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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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Seltenheit ist, daß zu so niedrigen Procenten eine Anleihe "ans Jahresfrist ge¬
macht werden kann. Seine übrigen 1500 Dollars lege er als Depositum in eine
Bank, wofür er zwar keine Interessen erhalt, dafür aber ermächtigt ist, stündlich
die Gelder in größern oder kleinern Summen wieder herauszuziehen. Nach der
ersten Woche miethe er sich in einem abgelegenen Theile der Stadt ein Häuschen
mit einem Garten; ein solches, mit einem Keller, einer Küche, die zugleich Speise¬
zimmer ist, einem Schlaf- und zwei Wohnzimmern, kann er für 6--8 Dollars
monatlich erhalten, er kaufe sich für's Erste uur die nothwendigsten Meubles, da
er an jedem Wochenmarkttage Gelegenheit haben wird, bei den öffentlichen Ver¬
steigerungen oft dergleichen recht elegante Meubles sehr wohlfeil zu erhalten.

Nachdem er sich ans diese Art häuslich eingerichtet hat, suche er die Bekaunt-
schaft eines Friedensrichters zu machen, in den größern Städten wird er gewöhn¬
lich einen gebornen Deutschen oder wenigstens einen von deutscher Abkunft, welcher
noch deutsch spricht, in diesem Amte finden; ans dem Geschäftszimmer dieses
Beamten sich täglich wenigstens zwei Stunden aufzuhalten, mache er sich zur Regel,
um die vielfältigen kleinen Klagen und Schuldforderungen, die hier anhängig ge¬
macht werdeu, mit anzuhören. Befolgt er während einiger Monate diesen Rath,
so wird ihm der hiesige Geschäftsgang bald klar werden.

Nach einigen Monaten fange der deutsche Fremde an, Exkursionen nach allen
Richtungen im Umkreise der Stadt zu macheu, um sich eiuen 5--10 Acker großen
Platz für seiue feste Niederlassung zu suchen. Bei der Wandernngssucht der Ame¬
rikaner ist ihnen stets ihre Heimath feil, doch übereile er sich nicht mit dem An¬
kauf und lasse den Eigenthümer des Platzes, für den er eine Vorliebe fühlt, nie
diese Neigung merken; wird es bekannt, daß ein Einwanderer einen dergleichen
Ankauf zu machen gedenkt und fähig ist, das Grundstück baar zu bezahlen, so
werden ihm Anträge genug gemacht werdeu. Beim Ankauf sehe er auf eine ge¬
sunde, möglichst trockene Lage und eiuen guten, auch während der nassen Jahres¬
zeit nicht bodenlosen Weg zur Stadt, er ziehe es außerdem vor, daß er auf dem
Grundstück ein passendes oder wenigstens mit geringer Mühe für ihn passend zu
machendes Hans vorfinde, da er bei dein Neubau eiues Hauses vou den Arbeitern
sowohl, als von den Verkäufern der Materialien leicht übervortheilt wird. Muß
er nothwendig bauen, so thut er wohl, den ganzen Bau bis zur Überreichung
des Hausschlüssels einem Meister in Accord zu geben. Dieser Contract muß da¬
gegen sehr ausführlich gemacht werdeu, muß sich auf das kleinste Detail erstrecken
und wird am besten von einem Advocaten oder einem Notar verfaßt. Passendes
Land wird er in einem Umkreise von 1 -- 2 Meilen von Columbus oder einer
ähnlichen Mittelstadt für 50 Dollars für deu Acker finden, doch sind die Gebäude
bei dieser Schätzung ungerechnet.

Die Ailsgaben für den festen Wohnsitz und das Inventarium werden sein:

1) Ein Grundstück von 5 Ackern........... 250 Doll.

Seltenheit ist, daß zu so niedrigen Procenten eine Anleihe "ans Jahresfrist ge¬
macht werden kann. Seine übrigen 1500 Dollars lege er als Depositum in eine
Bank, wofür er zwar keine Interessen erhalt, dafür aber ermächtigt ist, stündlich
die Gelder in größern oder kleinern Summen wieder herauszuziehen. Nach der
ersten Woche miethe er sich in einem abgelegenen Theile der Stadt ein Häuschen
mit einem Garten; ein solches, mit einem Keller, einer Küche, die zugleich Speise¬
zimmer ist, einem Schlaf- und zwei Wohnzimmern, kann er für 6—8 Dollars
monatlich erhalten, er kaufe sich für's Erste uur die nothwendigsten Meubles, da
er an jedem Wochenmarkttage Gelegenheit haben wird, bei den öffentlichen Ver¬
steigerungen oft dergleichen recht elegante Meubles sehr wohlfeil zu erhalten.

Nachdem er sich ans diese Art häuslich eingerichtet hat, suche er die Bekaunt-
schaft eines Friedensrichters zu machen, in den größern Städten wird er gewöhn¬
lich einen gebornen Deutschen oder wenigstens einen von deutscher Abkunft, welcher
noch deutsch spricht, in diesem Amte finden; ans dem Geschäftszimmer dieses
Beamten sich täglich wenigstens zwei Stunden aufzuhalten, mache er sich zur Regel,
um die vielfältigen kleinen Klagen und Schuldforderungen, die hier anhängig ge¬
macht werdeu, mit anzuhören. Befolgt er während einiger Monate diesen Rath,
so wird ihm der hiesige Geschäftsgang bald klar werden.

Nach einigen Monaten fange der deutsche Fremde an, Exkursionen nach allen
Richtungen im Umkreise der Stadt zu macheu, um sich eiuen 5—10 Acker großen
Platz für seiue feste Niederlassung zu suchen. Bei der Wandernngssucht der Ame¬
rikaner ist ihnen stets ihre Heimath feil, doch übereile er sich nicht mit dem An¬
kauf und lasse den Eigenthümer des Platzes, für den er eine Vorliebe fühlt, nie
diese Neigung merken; wird es bekannt, daß ein Einwanderer einen dergleichen
Ankauf zu machen gedenkt und fähig ist, das Grundstück baar zu bezahlen, so
werden ihm Anträge genug gemacht werdeu. Beim Ankauf sehe er auf eine ge¬
sunde, möglichst trockene Lage und eiuen guten, auch während der nassen Jahres¬
zeit nicht bodenlosen Weg zur Stadt, er ziehe es außerdem vor, daß er auf dem
Grundstück ein passendes oder wenigstens mit geringer Mühe für ihn passend zu
machendes Hans vorfinde, da er bei dein Neubau eiues Hauses vou den Arbeitern
sowohl, als von den Verkäufern der Materialien leicht übervortheilt wird. Muß
er nothwendig bauen, so thut er wohl, den ganzen Bau bis zur Überreichung
des Hausschlüssels einem Meister in Accord zu geben. Dieser Contract muß da¬
gegen sehr ausführlich gemacht werdeu, muß sich auf das kleinste Detail erstrecken
und wird am besten von einem Advocaten oder einem Notar verfaßt. Passendes
Land wird er in einem Umkreise von 1 — 2 Meilen von Columbus oder einer
ähnlichen Mittelstadt für 50 Dollars für deu Acker finden, doch sind die Gebäude
bei dieser Schätzung ungerechnet.

Die Ailsgaben für den festen Wohnsitz und das Inventarium werden sein:

1) Ein Grundstück von 5 Ackern........... 250 Doll.

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[0198] Seltenheit ist, daß zu so niedrigen Procenten eine Anleihe "ans Jahresfrist ge¬ macht werden kann. Seine übrigen 1500 Dollars lege er als Depositum in eine Bank, wofür er zwar keine Interessen erhalt, dafür aber ermächtigt ist, stündlich die Gelder in größern oder kleinern Summen wieder herauszuziehen. Nach der ersten Woche miethe er sich in einem abgelegenen Theile der Stadt ein Häuschen mit einem Garten; ein solches, mit einem Keller, einer Küche, die zugleich Speise¬ zimmer ist, einem Schlaf- und zwei Wohnzimmern, kann er für 6—8 Dollars monatlich erhalten, er kaufe sich für's Erste uur die nothwendigsten Meubles, da er an jedem Wochenmarkttage Gelegenheit haben wird, bei den öffentlichen Ver¬ steigerungen oft dergleichen recht elegante Meubles sehr wohlfeil zu erhalten. Nachdem er sich ans diese Art häuslich eingerichtet hat, suche er die Bekaunt- schaft eines Friedensrichters zu machen, in den größern Städten wird er gewöhn¬ lich einen gebornen Deutschen oder wenigstens einen von deutscher Abkunft, welcher noch deutsch spricht, in diesem Amte finden; ans dem Geschäftszimmer dieses Beamten sich täglich wenigstens zwei Stunden aufzuhalten, mache er sich zur Regel, um die vielfältigen kleinen Klagen und Schuldforderungen, die hier anhängig ge¬ macht werdeu, mit anzuhören. Befolgt er während einiger Monate diesen Rath, so wird ihm der hiesige Geschäftsgang bald klar werden. Nach einigen Monaten fange der deutsche Fremde an, Exkursionen nach allen Richtungen im Umkreise der Stadt zu macheu, um sich eiuen 5—10 Acker großen Platz für seiue feste Niederlassung zu suchen. Bei der Wandernngssucht der Ame¬ rikaner ist ihnen stets ihre Heimath feil, doch übereile er sich nicht mit dem An¬ kauf und lasse den Eigenthümer des Platzes, für den er eine Vorliebe fühlt, nie diese Neigung merken; wird es bekannt, daß ein Einwanderer einen dergleichen Ankauf zu machen gedenkt und fähig ist, das Grundstück baar zu bezahlen, so werden ihm Anträge genug gemacht werdeu. Beim Ankauf sehe er auf eine ge¬ sunde, möglichst trockene Lage und eiuen guten, auch während der nassen Jahres¬ zeit nicht bodenlosen Weg zur Stadt, er ziehe es außerdem vor, daß er auf dem Grundstück ein passendes oder wenigstens mit geringer Mühe für ihn passend zu machendes Hans vorfinde, da er bei dein Neubau eiues Hauses vou den Arbeitern sowohl, als von den Verkäufern der Materialien leicht übervortheilt wird. Muß er nothwendig bauen, so thut er wohl, den ganzen Bau bis zur Überreichung des Hausschlüssels einem Meister in Accord zu geben. Dieser Contract muß da¬ gegen sehr ausführlich gemacht werdeu, muß sich auf das kleinste Detail erstrecken und wird am besten von einem Advocaten oder einem Notar verfaßt. Passendes Land wird er in einem Umkreise von 1 — 2 Meilen von Columbus oder einer ähnlichen Mittelstadt für 50 Dollars für deu Acker finden, doch sind die Gebäude bei dieser Schätzung ungerechnet. Die Ailsgaben für den festen Wohnsitz und das Inventarium werden sein: 1) Ein Grundstück von 5 Ackern........... 250 Doll.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/198>, abgerufen am 22.07.2024.