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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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Laufbahn. Sein Roman: lin grana Iiumine >lo pruvinoo -1 mag uns von
seinem damaligen Leben einen Begriff machen. Er schrieb in den Jahren 1821
l'is 1829 unter verschiedenen Namen: Ilurac"- 6<z 8t. /mbin, VjII<zi-gI"z, I^ora
NKoono, eine große Menge von Romanen, die kein Glück machten, und die alle
vergessen sind. Nebenbei ließ er sich seit dem I. 1826 in Buchhändlerspecnla-
tionen ein, die gleichfalls schlecht ausfielen, und um derentwillen er ans einige
Zeit seinen Adel ablegte. Er geriet!) tief in Schulden, und griff, um dieselben zu
bezahlen, von Neuem zur Feder. "Ich wollte meine ungeheuren Schulden be¬
zahlen und anständig leben. Dies große Resultat wollte ich mit einer Gänse¬
feder, einer Flasche Dinte und einigen Buch Papier erreichen, in einer Stadt, wo der
Schriftsteller keinen Credit hat, wo er nicht uur Talent, sondern auch Glück haben
und außerdem Tag und Nacht arbeiten muß, um sechstausend Francs jährlich zu
erwerben; und ich hatte allein achttausend Francs jährlicher Interessen für meine
Schulden zu bezahlen. War das nicht eine Thorheit? Ich unternahm diesen
Kampf zu einer Zeit, wo sich wegen geringerer Verlegenheiten einer meiner
Freunde, dessen Selbstmord großes Aufsehen machte, erschossen hatte." Sein
Plan gelang. Mit dem Roman: le clsimer LKouan (1829) war sein Ruf ge¬
gründet und vou da an beständig im Steigen. Er wurde reich, heirathete noch
zuletzt eine sehr begüterte Russin, die er lauge geliebt hatte, und starb in großer
Fülle. Victor Hugo und Alexander Dumas haben mit dem Minister Baroche
gemeinsam den Zipfel seines Leichentuchs getragen; der Letztere hat seine Büste
in das Pantheon großer Männer aufstellen lassen.

Von seinem Aeußern giebt uns ein Freund folgende Schilderung. In der
düstersten Zeit seines Kampfes gegen Armuth und Ruhmlosigkeit, unter der Re¬
stauration, war sein Aussehen viel poetischer, als in den Tagen seines Glücks.
Er war uoch sehr hager, hatte ein bleiches Gesicht, ein funkelndes Auge, sprach
feurig und gesticulirte heftig; seine Unterhaltung war voll Lustschlösser. Er war
ein Mensch der Projecte. Außer in diesem letzten Punkt hatte sich später Vieles
verändert. Indem Balzac an Ruhm gewonnen, hat er Napoleon nachgeahmt;
er hat auch an Dicke gewonnen. Man denke sich einen kleinen, dicken, unter¬
setzten, breitschultrigen Mann, gewöhnlich mit großer Nachlässigkeit gekleidet, mit
langen, schwarze", schlecht gekämmten Haaren, einem runden, jovialen Mönchs¬
gesicht, einem großen und lachenden Mund uuter einem Schnurbart -- Züge,
die in ihrem Ensemble etwas Gemeines hätten, wenn nicht das kleine Ange
mit geistreicher Lebendigkeit blitzte. Doch soll er für Frauen sehr verführerisch
gewesen sein. --

Seine Romanespielen mit wenigen Ausnahmen, wo er sich ohne besonderes



*) Ich versuche ein Verzeichnis,, ohne für dessen Vollständigkeit l'ilrgen zu wollen.
Lesnss alö I". vio ?ki'!simus (darunter ?örs Koiiol). -- Leenss av la vio privv^ (darunter
Uoäesre IVIig'non). -- Seunes as Ig, vis av provinvs (darunter Nuxlwio K>-"ne>ot). -- Komnns o,

Laufbahn. Sein Roman: lin grana Iiumine >lo pruvinoo -1 mag uns von
seinem damaligen Leben einen Begriff machen. Er schrieb in den Jahren 1821
l'is 1829 unter verschiedenen Namen: Ilurac«- 6<z 8t. /mbin, VjII<zi-gI«z, I^ora
NKoono, eine große Menge von Romanen, die kein Glück machten, und die alle
vergessen sind. Nebenbei ließ er sich seit dem I. 1826 in Buchhändlerspecnla-
tionen ein, die gleichfalls schlecht ausfielen, und um derentwillen er ans einige
Zeit seinen Adel ablegte. Er geriet!) tief in Schulden, und griff, um dieselben zu
bezahlen, von Neuem zur Feder. „Ich wollte meine ungeheuren Schulden be¬
zahlen und anständig leben. Dies große Resultat wollte ich mit einer Gänse¬
feder, einer Flasche Dinte und einigen Buch Papier erreichen, in einer Stadt, wo der
Schriftsteller keinen Credit hat, wo er nicht uur Talent, sondern auch Glück haben
und außerdem Tag und Nacht arbeiten muß, um sechstausend Francs jährlich zu
erwerben; und ich hatte allein achttausend Francs jährlicher Interessen für meine
Schulden zu bezahlen. War das nicht eine Thorheit? Ich unternahm diesen
Kampf zu einer Zeit, wo sich wegen geringerer Verlegenheiten einer meiner
Freunde, dessen Selbstmord großes Aufsehen machte, erschossen hatte." Sein
Plan gelang. Mit dem Roman: le clsimer LKouan (1829) war sein Ruf ge¬
gründet und vou da an beständig im Steigen. Er wurde reich, heirathete noch
zuletzt eine sehr begüterte Russin, die er lauge geliebt hatte, und starb in großer
Fülle. Victor Hugo und Alexander Dumas haben mit dem Minister Baroche
gemeinsam den Zipfel seines Leichentuchs getragen; der Letztere hat seine Büste
in das Pantheon großer Männer aufstellen lassen.

Von seinem Aeußern giebt uns ein Freund folgende Schilderung. In der
düstersten Zeit seines Kampfes gegen Armuth und Ruhmlosigkeit, unter der Re¬
stauration, war sein Aussehen viel poetischer, als in den Tagen seines Glücks.
Er war uoch sehr hager, hatte ein bleiches Gesicht, ein funkelndes Auge, sprach
feurig und gesticulirte heftig; seine Unterhaltung war voll Lustschlösser. Er war
ein Mensch der Projecte. Außer in diesem letzten Punkt hatte sich später Vieles
verändert. Indem Balzac an Ruhm gewonnen, hat er Napoleon nachgeahmt;
er hat auch an Dicke gewonnen. Man denke sich einen kleinen, dicken, unter¬
setzten, breitschultrigen Mann, gewöhnlich mit großer Nachlässigkeit gekleidet, mit
langen, schwarze», schlecht gekämmten Haaren, einem runden, jovialen Mönchs¬
gesicht, einem großen und lachenden Mund uuter einem Schnurbart — Züge,
die in ihrem Ensemble etwas Gemeines hätten, wenn nicht das kleine Ange
mit geistreicher Lebendigkeit blitzte. Doch soll er für Frauen sehr verführerisch
gewesen sein. —

Seine Romanespielen mit wenigen Ausnahmen, wo er sich ohne besonderes



*) Ich versuche ein Verzeichnis,, ohne für dessen Vollständigkeit l'ilrgen zu wollen.
Lesnss alö I». vio ?ki'!simus (darunter ?örs Koiiol). — Leenss av la vio privv^ (darunter
Uoäesre IVIig'non). — Seunes as Ig, vis av provinvs (darunter Nuxlwio K>-»ne>ot). — Komnns o,
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[0429] Laufbahn. Sein Roman: lin grana Iiumine >lo pruvinoo -1 mag uns von seinem damaligen Leben einen Begriff machen. Er schrieb in den Jahren 1821 l'is 1829 unter verschiedenen Namen: Ilurac«- 6<z 8t. /mbin, VjII<zi-gI«z, I^ora NKoono, eine große Menge von Romanen, die kein Glück machten, und die alle vergessen sind. Nebenbei ließ er sich seit dem I. 1826 in Buchhändlerspecnla- tionen ein, die gleichfalls schlecht ausfielen, und um derentwillen er ans einige Zeit seinen Adel ablegte. Er geriet!) tief in Schulden, und griff, um dieselben zu bezahlen, von Neuem zur Feder. „Ich wollte meine ungeheuren Schulden be¬ zahlen und anständig leben. Dies große Resultat wollte ich mit einer Gänse¬ feder, einer Flasche Dinte und einigen Buch Papier erreichen, in einer Stadt, wo der Schriftsteller keinen Credit hat, wo er nicht uur Talent, sondern auch Glück haben und außerdem Tag und Nacht arbeiten muß, um sechstausend Francs jährlich zu erwerben; und ich hatte allein achttausend Francs jährlicher Interessen für meine Schulden zu bezahlen. War das nicht eine Thorheit? Ich unternahm diesen Kampf zu einer Zeit, wo sich wegen geringerer Verlegenheiten einer meiner Freunde, dessen Selbstmord großes Aufsehen machte, erschossen hatte." Sein Plan gelang. Mit dem Roman: le clsimer LKouan (1829) war sein Ruf ge¬ gründet und vou da an beständig im Steigen. Er wurde reich, heirathete noch zuletzt eine sehr begüterte Russin, die er lauge geliebt hatte, und starb in großer Fülle. Victor Hugo und Alexander Dumas haben mit dem Minister Baroche gemeinsam den Zipfel seines Leichentuchs getragen; der Letztere hat seine Büste in das Pantheon großer Männer aufstellen lassen. Von seinem Aeußern giebt uns ein Freund folgende Schilderung. In der düstersten Zeit seines Kampfes gegen Armuth und Ruhmlosigkeit, unter der Re¬ stauration, war sein Aussehen viel poetischer, als in den Tagen seines Glücks. Er war uoch sehr hager, hatte ein bleiches Gesicht, ein funkelndes Auge, sprach feurig und gesticulirte heftig; seine Unterhaltung war voll Lustschlösser. Er war ein Mensch der Projecte. Außer in diesem letzten Punkt hatte sich später Vieles verändert. Indem Balzac an Ruhm gewonnen, hat er Napoleon nachgeahmt; er hat auch an Dicke gewonnen. Man denke sich einen kleinen, dicken, unter¬ setzten, breitschultrigen Mann, gewöhnlich mit großer Nachlässigkeit gekleidet, mit langen, schwarze», schlecht gekämmten Haaren, einem runden, jovialen Mönchs¬ gesicht, einem großen und lachenden Mund uuter einem Schnurbart — Züge, die in ihrem Ensemble etwas Gemeines hätten, wenn nicht das kleine Ange mit geistreicher Lebendigkeit blitzte. Doch soll er für Frauen sehr verführerisch gewesen sein. — Seine Romanespielen mit wenigen Ausnahmen, wo er sich ohne besonderes *) Ich versuche ein Verzeichnis,, ohne für dessen Vollständigkeit l'ilrgen zu wollen. Lesnss alö I». vio ?ki'!simus (darunter ?örs Koiiol). — Leenss av la vio privv^ (darunter Uoäesre IVIig'non). — Seunes as Ig, vis av provinvs (darunter Nuxlwio K>-»ne>ot). — Komnns o,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/429>, abgerufen am 27.07.2024.