Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.täuM, als er hier einlief und statt der erwarteten Freudenbezeigungen die Es ist unnütz, über die Tragweite dieses Friedens Vermuthungen anzustellen, Traurig ist, daß Preußen den kleinen moralischen Gewinn, den ihm zwei Feld¬ Von der hiesigen Stimmung einen Begriff zu geben, ist eine schwere Auf¬ Die letzten Worte haben ihre schwere Bedeutung. Man macht sich kein Hehl täuM, als er hier einlief und statt der erwarteten Freudenbezeigungen die Es ist unnütz, über die Tragweite dieses Friedens Vermuthungen anzustellen, Traurig ist, daß Preußen den kleinen moralischen Gewinn, den ihm zwei Feld¬ Von der hiesigen Stimmung einen Begriff zu geben, ist eine schwere Auf¬ Die letzten Worte haben ihre schwere Bedeutung. Man macht sich kein Hehl <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0150" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/85733"/> <p xml:id="ID_516" prev="#ID_515"> täuM, als er hier einlief und statt der erwarteten Freudenbezeigungen die<lb/> Gemüther so trübe fand, wie gutes Fischerwasser.</p><lb/> <p xml:id="ID_517"> Es ist unnütz, über die Tragweite dieses Friedens Vermuthungen anzustellen,<lb/> so lange die einzelnen Stipulationen nicht vollständig veröffentlicht sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_518"> Traurig ist, daß Preußen den kleinen moralischen Gewinn, den ihm zwei Feld¬<lb/> züge im Norden brachten, zum Fenster hinauswirft, denn wer aus halbem Wege<lb/> stehen bleibt, verliert auch den Dank für seine ersten Schritte. Preußen wird in<lb/> den Augen der Nation herabsinken auf ein Niveau mit Oestreich, dessen cynische<lb/> Weltanschauung die Geschichte zur Familienchronik einiger Dynastieen degradiren<lb/> mochte, dessen Haß gegen Staaten ans einem Guß mit harmonischem National¬<lb/> inhalt, dessen Vorliebe sür Staatencombinationen, die auf der Zwangsunisormirung<lb/> der entgegengesetztesten Volkselemente beruhen, ihm ein schadenfrohes Vergnügen<lb/> daraus machen wird, durch die Unterzeichnung des Londoner Protokolls das con-<lb/> servativ e Recht der Herzogthümer der höhern Rücksicht sür eine im Auslande von<lb/> ihrer deutschen Heimath abgefallene Dynastie zu opfern; deun Oestreich wäre in<lb/> seinem consequenten Haß gegen Deuschland nicht so gefährlich, käme ihm nicht<lb/> die preußische Inconsequenz stets im rechten Augenblick zu Hülse.</p><lb/> <p xml:id="ID_519"> Von der hiesigen Stimmung einen Begriff zu geben, ist eine schwere Auf¬<lb/> gabe. Genug, daß viele spezifisch preußische Offiziere, die in der Schleswig-hol¬<lb/> steinischen Armee dienen, ihren Unmuth nur mit Roth bemeistern. Unser Com-<lb/> mandant, ein ehrlicher, tapferer Haudegen, und kein Politikus, obgleich er die<lb/> Gewohnheit hat, im Styl Friedrich Wilhelm III. zu reden, rannte wie verzweifelt<lb/> in seiner Stube auf und ab, als er die Fncdenspost bekam. „Schändlich!" rief<lb/> er; abscheuliche Federfuchser, Alles verderben, Preußen jetzt wieder verhaßt werden,<lb/> überall angespuckt sein, — verfluchte Großmächte, immer Preußen verführen, was<lb/> thun? Sich nicht helfen können, Russen zu mächtig sein, Mucker alliirt mit ihnen,<lb/> schöne Geschichte, armer König! — Na, na! Tausend Bomben und Granaten in<lb/> das Gesindel hineinschmeißen, ärger als die Demokraten! Wart'S man Kerls, man<lb/> druf! — Alles umsonst — dänische Schiffe, russische Schiffe, — Spitzbuben werden<lb/> geschlagen, schwimmen weg, was nu? — Und Dänen machen Anleihe, — Rackers, —<lb/> können Inseln versetzen ze. ze.</p><lb/> <p xml:id="ID_520" next="#ID_521"> Die letzten Worte haben ihre schwere Bedeutung. Man macht sich kein Hehl<lb/> aus deu Schwierigkeiten der Lage. Die indirecte Unterstützung der Großmächte<lb/> ist Dänemark gewiß; auch geschlagen wird es stark genug sein, dem Handel der<lb/> Herzogthümer schwere Wunden beizubringen, denn im August beginnt die Schiff¬<lb/> fahrt erst recht lebhaft zu werden. Die Friedensseufzer der dänischen Provinzen,<lb/> die an die brutalste Vernachlässigung gewöhnt sind, wird das Geschrei des kopen¬<lb/> hagener Pöbels, dem der Krieg immer reiche Ernten bringt, übertönen, — trotz<lb/> all dieser Bedenken aber flammt in Schleswig und Holstein die hartnäckigste<lb/> Kampfbegierde, und Alles was das Volk von Deutschland fordert, ist, daß unserer</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0150]
täuM, als er hier einlief und statt der erwarteten Freudenbezeigungen die
Gemüther so trübe fand, wie gutes Fischerwasser.
Es ist unnütz, über die Tragweite dieses Friedens Vermuthungen anzustellen,
so lange die einzelnen Stipulationen nicht vollständig veröffentlicht sind.
Traurig ist, daß Preußen den kleinen moralischen Gewinn, den ihm zwei Feld¬
züge im Norden brachten, zum Fenster hinauswirft, denn wer aus halbem Wege
stehen bleibt, verliert auch den Dank für seine ersten Schritte. Preußen wird in
den Augen der Nation herabsinken auf ein Niveau mit Oestreich, dessen cynische
Weltanschauung die Geschichte zur Familienchronik einiger Dynastieen degradiren
mochte, dessen Haß gegen Staaten ans einem Guß mit harmonischem National¬
inhalt, dessen Vorliebe sür Staatencombinationen, die auf der Zwangsunisormirung
der entgegengesetztesten Volkselemente beruhen, ihm ein schadenfrohes Vergnügen
daraus machen wird, durch die Unterzeichnung des Londoner Protokolls das con-
servativ e Recht der Herzogthümer der höhern Rücksicht sür eine im Auslande von
ihrer deutschen Heimath abgefallene Dynastie zu opfern; deun Oestreich wäre in
seinem consequenten Haß gegen Deuschland nicht so gefährlich, käme ihm nicht
die preußische Inconsequenz stets im rechten Augenblick zu Hülse.
Von der hiesigen Stimmung einen Begriff zu geben, ist eine schwere Auf¬
gabe. Genug, daß viele spezifisch preußische Offiziere, die in der Schleswig-hol¬
steinischen Armee dienen, ihren Unmuth nur mit Roth bemeistern. Unser Com-
mandant, ein ehrlicher, tapferer Haudegen, und kein Politikus, obgleich er die
Gewohnheit hat, im Styl Friedrich Wilhelm III. zu reden, rannte wie verzweifelt
in seiner Stube auf und ab, als er die Fncdenspost bekam. „Schändlich!" rief
er; abscheuliche Federfuchser, Alles verderben, Preußen jetzt wieder verhaßt werden,
überall angespuckt sein, — verfluchte Großmächte, immer Preußen verführen, was
thun? Sich nicht helfen können, Russen zu mächtig sein, Mucker alliirt mit ihnen,
schöne Geschichte, armer König! — Na, na! Tausend Bomben und Granaten in
das Gesindel hineinschmeißen, ärger als die Demokraten! Wart'S man Kerls, man
druf! — Alles umsonst — dänische Schiffe, russische Schiffe, — Spitzbuben werden
geschlagen, schwimmen weg, was nu? — Und Dänen machen Anleihe, — Rackers, —
können Inseln versetzen ze. ze.
Die letzten Worte haben ihre schwere Bedeutung. Man macht sich kein Hehl
aus deu Schwierigkeiten der Lage. Die indirecte Unterstützung der Großmächte
ist Dänemark gewiß; auch geschlagen wird es stark genug sein, dem Handel der
Herzogthümer schwere Wunden beizubringen, denn im August beginnt die Schiff¬
fahrt erst recht lebhaft zu werden. Die Friedensseufzer der dänischen Provinzen,
die an die brutalste Vernachlässigung gewöhnt sind, wird das Geschrei des kopen¬
hagener Pöbels, dem der Krieg immer reiche Ernten bringt, übertönen, — trotz
all dieser Bedenken aber flammt in Schleswig und Holstein die hartnäckigste
Kampfbegierde, und Alles was das Volk von Deutschland fordert, ist, daß unserer
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |