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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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zengung von dieser Unmöglichkeit vom ersten Augenblick an gelebt, und diese
Ueberzeugung mag sehr viel dazu beigetragen haben, daß die Unmöglichkeit sich
bewahrheitet hat.

Man hat es den Altcouservativen zum Vornnirf gemacht, daß sie in ihrer
Denkschrift nicht angeben: "was sie -- wenn ihre Miiwirknng verlangt würde --
in tlugarn vornehmen wollen." Wir, die wir den Verhältnissen und Menschen
naher stehen, haben damals die negative Haltung deö Memorandum ganz na¬
türlich gefunden. "Die Konservativen," sagten wir, "betrachten sich noch heute
als die Vermittler zwischen Volt und Negierung, oder wie ein preußischer Staats¬
mann sagen würde, als die Brücke, die vom Volte zum König führt; die Mit¬
glieder der einstigen Magnatentafel, welche nie die Initiative hatte, wollen auch
jetzt den ersten Schritt zur Reorganisation Ungarns von der Regierung gethan
sehen, oder doch wenigstens zur Ausarbeitung eiues neuen Organisationsplans
von dieser berufen sein, ferner fürchten sie denselben Vorwurf, welchen sie
jetzt der Negierung machen, auf sich selbst zu laden, wenn sie diese ohne vorher¬
gegangene Verathnng, oder doch theilweise Einigung der Ansichten, ein fertiges
Project vorlegen wollten," u. s. w. n. s. w. So sprachen wir früher zur Ent¬
schuldigung der Eonftrvatioen. Nun aber hat eine in Wien bei Jasper, Hügel
ot Manz erschienene Broschüre "Ungarns Gegenwart", die hier allgemein dem
frühern Mitglied der Hofkanzlei Zsedunyi zugeschrieben wird, unsere Entschuldigung
zu nichte gemacht, und überall ertönt der Ruf: "Mäuner der Treue! Männer
der rettenden Thaten! Gebt uns etwas Positives!

Von der Unhaltbarkeit des jetzigen Zustandes sind wir schon längst überzeugt;
aber wie wollt ihr es anfangen, U<>M -i livesliv I" .jöt jäk^jut, ü is
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Die Broschüre ist nämlich nichts andres als ein populärer Commentar zu der
im diplomatischen Styl abgefaßten Denkschrift der 2-4; aber wir erfahren daraus
Thatsachen, die n"S zu obiger Forderung vollkommen berechtigen. -- Herr
Zsedünyi erzählt nus nämlich, daß zur Zeit, als die Eharte vom 4. März von
den Olmützer Cyclopen geschmiedet wurde, zugleich von Wulean-Stadion eine
Commission von ungarischen Vertrauensmännern niedergesetzt wurde, die in Ueber¬
einstimmung mit jener Eharte ein Statut für Ungarn ausarbeiten sollte.
Die Männer dieser Eommission waren: "Appongi, Jarta, Emil Desseöwfi, Ur-
um'-ngi, Barköezi, Szentivüngi und Josika, Repräsentanten das magyarischen;
V^ghy und Jiiry des deutschen; Hlavats, Hanrich, Kollar und Knzmüirgi des
slavischer Elements. Allein diese alten Säulen Habsburgs in dem Preßburger
Landtagshanse "hatten den Entwurf selbst noch nicht ausgearbeitet, als zu ihrer
größten Ueberraschung am Morgen des 7. März 1^9 die neue Verfassung



El" "uigylinschcö Sprichwort l "daß die Ziege sich satt tvcidc, und das Krankheit
noch unbeschädigt bleibe."

zengung von dieser Unmöglichkeit vom ersten Augenblick an gelebt, und diese
Ueberzeugung mag sehr viel dazu beigetragen haben, daß die Unmöglichkeit sich
bewahrheitet hat.

Man hat es den Altcouservativen zum Vornnirf gemacht, daß sie in ihrer
Denkschrift nicht angeben: „was sie — wenn ihre Miiwirknng verlangt würde —
in tlugarn vornehmen wollen." Wir, die wir den Verhältnissen und Menschen
naher stehen, haben damals die negative Haltung deö Memorandum ganz na¬
türlich gefunden. „Die Konservativen," sagten wir, „betrachten sich noch heute
als die Vermittler zwischen Volt und Negierung, oder wie ein preußischer Staats¬
mann sagen würde, als die Brücke, die vom Volte zum König führt; die Mit¬
glieder der einstigen Magnatentafel, welche nie die Initiative hatte, wollen auch
jetzt den ersten Schritt zur Reorganisation Ungarns von der Regierung gethan
sehen, oder doch wenigstens zur Ausarbeitung eiues neuen Organisationsplans
von dieser berufen sein, ferner fürchten sie denselben Vorwurf, welchen sie
jetzt der Negierung machen, auf sich selbst zu laden, wenn sie diese ohne vorher¬
gegangene Verathnng, oder doch theilweise Einigung der Ansichten, ein fertiges
Project vorlegen wollten," u. s. w. n. s. w. So sprachen wir früher zur Ent¬
schuldigung der Eonftrvatioen. Nun aber hat eine in Wien bei Jasper, Hügel
ot Manz erschienene Broschüre „Ungarns Gegenwart", die hier allgemein dem
frühern Mitglied der Hofkanzlei Zsedunyi zugeschrieben wird, unsere Entschuldigung
zu nichte gemacht, und überall ertönt der Ruf: „Mäuner der Treue! Männer
der rettenden Thaten! Gebt uns etwas Positives!

Von der Unhaltbarkeit des jetzigen Zustandes sind wir schon längst überzeugt;
aber wie wollt ihr es anfangen, U<>M -i livesliv I» .jöt jäk^jut, ü is
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Die Broschüre ist nämlich nichts andres als ein populärer Commentar zu der
im diplomatischen Styl abgefaßten Denkschrift der 2-4; aber wir erfahren daraus
Thatsachen, die n»S zu obiger Forderung vollkommen berechtigen. — Herr
Zsedünyi erzählt nus nämlich, daß zur Zeit, als die Eharte vom 4. März von
den Olmützer Cyclopen geschmiedet wurde, zugleich von Wulean-Stadion eine
Commission von ungarischen Vertrauensmännern niedergesetzt wurde, die in Ueber¬
einstimmung mit jener Eharte ein Statut für Ungarn ausarbeiten sollte.
Die Männer dieser Eommission waren: „Appongi, Jarta, Emil Desseöwfi, Ur-
um'-ngi, Barköezi, Szentivüngi und Josika, Repräsentanten das magyarischen;
V^ghy und Jiiry des deutschen; Hlavats, Hanrich, Kollar und Knzmüirgi des
slavischer Elements. Allein diese alten Säulen Habsburgs in dem Preßburger
Landtagshanse „hatten den Entwurf selbst noch nicht ausgearbeitet, als zu ihrer
größten Ueberraschung am Morgen des 7. März 1^9 die neue Verfassung



El» »uigylinschcö Sprichwort l „daß die Ziege sich satt tvcidc, und das Krankheit
noch unbeschädigt bleibe."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/394>, abgerufen am 01.07.2024.