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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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auf, wir bleiben bestehn und banen das Feld von neuem, das von wahnsinnig
vergossenem Menschenblut gedüngt ist. Nicht die Revolutionen bilden den Fort¬
schritt der Menschheit, sondern was außerhalb ihrer liegt -- die Wissenschaft, die
das Gesetz der Natur durchforscht und die Kunst im weitern Sinn, die über die
Natur gebietet und sie zwingt, dem menschlichen Willen zu dienen. Beides ist so
I"mi>'<>'0l>>8 als möglich.

Wir wollen das "Volk" -- Zeuge sind die Gesellenvereine, die wir gegrün--
det -- zu freien Menschen bilden, die in sich die Menschheit achten; ihr setzt es
zum Pöbel herab, der in massenhafter Leidenschaftlichkeit dem Pfaffen aber dem
Jacobiner nachläuft. Wir wollen ein Vaterland, das seinen Söhnen eine Hei¬
math ist, uicht ein Gefängniß; ihr wollt eine Domaine, von der ihr den Glanz
eurer Krone bestreitet, oder einen geistlich-ökvnvmistischen Schafstall. Wir wollen
Freiheit jedes Einzelnen und Heranbildung jedes Einzelnen zu dem allgemeinen
Bild der Menschheit; ihr wollt Herrschaft Einer Macht, und darum Sonderung
aller Einzelnen in künstliche Unterschiede. Ihr aber seid nnprvductiv und müßt,
um auszudrücken, um nur zu fühlen, was ihr eigentlich wollt, in unsere Schule
gehn. Vergebens verschwendet ihr euer Vermögen in künstlichen Blitzen, euern
Witz in prophetischen Dithyramben; der Bürger sieht lächelnd einer Komödie zu,
die ihr zu seiner Belustigung aufführt, er überlebt euch und ist euer Erbe. Ein
zweiter Prometheus, ruft er euern Göttern zu:

Bedecke deinen Himmel, Zeus,
Mit Wolkcndunst,
Und übe, dem Knaben gleich, der Disteln köpfe,
An Eichen dich und Bergeshöhn --
Mußt mir meine Erde
Doch lassen stehn.
Und meine Hütte, die du nicht gebaut,
Und meinen Heerd, um dessen Glut
Du mich beneidest.



auf, wir bleiben bestehn und banen das Feld von neuem, das von wahnsinnig
vergossenem Menschenblut gedüngt ist. Nicht die Revolutionen bilden den Fort¬
schritt der Menschheit, sondern was außerhalb ihrer liegt — die Wissenschaft, die
das Gesetz der Natur durchforscht und die Kunst im weitern Sinn, die über die
Natur gebietet und sie zwingt, dem menschlichen Willen zu dienen. Beides ist so
I»mi>'<>'0l>>8 als möglich.

Wir wollen das „Volk" — Zeuge sind die Gesellenvereine, die wir gegrün--
det — zu freien Menschen bilden, die in sich die Menschheit achten; ihr setzt es
zum Pöbel herab, der in massenhafter Leidenschaftlichkeit dem Pfaffen aber dem
Jacobiner nachläuft. Wir wollen ein Vaterland, das seinen Söhnen eine Hei¬
math ist, uicht ein Gefängniß; ihr wollt eine Domaine, von der ihr den Glanz
eurer Krone bestreitet, oder einen geistlich-ökvnvmistischen Schafstall. Wir wollen
Freiheit jedes Einzelnen und Heranbildung jedes Einzelnen zu dem allgemeinen
Bild der Menschheit; ihr wollt Herrschaft Einer Macht, und darum Sonderung
aller Einzelnen in künstliche Unterschiede. Ihr aber seid nnprvductiv und müßt,
um auszudrücken, um nur zu fühlen, was ihr eigentlich wollt, in unsere Schule
gehn. Vergebens verschwendet ihr euer Vermögen in künstlichen Blitzen, euern
Witz in prophetischen Dithyramben; der Bürger sieht lächelnd einer Komödie zu,
die ihr zu seiner Belustigung aufführt, er überlebt euch und ist euer Erbe. Ein
zweiter Prometheus, ruft er euern Göttern zu:

Bedecke deinen Himmel, Zeus,
Mit Wolkcndunst,
Und übe, dem Knaben gleich, der Disteln köpfe,
An Eichen dich und Bergeshöhn —
Mußt mir meine Erde
Doch lassen stehn.
Und meine Hütte, die du nicht gebaut,
Und meinen Heerd, um dessen Glut
Du mich beneidest.



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[0291] auf, wir bleiben bestehn und banen das Feld von neuem, das von wahnsinnig vergossenem Menschenblut gedüngt ist. Nicht die Revolutionen bilden den Fort¬ schritt der Menschheit, sondern was außerhalb ihrer liegt — die Wissenschaft, die das Gesetz der Natur durchforscht und die Kunst im weitern Sinn, die über die Natur gebietet und sie zwingt, dem menschlichen Willen zu dienen. Beides ist so I»mi>'<>'0l>>8 als möglich. Wir wollen das „Volk" — Zeuge sind die Gesellenvereine, die wir gegrün-- det — zu freien Menschen bilden, die in sich die Menschheit achten; ihr setzt es zum Pöbel herab, der in massenhafter Leidenschaftlichkeit dem Pfaffen aber dem Jacobiner nachläuft. Wir wollen ein Vaterland, das seinen Söhnen eine Hei¬ math ist, uicht ein Gefängniß; ihr wollt eine Domaine, von der ihr den Glanz eurer Krone bestreitet, oder einen geistlich-ökvnvmistischen Schafstall. Wir wollen Freiheit jedes Einzelnen und Heranbildung jedes Einzelnen zu dem allgemeinen Bild der Menschheit; ihr wollt Herrschaft Einer Macht, und darum Sonderung aller Einzelnen in künstliche Unterschiede. Ihr aber seid nnprvductiv und müßt, um auszudrücken, um nur zu fühlen, was ihr eigentlich wollt, in unsere Schule gehn. Vergebens verschwendet ihr euer Vermögen in künstlichen Blitzen, euern Witz in prophetischen Dithyramben; der Bürger sieht lächelnd einer Komödie zu, die ihr zu seiner Belustigung aufführt, er überlebt euch und ist euer Erbe. Ein zweiter Prometheus, ruft er euern Göttern zu: Bedecke deinen Himmel, Zeus, Mit Wolkcndunst, Und übe, dem Knaben gleich, der Disteln köpfe, An Eichen dich und Bergeshöhn — Mußt mir meine Erde Doch lassen stehn. Und meine Hütte, die du nicht gebaut, Und meinen Heerd, um dessen Glut Du mich beneidest.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/291>, abgerufen am 15.01.2025.