Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.unfreiwilligen Huldigungen sind für die Städtebewohner eine Steuer, die wohl Durch die Straßen der Stadt wallend, fiel einem ein einziges Hans wegen Uebrigens waren die Straßen der Stadt nicht von Menschen überfüllt, denn Der Ungestüm der Masse bei der Bewerbung um Freikarten war so groß, Wer die bessere nichtrussische Gesellschaft Warschaus keimen zu lernen Lust In Lazienki war den ganzen Tag große Audienz gewesen. Die öffentliche unfreiwilligen Huldigungen sind für die Städtebewohner eine Steuer, die wohl Durch die Straßen der Stadt wallend, fiel einem ein einziges Hans wegen Uebrigens waren die Straßen der Stadt nicht von Menschen überfüllt, denn Der Ungestüm der Masse bei der Bewerbung um Freikarten war so groß, Wer die bessere nichtrussische Gesellschaft Warschaus keimen zu lernen Lust In Lazienki war den ganzen Tag große Audienz gewesen. Die öffentliche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0329" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279877"/> <p xml:id="ID_1160" prev="#ID_1159"> unfreiwilligen Huldigungen sind für die Städtebewohner eine Steuer, die wohl<lb/> jede deutsche Steuer an Schwere übertrifft.</p><lb/> <p xml:id="ID_1161"> Durch die Straßen der Stadt wallend, fiel einem ein einziges Hans wegen<lb/> der allzu geringen Theilnahme an der allgemeinen Huldigung auf. Es war das<lb/> Hütel des preußischen Generalconsnls Niedcrstädtcr in der krakauer Vorstadt.<lb/> Auf dem eisernen Hvfstacket brannten in vier schlechten Blumentöpfen vier kleine<lb/> Talgflämmchcn; sie sielen mehr aus als die schönste Erleuchtung. Das Haus des<lb/> östreichischen Consuls dagegen war durch alle Fenster erleuchtet, ein Ausdruck der<lb/> nachgebenden östreichischen Gemüthlichkeit, wie das des Herrn ^von Niederstädter<lb/> ein Ausdruck des kalten preußischen Sarkasmus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1162"> Uebrigens waren die Straßen der Stadt nicht von Menschen überfüllt, denn<lb/> die meisten waren gleich bei Eintritt der Dämmerung nach Lazienki gezogen, wo<lb/> der Kaiser war und Freischan in Amphitheater stattfand. An diese gnädige Ver¬<lb/> kündigung des Freitheaters war aber eine Bedingung geknüpft: „Niemandem wird<lb/> der Zutritt zum Amphitheater gewährt, der sich nicht eine Karte vom Municipal¬<lb/> gericht ausgewirkt hat."</p><lb/> <p xml:id="ID_1163"> Der Ungestüm der Masse bei der Bewerbung um Freikarten war so groß,<lb/> daß das Geländer an der untern Treppe des Municipalgcrtchts wcgbrach. In<lb/> Folge dessen fanden sogleich dreizehn Verhaftungen und verschiedene unmittelbare<lb/> Mißhandlungen vou Seiten der Polizeipersvnen statt. Eine kleine Episode des<lb/> Huldigungsjubels, von der ich Augenzeuge war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1164"> Wer die bessere nichtrussische Gesellschaft Warschaus keimen zu lernen Lust<lb/> hatte, dem bot an jenem Abende das „Theater für Verschiedenheit" Gelegenheit;<lb/> denn Alles, was einen Beweis davon geben wollte, daß es derartige Hnldigungs-<lb/> feste zu würdigen wisse, befand sich in diesem, nicht aber beim Lustschlosse Lazieuki.<lb/> Und hier fiel der preußische Generalconsul wieder auf. Während alles Hohe und<lb/> Höchste von der russischen Bevölkerung, der ganze Beamtenstand und die Herren<lb/> der diplomatischen Corporation nach Lazienki strömten, um dem Kaiser zu huldigen,<lb/> saß Herr v. Niederstädter recht gemüthlich in genanntem kleinen Stadttheater, und<lb/> erfreute sich an der Ueberzeugung, heute mehr als an andern Abenden von dem<lb/> Publikum gesehen zu werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1165" next="#ID_1166"> In Lazienki war den ganzen Tag große Audienz gewesen. Die öffentliche<lb/> Festlichkeit aber hatte ebenfalls mit der Dämmerung begonnen. Die Illumination/<lb/> welche ich hier gesehen, übersteigt an Großartigkeit alles Aehnliche, was mir;e<lb/> vorgekommen ist. Die unzähligen Parkwege waren alle mit hohen doppelt"<lb/> Geländern besetzt, welche mit tausenden von brennenden Lampen behängt waren.<lb/> Alle Strecken weit waren in diesen Wegen hohe brennende Pforten und riesen¬<lb/> hafte Figuren, Kreuze, Sonnen, Sterne, Kränze :c. aufgestellt. Auf den bren¬<lb/> nenden Namenszug des Kaisers und des Großfürsten stieß mau unzählige M^e,<lb/> Pas Schloß selbst war aus seinen Zinnen durch flammende Pechkessel erleuchtet,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0329]
unfreiwilligen Huldigungen sind für die Städtebewohner eine Steuer, die wohl
jede deutsche Steuer an Schwere übertrifft.
Durch die Straßen der Stadt wallend, fiel einem ein einziges Hans wegen
der allzu geringen Theilnahme an der allgemeinen Huldigung auf. Es war das
Hütel des preußischen Generalconsnls Niedcrstädtcr in der krakauer Vorstadt.
Auf dem eisernen Hvfstacket brannten in vier schlechten Blumentöpfen vier kleine
Talgflämmchcn; sie sielen mehr aus als die schönste Erleuchtung. Das Haus des
östreichischen Consuls dagegen war durch alle Fenster erleuchtet, ein Ausdruck der
nachgebenden östreichischen Gemüthlichkeit, wie das des Herrn ^von Niederstädter
ein Ausdruck des kalten preußischen Sarkasmus.
Uebrigens waren die Straßen der Stadt nicht von Menschen überfüllt, denn
die meisten waren gleich bei Eintritt der Dämmerung nach Lazienki gezogen, wo
der Kaiser war und Freischan in Amphitheater stattfand. An diese gnädige Ver¬
kündigung des Freitheaters war aber eine Bedingung geknüpft: „Niemandem wird
der Zutritt zum Amphitheater gewährt, der sich nicht eine Karte vom Municipal¬
gericht ausgewirkt hat."
Der Ungestüm der Masse bei der Bewerbung um Freikarten war so groß,
daß das Geländer an der untern Treppe des Municipalgcrtchts wcgbrach. In
Folge dessen fanden sogleich dreizehn Verhaftungen und verschiedene unmittelbare
Mißhandlungen vou Seiten der Polizeipersvnen statt. Eine kleine Episode des
Huldigungsjubels, von der ich Augenzeuge war.
Wer die bessere nichtrussische Gesellschaft Warschaus keimen zu lernen Lust
hatte, dem bot an jenem Abende das „Theater für Verschiedenheit" Gelegenheit;
denn Alles, was einen Beweis davon geben wollte, daß es derartige Hnldigungs-
feste zu würdigen wisse, befand sich in diesem, nicht aber beim Lustschlosse Lazieuki.
Und hier fiel der preußische Generalconsul wieder auf. Während alles Hohe und
Höchste von der russischen Bevölkerung, der ganze Beamtenstand und die Herren
der diplomatischen Corporation nach Lazienki strömten, um dem Kaiser zu huldigen,
saß Herr v. Niederstädter recht gemüthlich in genanntem kleinen Stadttheater, und
erfreute sich an der Ueberzeugung, heute mehr als an andern Abenden von dem
Publikum gesehen zu werden.
In Lazienki war den ganzen Tag große Audienz gewesen. Die öffentliche
Festlichkeit aber hatte ebenfalls mit der Dämmerung begonnen. Die Illumination/
welche ich hier gesehen, übersteigt an Großartigkeit alles Aehnliche, was mir;e
vorgekommen ist. Die unzähligen Parkwege waren alle mit hohen doppelt"
Geländern besetzt, welche mit tausenden von brennenden Lampen behängt waren.
Alle Strecken weit waren in diesen Wegen hohe brennende Pforten und riesen¬
hafte Figuren, Kreuze, Sonnen, Sterne, Kränze :c. aufgestellt. Auf den bren¬
nenden Namenszug des Kaisers und des Großfürsten stieß mau unzählige M^e,
Pas Schloß selbst war aus seinen Zinnen durch flammende Pechkessel erleuchtet,
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