Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.pagnons zu kümmern, ohne sich vollständige Einsicht in sämmtliche Geschäftsbücher Die bairische Dynastie, und manche andere auch, mag den alten Bundesstaat Ein Blick auf die erbärmliche" Zustände Deutschlands ist nicht geeignet, die Trotzdem hat man den, aus finanziellen Gründe" erklärbaren Krieg gegen sie pagnons zu kümmern, ohne sich vollständige Einsicht in sämmtliche Geschäftsbücher Die bairische Dynastie, und manche andere auch, mag den alten Bundesstaat Ein Blick auf die erbärmliche» Zustände Deutschlands ist nicht geeignet, die Trotzdem hat man den, aus finanziellen Gründe» erklärbaren Krieg gegen sie <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0070" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279096"/> <p xml:id="ID_201" prev="#ID_200"> pagnons zu kümmern, ohne sich vollständige Einsicht in sämmtliche Geschäftsbücher<lb/> auszubcdingen? Wo ist solche blinde Uneigennützigkeit, wo ist solche leichtsinnige<lb/> Aufopferung je im commerciellen oder politischen Leben erhört gewesen? Vielleicht<lb/> in München oder Krähwinkel, aber gewiß nicht in Petersburg.</p><lb/> <p xml:id="ID_202"> Die bairische Dynastie, und manche andere auch, mag den alten Bundesstaat<lb/> einem deutscheu Bundesstaat herzlich vorziehn, aber deutsche Staatsmänner, die<lb/> noch an ein deutsches Volk glauben, sollten sich nicht dazu hergeben, zum Besten<lb/> Schwarzcnbergs die kostbare Zeit zu verliere», bis das Wiener Cabinet mit seinem<lb/> wirklichen allerletzten Ultimatum herausrückt.</p><lb/> <p xml:id="ID_203"> Ein Blick auf die erbärmliche» Zustände Deutschlands ist nicht geeignet, die<lb/> Hoffnung einzuflößen, daß die unverhüllte Restauration des Bundestags und des<lb/> iuicivn ii;<>imo aufzuhalten sein wird. Schwarzenberg's Wille wird geschehen.<lb/> Der ganze Gewinn unserer großen Völkererhebnng fällt Rußland in den Schooß.<lb/> Die Bilanz stellt bis jetzt folgende Resultate fest: Der latente Einfluß, den<lb/> Nußland seit 1792 auf das morsche Oestreich gehabt hat, verwandelt sich in einen<lb/> offenen, faktisch und rechtlich anerkannten; Ungarn wird den andern Provinzen<lb/> gleich gemacht, und verliert eine Selbstständigkeit, die ihm Jahrhunderte absoluter<lb/> Herrschaft nicht rauben konnten; Oestreich aber statt die Cultur nach Osten zu<lb/> verpflanzen, beginnt die Miasmen östlicher Barbarei nach Westen zu verbreiten.<lb/> Jetzt schon kann man Böhmen, Mähren und Schlesien „Halbrnssisches" nennen,<lb/> wie A. Buddeus Kur-Lief- und Esthland betitelt. Das Bischen embryonische Ver-<lb/> fassnngswesen wird grade so heilig gehalten, wie das feuille ol-Aimiquv in der<lb/> Moldau und Walachei. Die Militärherrschaft ist ein bequemer Vorwand, um an<lb/> die brutalste Verhöhnung vor - wie uachmärzlicher Gesetze zu gewöhnen; und zwar<lb/> wird mit dem Belagerungszustand nicht umsonst der größte Luxus getrieben. Am<lb/> gräßlichsten tritt die Nussificiruug Oestreichs im ungarischen Krieg hervor. Ich<lb/> sage nicht ohne Absicht „Krieg", denn da die Magyaren das formelle Recht je¬<lb/> denfalls auf ihrer Seite haben, so konnte zwar das Cabinet, für die materiellen<lb/> Interessen der Gesammtmonarchie, sie mit Krieg überziehe», aber als Hochverräter<lb/> und Rebellen durfte es sie nicht behandeln, ohne sich auf absolutistischen Boden zu<lb/> stellen. Die Magyaren haben bis auf diesen Augenblick an ihrer Constitution<lb/> festgehalten; sie haben weder in Wien noch in Kremsier den Reichstag beschickt,<lb/> uoch hat man sie dazu aufgefordert, folglich verstand sich ihr Recht auf die Bei¬<lb/> behaltung der ungarischen Verfassung von selbst, und es ist lächerlich, sie Rebellen<lb/> gegen die octroyirte Constitution zu nennen, welche sie kaum dem Namen nach<lb/> kennen noch jemals anerkannt haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_204" next="#ID_205"> Trotzdem hat man den, aus finanziellen Gründe» erklärbaren Krieg gegen sie<lb/> von Anfang an die Unterdrückung einer gottlosen Rebellion betitelt und seit der<lb/> Russe»Hilfe hat man diese Verkehrtheit bis zur letzten abscheulichsten Konsequenz<lb/> getrieben, indem man den Feldzug so führt, wie früher die Russen den gegen die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0070]
pagnons zu kümmern, ohne sich vollständige Einsicht in sämmtliche Geschäftsbücher
auszubcdingen? Wo ist solche blinde Uneigennützigkeit, wo ist solche leichtsinnige
Aufopferung je im commerciellen oder politischen Leben erhört gewesen? Vielleicht
in München oder Krähwinkel, aber gewiß nicht in Petersburg.
Die bairische Dynastie, und manche andere auch, mag den alten Bundesstaat
einem deutscheu Bundesstaat herzlich vorziehn, aber deutsche Staatsmänner, die
noch an ein deutsches Volk glauben, sollten sich nicht dazu hergeben, zum Besten
Schwarzcnbergs die kostbare Zeit zu verliere», bis das Wiener Cabinet mit seinem
wirklichen allerletzten Ultimatum herausrückt.
Ein Blick auf die erbärmliche» Zustände Deutschlands ist nicht geeignet, die
Hoffnung einzuflößen, daß die unverhüllte Restauration des Bundestags und des
iuicivn ii;<>imo aufzuhalten sein wird. Schwarzenberg's Wille wird geschehen.
Der ganze Gewinn unserer großen Völkererhebnng fällt Rußland in den Schooß.
Die Bilanz stellt bis jetzt folgende Resultate fest: Der latente Einfluß, den
Nußland seit 1792 auf das morsche Oestreich gehabt hat, verwandelt sich in einen
offenen, faktisch und rechtlich anerkannten; Ungarn wird den andern Provinzen
gleich gemacht, und verliert eine Selbstständigkeit, die ihm Jahrhunderte absoluter
Herrschaft nicht rauben konnten; Oestreich aber statt die Cultur nach Osten zu
verpflanzen, beginnt die Miasmen östlicher Barbarei nach Westen zu verbreiten.
Jetzt schon kann man Böhmen, Mähren und Schlesien „Halbrnssisches" nennen,
wie A. Buddeus Kur-Lief- und Esthland betitelt. Das Bischen embryonische Ver-
fassnngswesen wird grade so heilig gehalten, wie das feuille ol-Aimiquv in der
Moldau und Walachei. Die Militärherrschaft ist ein bequemer Vorwand, um an
die brutalste Verhöhnung vor - wie uachmärzlicher Gesetze zu gewöhnen; und zwar
wird mit dem Belagerungszustand nicht umsonst der größte Luxus getrieben. Am
gräßlichsten tritt die Nussificiruug Oestreichs im ungarischen Krieg hervor. Ich
sage nicht ohne Absicht „Krieg", denn da die Magyaren das formelle Recht je¬
denfalls auf ihrer Seite haben, so konnte zwar das Cabinet, für die materiellen
Interessen der Gesammtmonarchie, sie mit Krieg überziehe», aber als Hochverräter
und Rebellen durfte es sie nicht behandeln, ohne sich auf absolutistischen Boden zu
stellen. Die Magyaren haben bis auf diesen Augenblick an ihrer Constitution
festgehalten; sie haben weder in Wien noch in Kremsier den Reichstag beschickt,
uoch hat man sie dazu aufgefordert, folglich verstand sich ihr Recht auf die Bei¬
behaltung der ungarischen Verfassung von selbst, und es ist lächerlich, sie Rebellen
gegen die octroyirte Constitution zu nennen, welche sie kaum dem Namen nach
kennen noch jemals anerkannt haben.
Trotzdem hat man den, aus finanziellen Gründe» erklärbaren Krieg gegen sie
von Anfang an die Unterdrückung einer gottlosen Rebellion betitelt und seit der
Russe»Hilfe hat man diese Verkehrtheit bis zur letzten abscheulichsten Konsequenz
getrieben, indem man den Feldzug so führt, wie früher die Russen den gegen die
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