man mußte ihr verwehren, dem
Publicum die Staatsgeheimnisse, die Parlamentsdebatten zu verrathen. Der Kampf
begann im 11. Regierungsjahre der Königin Anna und dauert heilte noch fort;
gesetzlich hat heute uoch Niemand das Recht, die Debatten des englischen Parla¬
ments zu veröffentlichen. Die englischen Staatsmänner haben alles Mögliche ge¬
than, um sich der Oeffentlichkeit zu entziehe«. Nur aus Gnade siud die glänzenden
Kämpfe zwischen Pitt und Tierney, zwischen Canning und Perceval, die deu
Staat nicht erschüttert, sondern befestigt, und die Freiheit gefördert austatt ge¬
hemmt haben, gedruckt auf die Nachwelt gekommen. Die Engländer haben das
Gesetz nicht abgeschafft, sondern schlafen lassen, und es kann immer uoch angewendet
werden. Die fernern Schicksale der Presse, die Erfindung des Stempels, des
doppelten Stempels, der Annoncensteiler n. s. w., werden uus Stoff zu einem
zweiten Artikel geben.
Eins geht aus der Geschichte der Presse hervor: daß mau sie regeln kann
und muß wie alle Kräfte, daß aber nichts auf der Welt deu freien Austausch der
Gedanken und der Worte auf die Länge verwehren kann.
(Nach PH. Chasles.)
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