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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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ßer hat seine Gefahren gegen den Vortheil für Deutschland abgewogen und dann
mit freudigem Entschluß gewählt, was es für Recht hielt, durch Euer Thun ist
es nicht überrascht worden; übrigens sind auch die Demokraten keine Freunde der
Union und grade Ihr seid im Bunde mit den Demokraten bemüht, die Union zu
verderben. Diese Antwort ist so deutsch und entschieden, daß wir schon durch sie
die Union für gesichert halten. Wenn Preußen ernsthaft will und fest für die
Union steht, so ist sie und die Zukunft Deutschlands gerettet. Nur eine be¬
wußte Kraft, uur ein männlicher Wille in dem schwachen Treiben dieser Jahre!

Die Lage aller deutschen Staaten, welche gegen die Union aufgestaucht ha¬
ben, ist in der That eine trostlose, das einzige Hannover ausgenommen, dessen
Finanzen noch geordnet und dessen Politik durch das Uebergewicht des großen
aristokratischen Grundbesitzes uoch mit einigem Recht den ultracouservativen An¬
strich hat. Aber weder Sachsen noch Baiern, noch Würtemberg noch der Kaiser-
stnat, sind im Staude sich auf die Länge einem Bundesstaat, welcher neben Oestreich
aufblühe, zu widersetzen. Sachsen würde in Kurzem durch seine Interessen und die
eigene Schwäche in den Bundesstaat gedrängt werden, und wenn nicht eher,
sicher um das Jahr 54, wo die Verträge des Zollvereins zu Ende gehen; der
Staat Würtemberg ist in innerer Auflösung begriffe", welche Römers Popula¬
rität aufhalten konnte, die aber unter dem jetzigen Ministerium offen zu Tage
liegt. Kleinliche Zänkereien, eine grollende Unzufriedenheit mit jeder Regierung
und die Finanznoth müssen den schwäbischen Stamm zu einer Hilflosigkeit brin¬
gen, welche alle Vorurtheile der Regierung und des Volkes gebieterisch beenden
wird; Baiern hat Uvah die Wahl zwischen dem Anschluß an Oestreich oder der
Union, es wird sich im letzten Augenblick uicht verbergen können, daß der An¬
schluß an einen einigen und doch kranken Staatskörper, wie Oestreich, mit sehr
scharf ausgeprägten egoistischen Interessen, eine viel schlimmere Vernichtung des
bairischen Lebens ist, als der Eintritt in eine Föderation, einen vielgegliederten
Organismus, von welchem Baiern ein respectabler und einflußreicher Theil wer¬
ben kann. Wählt aber Baiern doch den Anschluß an Oestreich, so tritt eine
Zcrsetznlig des protestantischen und katholischen Theils ein und die Demokratie
des fränkischen und schwäbischen Antheils und der Pfalz wird ihre traurige
Aufgabe erfüllen, den Staat zu vernichten, ja vielleicht auch Oestreich "anzustecken."
Der Kaiserstaat selbst aber, welcher uoch vor kurzem in der öffentlichen Meinung
für ein sinkendes Wrack galt, und jetzt auf einmal, durch wenige ministerielle
Verfügungen sür cousolidirt und hoffnungsreich gilt, schwebt in der That noch
immer c"n Rande des Abgrundes. Man muß so kopflos sein, wie ein Theil der
östreichischen Patrioten, oder so sehr Gefühlsmensch, wie die meisten Großdeutschen,
um das zu verkennen. Wenn der Finanzminister Kraus die Steuer für Kolonial-
nnd Rübenzucker denen des Zollvereins gleichmacht, wenn der Handelsminister
Brück das seltsame und in seinem Detail unausführbare Ideal einer Zollverbin-


ßer hat seine Gefahren gegen den Vortheil für Deutschland abgewogen und dann
mit freudigem Entschluß gewählt, was es für Recht hielt, durch Euer Thun ist
es nicht überrascht worden; übrigens sind auch die Demokraten keine Freunde der
Union und grade Ihr seid im Bunde mit den Demokraten bemüht, die Union zu
verderben. Diese Antwort ist so deutsch und entschieden, daß wir schon durch sie
die Union für gesichert halten. Wenn Preußen ernsthaft will und fest für die
Union steht, so ist sie und die Zukunft Deutschlands gerettet. Nur eine be¬
wußte Kraft, uur ein männlicher Wille in dem schwachen Treiben dieser Jahre!

Die Lage aller deutschen Staaten, welche gegen die Union aufgestaucht ha¬
ben, ist in der That eine trostlose, das einzige Hannover ausgenommen, dessen
Finanzen noch geordnet und dessen Politik durch das Uebergewicht des großen
aristokratischen Grundbesitzes uoch mit einigem Recht den ultracouservativen An¬
strich hat. Aber weder Sachsen noch Baiern, noch Würtemberg noch der Kaiser-
stnat, sind im Staude sich auf die Länge einem Bundesstaat, welcher neben Oestreich
aufblühe, zu widersetzen. Sachsen würde in Kurzem durch seine Interessen und die
eigene Schwäche in den Bundesstaat gedrängt werden, und wenn nicht eher,
sicher um das Jahr 54, wo die Verträge des Zollvereins zu Ende gehen; der
Staat Würtemberg ist in innerer Auflösung begriffe», welche Römers Popula¬
rität aufhalten konnte, die aber unter dem jetzigen Ministerium offen zu Tage
liegt. Kleinliche Zänkereien, eine grollende Unzufriedenheit mit jeder Regierung
und die Finanznoth müssen den schwäbischen Stamm zu einer Hilflosigkeit brin¬
gen, welche alle Vorurtheile der Regierung und des Volkes gebieterisch beenden
wird; Baiern hat Uvah die Wahl zwischen dem Anschluß an Oestreich oder der
Union, es wird sich im letzten Augenblick uicht verbergen können, daß der An¬
schluß an einen einigen und doch kranken Staatskörper, wie Oestreich, mit sehr
scharf ausgeprägten egoistischen Interessen, eine viel schlimmere Vernichtung des
bairischen Lebens ist, als der Eintritt in eine Föderation, einen vielgegliederten
Organismus, von welchem Baiern ein respectabler und einflußreicher Theil wer¬
ben kann. Wählt aber Baiern doch den Anschluß an Oestreich, so tritt eine
Zcrsetznlig des protestantischen und katholischen Theils ein und die Demokratie
des fränkischen und schwäbischen Antheils und der Pfalz wird ihre traurige
Aufgabe erfüllen, den Staat zu vernichten, ja vielleicht auch Oestreich „anzustecken."
Der Kaiserstaat selbst aber, welcher uoch vor kurzem in der öffentlichen Meinung
für ein sinkendes Wrack galt, und jetzt auf einmal, durch wenige ministerielle
Verfügungen sür cousolidirt und hoffnungsreich gilt, schwebt in der That noch
immer c»n Rande des Abgrundes. Man muß so kopflos sein, wie ein Theil der
östreichischen Patrioten, oder so sehr Gefühlsmensch, wie die meisten Großdeutschen,
um das zu verkennen. Wenn der Finanzminister Kraus die Steuer für Kolonial-
nnd Rübenzucker denen des Zollvereins gleichmacht, wenn der Handelsminister
Brück das seltsame und in seinem Detail unausführbare Ideal einer Zollverbin-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/397>, abgerufen am 15.01.2025.