Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.Sprüchwort ist, und ein zweiter solcher Staatsstreich ist nicht zu erwarten. Will ein Capitalist Gelder in Schuldscheinen der einzelnen Staaten anlegen, Grenzboten. IV. 1850. 89
Sprüchwort ist, und ein zweiter solcher Staatsstreich ist nicht zu erwarten. Will ein Capitalist Gelder in Schuldscheinen der einzelnen Staaten anlegen, Grenzboten. IV. 1850. 89
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0193" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/92482"/> <p xml:id="ID_641" prev="#ID_640"> Sprüchwort ist, und ein zweiter solcher Staatsstreich ist nicht zu erwarten.<lb/> Pennsylvanien, Maryland und Jndiana wurden bald durch die allgemeine Mei¬<lb/> nung und den Nachtheil, den sie durch Creditlosigkeit erlitten, gezwungen, mit<lb/> der Zahlung der Interessen nicht nur wieder zu begiunen, sondern auch den In¬<lb/> habern der Papiere die rückständigen Interessen nachzuzählen. Michigan, Illenois<lb/> und Arkansas haben in der neuesten Zeit ebenfalls Anordnungen getroffen, um<lb/> sich vou ihren Flecken zu reinigen, nur bei Missisippi tritt ein Fall ein, der eine<lb/> nähere Beleuchtung verdient, da er zeigt, wie vorsichtig europäische Capitalien<lb/> sein müssen, wenn sie sich auf eine neue Anleihe mit einem amerikanischen Staat<lb/> einlassen. Missisippi erklärt sich einer Schuld voll fünf Millionen für gänzlich<lb/> entbunden, aus dem Grnnde, daß sie ungesetzlich gemacht sei. Die Sache ver¬<lb/> hält sich wie folgt: Die Gesetzgebung gab ein Gesetz, daß keine Staatsanleihe<lb/> gemacht werden solle, wenn der dazu berechtigende Gesetzvorschlag nicht von zwei<lb/> ans einander folgenden Gesetzgebungen angenommen würde. Von einer Gesetzgebung<lb/> wurde ein dergleichen Gesetzvorschlag angenommen, der Staat hatte Geldmittel<lb/> dringend nöthig und der Gouverneur, in der gewissen Voraussetzung, daß die<lb/> nächste Gesetzgebung den Vorschlag ebenfalls billigen werde, sendete Agenten uuter<lb/> dem großen Siegel des Staats und mit seiner Bescheinigung versehen nach Eng¬<lb/> land, um die Anleihe zu macheu. Diese Agenten waren allerdings genöthigt,<lb/> unter den drückenden Verhältnissen der damaligen Zeit diese Papiere zu einen:<lb/> sehr niedrigen Preise zu verkaufen, der Ertrag wurde durch die Unredlichkeit der<lb/> Beamten uoch geschmälert, so daß die Summe der wirklich dem Staate gezählten<lb/> Gelder sehr gering war. Die nächste Gesetzgebung trat zusammen, sah den Stand<lb/> der Sachen und verweigerte die Annahme des Gesetzes. Dieser Streich ist ohne<lb/> Zweifel ehrlos; siudet der Amerikaner aber einen Winkel, wo er sich hinter ein<lb/> bestehendes Gesetz bergen kann, so wird er ihn stets benutzen. Wenn nicht dnrch<lb/> das Gesetz, so ist der Staat durch jedes Gefühl der Ehre verbunden, die Schuld<lb/> anzuerkennen; ein Theil des Capitals floß in den Staatsschatz und wurde zum<lb/> Besten des Staats verwendet und die Bescheinigung des Gouverneurs uuter dem<lb/> großen Siegel des Staats mußte jedem Ausländer als eine volle Sicherheit für<lb/> die Gesetzlichkeit der Anleihe erscheinen. Hat der Gouverneur gesündigt, so be¬<lb/> strafe ihn der Staat, unterziehe sich aber den Folgen, welche entstehen, wenn<lb/> man Männer zu Gouverneuren erwählt, welche fähig sind, nnter dem großen<lb/> Siegel des Staats ungesetzliche Handlungen zu begehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_642" next="#ID_643"> Will ein Capitalist Gelder in Schuldscheinen der einzelnen Staaten anlegen,<lb/> so würde ich zu dem Ankauf der Papiere von New-York, Pennsylvanien und<lb/> Ohio und der städtischem Papiere der Städte Boston, New-York, Philadelphia<lb/> und Baltimore rathen; sie sind mir Coupons versehen und die Interessen können<lb/> Mit der größten Regelmäßigkeit durch ein Handelshaus in London, in Hamburg<lb/> oder in Bremen bezogen werden. Die Krisis der Sclavenfrage wird auch diese</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. IV. 1850. 89</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0193]
Sprüchwort ist, und ein zweiter solcher Staatsstreich ist nicht zu erwarten.
Pennsylvanien, Maryland und Jndiana wurden bald durch die allgemeine Mei¬
nung und den Nachtheil, den sie durch Creditlosigkeit erlitten, gezwungen, mit
der Zahlung der Interessen nicht nur wieder zu begiunen, sondern auch den In¬
habern der Papiere die rückständigen Interessen nachzuzählen. Michigan, Illenois
und Arkansas haben in der neuesten Zeit ebenfalls Anordnungen getroffen, um
sich vou ihren Flecken zu reinigen, nur bei Missisippi tritt ein Fall ein, der eine
nähere Beleuchtung verdient, da er zeigt, wie vorsichtig europäische Capitalien
sein müssen, wenn sie sich auf eine neue Anleihe mit einem amerikanischen Staat
einlassen. Missisippi erklärt sich einer Schuld voll fünf Millionen für gänzlich
entbunden, aus dem Grnnde, daß sie ungesetzlich gemacht sei. Die Sache ver¬
hält sich wie folgt: Die Gesetzgebung gab ein Gesetz, daß keine Staatsanleihe
gemacht werden solle, wenn der dazu berechtigende Gesetzvorschlag nicht von zwei
ans einander folgenden Gesetzgebungen angenommen würde. Von einer Gesetzgebung
wurde ein dergleichen Gesetzvorschlag angenommen, der Staat hatte Geldmittel
dringend nöthig und der Gouverneur, in der gewissen Voraussetzung, daß die
nächste Gesetzgebung den Vorschlag ebenfalls billigen werde, sendete Agenten uuter
dem großen Siegel des Staats und mit seiner Bescheinigung versehen nach Eng¬
land, um die Anleihe zu macheu. Diese Agenten waren allerdings genöthigt,
unter den drückenden Verhältnissen der damaligen Zeit diese Papiere zu einen:
sehr niedrigen Preise zu verkaufen, der Ertrag wurde durch die Unredlichkeit der
Beamten uoch geschmälert, so daß die Summe der wirklich dem Staate gezählten
Gelder sehr gering war. Die nächste Gesetzgebung trat zusammen, sah den Stand
der Sachen und verweigerte die Annahme des Gesetzes. Dieser Streich ist ohne
Zweifel ehrlos; siudet der Amerikaner aber einen Winkel, wo er sich hinter ein
bestehendes Gesetz bergen kann, so wird er ihn stets benutzen. Wenn nicht dnrch
das Gesetz, so ist der Staat durch jedes Gefühl der Ehre verbunden, die Schuld
anzuerkennen; ein Theil des Capitals floß in den Staatsschatz und wurde zum
Besten des Staats verwendet und die Bescheinigung des Gouverneurs uuter dem
großen Siegel des Staats mußte jedem Ausländer als eine volle Sicherheit für
die Gesetzlichkeit der Anleihe erscheinen. Hat der Gouverneur gesündigt, so be¬
strafe ihn der Staat, unterziehe sich aber den Folgen, welche entstehen, wenn
man Männer zu Gouverneuren erwählt, welche fähig sind, nnter dem großen
Siegel des Staats ungesetzliche Handlungen zu begehen.
Will ein Capitalist Gelder in Schuldscheinen der einzelnen Staaten anlegen,
so würde ich zu dem Ankauf der Papiere von New-York, Pennsylvanien und
Ohio und der städtischem Papiere der Städte Boston, New-York, Philadelphia
und Baltimore rathen; sie sind mir Coupons versehen und die Interessen können
Mit der größten Regelmäßigkeit durch ein Handelshaus in London, in Hamburg
oder in Bremen bezogen werden. Die Krisis der Sclavenfrage wird auch diese
Grenzboten. IV. 1850. 89
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |