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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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Versammlungen der Zeit als Muster vorgeschwebt. Das vorliegende Werk, dessen aus¬
führliche Kritik wir uns vorbehalten, sobald der zweite Theil erschienen sein wird,
bemüht sich, die innern Gründe des Zustandekommens dieser Verfassung zu entwickeln.
Wir lassen den Verfasser über die Methode seines Verfahrens sich selber aussprechen. "Seit¬
dem Nothomb nach wichtiger Mitwirkung beim Congresse in einem Buche, das in ganz
Europa Aufmerksamkeit erregte, die Erfolge der belgischen Revolution von 1830 dargestellt
hat, ist die Geschichte dieser Revolution w verschiedener Gestalt, sowohl in Belgien wie
in Holland, in Frankreich und in England geschrieben, ist die Geschichte des frühern
Königreichs der Niederlande durch ansehnliche Sammlungen von Documenten aufgeklärt,
sind selbst die Verhandlungen des Kongresses, bis dahin in den Journalen jener Zeit
zerstreut, mit lobenswerthem Eiser gesammelt worden. Indeß waren bei weitem noch nicht
alle Lücken ausgefüllt, nicht alle Begebenheiten aufgehellt; über politische Fragen von
hoher Wichtigkeit, über die lehrreichsten und denkwürdigsten Vorgänge erwartete man
noch Ausklärung. Wir hoffen die gerechte Neugier des Publicums befriedigen zu können.
Es ist uns erlaubt gewesen, alle vom diplomatischen Comitv und den beiden Ministerien
der Regentschaft in den Staatsarchiven zurückgelassenen officiellen Documente zum ersten
Male zu benutzen. Und nicht hieraus allein haben sich unsere Nachforschungen beschränkt.
Mehrere der eiuflufireichsten unter den Gründern der belgischen Monarchie haben, um ein
vielleicht kühnes, aber unbestreitbar nützliches Unternehmen zu fördern, rückhaltlos neben
manchem rechtfertigenden Actenstücke eine Menge bei den Ereignissen, an denen sie Theil
nahmen, aufgeschriebene Notizen zu unserer Verfügung gestellt. Alle diese Mitteilungen
sind uns ohne irgend eine Bedingung gemacht worden: man hat den Geschichtschreiber
aufklären, aber keinen Einfluß ans ihn ausüben wollen; man hat gewünscht, daß die
volle Wahrheit an den Tag trete, nicht, daß sie durch berechnetes Verschweigen ver¬
dunkelt werde. So haben wir durch Benutzung schätzbarer und durchaus authentischer
Nachrichten die Geschichte des Kongresses auszuheilen gesucht. Was die gedruckten Do¬
kumente (Bücher, Journale, Denkschriften u. f. w.) betrifft, so haben wir dieselben mit
Aufmerksamkeit studirt, alle Parteien anhörend, alle Ansichten prüfend. Wir sind weit
davon entfernt, aus Unfehlbarkeit Anspruch zu machen; aber es sei uus erlaubt, als
eines Anspruchs aus Nachsicht der Achtung zu erwähnen, welche wir vor dem Beruft
des GcschichtschreibcrS stets gezeigt haben; unserer hohen Meinung von den PiMteli,
welche diesem obliegen; unseres redlichen Willens, diese Pflichten frei von aller
vorgefaßten Meinung zu erfüllen." --

"Die Revolutionen sind beklagenswerthe Katastrophen, wenn sie nichts als Ruinen
und Trümmer zurücklassen. Die belgische Revolution von 1830 ist aber nichts weniger
als unfruchtbar geblieben -- nur Blinde und Undankbare könnten so etwas behaupten wollen.
Die Verfassung von 1831 ist eine vom unabhängigen Belgien der Civilisation dargebrachte
reiche Gabe, ein würdiger Preis für die Aufnahme der Belgier in die Reihe der un¬
abhängigen Völker. Sic ist ein bcwnndernSwertheS Werk, in welchem Freiheit in vollem
Maße gewährt ist, ohne daß der Zügellosigkeit Raum gegeben wäre; welches ohne
Despotismus Ordnung geschaffen hat; welches die politische, sociale, intellectuelle Ent-
wickelung der Nation durch völlige Entfesselung der Presse, des Unterrichts, der Vereine
mächtig gefördert hat; welches das Princip der Gleichheit durch Vernichtung alles
Kastenwesens, aller ungerechten Standesunterschiede, und durch gleiches, unparteiisches
Recht für Alle durchgeführt und den Staat zu einer wahren Demokratie gemacht hat,
wo alle Bürger frei der ihnen gewährten Rechte sich bedienen können, wo selbst die
Königswürde, wie jede andere Macht ans der Nation hervorgegangen, in Wahrheit nichts
als die Personifikation der Volkssouverainetät ist.

Bei dieser Regierungsform, die dem kräftigen Geiste der Belgier vortrefflich zusagt,
hat die Nation eine gewaltig fruchtbare Thätigkeit bewiesen. Alles war im Jahre 1830
neu zu schaffen oder zu vervollkommnen, ans gleiche Höhe mit der neuen politischen
Organisation zu bringen. Im Laufe weniger Jahre wurden von unten bis oben alle


Versammlungen der Zeit als Muster vorgeschwebt. Das vorliegende Werk, dessen aus¬
führliche Kritik wir uns vorbehalten, sobald der zweite Theil erschienen sein wird,
bemüht sich, die innern Gründe des Zustandekommens dieser Verfassung zu entwickeln.
Wir lassen den Verfasser über die Methode seines Verfahrens sich selber aussprechen. „Seit¬
dem Nothomb nach wichtiger Mitwirkung beim Congresse in einem Buche, das in ganz
Europa Aufmerksamkeit erregte, die Erfolge der belgischen Revolution von 1830 dargestellt
hat, ist die Geschichte dieser Revolution w verschiedener Gestalt, sowohl in Belgien wie
in Holland, in Frankreich und in England geschrieben, ist die Geschichte des frühern
Königreichs der Niederlande durch ansehnliche Sammlungen von Documenten aufgeklärt,
sind selbst die Verhandlungen des Kongresses, bis dahin in den Journalen jener Zeit
zerstreut, mit lobenswerthem Eiser gesammelt worden. Indeß waren bei weitem noch nicht
alle Lücken ausgefüllt, nicht alle Begebenheiten aufgehellt; über politische Fragen von
hoher Wichtigkeit, über die lehrreichsten und denkwürdigsten Vorgänge erwartete man
noch Ausklärung. Wir hoffen die gerechte Neugier des Publicums befriedigen zu können.
Es ist uns erlaubt gewesen, alle vom diplomatischen Comitv und den beiden Ministerien
der Regentschaft in den Staatsarchiven zurückgelassenen officiellen Documente zum ersten
Male zu benutzen. Und nicht hieraus allein haben sich unsere Nachforschungen beschränkt.
Mehrere der eiuflufireichsten unter den Gründern der belgischen Monarchie haben, um ein
vielleicht kühnes, aber unbestreitbar nützliches Unternehmen zu fördern, rückhaltlos neben
manchem rechtfertigenden Actenstücke eine Menge bei den Ereignissen, an denen sie Theil
nahmen, aufgeschriebene Notizen zu unserer Verfügung gestellt. Alle diese Mitteilungen
sind uns ohne irgend eine Bedingung gemacht worden: man hat den Geschichtschreiber
aufklären, aber keinen Einfluß ans ihn ausüben wollen; man hat gewünscht, daß die
volle Wahrheit an den Tag trete, nicht, daß sie durch berechnetes Verschweigen ver¬
dunkelt werde. So haben wir durch Benutzung schätzbarer und durchaus authentischer
Nachrichten die Geschichte des Kongresses auszuheilen gesucht. Was die gedruckten Do¬
kumente (Bücher, Journale, Denkschriften u. f. w.) betrifft, so haben wir dieselben mit
Aufmerksamkeit studirt, alle Parteien anhörend, alle Ansichten prüfend. Wir sind weit
davon entfernt, aus Unfehlbarkeit Anspruch zu machen; aber es sei uus erlaubt, als
eines Anspruchs aus Nachsicht der Achtung zu erwähnen, welche wir vor dem Beruft
des GcschichtschreibcrS stets gezeigt haben; unserer hohen Meinung von den PiMteli,
welche diesem obliegen; unseres redlichen Willens, diese Pflichten frei von aller
vorgefaßten Meinung zu erfüllen." —

„Die Revolutionen sind beklagenswerthe Katastrophen, wenn sie nichts als Ruinen
und Trümmer zurücklassen. Die belgische Revolution von 1830 ist aber nichts weniger
als unfruchtbar geblieben — nur Blinde und Undankbare könnten so etwas behaupten wollen.
Die Verfassung von 1831 ist eine vom unabhängigen Belgien der Civilisation dargebrachte
reiche Gabe, ein würdiger Preis für die Aufnahme der Belgier in die Reihe der un¬
abhängigen Völker. Sic ist ein bcwnndernSwertheS Werk, in welchem Freiheit in vollem
Maße gewährt ist, ohne daß der Zügellosigkeit Raum gegeben wäre; welches ohne
Despotismus Ordnung geschaffen hat; welches die politische, sociale, intellectuelle Ent-
wickelung der Nation durch völlige Entfesselung der Presse, des Unterrichts, der Vereine
mächtig gefördert hat; welches das Princip der Gleichheit durch Vernichtung alles
Kastenwesens, aller ungerechten Standesunterschiede, und durch gleiches, unparteiisches
Recht für Alle durchgeführt und den Staat zu einer wahren Demokratie gemacht hat,
wo alle Bürger frei der ihnen gewährten Rechte sich bedienen können, wo selbst die
Königswürde, wie jede andere Macht ans der Nation hervorgegangen, in Wahrheit nichts
als die Personifikation der Volkssouverainetät ist.

Bei dieser Regierungsform, die dem kräftigen Geiste der Belgier vortrefflich zusagt,
hat die Nation eine gewaltig fruchtbare Thätigkeit bewiesen. Alles war im Jahre 1830
neu zu schaffen oder zu vervollkommnen, ans gleiche Höhe mit der neuen politischen
Organisation zu bringen. Im Laufe weniger Jahre wurden von unten bis oben alle


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[0445] Versammlungen der Zeit als Muster vorgeschwebt. Das vorliegende Werk, dessen aus¬ führliche Kritik wir uns vorbehalten, sobald der zweite Theil erschienen sein wird, bemüht sich, die innern Gründe des Zustandekommens dieser Verfassung zu entwickeln. Wir lassen den Verfasser über die Methode seines Verfahrens sich selber aussprechen. „Seit¬ dem Nothomb nach wichtiger Mitwirkung beim Congresse in einem Buche, das in ganz Europa Aufmerksamkeit erregte, die Erfolge der belgischen Revolution von 1830 dargestellt hat, ist die Geschichte dieser Revolution w verschiedener Gestalt, sowohl in Belgien wie in Holland, in Frankreich und in England geschrieben, ist die Geschichte des frühern Königreichs der Niederlande durch ansehnliche Sammlungen von Documenten aufgeklärt, sind selbst die Verhandlungen des Kongresses, bis dahin in den Journalen jener Zeit zerstreut, mit lobenswerthem Eiser gesammelt worden. Indeß waren bei weitem noch nicht alle Lücken ausgefüllt, nicht alle Begebenheiten aufgehellt; über politische Fragen von hoher Wichtigkeit, über die lehrreichsten und denkwürdigsten Vorgänge erwartete man noch Ausklärung. Wir hoffen die gerechte Neugier des Publicums befriedigen zu können. Es ist uns erlaubt gewesen, alle vom diplomatischen Comitv und den beiden Ministerien der Regentschaft in den Staatsarchiven zurückgelassenen officiellen Documente zum ersten Male zu benutzen. Und nicht hieraus allein haben sich unsere Nachforschungen beschränkt. Mehrere der eiuflufireichsten unter den Gründern der belgischen Monarchie haben, um ein vielleicht kühnes, aber unbestreitbar nützliches Unternehmen zu fördern, rückhaltlos neben manchem rechtfertigenden Actenstücke eine Menge bei den Ereignissen, an denen sie Theil nahmen, aufgeschriebene Notizen zu unserer Verfügung gestellt. Alle diese Mitteilungen sind uns ohne irgend eine Bedingung gemacht worden: man hat den Geschichtschreiber aufklären, aber keinen Einfluß ans ihn ausüben wollen; man hat gewünscht, daß die volle Wahrheit an den Tag trete, nicht, daß sie durch berechnetes Verschweigen ver¬ dunkelt werde. So haben wir durch Benutzung schätzbarer und durchaus authentischer Nachrichten die Geschichte des Kongresses auszuheilen gesucht. Was die gedruckten Do¬ kumente (Bücher, Journale, Denkschriften u. f. w.) betrifft, so haben wir dieselben mit Aufmerksamkeit studirt, alle Parteien anhörend, alle Ansichten prüfend. Wir sind weit davon entfernt, aus Unfehlbarkeit Anspruch zu machen; aber es sei uus erlaubt, als eines Anspruchs aus Nachsicht der Achtung zu erwähnen, welche wir vor dem Beruft des GcschichtschreibcrS stets gezeigt haben; unserer hohen Meinung von den PiMteli, welche diesem obliegen; unseres redlichen Willens, diese Pflichten frei von aller vorgefaßten Meinung zu erfüllen." — „Die Revolutionen sind beklagenswerthe Katastrophen, wenn sie nichts als Ruinen und Trümmer zurücklassen. Die belgische Revolution von 1830 ist aber nichts weniger als unfruchtbar geblieben — nur Blinde und Undankbare könnten so etwas behaupten wollen. Die Verfassung von 1831 ist eine vom unabhängigen Belgien der Civilisation dargebrachte reiche Gabe, ein würdiger Preis für die Aufnahme der Belgier in die Reihe der un¬ abhängigen Völker. Sic ist ein bcwnndernSwertheS Werk, in welchem Freiheit in vollem Maße gewährt ist, ohne daß der Zügellosigkeit Raum gegeben wäre; welches ohne Despotismus Ordnung geschaffen hat; welches die politische, sociale, intellectuelle Ent- wickelung der Nation durch völlige Entfesselung der Presse, des Unterrichts, der Vereine mächtig gefördert hat; welches das Princip der Gleichheit durch Vernichtung alles Kastenwesens, aller ungerechten Standesunterschiede, und durch gleiches, unparteiisches Recht für Alle durchgeführt und den Staat zu einer wahren Demokratie gemacht hat, wo alle Bürger frei der ihnen gewährten Rechte sich bedienen können, wo selbst die Königswürde, wie jede andere Macht ans der Nation hervorgegangen, in Wahrheit nichts als die Personifikation der Volkssouverainetät ist. Bei dieser Regierungsform, die dem kräftigen Geiste der Belgier vortrefflich zusagt, hat die Nation eine gewaltig fruchtbare Thätigkeit bewiesen. Alles war im Jahre 1830 neu zu schaffen oder zu vervollkommnen, ans gleiche Höhe mit der neuen politischen Organisation zu bringen. Im Laufe weniger Jahre wurden von unten bis oben alle

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/445>, abgerufen am 27.07.2024.