Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Deutschland niederzureißen, als wenn eS ihm gelänge, beiden Ländern die frei¬ "Der Kern alles Uebels -- sagte er einmal -- liegt in der staatlichen Be¬ Daß Brück mit solchen Ansichten im Ministerrathe keinen Anklang findet, Wie wenig er sich über die Schwierigkeiten seiner Stellung täuscht, mag "Die Leute -- sagte er -- welche glauben, daß sie schon in den ersten Wo¬ Bemerken muß ich hier, daß Brück vor der öffentlichen Meinung weit Ich schließe hier diese Skizze mit dem Bedauern, daß es mir nicht vergönnt Deutschland niederzureißen, als wenn eS ihm gelänge, beiden Ländern die frei¬ „Der Kern alles Uebels — sagte er einmal — liegt in der staatlichen Be¬ Daß Brück mit solchen Ansichten im Ministerrathe keinen Anklang findet, Wie wenig er sich über die Schwierigkeiten seiner Stellung täuscht, mag „Die Leute — sagte er — welche glauben, daß sie schon in den ersten Wo¬ Bemerken muß ich hier, daß Brück vor der öffentlichen Meinung weit Ich schließe hier diese Skizze mit dem Bedauern, daß es mir nicht vergönnt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0077" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279103"/> <p xml:id="ID_237" prev="#ID_236"> Deutschland niederzureißen, als wenn eS ihm gelänge, beiden Ländern die frei¬<lb/> sinnigste Konstitution zu verschaffen,</p><lb/> <p xml:id="ID_238"> „Der Kern alles Uebels — sagte er einmal — liegt in der staatlichen Be¬<lb/> vormundung der gewerbtreibenden Klassen und das Wunderliche von der Sache<lb/> ist, daß gerade diejenigen, welche am meisten darunter leiden, das größte Ge¬<lb/> wicht darauf legen, die Bevormundung aufrecht zu erhalten. Sobald das Volk<lb/> einmal zum klaren Bewußtsein seiner eigenen Interessen gekommen ist, werden die<lb/> Schranken, innerhalb deren es sich jetzt unbeholfen bewegt, von sell'se fallen und<lb/> mit ihnen die dynastischen Interessen. Für die ganze ti-into noliüque gebe ich<lb/> keinen Heller, denn ihre Erfolge können in unserer Zeit nicht von Dauer sein.<lb/> Ich beneide Frankreich so wenig um seine afrikanischen, wie England um seine<lb/> ostindischen Besitzungen; bis jetzt haben beide Länder noch keinen Vortheil daraus<lb/> gezogen und ich glaube nicht, daß sie je Vortheil daraus ziehen werden. Wo<lb/> die Interessen der Dynastie mit den Interessen des Volks nicht identisch sind, ist<lb/> keine dauernde Eroberung möglich."</p><lb/> <p xml:id="ID_239"> Daß Brück mit solchen Ansichten im Ministerrathe keinen Anklang findet,<lb/> brauche ich wohl kaum zu bemerken. Bei der Unmöglichkeit, mit seiner Stimme<lb/> durchzudringen, beschränkt er sich darauf in seinem speciellen Wirkungskreise nach<lb/> Kräften zu nützen; zu bedauern ist auch hierbei, daß ihm seine diplomatischen<lb/> Rundreisen in Italien so wenig Zeit dazu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_240"> Wie wenig er sich über die Schwierigkeiten seiner Stellung täuscht, mag<lb/> ein zweites treffendes Wort beweisen, das er einst aussprach, als ich ihn ans<lb/> einige gegen ihn gerichtete Jourualangriffe aufmerksam machte.</p><lb/> <p xml:id="ID_241"> „Die Leute — sagte er — welche glauben, daß sie schon in den ersten Wo¬<lb/> chen Ersprießliches von meiner Wirksamkeit sehen werden, sind gewaltig i>u Irr¬<lb/> thum. Ich weiß sehr wohl, wo es faul ist im Kaiserstaat: die Fäulniß steckt<lb/> überall! Die vorgebrachten Klagen über die schlechte Postverwaltung sind leider<lb/> sehr begründet, aber vor 3 Monaten ist da an keine gründliche Besserung zu<lb/> denken; wollte ich dem Uebel auf einmal abhelfen, so müßte ich die ganze alte<lb/> Beamtenwelt zum Teufel jagen und solche Radikalmittel sind doch etwas gefähr¬<lb/> lich. Unsere Beamten sind gute Leute und schlechte Musikanten; übrigens ist es<lb/> begreiflich, wenn auch nicht zu entschuldigen, daß sie bis jetzt keinen übergroßen<lb/> Eifer gezeigt haben, ihre Besoldung war eben so schlecht, als ihre Leistungen.<lb/> Das Eine wie das Andere muß und wird besser werden!"</p><lb/> <p xml:id="ID_242"> Bemerken muß ich hier, daß Brück vor der öffentlichen Meinung weit<lb/> mehr Respekt hat, als seine Collegen. Findet er in der Presse irgend einen Ar¬<lb/> tikel, worin ihm begründete Vorwürfe gemacht werden, so versäumt er es niemals,<lb/> ausführlich darauf zu antworten.</p><lb/> <p xml:id="ID_243" next="#ID_244"> Ich schließe hier diese Skizze mit dem Bedauern, daß es mir nicht vergönnt<lb/> ist, ein vollständiges Bild daraus zu machen. Aber mit der Schilderung noch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0077]
Deutschland niederzureißen, als wenn eS ihm gelänge, beiden Ländern die frei¬
sinnigste Konstitution zu verschaffen,
„Der Kern alles Uebels — sagte er einmal — liegt in der staatlichen Be¬
vormundung der gewerbtreibenden Klassen und das Wunderliche von der Sache
ist, daß gerade diejenigen, welche am meisten darunter leiden, das größte Ge¬
wicht darauf legen, die Bevormundung aufrecht zu erhalten. Sobald das Volk
einmal zum klaren Bewußtsein seiner eigenen Interessen gekommen ist, werden die
Schranken, innerhalb deren es sich jetzt unbeholfen bewegt, von sell'se fallen und
mit ihnen die dynastischen Interessen. Für die ganze ti-into noliüque gebe ich
keinen Heller, denn ihre Erfolge können in unserer Zeit nicht von Dauer sein.
Ich beneide Frankreich so wenig um seine afrikanischen, wie England um seine
ostindischen Besitzungen; bis jetzt haben beide Länder noch keinen Vortheil daraus
gezogen und ich glaube nicht, daß sie je Vortheil daraus ziehen werden. Wo
die Interessen der Dynastie mit den Interessen des Volks nicht identisch sind, ist
keine dauernde Eroberung möglich."
Daß Brück mit solchen Ansichten im Ministerrathe keinen Anklang findet,
brauche ich wohl kaum zu bemerken. Bei der Unmöglichkeit, mit seiner Stimme
durchzudringen, beschränkt er sich darauf in seinem speciellen Wirkungskreise nach
Kräften zu nützen; zu bedauern ist auch hierbei, daß ihm seine diplomatischen
Rundreisen in Italien so wenig Zeit dazu lassen.
Wie wenig er sich über die Schwierigkeiten seiner Stellung täuscht, mag
ein zweites treffendes Wort beweisen, das er einst aussprach, als ich ihn ans
einige gegen ihn gerichtete Jourualangriffe aufmerksam machte.
„Die Leute — sagte er — welche glauben, daß sie schon in den ersten Wo¬
chen Ersprießliches von meiner Wirksamkeit sehen werden, sind gewaltig i>u Irr¬
thum. Ich weiß sehr wohl, wo es faul ist im Kaiserstaat: die Fäulniß steckt
überall! Die vorgebrachten Klagen über die schlechte Postverwaltung sind leider
sehr begründet, aber vor 3 Monaten ist da an keine gründliche Besserung zu
denken; wollte ich dem Uebel auf einmal abhelfen, so müßte ich die ganze alte
Beamtenwelt zum Teufel jagen und solche Radikalmittel sind doch etwas gefähr¬
lich. Unsere Beamten sind gute Leute und schlechte Musikanten; übrigens ist es
begreiflich, wenn auch nicht zu entschuldigen, daß sie bis jetzt keinen übergroßen
Eifer gezeigt haben, ihre Besoldung war eben so schlecht, als ihre Leistungen.
Das Eine wie das Andere muß und wird besser werden!"
Bemerken muß ich hier, daß Brück vor der öffentlichen Meinung weit
mehr Respekt hat, als seine Collegen. Findet er in der Presse irgend einen Ar¬
tikel, worin ihm begründete Vorwürfe gemacht werden, so versäumt er es niemals,
ausführlich darauf zu antworten.
Ich schließe hier diese Skizze mit dem Bedauern, daß es mir nicht vergönnt
ist, ein vollständiges Bild daraus zu machen. Aber mit der Schilderung noch
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